Siebenbürgisch-Deutsches Tageblatt, 1899. Januar (Jahrgang 26, nr. 7615-7639)

1899-01-28 / nr. 7637

Reduktion und A Administration Herm­annstadt,Heltauergasse 23. Thtank­ontoholderk.ung.st1vst[parttassathr.1305. TtlwhouanschlußUr.II Erseint­ mit gn5uatjme des anfgsouns und Jeertage folgendenYoktsentageg tåglich. Abonnement für Hermannstadt: monatlich 85 fr., vierteljährlich 2 fl. 50 Er., Halb­­jährig 5 fl., ganzjährig 10 fl. a Zustellung in’3 Haus, mit Zustellung 17, S fl. 6 fl. 12 fl. Abonnement mit Wortversendung: Für das Inland: vierteljährig 3 fl. 50 Er., Halbjährig 7 fl, ganz­­jährig 14. fl. . Für das Ausland: vierteljährig 7 M. oder 10 Fre­., halbjährig 14 M. oder 20 Fre3., ganzjährig 28 M. oder 40 Fre3. Eine einzelne Nummer fostet 5 fr. d. W. Unfrontierte Briefe werden nicht angenommen, Manustripte nicht zurückgestellt. RN“ 7637. KAMVI. Jahrgang Siebenbürgisch-Deutsches Cage Hermannstadt, Samstag 28. Januar Pränumerationen und Inserate übernehmen außer­dem Hauptbureau, Heltauers Waffe Nr. 23, in Kronstadt Heinrich Zeidner, Mediasch Johann Hedrich’s Erben, G. A. Reissen­­berger, Schässburg Fritz Teutsch, Bistritz Arthur v. Schankebank, Mühlbach Josef Wagner, Rauff­mann, Broos H. Graef, Reps Johanna Guiesch, Buchhandlung, Wien Otto Maas (Haasenstein - Vogler), Rudolf Mosse, A. Oppelik, M. Dukes, Heinrich Schalek, J. Danneberg, Inseraten­­bureau „Die Annonze“, Budapest A. V. Gold­­berger, B. Eckstein, Frankfurt a. M. G. L. Daube & Co. Insertionspreis: Der Raum einer einspaltigen Garmondzeile Tostet beim einmaligen Einraden 7 fr., da3 zweites mal je 6 fr., da3 drittemal je 5 fr. d. W. ex­­klusive der Stempelgebühr von je 30 ix, i 1899 Das Schwurgericht. I. Das durch den 33. Gefechtrtikel von 1897 ins Leben gerufene und in­­ unserem Blatte während der Verhandlung des Ent­wurfes im gefeßgebenden­­ Körper besprochene „Geschworenengericht” sol in nicht ferner Zeit seine Thätig­­keit beginnen; viele von unseren Bürgern, Beamten und Professoren werden berufen sein, als „Gesc­­worene“ mitzuwirken, und scheint es daher zeit- und zweitgemäß, Aufgabe und­­ Zusammenlegung dieses Gerichts in möglichster Kürze, aber doch unter Berücksichtigung aller wichtigsten Momente des be­­züglichen 33. Gefeßartikel 3 von 1897, sowie des damit zusammenhängenden 34. Gefeßartikel 3 von 1897 „über das nälebentreten der Strafprozeß- Ordnung“ und des 33. Gefegartifeld von 1896 über die „Strafprozeß-Ordnung”, mitzuteilen. Die Kompetenz des Geschworenengerichts ist auch $ 15 des 34. Geld­- Artsfeld von 1897 geregelt und ist danach die Schlußverhandlung vor dem Geschworenengericht abzuhalten in den Fällen des Hochverrates (mit Aus­­nahme der Verschwörung zum Zweck des Hoc­hverrates, wenn der geplante­­ Hochverrat noch nicht ins Stadium der Vorbereitung getreten ist); im "alle der thätlichen Beleidigung der P­erson des Königs; in folgenden Fällen des Landesverrates und zwar: Komplet mit der Regierung einer auswärtigen Macht zu einer feindseligen Handlung gegen den ungarischen Staat oder die österreichisch-ungarische Monarchie, sowie der Versuch, eine auswärtige Macht­­ zu einem Kriege gegen die österreichische ungarische Monarchie zu bewegen,­­ weitert Wedertritt in den Militärdienst des Feindes nach erfolgter S Kriegs­­erklärung oder nach Ausbruch des Krieges; endlich der Verrat, den jener be­­geht, welcher eine Festung, eine Stadt, ein Fort, einen befestigten Plan, ein Ufer, einen Grenzpaß oder