Siebenbürgisch-Deutsches Tageblatt, 1896. Januar (Jahrgang 23, nr. 6705-6729)

1896-01-14 / nr. 6714

Ichaktion undx Administration Heltauergasse28. srfgeiatijiizni undmedezqufzonns und Jetmasejgtsendmx socheulagestässish gbonnementfür germannfladb prengtlich85kr.,·vierteljährlich2fl.50kr.,halb- Ishngöfl.,·ganzjähriglofl.ohne ZItstellung in’z Haus,mitZustellung 1 fl.,3fl.,6fl.,12fl. Abonnement mit Postversendung: Für das Inland: bierteljährig 3 fl. 50 Er., en TR, ganz­jährig 14 fl. Kür das Ausland: bierteljährig 7 RM. oder 10 Fre3., halbjährig 14 a. oder 20 Sa, a 28 Kar oder Tc8. Eine einzelne Nummer fostet 5 Unfeantirte Briefe werden nicht angenommen, Manuskripte nicht zurückgestellt. tt.d . Wr 6714. XXUl. Jahrgang Siebenbürgisch:Deutsches Hermannstadt, Dienstag 14. Januar Weirumerm­­otten und Anferate Kueinegnen außer dem Hauptbureau, Heltauers gaffe Nr. 23: in Kronstadt Heinrich Zeidner, B. Dresswandt’s Nachfolger, Mediasch Johann Hedrich’s Erben, Schässburg Carl Herrmann, Bistritz G. Wachsmann, Sächsisch-Regen Carl Fronius, Mühlbach Josef Wagner, Kaufmann, Broos Paul Batzoni, ehrer, Wien Otto Maas (Haasenstein & Vogler), ee. Al­i A. Dukes, Heinrich Schalek,­ J. Danna« I dankt A. W. Goldberger, B. Eckstein Frankfurt a. M. G. L. Daube & Co., Hamburg Adolf Steiner, Karoly­n Liebmann. Insertionspreis: Der Raum einer einspaltigen Garmonbzeile kostet beim einmaligen Einrücen 7 fr., das zweites mal je 6 fr., das drittental je 5 fr. 8. W. ex­­eltierte der Stempelgebü­hr von je 30 tr. 1896 Willenniums- Reflexionen. [O. W.].Regt fon ein Jahresablauf sowohl den einzelnen wie ein ganzes Volf, so weit ed national fühlt und politisch denkt, zu ernstem NRüdbild auf Vergangenheit und folgendem Ausblld auf die Zukunft an, um wie berechtigter erscheint solche Sammlung der Gedanken, wenn es sich um ein Jahrtausend handelt. Mag sich auch nie mit vollständiger Genauigkeit feststellen lassen, in welchem Sabre oder wohl richtiger in welcher Reihe von Sahren des neunten Jahrhunderts die vom Pinsel Wunkacays im Sinne der nationalen Legende für das neue Parlamentsgebäude künstlerisch ausgestattete „Landnahme” durch Arpad erfolgt ist, so kann man mit gleichem Net das laufende Fahr, wie ein anderes als Yubeljahr feiern. edes Volk, welches im Begriffe stünde, in das zweite Fahrtausend seiner staatlichen Existenz zu treten, würde diesen Zeitpunkt entsprechend feiern, auch wenn sein nationales Em­­pfinden fein so stark entwickelte wäre, wie es die im Flarpathen­­ umgebenen mittleren Donenböden herrschende Kaffe befigt. Und alle Angehörigen des von ihr geschaffenen polyglotten Staatengebildes haben Grund, sich die Bedeutung der Feier vor die Seele zu führen, da sie ihrem W­ien nach weit mehr eine staatliche als eine nationale ist. Die allerdings etwas einseitige Feststimmung, welche vornehmlich in ganz gerechtfertigter Weise in diesem J­ahre die Gemüter des Magyarentums beherrscht, da sie die Vollendung des Jahrtausends feiern, zu d dessen Beginn sie nach dem vom Abgeordneten Nikolaus Bartha im „Magyarpfag“ gebrauchten Ausdruck „­ in den Rufen der europäischen Menschheit eingefeilt haben“, ist auch den Bolititern Schon feit in die Glieder gefahren und sol nach vielfach geteilter Meinung in einer Unterbrechung des Kampfes der Parteien zum Ausdruck kommen. Diesem