Siebenbürgisch-Deutsches Tageblatt, 1900. Mai (Jahrgang 27, nr. 8017-8042)

1900-05-01 / nr. 8017

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Mai 1900, Pränumerationen und Inserate übernehmen außer­dem Hauptbureau, Heltauer­­gasse Nr. 23, in Kronstadt Heinrich Zeidner, Mediasch Johann Hedrich’s Erben, Schässburg Fritz Teutsch, Bistritz Arthur v. Schankebank, Mühlbach Josef Wagner, Laufmann, Broos H. Graef, Reps Johanna Guiesch, Buchhandlung, Wien Haasenstein , Vogler (Otto Maas), Rudolf Mosse, A. Oppelik, M. Dukes, Nachfolger, Hein­­rich Schalek, J. Danneberg, M. Zitters Inseraten­­bureau „Die Annonze“, Budapest A. W. Gold­­berger, B. Eckstein, J. Blockner, Frankfurt a. M. G. L. Daube & Co. Insertionspreis : Der Raum einer einspaltigen Garmondzeile fostet beim einmaligen Einraden 14 9., das zweite­­mal je 12 9., das drittemal je 10.9. exklusive der Stempelgebühr von je 60 9. AXXVI. Zahlgang. . Sachsengängerei. W. Wie bei jedem Volke, so findet auch bei dem unfrigen ein fort­­währendes Ab- und Auströmen statt. In je heftigerer Bewegung unsere Heine Lebensgemeinschaft ist, desto stärkere Wellen schlägt sie, desto dichter spingen die Tropfen über die Ufer hinaus und fallen in die umliegenden Teiche und Seen, in denen sie spurlos verschwinden. 8 ist begreifft, daß mir jeder Auswanderung aus unserer Mitte gegenüber dieselben peinlichen Gefühle hegen, die ein nicht aufzuhaltender Bluterguß eines schmäh­lichen Körpers in uns erwebt. Darum hatte der Beginn einer Auswanderung aus dem sächsischen Bolfe nach Amerika überall trübe Betrachtungen gezeitigt, die sich späterhin durchaus nicht als ungerechtfertigt herausgestellt haben. Selbst die Thatsache, daß fleißige Arbeiter jenseits de großen Wassers thatsächlich ihr weichliches Einkommen gefunden haben und sie sogar reiche Sparpfennige nachhause zu ihiden vermochten, mit welchen ihre Schulden getilgt und das belastete Erbe freigemacht werden konnte, darf uns nicht über die Bedenklichkeit der ganzen Ernennung hinwegtätigen. Es ist meistens nichts Gutes ge­wesen, was unsere fadgtenmüden Landsleute aus der neuen Welt in die alte Heimat mit herüber­­bringen, und wenn sie­ au wieder zurückehren, so ist die Rückkehr doch nur äußerlich, der innere Zusammenhang ist gelöst. Die rasch verdienten Groschen zerfließen in der Regel wieder und der­ ersten Auswanderung folgt vielfach eine zweite und endgültige nach, an der si auch die Familie beteiligt. Der weite Weg, die Kostspieligkeit der Reife, eine instinktive tiefgemurzelte Scheu, sich von der altgewohnten Umgebung loszulösen, haben den Strom der Aus­­wanderung nach Amerika naturgemäß eingedämmt. Sie ist doch groß genug gewesen, um für unser Bolt bedenkliche Folgen zu zeitigen und ihm wirklich schwere­­ numerische Berluste zuzufügen. Die Auswanderungen nach Amerika und nicht zu vergessen jene nach Rumänien, sind die schleichenden Fieber ge­­wesen, welche unseren Vollstörper solcher Kräfte beraubt haben, die ihm zu einem kräftigen Wachstum verhelfen sollten. Und nan kommt in der letzten Zeit eine dritte Bewegung ähnlichen Charakters dazu,nämlich eine Auswanderung nach Deutschland,wie sie im letzten Herbste unter den Deutschen Ungarns und Siebenbürgens begonnen hat. Aus Ungarnstadt z war und IOOO landwirtschaftliche Arbeiter und Arbeiterinnen in diesem Frühling nach Deutschland gegangen und wie unser Blatt aus ver­schiedenen sächsischen Ortschaften zu melden wußte,haben auch zahlreiche unserer Bottsgenossenteile auf eigene Faust«teils durch Vermittelung von Agenten denselben Weg zu finden gewußt.Die Ursache dieser Erscheinung liegt nicht bloß darin,daß unser Staat allen seinen christlichen Bewohnern den Auf­­enthalt in diesen­ Lande gründlich verleidet hat,sondern in den reichsdeutschen­­ Be­hältnissen überhaupt. Die restlichen,landwirtschaftlich überaus hochstehenden Provinzen Deutschl­­and-und Mitteldeutschland,wo sich namentlich die Zuckerrübe eifriger Kultur erfreut,bedürfen zur Bearbeitung und Ernte