Siebenbürgisch-Deutsches Tageblatt, 1899. September (Jahrgang 26, nr. 7816-7841)

1899-09-26 / nr. 7837

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Jahrgang Gag et Hermannstadt, Dienstag 26. September­ 1899 »Prämumterationen und Inserate übernehmen außer dem Hauptbureau, Heltauere Wasse Nr. 23: in Kronstadt Heinrich Zeidner, Mediasch Johann Hedrich’s Erben, G. A. Reissen­­berger, Schässburg Fritz Teutsch, Bistritz Arthur v. Schankebank, Mühlbach Josef Wagner, Kauf­­mann, Broos H. Graef, Reps Johanna Guiesch, Buchhandlung, Wien Otto Maas (Haasenstein - Vogler), Rudolf Mosse, A. Oppelik, M. Dukes, Heinrich Schalek, J. Danneberg, Inseraten­­bureau „Die Annonze“, Budapest A. V. Gold­­berger, B. Eckstein, Frankfurt a. M. G. L. Daube & Co. ae Die Ministerkrisis in Oesterreich). In unserer vorgestrigen Nummer haben wir bereits telegraphisch über die im Hinblick auf die trostlosen Verhältnisse in Oesterreich hocherfreuliche Thatsache berichtet, daß das Ministerium Thun seine Demission eingereicht hat. Ueber die Vorgeschichte diessen Ereignisses berichtet die „Neue Fr. Brefse” wie folgt: Schon die Audienz des Freiherrn v.Chlumeckyiand­l hatte ein Signal gegeben, daß an der entscheidenden Stelle die zum System ausgebildete Berlegenheitspolitik des Ministeriums Thun, die Politik, nämlich den Reichs­­rat absichtlich fernzuhalten und in seiner Abwesenheit mit fälschlicher Berufung auf den $ 14 die Gefeßgebung absolutistisch zu besorgen, nicht gebilligt werde, und daß die ernste Absicht bestehe, durch eine Verständigung mit den Deutschen zur Beseitigung der Obstruktion und zur Wiederherstellung eines regelmäßig funktionierenden Abgeordnetenhauses zu gelangen. Bek­annt ist auch, daß den Anstoß Hiezu die drohende Vereitlung der Delegationsnwahlen gegeben hat. Während das Ministerium Thun auch dieser Eventualität durch eine gemalt­­same Interpretation oder Umgehung des Geieges über die gemeinsamen An­­gelegenheiten begegnen wollte und zwischen dem­­ Vorschlage, die im vorigen Sabre gewählten Delegierten noch ein weiteres Jahr funktionieren zu lassen, und der Shee schwanzte, das gemeinsame Budget Lediglich von der ungarischen Delegation beschließen zu lassen und es dann auf Grund des $ 14 für die Österreichischen Länder in Wirksamkeit zu fegen, erklärte sich der ungarische Ministerpräsident auf das entschiedenste gegen jede Behandlung der gemein­­samen Angelegenheiten, die nicht streng dem Sinne und dem Wortlaute des Ausgleichsgefäßes entsprechen würde, und bestand auf einer auch in Oesterreich verfassungsmäßig gewählten Delegation. Als auch das gemeinsame Ministerium dieser Anschauung fi anschloß, war das Ministerium Thun vor die Wahl gestellt, entweder auf dem Wege der Verständigung mit den Deutschen zu einer verfassungsmäßig gewählten Delegation zu gelangen oder den Plan zu räumen. Hierauf ist auch der vom P­räsidenten des Abgeordnetenhauses unter­­nommene Bersuch, auf einer Verständigungskonferenz die Beseitigung der Destruktion zu erzielen, zurückzuführen. Auf diesen Versuch hatte bereits die auffallend versührliche Rede des Abgeordneten Dr. Kathrein in Patsch vor­­bereitet, nach welcher Dr. Kathrein in einer viel bemerkten Audidienz vom Monarchen empfangen wurde. Auch