Siebenbürgisch-Deutsches Tageblatt, 1899. Januar (Jahrgang 26, nr. 7615-7639)

1899-01-14 / nr. 7625

Redaktion und A Administration Hermannstadt,Heltauergasse 23. chkankoniobunderk.ung.popsparkassatlr.1305. Telephonausschluß klr.sh­on mit Ausnahme des auf HSonn- und SHeiertage folgenden Wochentages täglich. Abonnement für Hermannstadt: monatlich 85 fl., vierteljährlich 2 fl. 50 Er., Halb­­jährig 5 fl., ganzjährig 10 fl. Dane Bustellung in’s Haus, mit Zustellung 1 fl., S fl., 6 fl. 12 5. Abonnement mit Postversendung: Für das Inland: vierteljährig 3 fl. 50 Er., Jelbjährig TIL, ganze jährig 14 fl. Für das Ausland: vierteljährig 7 M. oder 10 Frc­., Halbjährig 14 M. oder 20 Fre3., ganzjährig 28 M. oder 40 Frc3. Eine einzelne Nummer fostet 5 fr. d. h. Unfrontierte Briefe werden nicht angenommen, Manuskripte nicht zurückgestellt. &- 7625. KXVI. Jahrgang Siebenbürgisch-Deutsches Ace Hermannftadt, Samstag 14. Januar uzRunen MRS Pränumerationen und Inferate übernehmen außer dem Hauptbureau, Heltauer« Waffe Nr. 23, in Kronstadt Heinrich Zeidner, Mediasch Johann Hedrich’s Erben, G. A. Reissen­­berger, Schässburg Fritz Teutsch, Bistritz Arthur v. Schankebank, Mühlbach Josef Wagner, auss­mann, Broos H. Graef, Reps Johanna Guiesch, Buchhandlung, Wien Otto Maas (Haasenstein - Vogler), Rudolf Mosse, A. Oppelik, M. Dukes, Heinrich Schalek, J. Danneberg, Inseraten­­bureau „Die Annonze“, Budapest A. W. Gold­­berger, B. Eckstein, Frankfurt a. M. G. L Daube & Co. Insertionspreis: Der Raum einer einspaltigen Garmondzeile fortet beim einmaligen Einraden 7 Er., das zweite­­mal je 6 fr., das drittemal je 5 fr. d. W. ex­­klusive der Stempelgebühr von je 30 fr. 1899 = Au ein Wort zum Frieden. Bon einem „Grünen“. 11. Die Gründe unseren Mißtrauens gegenüber den leitenden Männern der „Gemäßigten“ sind in voller Deutlichkeit in zahlreichen Korrespondenzen der „Kronstädter Zeitung” ausgesprochen worden. Es ist notwendig, sie hier zusammenfassend zu wiederholen. Dabei braucht Hinter den abschließenden Stich nicht zurückgegangen zu werden, der durch den mehrfach erwähnten Dezemberbeschluß des Kreisausschusses unter Konto und Gegenkonto beider Parteien gezogen worden ist — oder gezogen sein sollte. E38 ist allerdings nicht zu übersehen, daß der frühere Groll bei ung, wie wohl auch auf der andern Seite als Prädisposition zum Mißtrauen auch in die neue Wera hinübergewirft hat. Möglicherweise trägt nur dieser Um­­stand die Schuld daran, daß uns, wie bereit erwähnt, auch nach dem Aus­­gleich so­gar sein Entgegenkommen gezeigt wurde. Wir mußten Damals diese eisige Kühle anders auffallen. Die beiden Wahlangelegenheiten der rechten Zeit — um früheres unerwähnt zu Yaffen — boten Momente in Fülle, solche Auffassungen zu bekräftigen. Ich will die Abgeordnetenmandatsfrage nur in ihren Einzelheiten nochmals aufrollen, da muß ich bekennen, daß mir ihre Behandlung von gemäßigter Seite, so gut mir alle öffentlich vor» gelernten Argumente dafür bekannt sind und so sehr ich mich bemüht­ habe, mich in sie Hineinzubeuten, weder nach ihrer inhaltlichen, noch­ nach ihrer formalen Seite hin annehmbar geworden is. Wir haben, meine ich, unsern Kandidaten doch nicht in einer Form präsentiert, die den Gemäßigten die Selbstverleugnung zugemutet hätte, um­ als Gegner anzusehen und doch zu wählen Wir glaubten in ihm nicht sowohl den Grünen, als den her­ borragend geeigneten Kandidaten aufzustellen, wie aus unserer Bereitwilligkeit