Gedanken hat auch Graf Albert Apponyi in seinem Wiihs­nachtsartikel Ausdruck gegeben, welcher zwar nicht so weittragende Folgen haben wird, wie der berühmte Osterartikel Franz Dead, der Ausgangspun­kt der idealistischen Gestaltung der Monarchie, aber doch für längere Zeit die Öffentliche Meinung ganz vorwiegend und die gesamte Presse eingehend be­­schäftigt. Der Führer der Nationalpartei schildert die Stimmung allerdings in düstersten Farben, deren Richtigkeit die offiziösen Blätter auf das heftigste be­­streiten, ohne daß indes die unabhängigen Elemente der Regierungspartei sich der padenden Gewalt dieser Schilderung entziehen konnten. Die Worte Appo­­nyis finden hunderttausendfachen Widerhall, wenn er ausruft: „Wir müssen weit in die Geschichte zurückgreifen, bis wir einen solchen Grad der Zerstüttung, so viel Haft, so viel Gewalt, List und Egoismus und andererseits so wenig Solidaritätsgefühl, so wenig Freiheit, ein so gefälschtes konstitutionelles Leben und einen so vollständigen Mangel an jeglicher staatsmännlicher Leitung finden. Das Selbstbestimmungsrecht der Nation wird zu einer vollständigen Züge ger macht durch einen Grad der Willführ, den man bisher no nicht gekannt. Sit et da ein Wunder, wenn die Stimme des Hasses und der Unversöhnlich­­keit in unseren politischen Kämpfen dominiert. Aber noch verhängnisvoller als die Uneinigkeit der Politiker ist die Ein­­wirkung der amtlichen Rechtsbeugungen auf die Gefegenachtung und den Patrio­­tismus der breiten Schichten des Volkes. En­twankt die moralische Kraft der Nation, an Stelle der nationalen Solidarität wohnt der Bürgerkrieg in den Herzen, dor den Augen der Maffen stürzt die Majestät der Geiege zusammen, berwirren sich die Rechtsbegriffe der einfachen Leute, verwandelt sich das Vater­­land in einen Kerker, die Behörde zum Tyrannen und zum P­­räsentanten des Faustrechtes, welchem gegenüber sie bloß auf den Aagenblick warten, wo sie die Stärkeren sein werden.“ Um nit in dieser Stimmung das Millennium feiern zu müssen, ver­­langt Apponyi, das Reich des Rechtes, der Gefege, der Achtung der vers faffungsmäßigen Freiheit möge wieder aufgerichtet, eine Plurifikation des polis­tischen Lebens durchgeführt und damit die Duelle des Unfriedens verstopft werden. Der erste Schritt Hiezu sei die Reform des Wahlgefeges, die gejegliche Garantierung der Freiheit und Reinheit der Wahlen, die Sühnung jedes gegen die politische Freiheit gerichteten Attentates. Von den Regierungsblättern wiesen „Nemzet“, „Magyar Ujjag“ und „Beiter Lloyd“ diese Friedensbedingung schroff zurück. Alle übrigen aber, insbesondere „Beiti Naplo“, „Magyar Hirlap“ und „Petti Hirlap“ gaben der Ansicht Ausdruck, daß es eine moralische Unmöglichkeit sei, dieses Anbot zurückzumessen, daß e3 eine Entheiligung der nationalen Feier wäre, wenn während derselben nicht Friede zwischen allen Magyaren herrschen würde. An die übrigen Nationalitäten wurden bei lediesen Erörterungen wenig gedacht, obwohl die Klagen Apponyis vom Standpunkt derselben noch weit größere Berechtigung haben, als von dem der oppositionellen magyarischen Parteien. „Petti Hirlap" erhob auch alsbald den Vorwurf, daß die Apponyische Schilderung den Nichtmagyaren Waffen in Die Hände geben würde. Insbe­­sondere die Unterscheidung zwischen Unterdrüdern und