die Verhandlungen des Ministerpräsidenten mit dem Landeshauptmann von Oberösterreich, Dr. Ebenhoch, und dem Präsi­­denten des Abgeordnetenhauses, Dr. Fuchs, die beide der katholischen Walfe­­partei angehören, deuteten darauf hin, daß dieser Parter in der Verständi­­gungs- Aktion, deren das Ministerium dringend bedurfte, um sich auf seinem Plage zu behaupten, eine wichtige Rolle zugedach sei. Das Ende, welches diese Aktion nahm, wird jedoch durch die am Freitag gefaßten Beichlässe der deutschen Oppositionsparteien und den darauf gegründeten Beschluß der Ob­­männer-Rn­ferenz bezeichnet. An der entscheidenden Stelle war inzwisgen dem Versuch des Ministeriums, durch Intervention der katholischen Bolfspartei die Brüden wieder herzustellen, welche e­r in den Tagen der Blüte des $ 14 zwischen sig und den Deutschen abgebrochen hatte, nur mit geringem Vertrauen zugesehen worden. Ob das Ministerium selbst an das Gelingen der B Verständigungskonferenz glaubte, ist nicht festzustellen, aber sowohl das ungarische an das gemeinsame Ministerium sahen ihr von Anfang an mit begründetem Breifel entgegen, und die Frage, was für den Fall des Scheiterns der Konferenz vorzuführen sei, blieb seines­­wegs uninertiriert. Daß die für diesen Tal von den Zschechen Liebkosten Staatsstreichpläne von den entscheidenden Fak­oren nicht akzeptiert werden, wer Schon seit längerer Zeit entschieden. Die zeitweilige Suspendierung der Betfoffung dur einen radikalen Staatsstreich zu erregen, fand nicht die Billigung der Krone, welche die Rückehr zu verfassungsmäßigen Zuständen als den einzig richtigen Weg erkannte, und deswegen reichen die Bemühungen, ein Kabinet zu bilden, welches die Aufgabe hätte, diese Rückehr zu bewerk­­stelligen, k­om­­m die Zeit vor der Einberufung der Verständigungskonferenz zurück.Der Zeitpunkt,in welchem ernstliche Verhandlungen zu diesem Decke begannen, fällt ungefähre mit dem Beginn des Monats September zusammen. Der diesen Verhandlungen zu Grunde liegende Gedanke war, ein neu­­trales Beamtenministerium zu bilden, welches die Aufgabe hätte, dach Aufhebung der Sprachenverordnungen die Forderung der Deuttschen zu­­ befriedigen und durch die Vorlage eines mit Benügung des deutschen Pfingstprogramms entworfenen Sprachengesetes auch die Tschechen darüber zu beruhigen, daß die für sie unwesentlichte Errungenschaft der lebten drei Jahre, die tschechische Amtssprache in den tschechischen Bezirken, ihnen erhalten bleibe. Im Verlaufe der Verhandlungen scheint jedoch die Besorgnis, daß die Aufhebung der Sprachenverordnungen von den Tschechen mit der äußersten Obstruktion beantwortet werde und damit das Ziel, welches in einem arbeitsfähigen R Reichsrat besteht, abermals nicht erreicht werden könnte, den Gedanken erzeugt zu haben, an die Seite des Beamtenministeriums einen Wann zu stellen, dem seine Beziehungen zur rechten e3 ermöglichen würden, die Zschecien von der Ergreifung dieses Kampfmittels abzuhalten. Damit trat der Name des Fürsten Alfred Liechtenstein in den Vordergrund, bei welchem diese Eigenscaften vorausgefegt wurden, und daß er für die Ministerpräsidentschaft einftig in Kombination gezogen wurde, unterliegt seinem Zweifel. Inzwischen reifte aber die Tatente Krise dem