hervorging, jedem andern besser oder gleich qualifizierten den Vortritt zu Yaffen. Auch nach außen Hin hätte ihm der Makel seines grünen V­orlebens — Sollen wir übrigen ® Hiedurch zeitlebens alle Politiker unmöglich gemacht sin? — sehr leicht Herabgewaschen werden künnen, wenn ihn eben die in Dienpest um einige Schattierungen besser akkreditierten Männer als ihren Kandidaten akzeptierten — in Gottes Namen unter vernehmbar festgestellten Beutelen. Die Befürchtung schließlich, er werde durch ein unbesonnen-radikales Auftreten im Reichstage unsere Abgeordneten in weiterwirkende Uneinigkeit und unser Volt in größere Fatalitäten bringen, hatte weder im Hinblick auf seine Anschauungen, no auf seinen Charakter eine wirkliche Grundlage. Auch das Verhalten der Kreisausschußmajorität in Sachen der Kom­munitäts-Ergänzungswahl war geeignet, unser Mißtrauen und unsere D­er­­stimmung zu erhöhen. Wenn wir den Kreisausschuß ersuchten, 9 von 19 Stellen mit Männern zu belegen, die wir vorschlugen, so waren dabei nicht Erwägungen maßgebend, wie ich sie im vorigen Artikel dargelegt habe. Wir wollten den Gemäßigten nicht zumuten, unsere Position zu stärken, sondern wünschten lediglich, von ihnen ein Zeichen ihrer Versöhnlichkeit und Geneigt­­heit zum friedlichen Ausgleich zu erhalten. Es wurde uns runduinweg ver­­weigert. Man fand es für gut, sich auf den turmhohen Standpunkt einer unter normalen Verhältnissen zweifellos richtigen, im­­ Augenblick aber ent­­schieden verfehlten Sachlichkeit zu stellen, wonach bei derartigen Wahlvor­­schlägen nur die persönliche Egnung des zu Wählenden ins Auge gefaßt werden müsse Diese Sacloligpkeit erschien uns als Vorwand, umso mehr als einige unserer Kandidaten fielen, die, wie wir glauben, in jeder Stadtver­­tretung des Landes fiten könnten, dabei aber zufällig auch zu den Wort­­führern der Grünen gehörten. Das Mißtrauen, das für uns aus solchen Erfahrungen resultierte, läßt ss dahin formulieren: man fan e8 uns nicht verzeihen, daß wir uns schon seit Jahren gegen die seit 1890 wo allgemeiner als bisher anerkannte Autorie­tät der Führer aufgelehnt haben; man ist umso weniger dazu geneigt, als wir Doch einigermaßen Recht behalten haben, insofern durch den Wiederaus­­tritt der Abgeordneten aus der liberalen Partei unsere These, der magyarische Ch­auvinismus sei ungebrochen und werde uns nicht in Frieden leben lassen, praktisch als richtig anerkannt worden is. Man scheut selbst in un­wesent­­lichen Dingen den Schein, mit uns verhandelt, kompromittiert zu haben. Noch viel weniger will man einen der Unfrigen auf einen wichtigen politischen Posten zulassen, von welchem aus er gegebenenfalls durch seine Unfügsamkeit die Zirkel der leitenden Persönlichkeiten mit Erfolg stören könnte. Man fordert von und im Namen des Friedens, daß wir freiwillig uns der Position begeben, die wir uns bisher errungen haben, und wird, sobald wir dies gethan haben, über und und unsere Meinungen zur Tagesordnung übergeben, falls wir solche in Zukunft noch bei dieser oder jener Gelegenheit im Wider­­spruch zu denen der maßgebenden Männer äußern sollten. Dies der psychologische Befund in den Gemütern der Grünen. Er mag einen Anäuel von Mißverständnissen und Verkennungen darstellen — und hoffentlich ist er e8 — solange diese aber nicht durch Thatbennweise widerlegt sind, bleibt er dabei und alle „Friedensklänge“ tönen Hüben mie drüben vergebens. Auf keinen Fall ist unser Mißtrauen