Unterdrücken, die Apponyi machte, werde begierig aufgegriffen werden. Sehr getroffen zeigten si die Offizieren an durch die Bemerkung, daß ss all die zur Sprache gebrachten Uebelstände unter dem Dechmantel des Liberalismus entwickelt haben, welcher sich vor dem Auslande als alleinige Stüße de Dualismus und der Dreibundpolitik darzustellen versteht. Höhnend fragten oppositionelle Kreise, was das für ein Liberalismus sei, der von der Reinheit und Freiheit der Wahlen eine Gefährdung der magyarischen Hegemonie befürchte. „Nemzet” hatte den Vorschlag einer Ausdehnung des Wahlrechtes in diesem Sinne geradezu als Vaterlandeverrat bezeichnet. Als solcher gilt natürlich jedes Bestreben, an die Stelle der nationalen Suprematie des Magyarentums eine auch nur beschränkte nationale Gleichberechtigung zu legen. An der Opposition beginnt sich eben die vom Chauvinismus stets ganz in der Ordnung befundene Verlegung aller Gerechtigkeit, Billigkeit und­ Geieglichkeit gegenüber den Nicht­magyaren zu rächen. Die liberalen Gewalthaber wenden feit dasselbe System nun auch auf die Anhänger der Volkspartei an. Gleichzeitig mit dem Apponyi’schen Friedensartikel hatte Gabriel Ugron gegen das Monopol der liberalen Partei einen fulminanten Artikel veröffent­ ficht, worin er für den Fall einer Fortlegung der Gemaltthätigkeiten des Regimes Banffy mit der Organisierung eines passiven Widerstandes in Gestalt einer Verweigerung der Steuer und der Militärpflicht drohte, welches Mittel befanntliy in dem sech­ziger Jahren gegen den österreichischen Absolutismus in ausgedehnter Weise in Anwendung gebracht wurde. Zur Bethätigung Tod­ großer Worte würde es nun wohl auch dann nicht kommen, wenn Ministerpräsident Banffy beim Neujahrsempfange der liberalen Partei den V­orschlage des politischen Gottesfriedens nicht so vorbei­haltlos zugestimmt hätte. Freilich zeigte er sich betreffd der Wirkung der vom Grafen Apponyi aufgestellten Friedensbedingung, der Sicherung der Reinheit der Wahlen einigermaßen skeptisch, und es sind wohl auch berechtigte Zweifel gestattet, ob eine ernste Durchführung seitens der Regierung und der herrschenden Partei auch nur beabsichtigt ist. Darauf läßt schon die Neu­erung Banffys schließen, daß die planmäßige Bildung von Parteien, welche sich die Ab­­änderung oder Umgehung der kirchenpolitischen Gefäße, die der „für die natio­­nale Existenz, für die Entwicklung und den liberalen Fortschritt de Landes notwendigen Schöpfung”, zur Aufgabe machen, verhindert werden müsse. Nun kann man ja die Bildung einer rein sezitalen, beziehungsweise konfessionellen, ebenso wie die einer nationalen­­ Reichstagspartei für durchaus nicht unwünschens­­wert halten — und bekanntlich hat man magyarischerseits auch die sächsische Volkspartei niemals gelten Lassen sollen — aber die Berechtigung irgend­welcher parteibildenden Prinzips hat im Konstitutionellen Staate ‚als welcher in Ungarn gelten will, sein höheres Forum, als die politische Ueberzeugung der Staatsbürger. Und so weise auch Ministerpräsident Baron Banffy ge­­handelt hat, als er sich zur Vereinbarung eine parlamentarischen und politischen modus vivendi mit der Opposition während der Dauer des Millenniums bereit zeigte, so hat er doch nur Halbe Arbeit gethan, wenn er die Unhaltbarkeit des Zustandes, in melchem er