eine militärische Stellung, ein Waffen-, Material oder Lebensmittelmagazin, ein Schiff oder einen zur österreichisch-ungarischen Kriegsmacht gehörigen Offizier oder Soldaten in feindliche Gewalt bringt oder­­ sich zu diesem Behufe mit dem Feind einläßt, wer einen Kriegeplan oder den Plan eines Lagers, einer Festung oder eines Forts dem Feinde mitteilt, wer­­ dem einde bei dem indringen oder Vordringen auf dem Gebiete des Staates oder der Österreichisch-ungarischen Monarchie Vorschub leistet, wer den Feind mit Geld duch Vermehrung seiner bewaffneten Macht, feines Krieger­materials oder der Lebensmittel für seine Armee, oder der Erleichterung der Anschaffung­­ derselben unterfragt, wer dem Feind durch Begleitung der Angehörigen der österreichisch-ungarischen Kriegsmacht zum Treubruche Vor­­schub leistet, wer ein Waffen-, Material- oder Lebensmittelmagazin der öster­­reichisch-ungarischen Kriegsmacht oder eine Brücke, einen Damm, eine Schubwehr,­­ Eisenbahn oder Straße zum Nachteile der österreichisch-ungarischen Kriegsmacht oder zum Vorteil des Feindes in Brand sei, abbricht, zerstört oder sonst , wie unbrauchbar macht; wer eine der im Vorstehenden beschriebene ver­­räterische Handlung gegen das Gebiet eines Bundesgenossen der österreichisch­­ungarischen Monarchie oder eine mit der österreichisch-ungarischen Kriegsmacht gemeinsam operierende Macht begeht, sowie wer zu diesem oder einem der obgenannten Bwede ein Komplot schmiedet. Ebenfalls zur Verhandlung vor dem Schwurgericht gehört das Ver­­brechen des Aufstandes. Unter Aufstand verstieht das Geseh die Zusammen­­rottung zu dem Zweckk, um den Reichstag, das Abgeordn­eten- oder Magnaten­­haus, Ausschüsse derselben, die österreichisch-ungarische Delegation oder deren Ausschüsse, oder die ungarische Regierung gewaltsam oder durch gefährliche Drohung in der Ausübung ihrer Wirksamkeit zu hindern, oder zu einem Bes­­chluß, einer Verfügung oder einer Unterleftung zu zwingen, begleichen die Zusammenrottung zu dem Zweckk, um irgend­eine Klasse der Bürgerschaft, eine Nationalität oder Religionsgenossenschaft bewaffnet anzugreifen. Während jedoch die Zusammenrottung gegen den geießgebenden Körper und die Re­­gierung unbedingt zur Kompetenz des Geschworenengerichtes gehört, gelangt die Zusammenrottung gegen eine Klasse der Bürgerschaft, gegen Nationalität oder Religionsgenossenschaft nur dann an das Schwurgericht, wenn das Gefeb eine mehr al­ 5jährige Freiheitsstrafe verfügt, d. H. wenn die aufständische­­­n Netze eine Gemeinde, ein Haus, ein Waffen-, Kriegsmaterial- oder Pulver- Magazin, eine Eisenbahn, ein Telegraphen- oder Postamt angegriffen oder in ihre Gewalt gebracht hat, oder einen Raub oder eine Brandstiftung ver­­übt, etwas zerstört oder gegen einzelne P­ersonen Gewalt angewendet hat. Der Schlußverhandlung vor dem Geldwornengericht sind weiters unter­­tworfen folgende P­rivatdelikte : Entziehung der persönlichen Freiheit — falls dieselbe länger als drei Monate dauerte ; Mord; vorjägliche Tötung; ausgenommen ist nur der Fall, wenn der Getötete den Thäter oder dessen Angehörige widerrechtlich sm­wer mißhandelt oder beleidigt hat und die That infolge der hiedurch Hervorgerufenen Gemütsbetregung in der Aufregung auch sofort ausgeführt wurde (dies Verbrechen erscheint nach dem Gefe weniger strafbar und gehört daher nicht vor das Schwurgericht, sondern zur Kompetenz des Gerichtshofes) ; das sogenannte amerikanische Duell ; das (gewöhnliche) Duell, wenn es tötlichen Ausgang hat und ein Duellant die üblichen oder im gegenseitigen Einvernehmen festgestellten Regeln des Biweikampfes übertreten und infolge dessen seinen Gegner getötet hat; das Ausfegen oder Verlassen von wegen ihres Alters oder ihres Zu­­standes Hilflosen personen, wenn dieselben infolge der Ausfegung oder infolge­­ des Berlasfens eine schwere Körperverlegung erlitten haben ; Scmwere körperliche Verlegung mit tötlichem Ausgang oder Tod infolge der Beibringung von Gift, oder Anwendung eines lebensgefährlichen Mittels mit der Wirkung, daß der Betroffene infolge derselben ein wichtigeres Glied seines Körpers oder einen Sinn, die Sprache, das Gehör, das Scehvermögen oder die Zeugungsfähigkeit verliert; daß ein Glied, einer dieser Sinne oder eine b dieser Fähigkeiten unbrauchbar wird, oder wenn der Verleßte zum Krüppel wird, oder in eine Geisteskrankheit oder in eine voraussichtlich lange Krankheit verfällt, oder wenn er zur Fortführung seiner regelmäßigen Beschäftigung für immer oder für voraussichtlich lange Zeit unfähig wird, oder wenn er eine auffallende Verunstaltung erleidet. Von den Verbrechen gegen die öffentliche Gesundheitspflege erwähnt das Schwurgerichtsgeieg bloß die folgenden : Bergiftung von im Gebrauch befindlichen Brunnen, Wasserleitungen oder Wasserbehältern und den Vertrieb von mit gesundheitsschädlichen Stoffen ver­­mischten Nahrungsmitteln .­­— Kindegraub wird nur dann Von dem Geschwornengericht verhandelt, wenn derselbe zu dem Decke begangen wurde,um das geraubte Kind zum Betteln oder zu einem anderen gewinnsüchtigen oder unsittlichen Zweck zu ver­­wenden,oder wenn dem geraubten oder eingesperrten Kinde eine schwere körperliche Verletzung zugefügt,oder an demselben Notzucht oder Schändung begangen wurdezhielter gehört auch die Entführung eines Mädchens unter 14 Jahren mit dessen Einwilligung; Verletzung der persönlichenneiheit mit den oben geschilderten Folgen; Raub unter Anwendung vanewalt und Drohung ohne Rücksicht darauf, ob derselbe mit Versuch des vorsätzlichen Totschlages oder einer sch­weren körper­­­­lichen Verlegung verbunden ist oder nicht; Brandstiftung ; Herbeiführung einer Meberschwenkung unter Gefährdung eines Menschen­­ebens ; vorzügliche Beschädigung einer Eisenbahn, eines Dampfschiffes oder anderen Schiffes, oder eines dazu gehörigen Gegenstandes, um die auf der Eisenbahn oder dem Schiffe befindlichen Personen oder Waren einer Gefahr auszufegen — wenn die That eine schwere körperliche Verlegung oder den Tod eines Menschen verursacht hat, sowie eine vortägliche Handlung oder Unterlassung,­n wodurch die Strandung, das Sinsen oder die Zertrümmerung eines Schiffes verursacht wird — wenn dadurch das Leben oder das Vermögen eines anderen gefährdet, oder eine schwere körperliche Verlegung oder der Tod eines Menschen herbeigeführt wurde . Bestechung in folgenden Fällen: Wenn ein Richter in einer Zivil- oder Strafsache infolge Bestechung gelegwidrig geurteilt oder entschieden hat, wenn ein Untersuchungsrichter infolge Bestechung in einer Strafsache seine Pflicht durch eine Handlung oder Unterlassung verlegt hat, wenn ein öffentlicher Beamter, welcher bei einer behördlich angeordneten Versteigerung, einem V­er­­tragsabschluß oder bei einer Lieferung oder öffentlichen Arbeit Hinsichtli­cher Uebergabe, Uebernahme, Wuffigt oder Ueberprüfung in seiner amtlichen Stellung oder auf Grund eines besonderen Auftrages