entfernt so beleidigend für die „Gemäßigten”, als das ihrige gegen und. Gefeßt, wir hätten damit Necht, so wäre ihre Sinnesweit rein menschlich betrachtet nicht unbegreiflich. Männer, die ihre ganze hervorragende Begabung und Thatkraft in den Dienst der Boltssache gestellt und in ihm anerkanntermaßen Bedeutende geleistet haben , die durch Sahre Hinduch den Harten Kampf um die Boltegüter gekämpft und alle seine Prositionen duchdacht und durchlebt Haben, die nach allen Seiten hin reiche Erfahrung gesammelt haben und vielleicht in sch­werer Selbstbezwingung und Niederringung der eigenen früheren Anspannungen den Weg gefunden zu haben glauben, der zum Erfolg führt — solche Männer müßten neben anderen Vorzügen eine ungewöhnliche Milde befigen, wenn sie es anders als unnwillig ertragen könnten, daß andere, zumeist Jüngere, die über ungleich, weniger praktische Erfahrung verfügen, naturgemäß nur an­­nähernd soviel Leistungen, soviel Erfolge aufzu­weisen haben, sich ihnen in den Weg stellen, ihnen in den Arm fallen wollen, für Gründe Gehör beanspruchen, wie sie sie selbst fon lange zuvor erwogen haben und überwunden zu haben meinen, forzum eine Störung ihrer Pläne, ein Hindernis ihrer Unter­­nehmungen bilden. Was bei ihnen dem ungünstigen Blid als Dünfel, Eigen­­sinn, Herrschsucht erscheint, ist in Wahrheit vielleicht nur der Ausfluß eines kraftvollen Willens und eines starren Glaubens an sich selbst. Und da müßten au Sole Männer — die Liebe zu unserem Wort läßt mich Hoffen, daß die günstigste Auffassung vom Charakter seiner Führer die richtigste ist — müßten auch sie wieder einmal Selbstverleugnung üben und mit uns, ihren Bollsgenossen einen billigen Vergleich schließen. Die Bolität ist ja seine exakte Wissenschaft, die mit genau bestimmbaren Größen arbeitet. Auf ihrem Gebiet ist jede Erfahrung individuell bedingt und darum mehr oder weniger einseitig. Berner ist sie, gerade in unseren speziellen Ver­­hältnissen, durchaus nicht ausschließlich Beistandesfacge und wo einmal das Gefühl mitspricht, sei ed auch in noch so bescheidenem Maße, da ist die Scheidung zwischen alt und jung, erfahren und unerfahren, Hug und untrug nit mehr in voller Strenge möglich. Wo der Beistand der Verständigen fehl geht, kann unter Umständen die einfache Empfindung de Manfies im zweiten Glied Helfend einspringen. Man zitiert so oft das Wort, die Politik sei ein beständiger Kompromiß. Ich meine, für unser Volt gilt es in ganz besonderem Maße. Seine Politik muß, wie ich schon im vorigen Artikel angedeutet habe, auf möglichst breiter Grundlage aufgebaut sein — mag man sonst über den Demokratismus deuten, was man wolle. Durch unser Volk gehen — man kann sie mindestens ein halbes Jahrhundert zurück verfolgen — betrefft der Hauptfrage unserer Politik, des Verhältnisses zur herrschenden Nation zwei entgegengefegte Richtungen, die sich zuweilen einander näheren, zumeilen statt auseinander streben. Sie sind unter den verschiedensten Namen aufgetreten, zulegt unter dem der „Grünen“ und „Gemäßigten“. Wer darf sich, sei er noch so alt, noch so flug, wo so erfahren, vermessen, mit unbedingter Sicherheit die eine in Bausch und Bogen zu verurteilen, die andere für richtig zu erklären? Haben nicht die Geschk­e unseres Volkes abwechselnd bald der einen, bald der anderen neue Argumente zugeführt? Sa, haben nicht sogar öfters dieselben Personen, der Macht der jeweiligen Einträge nachgebend, selbst mehr als einmal aus bester Welterzeugung den Kurs gewechselt ?