Unterdrü­der und Unterdrücke — oder sagen wir lieber Bevorzugte und Zurückgefegte — nicht bloß den parteipolitischem, sondern auch von nationalem Standpunkt giebt, nicht in seiner ganzen Ausdehnung erkennen und eine Auffassung der Regierungs­­pflichten und der Wahlrechtsausübung proklamieren will, die er auch den nichtmagyarischen Landesbewohnern, insbesondere den um den Kulturfortihritt Ungarns in erster Reihe verdienten Staatsbürgern deutscher Zunge ermöglicht, an der Millenniumsfeier sich als vorberechtigte Angehörige des Staates und der politischen Ration ohne trüben oder niederbrücenden Gedanken beteiligen zu können. Bolitische Mebersicht. Hermannstadt, 13. Januar. Von den Landtagen, die im Augenblice in der drühseitigen Reichshälfte versammelt sind, nimmt aus Gründen, die nicht des Näheren erörtert zu werden brauchen, der böhmische Landtag eine wichtige Stelle ein. In der böhmischen Landstube sol sich der Ausgleich zwischen Deutschen und Tschechen vollziehen, der, wenn er zu­stande käme, für die Junerentwicklung Oesterreichs von zeittragendster Bedeutung wäre. Leider ist man­ bei den ersten Ausgleichsversuchen gescheitert. E kann nicht unsere Sache sein, Untersuchungen darüber anzustellen, welcher von den beiden Zeilen der am meisten Schuld» tragende ist, vielleicht tragen beide ein gleiches Maß. Wir haben es nur mit der Thatsache zu thun, daß sich mehr abstoßende als anziehende Momente er­­gaben. So al in der Gitung des Landtages vom 11. d. M. Der Abge­­ordnete Dr. Herold stellte und begründete einen Antrag auf Erlassung einer­taatsrechtlichen Adresse, wobei er bemerkte, es handle sic hiebei nicht um eine politische Demonstration, sondern um die Erfüllung der traditionellen Historischen Rechte des böhmischen Volkes und forderte zugleich die Deutschen auf, sie möchten sich an zum Staatsrechte befehren, da der förderan­dhe Staat auch ihnen Vorteile böte. Er wünscht, daß sein Adreß­­antrag einer viergliedrigen Kommission überwiesen werde. Von Seite der Deutschen wandten si die Abgeordneten Dr. Shhar­­ihmid und Dr. Bareuther gegen Dr. Herold. Ersterer erklärte, die Deutschen würden gegen die Zu­weisung an die Kommisson stimmen, überhaupt läge gegenwärtig sein Anlaß zu einer staatsrechtlichen Abreise­ an die Krone vor, und hegten sie die Ueberzeugung, daß die staatsrechtlichen Bestre­­bungen zur Ersputterung und zum Untergange des Reiches, ja zum Ber­­derben des böhmischen Volkes selbst führen würden. Dr. Bareuther sprach sich dahin aus, so lange die Deutschen und die Tschechen nicht einig seien, könne an die Krone nicht das Verlangen ges­­tellt werden, das Staatsrecht zu dekretieren. Wufs neue zeigte sich, wie die entscheidende Stimme im böhmischen Landtage bei dem Großgrundhefige liegt. Bei der Abstimmung ging derselbe mit den Zungischechen und erwirkte damit die Annahme des Mdreßantrages von Dr. Herold. Wenn nun Dr. Herold in seiner Rede die Deutschen versicherte, der förderative Staat frei dem zentral­­iftischen vorzuziehen, die Deutschen würden es bei Tschechen besser haben, und sie sollen sie nicht vor ihnen fürchten, die Zeit werde sicherlich kommen, in welcher der Kaiser die Wenzelsfrone sich aufs Haupt fegen werde, nun, so wird man es den Deutschen, troß dieser beruhigenden Worte, nach den bereits gemachten Erfahrungen