mitwirft — infolge einer Bestechung gejeimwidrig vorgeht und der biedlch­ zugefügte Schaden 5000 Gulden übersteigt; endlich öffentliche Aufforderung zur Begehung eines Verbrechens, welches nach den obigen Punkten vor das Geschworenengericht gemiejen ist. Die zweite große Gruppe jener Verbrechen und Bergehen, bezüglich deren die Kompetenz des Schwurgerichtes verfügt wurde, sind alle im Wege der Presse begangene Verbrechen oder Vergehen und Webertretungen, mit Ausnahme der folgenden Fälle: 1. Im Wege der Presse begangene Berleumdung und Ehrenbeleidigung gehört in den Wirkungskreis des E. Gerichtshofes. Wenn jedoch die Ver­­leumdung oder Ehrenbeleidigung gegen eine duch ein Geseb konstituierte Körperschaft, gegen Behörden, deren Ausschüsse oder Mitglieder, oder gegen Öffentliche Beamte, oder gegen den Direktor und Beamten einer zur öffent­lichen Rechnungslegung verpflichten Unterneh­mung gerichtet ist und eine amtl­iche Handlung betrifft, so urteilt das Geschworenengericht . 2. Das durch neuerliche Veröffentlichung oder den Vertrieb eines Geistesproduktes — dessen Strafbarkeit durch ein Geschorenengericht bereits­­ urteilsmäßig ausgesprochen wurde — begangene Verbrechen, Vergehen oder Uebertretung gehört ebenfalls zum Wirkungskreis des Tgl. Gerichtshofes. Bezeichnend ist jedoch, daß für alle im Wege der Presse begangenen Verbrechen, Vergehen oder Niedertretungen, ebenso für alle Fälle des Hoch­verrates, der Thätlichkeit gegen den König, Staatsverrat und Aufstand nicht das am Site des sonst kompetenten E. Gerichtshofes wirkende Geschworenen«­gericht, sondern das am Linne der E. Tafel wirkende Gesch­worenengericht, also zum Beispiel für das Gebiet des Hermannstädter fgl. Gerichtshofes nicht das Hermannstädter, sondern das Klaufenburger Gesch­worenengericht zur Entscheidung berufen sein wird. Bezüglich der Zusammenlegung de Geschworenengerichtes ist das eigentliche „Gejeg über die Schwurgerichte” — der 33. Gejegartikel von 1897 — maßgebend. Danach besteht das Geschworenengericht 1. aus einem Präsidenten (in der Regel der Präsident des Gerichtshofs), 2. aus zwei Richtern (Gerichtsräte oder Bezirksrichter) und 3. aus zwölf Geschworenen. Zum Gesch­worenen sind berufen alle jene ungarischen Staatsbürger, welche das 26. Lebensjahr vollendet haben und die Amtssprache des Staates (in Siume die italienische Sprache) seien und schreiben künnen, wenn sie jährlich mindestens 20 Kronen direkte Staatssteuer zu zahlen verpflichtet sind oder als öffentliche Beamten, Seelsorger, Mitglieder der ungarischen Akademie der Wissenschaften, Doktoren, Professoren, Advokaten, Ingenieure, Architekten, Sciffskapitäne, Apotheker, Chemiker, Zörster, Montanisten, Lehrer, Chirurgen, Tierärzte wirken, sowie jene, welche die höhere Kunstschule oder eine andere höhere Bachschule absolviert haben, schließlich diejenigen, welche die Maturitäts­­prüfung abgelegt haben. Ausschließungsgründe dagegen sind: Verurteilung wegen aus Gewinnsucht begangenen Verbrechens oder Bergehens, Verlust oder Suspendierung der Ausübung der politischen Rechte, Freiheitsstrafe, Anordnung der gerichtlichen Untersuchung oder Schlußverhandlung, Anklagebeschluß, Konkurs, körperliches oder geistiges Gebrechen, welche die Möglichkeit ausschließen, die Pflichten des Geschworenen zu erfüllen. Es können ferner in die Liste der Gesch­worenen nicht aufgenommen werden: Minister, der Gouverneur von Fiume, die Obergespane, der Ober­­bürgermeister von