­­ Die beiden Richtungen, die sich im Augenblick in und Grünen und in und Gemäßigten befehden, müssen fi­­egt, wo es so leicht möglich ist, leichter als noch vor anderthalb Jahren, in Eintracht finden. Wohl hat es einen hohen Grad von Wahrscheinlichkeit, daß auch in Zukunft die „Gemäßigten” von ehedem in mehr „opportunistischer”, die vormaligen „Grünen“ in mehr „intransigenter“ Weise den nationalen Standpunkt vertreten werden. Doch was wird er schaden? Wird er unseren Volkskörper nicht frü­her und leben­­diger erhalten, wenn Strömung und Gegenströmung in ihm fluten? Nur freilich, ohne feindlich auf­einander zu prallen! Es ist ja wahr, besser ist’s für gewöhnlich, wenn einer nur am Steuer figt, dessen Leitung sich alle Snraffen des Schiffes sorglos anvertrauen, ohne ihn mit Ratk­lägen und Brünschen in seinem Thun zu beirren. Und da kann er geschehen, daß er das Schiff Hier auf die Sandbank führen würde, indem er der Klippe dort allzumweit aus­weicht, wenn nicht treuer Freundesrat ihm bei Beiten die rechte Mitte weit. Wenn es für unsere Politik überhaupt einen Yegten Schluß der Weisheit giebt, so ist es der, daß sie Extreme vermeiden muß. Das eine kann zum verhängnisvollen Zusammenstoß mit der größeren Gewalt, das andere zum Erlahmen unserer nationalen Energie führen. E 8 hat uns Grünen Sabre hindurch scheinen wollen, als ob unser Volk Ietterer Gefahr entgegen­­ginge — vielleicht ist es richtig, daß wir es in die erstere bringen undhüb­en, wenn wir ausschließlich das Steuer in die Hand besämen. Darum machen wir Frieden, machen wir Frieden! Aus tiefstem Herzen kommt dieser Wunsch auch und Grünen, uns, die wir so lange das bittere Boot der Opposition gegessen haben, und, deren politische Jugend, ärmer an Erhebung als die der älteren Generation, im Kampf gegen Männer ver­­strichen ist, denen wir doch nie unsere hohe Achtung verjagen konnten, uns, von denen mancher auch die niederdrücende Erfahrung machen mußte, daß es im Bruderkampf nicht immer möglich ist, „sich so Tinder rein zu halten, wie’s uns die Stimme lehrt im Innersten.” Schreiber dieser Zeilen fühlt sich der Aufgabe nicht gewachsen, praktische Vorschläge zu machen, wie und unter welchen Formen die Verführung zu­stande kommen sol. Die Hauptsache ist, daß das Friedenswert über das bloß papierene Stadium wer bald hinauskomme und daß weitere Schritte von irgend einer Seite unternommen werden, ehe es einem jüdischen Zufall gefällt, neuen Brandstoff in das erlöschende Feuer zu schleudern. Sei e8 der freid­­ausschuß, sei e8 eine „Notabelnversammlung“, sei es eine gewählte „Frieden­s­kommission“, wie sie im vorigen Winter, leider mit so wenig Erfolg, in Kronstadt tagte, mögen sie bei guter Zeit ans Werk gehen und mögen ihnen alle guten Geister unseres Volkes Helfend zur Seite stehen! HOME »Politische Briefe. VI. Budapest, 11. Sanıtar. Diese Woche steht unter dem Reichen der Versöhnungs-Ak­ion. Während draußen in den Straßen der Hauptstadt leuchtender Frühlings­­sonnenschein flutet und die zahlreichen Spaziergänger in die Täuschung ver­­legt, daß wir nicht den elften Januar, sondern eigentlich den elften April genießen: Herrscht in der politischen Welt andauernd unblares, düsteres Wetter. Die dreitägigen Wiener Ministerkonferenzen unter Vorsit­­r. Majestät haben bekanntlich nur das Resultat ergeben, daß der Ministerpräsident den aller­­höchsten Auftrag erhielt, mit den vereinigten