vielleicht nicht verübeln können, wenn sie sagen: Credat Judäus Apella! Den 18. d. M. wird bekanntlich in Berlin ein Jubiläumsbanket zur 20jährigen Feier der Gründung des deutschen Reiches stattfinden, so hieß anfangs, daß auch Fürst Bismard an demselben teilnehmen werde, und mit Grund sah man hierin einen Ast von politischer Tragweite. Wurde doch, von einem der Bismardblätter, den Hans Blum’schen „Leipziger Neuesten Nachrichten” folgendes verkündet: „Wie und von einem Hochstehenden Herrn, der soeben aus Friedrichsruh zurückkehrte, mitgeteilt wird, befindet ei Fürst Bismarc nicht nur in bester Gesundheit, sondern in einer so frohen Stimmung, wie kaum seit Zahren. Der Fürst ist „ganz glücklich” über die Wendung, die unsere Politik gegenüber England angenommen hat, und über die Nachfehr zu dem stets von ihm ber«­­tretenen Gedanken, mit Rußland im Einvernehmen zu leben.“ 0 Feuilleton. Schcksalswege. Roman von Kurt Hoffmeister. (32. Fortlegung.) Der Wirt, welcher bisher Hinter­ seiner Ladentafel gestanden und Speisen und Getränke gegen klingende Minze verabreicht hatte, räumte eilig Die Släfer weg. Dann febte er fi Hinter seinen Ladentisch, ließ den Kopf auf beide übereinander gelegte Arme finfen und schien eben aus einem Schläfchen zu erwachen, als mehrere Kriminalflugmänner eintraten. Ihre Frage nach ein paar Gästen, die sie genau beschrieben, verneinte er mit der unfchldigsten Miene von der Welt. Es seien überhaupt den ganzen Abend nur zwei Gäste dagewesen, sagte er gähnend, und auf­ diese passe die V­eschreibung nicht. Die Beiten seien schlecht, die Leute hätten sein Geld, und wenn’s nicht bald besser würde, merke er nächsten, seine Bude zu machen. Die Polizei spürte seine Luft, den Lamentationen des Wirtes über die trostlosen Beiten lange zuzuhören, und da sie das Nest Teer gefunden, so ent­­fernten sie sie wieder, um ihr Glüh in einer anderen Verbrecherflappe zu versuchen. XXL Obgleich Maitland Melanien nur jenes eine Mal gesehen und gesprochen hatte, so war sie ihm doch sofort alle das Wesen erschienen, nach welchem er schon lange gesucht ; ihre Schönheit reizte seine Leidenschaft; ihre Unschuld fesselte ihn; von ihrer Bildung und ihren Talenten versprach er sich Unter­­haltung in jenen Stunden, wo er si von den gewohnten Genüssen ange­­widert fühlte, &3 war sein Entschluß, sie zu gewinnen, und dieser Entschluß wurde­n auch die Hindernisse, die sich ihm entgegenstellten, nur befestigt und gestärft, da, Sturen war, welcher seinen Plan durchkrenzte,­­ reizte seinen Ehrgeiz und seine Eitelkeit aufs höchste, von allen Menschen in der Welt wäre dieser der Iette gebesen, welchen Mailand einen Triumph über fi gegönnt hätte, dasselbe geheimnisvolle Motiv, welches ihn in allen seinen Beziehungen zu dem Baron leitete, war auch hier die Thätigkeit und stachelte ihn zu energischerem Widerstand, als er die Leidenschaft zu Melanie vermocht hätte. An dem Tage, wo er Rettberg in Southampton angelangt wurde, ehe­wartete er mit Ungeduld dessen Depefche, die ihm Melanie Aufenthalt namhaft machen sollte. Über die Deperche kam nicht. Wis sie auch während der nächsten Tage ausblieb, begann er zu fürchten, daß Rettberg ihm entschlüpft sei. Maitland fann bereits auf Mittel, wie er seinen Zweck auf anderem Wege erreichen könne, als eines Tages ganz unerwartet Nettberg selbst erschien. Er kam direkt von Southampton, wie er sagte, und so war es auch. Maitland empfing ihn sehr kahl. „IH muß wohl annehmen,” sagte er, „daß Sie mir nichts zu tele­graphieren hatten, und daß Ihre Reife verfehlt war.