offenen Ausbruc­he ent­gegen. Er verstand sich von selbst, daß das Ministerium Thun, welches die Ausgleichsverhandlungen mit Uncartt auf eine Bahn gelenkt hatte, welche keine andere Wahl mehr ließ, an den ganzen Ausgleich mit Umgehung des Reichs­­rates auf Grund des $ 14 in Wirksamkeit zu fehen, auch unter seiner eigenen Verantwortung die kaiserliche Verordnung über den Ausgleich erlassen mußte und daß das neue Ministerium mit dieser odiosen Verantwortung nicht be­­laftet werden konnte. Dieser Aufgabe hat auch das Ministerium sich noch unterzogen. Das Neid­egefeßblatt vom Samstag publiziert die Kaiserliche Verordnung, melde, nachdem die Verordnungen über die Rudersteuer, Branntwein- und Biersteuer bereit erschienen sind, das wirtschaftliche Ver­­hältnis zu Ungarn auf Grund der Reziprozität regelt und außerdem die Bestimmungen über die Verlängerung des Bankprivilegiums, die Rückzahlung der Achtzig-Milionenschuld und die zur Fortiegung der Valuta-Herstellung notwendige gänzliche Einlösung der Staatsnoten, sowie über die Einführung der Kronenwährung enthält. Damit hat die Anwendung des 3­14 auf An­­gelegenheiten, an welche bei der Schaffung dieses omindsen Paragraphen wohl niemald gedacht wurde, ihren Gipfelpunkt erreicht. Aber auch das Ministerium hat die einzige Thätigkeit, zu der es noch berufen war, vollendet, und es 309 an längst gegebenen Voraussehungen die Konsequenz, indem es dem Kaiser sein Entlastungsgesuch überreichte. Soweit die „Neue Freie Presse”. Mit der Mission der neuen Kabinets­­bildung ist provisorisch das Herrenhausmitglied Fürst Alfred Liechtenstein betreut worden. Diese Mission ist einem Wiener Blatt zufolge, als gesceitert zu betrachten. Ein Telegramm des „BPester Lloyd“ dagegen jedoch will willen, daß sie noch aufrecht bestehe und Fürst Liechtenstein sei eifrig bemüht, einer­­seits die geeigneten Persönlichkeiten für ein Ministerium unter seiner Führung zu gewinnen, anderseits diesem Ministerium bei den parlamentarischen Parteien rechts und links die Wege für eine positive Thätigkeit zu ebnen. Allerdings seien die Schwierigkeiten, die sich der Mission Liechtenstein entgegenstellen, feine geringen. Die politische Aufgabe, die fi Fürst Liechtenstein stelle s­ei, abgesehen von der Durchführung der Delegationsmahlen, die ja nur eine formelle Angelegenheit bilden, eine doppelte, erst­ens doie Regelung der Sprachenfrage im gefeglichen Wege nach vorheriger Aufhebung der Sprachenverordnungen; zweitens die Er­wirtung der parlamen­­tarischen Indemnität für den Ausgleich mit Ungarn. Um diese Aufgabe erfüllen zu künnen, heißt es weiter, will Fürst Liechtenstein in nationaler Beziehung der Linken möglichst entgegenkommen, ohne jedoch die Slawen, insbesondere die Tschechen irgendwie zu verlegen. Nicht nur sol jeder Bruch mit der gegenwärtigen Majorität vermieden werden, der Fürst will vielmehr sein K­abinet in erster Linie auf diese Majorität, sei es in ihrer Gänze, sei es auf einzelne ihrer Faktoren stoßen. Aus diesem Grunde werden die intensivsten Anstrengungen, die Tschechen wenigstend für die stillschweigende Hinnahme der Aufhebung der Sprachen­­berordnungen zu gewinnen, fortgeseßt. Es besteht daher an die Absicht, eine den Tschechen genehme außerparlamentarische