Buddapest, im aktiven Dienst stehende Richter und Staats­­an­wälte, im dauernden aktiven Dienste stehende Mitglieder der bewaffneten je Feuilleton. Das Rathaus in Hermannstadt, Lufalhistorische Skizze. Je mehr die Gegenwart mit den alten Historischen Gebäuden aufräumt, desto mehr lernen wir die noch stehenden schäßen. Führen sie und doc, gleich einer Brüde, in die an Kämpfen so reiche Vergangenheit unseres Volkes Hin­­über! Zu diesen Bauten gehört vor allen andern das Hermannstädter Rathaus — in seinen ältern Zeilen. Die Veränderungen, welche in jüngster Zeit im Innern desselben, hauptsächlich zum Zwecke der Vergrößerung des Kommunitäts­­saales, vorgenommen wurden, Ienfen unsern Blid wieder einmal auf die Ge­­schichte dieses Hauses hin, aus der wir uns die Hauptmomente vergegenwärtigen wollen. von der Pempflingergasse aus gesehen, macht er mit seinem mächtigen, das Gebäude gegen den Abhang fragenden Pfeiler einen gewaltigen Eindruck. Man blicht un­willkürlich hinauf zu dem aus der Westfront herausragenden, von zwei kräftigen Konsolen getragenen Eifer oder läßt den Blick vorübergleiten an den größeren S Fenstern des Obergeschosses und den Iufenartigen im Unter­­geschoß. Diese sowohl, als auch die an der nördlichen Mauer — links vom Pfeiler — in Form von Doppelhafen heraustretenden zwei Tragsteine drängen uns die Meberzeugung auf, daß dieser Teil des Rathauses zur Verteidigung bestimmt war. Nehmen wir von hier den Weg aufwärts unter dem Thorturme hin­­durch, der offenbar die Westeinfahrt in den im 14. Jahrhundert aufgeführten dritten Mauerring der Oberstadt bildete, und treten wir in den Hofraum des Rathauses, so Haben wir rechts den bei weitem größeren, zum Teil auf der Stadtmauer ruhenden Bau vor und. Er hat gegen das Gymnasialgebäude und die neue evangelische Bürgerschule je eine Gartenfront und reicht, im Hofe in einen rechten Winkel zusammenstoßend, von der in das Stockwerk führenden Treppe links bis zum dritten Fenster auf der Galerie. An diesen Teil des Nathauses schließt sie der feinere, viel schmalere an, der in einen beinahe im Quadrat und zwei Stock hoch ausgeführten Bau mit einem Eiferfenster und dem auf einem Steinbogen figenden Türmen endigt. Die Westfront ist dem Hausgärtchen zugeführtt. Der innere Raum des Schloßbaues, der — seiner Form nach zu schließen — ursprünglich als Haus-Kapelle gedient zu haben scheint, enthält gegenwärtig im ersten Stodwert das Archiv der Stadt Hermannstadt und der sächsischen Nation, während im zweiten die sächtische Rüstkammer sich befindet. Dieser Teil des Rathauses mit seinen meist noch gut erhaltenen ur­­sprüngligen Fenstern und der im neuerer Zeit leider verbauten Halle am Hausgärtchen er­weift er durch seinen mit mehr Konsequenz durchgeführten gotischen Baustil als der ältere; denn die an den beiden Gafsenfronten des massiveren Baues befindlichen Fenster Iaffen durch ihr stark ausladendes Ge­­sims, welches mit Würfelfried in der Gliederung den Senftersturg überdeckt, und doch das nur wenig hervortretende Gesims unter der Fensterbank eine spätere, schon in die Renaissance fallende Bauzeit, wenigstens für diesen Teil des Obergeschosses vermuten. Unter den Einzelheiten des Altern Rathausteiles steht voran der reich­ gegliederte gotische Thürstoc, welcher vor der vor einigen Jahren durchge­­führten Bauänderung den Zugang zum Archiv vermittelte; nach ihm die Eingangsthür in das Türmchen, die dadurch an­­ Bedeutung gewinnt, daß