“ „Der Herr Baron übergab mir in Bremerhaven auf dem Schiffe einen Brief meiner Schwester," antwortete Rettberg, „und dieser Brief enthält alles, was Sie zu wissen wünschen.“ „Und warum telegraphierten Sie mir nicht s­ofort ?" trug Maitland. Nettberg zuchte mit den Achteln. „Ehe ich mich weiter in dieser Sache engagiere, muß ich darauf be­­stehen, daß Sie sich verpflichten, meiner Schwester eine anständige Rente aus­­zufegen, damit ihre Zukunft gesichert ist.“ Diese Forderung war das Resultat jener Unterredung mit Rölling, "der ihn mißtrauisch gegen Maitlands Versprechungen gemacht hatte. Um ihn dieses Mißtrauen nicht merken zu lassen, gab er sich den Anschein, als sei ed ihm nur um seine Schwester zu thun; aber indem er Garantien für deren Zukunft verlangte, sorgte er sü­r sich selbst, denn er wußte genau, daß Melanie ihren legten Pfennig mit ihm teilen würde, Maitland me ihn mit einem berächtlichen Blide, „Seien Sie über die Zukunft Ihrer Schwester ohne Sorgen,“ ver«­ießte er, „vor allem sagen Sie mir, wo sie si aufhält. Beeilen Sie si aber mit der Antwort, denn ich lasse nicht mit mir spaßen.“ : „So lange Sie mir seine bessere Zusicherung geben, als diese,“ verseßte Nettberg, „So lange ich Hierüber nichts Schriftliches in der Hand habe, dürfen Sie auf meinen Beistand nit rechnen.“ Maitland würde, um Melanie zu gewinnen, jede Bürgschaft für die Sicherung ihrer Zukunft gegeben haben, aber daß ihr Bruder, der an Händen und Füßen gebunden vor ihm fand, ihm Bedingungen vorschreiben wollte, reizte seinen Stolz. „Lut.” entgegnete er, nachdem er den Erenten eine Weile finster an­­gestarrt hat: „Sie fordern selbst Ihr Schicsal Heraus. Ich werde den Auf­­­enthalt Ihrer Schwerter auch ohne Ihre Mithilfe ermittteln. Aber Sie sollen‘ nicht ungestraft Ihr Spiel mit mir getrieben haben.“ Mit enttloffenen Schritten ging er nach der Thür und brachte auf ‚den Knopf der elektrischen &Bodenleitung. $ „Was haben Sie vor?“ trug Rettberg. „D, ic­ werde einfach nur nach einem Kriminalbeamten senden, bieser­n den falschen Wechsel übergeben und ihn ersuchen, Sie auf der Stelle zu ver­­haften.” Rettberg hätte in Diesem Augenblicke viel darum gegeben, zu willen, ob seine Freunde schon für ihn ge­wirkt hatten, ob Maitland die gefährlichen Papiere überhaupt noch besaß, aber er hatte seit seiner Rückkehr von­ der Reife weder Nöring noch den „bunten Karl“ zu finden vermocht. Während Rettberg noch zögerte, ob er es darauf ankommen lasser solle oder nicht, erschien der Diener, welchen das Glodenzeichen Herbeige­­rufen hatte. Er­ wartete auf den Befehl seines Gebieters; als dieser aber schwieg, um Nettberg noch einen Ungenblich­keit zum Ueberlegen zu lassen, meldete er, 8 seien z­wei Herren im Vorzimmer, die ihre Aufwartung "zu machen wünschten. Der eine sei ein Herr dr. Lehmann, der andere, habe keinen Namen genannt. „Laß die Herren eintreten,” befahl Maitland nach kurzem Ueberlegen, nSobald sie wieder gegangen sind, kommst du zurück,* Daß es gerade der Baron J _

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