Persönlichkeit für das neue Ministerium zu gewinnen. Bisher ist dies allerdings nicht gelungen, Sektionschef Nezet im Unterrichtsministerium, dem das Unterrichtsportefeuille angeboten wurde, Hat dasselbe mit Rücksicht auf die an das Anerbieten ge­­sielten Bedingungen abgelehnt. Nun wird auf die tschechische Fraktion ein­­gewirkt, daß fir, falls sie unter seinen Umständen ein Kabinet unterflüßen wollte, das seine Thätigkeit mit der Aufhebung der Sprachenverordnungen beginnt, es begnügen möge, bloß eine gemäßigte Opposition zu machen, welche die­­ Arbeitsfähigkeit de Parlaments nicht wieder in Frage stellen miede, sehnlichen Schwierigkeiten, wie auf der rechten Seite begegnet Fürst. Liechtenstein naturgemäß auch auf der Linken. Seine ausgesprochen Eeritale Barteistelung läßt eine direkte Unterstüßung seitens der fortschrittlichen Sta­tionen der Linieen von vorneherein ausgeschlossen er­scheinen. Die Einstellung der Ostruftion ist das Weißerste, was Fürst Lietenstein von dieser Seite zu erwarten hätte und das natürlich auch nur dann, wenn er die Sprachenverordnungen wirklich bedingungslos aufhebt. Balls aber Fürst Liechtenstein auch nur auf die direkte Unterstüßung des fons­terbativen Slügels der Linken des verfassungstreuen Großgrundbefiges rechnet, so kann er auch da eine Enttäuschung erleben. Wenigstens verlautet in parlamentarischen Kreisen, daß die Vereinigung des verfassungstreuen Groß­­grundbefiges si) bereitS gegen den eventuellen Eintritt eines ihrer Mitglieder in ein Kabinet Liechtenstein — es wurden in dieser Richtung an Minister- Kandidaten Graf Stürgfd und Dr.­­ Grabmayr genannt — aus­gesprochen habe. Angesichts dieser Schwierigkeiten muß wohl mit der Eventualität eines Sceiternd der Mission des Fürsten Liechtenstein gerechnet werden. Für diesen Ball erst for maßgebenden Orts die Berufung eines reinen Beamten­­ministeriums in Aussicht genommen sein. Friedensaktion in Kronstadt. Das Friedensbedürfnis unter den Kronstädter Sachsen hat zur Einleitung einer Aktion gedrängt, die über das Stadium der­riedensversicherungen in dem gegenseitigen Parteiorganen hinauszuführen verspricht. Wie und gemeldet wird, hat der sogenannte Dreißigerausschuß der Kronstädter „Grünen“ vor kurzem an den Burzen­­länder jährlichen Kreisausschuß eine Zuschrift gerichtet, in welcher die Not­­wendigkeit des geeinten Zusammengehens aller Sachsen im Burzenland dar­­­­gestellt und der Vorsschlag zur­ Wiederaufnahme der im Januar 1898 Leider erfolglos verlaufenen Friedensverhandlungen gemacht wird. Der Kreisausschuß ist in seiner am vorigen Freitag abgehaltenen Sigung bereitwillig auf Die Anregung des Dreißigerausschusses eingegangen und hat zu den Verhandlungen sieben seiner Mitglieder delegiert. Auf grüner Seite wird die Delegierung demnächst erfolgen. — * Unsere Kronstädter Bolfsgenossen künnen versigert sein, daß man im ganzen Sachsenlande mit gespannter Erwartung und den besten Hoffnungen dem Ergebnis der wiederaufgenommenen Friedensverhandlung entgegenfieht. Das Bewußtsein hievon wird wohl geeignet sein, in den beiderseitigen Ver­­trauensmännern das Gefühl der Verantwortlichkeit so zu erhöhen, melche in dem Augenblicke auf ihren Schultern ruht, wo sie daran gehen, die innere