Oppositionsparteien in unserem Abgeordnetenhause Berghandlungen einzuleiten, welche die Sanierung der Bustände im Parlamente herbeiführen sollen. Das war am legten Sonntage, Blei nach der Rückkehr der Minister aus Wien wurden diese Verhandlungen eingeleitet. Dabei stellte si aber sofort die bedenkliche Thatsache Heraus, daß die obstruierenden Parteien mit Benilleton. Pflauderei. Sehr geehrter Herr Redakteur! Da wir nun fon im Lande der Freiheit leben, nehme ich mir auch die Freiheit, wieder einmal einige geilen an Sie zu richten ; selbst auf die Gefahr Hin, daß Sie mir vielleicht zu verstehen geben werden, ich hätte meine Feder Lieber in der N­üftlammer liegen lassen sollen, wo sie längere Zeit zwischen altem Eisen geraftet oder eigentlich geraftet. Hoffentlich werden Sie aber seinen Brief politischen Inhaltes von mir erwarten, denn das einzige, was ich auf diesem Gebiete versucht habe, Hat sich um eine Zeit auf das möglichst fertige Aussprechen des Wortes In— fom—pati—bili—tät beigräuft, und gegenwärtig habe ich mich bemüht, den Abrüstungsvorschlag des Zaren einigermaßen in Erwägung zu ziehen, IH bin jedoch zu keinem befriedigenden Resultat gelangt, denn ich kann mir feine Elare Vorstellng davon machen, wie diese geplante Abrüstung 3. 8. be­­züglich des nicht selten geführten „Häuslichen Krieges“ durchgeführt werden konnte. Die noch einzig mögliche Lösung habe ich da noch nur in der Koupletttrophe gefunden, die im „Verschwender“ der Tischler Valentin singt : Oft brummt mein Weib — o Tod und Grauß ! Das bringt mich nicht in Wut — Ich Klopfe meinen Hobel aus Und den? — du brummst mir gut! Schwieriger allerdings renste ich mir den Abrüstungsversuch beim Rettungskrieg. Es wäre zwar ein Ausweg zu finden, wenn man z. B. alle Lettern der Welt einschmelzen und damit dem Gutenberg ein Denk­­mal errichten sollte, etwa mit der Ins­rift: „Hätte ich­ das gewußt, lieber hätte ich die ganze Buchbruderkunst nicht erfunden!” Weder was sollen dann die vielen Schriftsteller und die immer dichter aufschießenden Dichter machen ? Für leßtere wäre allenfalls noch ein Erfog zu finden, da man ja heutzutage in jeder „besseren“ Buchhandlung um wenig Geld eine „Boefie“ faufen BE Sch hatte unlängst auch eine solche zu Gesicht bekommen, in die ein Nichtgenannt sein wollender folgendes Bettgedicht geschrieben : &3 rauscht in den Kupferdrähten, Die Straßen und Pläte sind leer ; Da schleicht mit Thränen im Auge Ein Lampenanzünder daher. Ihn jammert der Zeiten Verderbnis, Troß allem — elektrischen Strahl ; D68 hell in den Straßen und — Köpfen, Das ist ihm von nun an egal! Sie sehen also mit der Politit ist nichts. Ich will mich daher Lieber mit harmlosen Blaudereien abfinden. Und da fällt mir gleich ein, daß ich vor mehreren Tagen in der Aequatorialgegend Shred geihäten Blattes ein Feuilleton las, welches vom Großen Ring handelte. Ich möchte es gerne ergänzen mit dem Bedauern, daß nicht auch im Winter die während der Touristensaison vor dem Weindel’schen Geschäft aufgepflanzten Alpenflöde zu sehen sind, denn sie bieten ja ein bequemes Hilfsmittel zur Durchquerung des Großen Ringes. Gerade unlängst, als es infolge eines Transformatorbrandes so finster war, daß man „Seinen Meister vom Himmel fallen“ hätte sehen können, wären sie sehr erwünscht ge­wesen. Bom Fallen kommt mir übrigens in den Sinn, daß dies die Bäume auf dem Großen Ring schon längst hätten thun sollen. Einige von ihnen machen den Eindruck