sie in ihrem oberen Zeile zwei Wappen zeigt. Auf dem linker ist über drei Sternen ein aufgerichteter Löwe, auf dem rechts ein aus einer Krone heraus­­ragender Arm mit einem zum Hiebe ausholenden Krummschwert zu sehen. Das erstere dürfte — wie wir sehen werden — auf den Erbauer oder ersten Befiter, das zweite auf seine Gattin sich beziehen. Am inbrefantesten aber ist entschieden die dreiteilige Gartenfront dieses Baues mit em kümmerlichen Rest der Halle, deren geschwärzte Säule und Mauerwand erkennen lassen, daß dies Gebäude früher eine Münzstätte war und in didem Raum das Metal für die Münzprägung geschmolzen wurde. Das Gärtchen nennt der Boltemund das „Martergärtchen“ ; vielleicht wurden also Ber auch gemisse Marterwerkzeuge glühend gemacht. Die Forschung nach dem Erbauer oder ersten Beriter dieses Rathaus­­teiles hat auf den Bürgermeister, späteren Königsrichter und Kammergrafen Thomas Altenberger zurückgeführt, wenn man nämlich für diese Annahme das an drei Stellen dieses Gebäudes angebrachte, von Soterius in seinem Handsgriftlichen Werk „Cibinium“ Airenberger zugesprochene Wappen — im oberen Bild ein aufgerichteter Löwe, im unteren drei Sterne — sprechen lassen will. 3 befand sich an dem einen Schlußstein der Wölbung in dem jegt vermauerten Teil der genannten Halle und ist noch zu sehen am Schluß­­stein des Neggemwölbes im Eifer der Kapelle, beziehungsweise des jenigen „Archivfaales, und an der vorhin erwähnten Thür zum Treppentürmchen. &8 würde demnach die Erbauung dieses Bauteile in die Zeit zwischen 1470 und 1491, die seit der Amtswirksamkeit Thomas Altenbergers fallen. Vor mehreren Jahren wurde in einer neben dem jebigen Steueramts­­total gelegenen und bis dahin unbenugten Kammer, als sie zu einem Kanzlei­­zimmer hergerichtet werden sollte, die Oberschwelle eines steinernen Thürstodes mit dem Wappen des Sachsengrafen Johann Lulai aufgefunden. Da dieselbe — nach Reiffenberger — genau in die Deffnung der heutigen Eingangsthür in den ersten Stod, sonst aber in seine andere in diesem Gebäude, hineinpaßt, so ist es nahezu gewiß, daß sie den oberen Teil eines Thürstoces bildete, der an der Stelle der jegigen Eingangsthür stand. Demnach wäre mit größter Wahrscheinlichkeit Lulai als der Erbauer wenigstens des Stockwerks in diesem Rathausteile anzusehen und der Bau in das erst­e oder zweite Jahrzehent des 16. Jahrhunderts zu legen. Der legte Eigentümer dieses Patrizierhauses, als Privathefigtums, war der bekannte Sachsengraf Markus PBempflinger, der es mit der Witwe Lurais, die er im Jahre 1521 geheiratet, erhalten hatte. Er war, wie sein Vor­­gänger im Amte, Münzpächter. Ein eifriger und treuer Anhänger des Königs Ferdinand Hatte er den größten Teil seines Vermögens dem Zivweg der Er­­haltung der Habsburgischen Herrschaft geopfert. ALs aber Ferdinand Sieben­­bürgen an Bapolya abtrat, mußte er das Land verlassen und starb, stark verschuldet, in Ungarn 1537. Bald traten seine Gläubiger mit ihren Forderungen auf. Sein großes Haus sollte verkauft werden, aber der hohe Preis schrecte die Leute ab. Da hatte sich in Hermannstadt das Gerücht verbreitet, Martinuzzi, der Bischof von Großwardein, habe bei Pempflingers Gläubigern um ihre Forderungen anfragen lassen. E& stellte si bald als Gewißheit Heraus, daß der Bischof die Aösicht habe, das Haus zu Taufen und, da es zur Goldeinlösung und Münzpräge schon eingerichtet sei, als

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