Einheit in dem gegenwärtig vielleicht am schwersten bedrohten Teile unseres jählichen Volkes nach langem HBmw­espalt wieder­herzustellen. Man darf an­­nehmen, daß nach den tiefschmerzligen Erfahrungen der letten Jahre auf beiden Seiten der ernsteste und aufrichtigste Wille vorhanden sein wird, nach Dienschenmöglichkeit sich selbst zu überwinden und dem bislang noch gegnerischen Bollegen offen goldene Brüden zu bauen. « " nn 0 Benil­eten. In der Stille. Roman von K­onstantin Harro. (35. Sortlegung.) Die Zeitung Met suchte er ungern auf, Sanna in dieser Stadt zu wissen, b­at ihm wehe. Er hatte selbst zwei Jahre in den Reichslanden, vor­­nehmlich in Straßburg zugebracht, und er fannte das freie Leben, welches in den Garnisonen jenseits des Rheins herrschte. Er mußte, daß die Damen vom Theater Hier viel umschwärmt wurden, daß man an Tugend bei ihnen nicht glaubte und Fraum glauben konnte. Sanna hier wiederzufinden, war fast gleichbedeutend mit einem großen Berlust. Er mußte sein! Der Onkel bat immer dringender um Nachrichten. Und die Zeit verstrich. Bald schlossen sich die Tempel der Aunft. Schon ging der April seinem Ende entgegen. Blütenschleier lagen über der Erde, fronniges Licht Leuchtete Über begrünten Fluren, Veilchenduft kam von Wegen und Stegen und umschmeichelte die Linne E3 mar ein Iieblicher Lenz, der das Füllhorn feiner Gaben über das gesegnete Stad Land ausschüttete, welches Kurt Mühlen schnell durchfuhr. An einem schönen, milden F­rühlingsnachmittag kam er in Meb an. Sein erster Gang galt auch hier einer Theateragentur. Leider konnte ihm der liebenswürdige Rheinländer, der sie leitete, seinen sichern Ausweis geben. Er riet Mühlen, am nächsten Abend das Schauspiel zu besuchen. Eine jugend­­liche Schauspielerin — die Beschreibung konnte für Sanna passen — sollte dort auf Engagement gastieren. Entmutigt durch diesen neuen, wie er schien, zwecklosen Versuch, schritt Kurt durch die Anlagen, an denen die zierliche Billa des Agenten lag, der „Saplanade“ zu. Diese unwunderherrliche Promenade mit Neys Denkmal zog ihn doch nach und nach von seinem Kummer ab. Die Militärmufik spielte in einem der angrenzenden Gärten, das Auge ruhte entzückt auf schimmernden Wasserstrahlen, die sich plättigernd erhoben, &8 Herrichte Frieden ringsum, Auf einer einsamen Bank unter blühendem Rot vorn fichend, sah Mühlen die fröhlich ausschauenden Spaziergänger vorüberziehen, die der Föstliche Frühlingssonnen­­schein und Weite todte. Plöglich gewährte er zwei schlanke Knaben, die einen Herrn zu erreichen suchten, der dem Königsplage zuschritt. Im nächsten Augenblick — er hätte nicht vermocht zu sagen, was ihn dazu antriebdb — hatte Kurt Mühlen den jüngern der beiden Buben erreicht und griff nach seinem Arme: „Georg, Rolf! She kennt mich nicht mehr?” Da er Zivil trug, sahen die hübschen Jungen einen Moment erstaunt zu ihm auf. Dann rissen sie die Mitten von dem Kopfe, und Georg rief mit lebhafter Freunde im Tone: „Here dr. Mühlen, Sie? Ya, da wird sich Vater aber freuen!