von Invaliden, die ihre verstü­mmelten Arme emporfrieden, um eine Unterstüßung flehend ; andere neigen sie parlaments­­mäßig zur Rechten oder zur Linken. Vieleicht ger­ieht dies auch zum Beweise der Unterwürfigkeit gegenüber besonders vornehmen Passanten. Er wundert mi nur, das sie noch alle ihre bald größere bald Heinere Frone tragen. &8 geht ihnen eben wie den Menschen , denn wer verzichtet gerne auf dies Reihen der Herriaft, wenn es auch noch so sch­wer zu tragen is. — Nun, so lange wo auf diesem Plage der Wochenmarkt sich breit macht, passen ja eigentlich diese undisziplinierten Bäume in das ganze Ensemble; wenn aber einmal der Große Ring ein neuzeitliches Gesicht bekommen sollte, dann würde es si doch empfehlen, folge zu pflanzen, denen man bei ihrem Wachstum eine gewisse Zucht anmerkt, auch schon deshalb, damit ihnen der Gusto ver­­geht, in den Himmel zu wachsen. Bei den Menschen ist ja Hiefür unlänglich gesorgt, warum sollte ed nicht auch mit den Bäumen gehen ? IH könnte Ihnen noch manche Pläne behufs Veredelung des Gesichtes unserer Stadt mitteilen, ich will jedoch nicht den Vorwurf eines ewig Unzufriedenen auf mich laden. Eines aber kann ich doch nicht unterdrücken. Unsere Frauen gehen ja bekanntlich jeden Morgen auf den kleinen Ring botanisieren, um für den Sleifchtopf das nötige Gemüse zu sammeln. Nun, um eine Rose oder gar um ein Veilchen büht man sie wohl gerne, ohne damit an seiner Würde sich etwas zu vergeben; es ist aber für das schöne Geschlecht eigentlich doch et­was demütigend, wenn — verzeihen Sie mir das harte Wort — eine Rose gezwungen ist, sich um die auf dem Boden liegenden Zwiebeln zu baden. Zur Beseitigung­­­ieses Uebelstandes sol in Stadtvertretungskreisen soll die Absicht aufgelaugt sein, eine Verkaufshalle zu errichten. Man wird aber gut thun, diese Nachricht vorläufig mit großer Vorsicht aufzunehmen. Zu wünschen z wäre es allerdings, denn es ist nicht unwahrscheinlig, daß wir nämlich, so­ bald diese Halle eingerichtet worden ist, zu den vielen Inspektoren, mit denen wir schon gesegnet sind, auch noch einen Grünzeug-Inspektor — natürlich im Interesse des Wolfswohles — erhalten. Es dürfte sich vielleicht empfehlen, hiefür durch ihre Druderei, die si in seßter Zeit sehr vorteilhaft auch mit der Herstellung von Ansichtskarten belästigt, in der Art Reflame machen zu lassen, daß daselbst Karten mit den pro und contra Anfichten über biere biefer moderne Handelsartikel noch fruchtbringender gemacht werden. Der Ablag wird gewiß nicht ausbleiben z. B. mit Unfichtstarten über die mannig« fachen Biere, die jeit in unserer Stadt als sogenanntes „Heilserum“ mit oft ganz verschiedener Wirkung gewossen werden. Sie merken es ja be­­greiflich finden, wenn ich von dieser Stelle meines Briefes einen Sprung in ein Bierfotal mache, um diese Wirkung genauer studieren zu können. .. . . Im großen Ganzen teilen sich die Biertrinker in helle und dunkle. Die ersten sind gewöhnlich reizbarer und ungeduldiger, als die Dunkeln. Ich habe dies wenigstend an einem „Stammtischsee“ beobachtet. Freilich werden diese ja auch viel nachlässiger bedient, als solce, die nur auf Gastrollen engagiert sind. Nachdem er nämlich — das helle scheint auch den Appetit zu reizen — ein Huhn verzehrt, von dem nur noch die blanten Knochen auf dem Zeller Ungelegenheit angefertigt werden. Abgesehen aber von diesem Einzelfalle, könnte Br

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