“ Schon hatte sich der ältere der Knaben von der Gruppe getrennt, Hatte — einige Vorübergehende durch feine Eile fast erschredend — den grauhaarigen Heren eingeholt und ihn zur Umkehr bewogen. Ein paar Sekunden später schüttelten die beiden Männer sich die Hände. „Das nenne ich eine Ueberraschung*, Sagte Oberstabsarzt Fechner dann im Weiterschreiten: „Ich nehme an, Sie kommen mit mir. Ich wohne nur eine Biertelstunde weit entfernt, und meiner Frau wird es eine große Ehre sein, einen Grauenthaler bewirten zu können. Denn — wie Frauen nun einmal sind — die Erinnerung verklärt ihr das Vergangene. So pfeist sie hier im „fremden Zander, das mit andern Zungen spricht, täglich die Vor­­züge des lieben Nestes da oben an der Grenze und vergißt ganz, daß wir hier beinahe in einem Thale leben, alwo Mil und Honig fließt und Wein nit minder.” Mühlen, den bei Fechner Anblid die Erinnerung ebenfalls mächtig er­­griff, sagte zu. Er war unwillend, die Dienste Fechner in der Angelegenheit, die ihn durch die Welt trieb, nach Möglichkeit auszuwagen, wußte er Doch, daß der Oberstabsarzt große Stüde auf Sanna Richter gehalten hatte. Er den Baternamen, ein großes Vermögen und — was mehr ist — die Liebe der FhHrigen zurüczuerobern, mußte dem sie hoch verehrenden Herrn eine Ge­­nugthuung sein. Breilich, wie Fechner die Sache anfassen sollte, doch war dem Offizier noch nicht Mar. Ein Arzt, der im Berufsleben stand, konnte über seine Zeit nicht disponieren. Dietl merkte auch Kurt Mühlen auf der Stelle. „Sind Sie mir böse“, begann nämlich Schauer, indem er eine enge und fromme Gasse einbog, „wenn ich Sie erst noch einmal im die Anstalt schleppe? So habe einen Schwerkranke­n dort, dem ich die Nacht durch meinen Besuch ein biechen erleichtern möchte. Sie wissen, ich fasse den Beruf eines Arztes mit dem eines Menschenfreundes so ziemlich zusammen .... Wenn Sie also nicht zurückdienen vor ein paar Leidensgesichtern, so begleiten Sie michh. Meiner Frau ist es ja auch Lieber, ich fhide die Jungens voraus, um sie anzumelden.“ „Wenn ihrer Frau Gemahlin mein Besuch Umstände macht, so muß ich meine Bufage zurückziehen”, meinte Mühlen herzlich. „Ich wollte Sie be­­gleiten, um mit Ihnen von alten, fröhlichen Zeiten zu plaudern, ein Souper schiedt mich aber gründlich ab. Ich komme als armer Reisender, der sogar eine Bitte wagen möchte, nicht als anspruchsvoller „Herr vom Stande.“ Sie verstehen mich Doc?" „Na und ob!” vier Fechner jovial, den Lieutenant von der Seite forschend betrachtend. „Bin auch ganz Ihrer Meinung, Herr von Mühlen! Aber lassen Sie mich immerhin die Buben vorausschieden. Möglicherweise be­­kommt meine Hausfrau heut noch einen Gast und mit Stampfkartoffeln und Schlippermi­hd — Hut ab vor dieser schlesiichen Delikatesse! — will sie ung doc nicht abspeisen. Also Sie gehen erst mit mir?" „Wie Sie wünschen, Herr Oberstabgarzt !" Lechner winkte die Knaben, die sich bescheiden außer Hörweite gehalten, heran und gab ihnen die nötigen Anmeifungen für die Mama. Ihre Gesichter firachten, während der Vater zu ihnen redete. Offenbar schwärmten sie so für Grauenthal und die Freiheiten, welche er seiner Jugend ge­­währte. Aber an Fechner Antlit strahlte. Da schicte ihm nun die weite Vorsehung richtig den Menschen in den Weg, den wiederzusehen er si schon seit einem Jahre vorgefeßt hatte. Nur en waren bisher der Ausführung seines Vorhabens Hinderlich gewesen.

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