der Rübe,sowie zu allen land­­wirtschaftlichen Arbeiten von Frühling bis November eine große Anzahl von Handarbeitern,welche Deutschland selbst nicht zustellen vermag,denn essist Erfahrungskhatsache,daß der Handarbeiter als der billigste und roheste Alrbeiter nur von einem kulturell niedrig stehenden bedürfnisloseanik geliefert werden kann.So beteiligen sich an diesem Zuge von Osten nach Westen,welcher in­s Deutschland unter dem Namen,,Sachsengängerei«bekannt ist,namentlich Polen und Tschechen und zwar in solchem Maße,daß hieraus direkt eine nationale Gefahr für Deutschland entstanden ist.Der Strom dieser Arbeit er richtet sich namentlich nach den preußischen Provinzen Sachsen und Hannover,wo sie als Tagelöhner auf den dortigen Rübengütern relativ hohe Löhne erhalten,die den Sachsengängern erhebliche Ersparnisse ermöglichen­ von denen sie den Winter über zuhause das Leben fristem In den letzten Jahren versuchte man in Deutschland dieser Ueberflutung mit fremdnationalen Arbeitern,die schon bis Westfalen und zum Rheine hin vorgedrungen ist,systematisch einen Riegel vors­zuschieben. Nicht ohne Zuthun von hier aus wurde die Aufmerksamkeit auf die Deutschen Südungarns gelenkt, die geeigneten Erlag zu Liefern im Stande sein würden. Nunmehr ist jener Wellenschlag, wie kaum anderd.zu erwarten stand, 6i8 zu uns gedrungen, &s dürfte doch wahrscheinli sein, daß immer größere Kreise hineingezogen werden und es wird gut sein, den Versuch zu wagen, si über die Folgen, welche diese Heuerscheinung nach sich ziehen wird, Hor zu werden. Die nächstliegende ist wohl diejenige, daß nun noch rascer als bisher die Sozialdemokratie ihren Einzug unter uns halten werde. Aber das ist eine Sache, der wir mweder vorbeugen künnen, noch auch vielleicht durchaus vorbeugen wollen. Bis zu einem gewissen Grade sind wir eigentlich ale in gemeissen Sinne Sozialdemokraten und damit nur dem Stande punkte unserer Ahnen treugeblieben, die doch gewiß mit ihren Forderungen all die Sozialdemokraten des 12. Jahrhunderts gegolten haben. Soweit die Lehren jener Richtung im Rahmen des Christentums und auch das Christentum zu verwirklichen sind, brauchen wir sie nicht zu fürchten, was darüber hinausgeht, ist lebensunfähiger Auswuchs, der von selber abdorsen und abfallen muß. Hierin liegt aber auch eine Art Schugimpfung für uns, die und jener Hochflut beruhigt entgegensehen läßt, vor der gegenwärtig die gewaltigen Nationen zittern, und mir werden bald die Entwickklung unseres Volkes segnen, melde­n vielleicht zum Bedauern manches eiteln Gemüted — gemisse hohe Sormen vermissen läßt, die ss aber eben in unseren Tagen als schwere Belastung er­weifen. So jeint ed, daß wir überhaupt einer Ausgestaltung unserer Ver­­hältnisse nach dieser Richtung hin mit ziemlicher Beruhigung entgegensehen können, da fragt e3 sich, um zur Hauptsache zurückzukommen, welch andere Folgen eine Sachsengängerei unserer Bauern haben dürfte. Gemeiß ist es, daß, wenn uner anfällige Bauer schon doch die mißgünstigen Verhältnisse ge­­zwungen, den Entschluß fassen muß, Taglöhner zu werden,­­er am besten für ihn ist, wenn­ er diese neue Arbeit in einer neuen Umgebung beginnt. In den alten Verhältnissen bedeutet sie für ihn unter allen Umständen ein Herab­­finden, meistens auch ein Berlettern. AN dieses fällt in einer neuen Umgebung fort, Und muß si der jähriiche Bauer Ion eine solche suchen, so wüßten wir allerdings keine bessere für ihn, als diejenige Deutschlande. Was bedeutet denn die Gefahr einer Infizierung mit sozialdemokratischen Seen den Bord­teilen gegenüber, die sich daraus ergeben, daß unser Volkögenosse in deutsche Umgebung hineingestellt, seinen Rindern eine deutsche Erziehung zu­teil wird, die Macht und Größe deutscher Aufrur auf ihn wirken kann. Unser Bauern­­font ist — wir müssen es Teiver berennen — infolge seiner­ Abgsihloffenheit etwas versumpft. &3 fehlt ihm vielfach die persönliche Tüchtigkeit. Der Sache ist ein langsamer, umständlicher Arbeiter, es fehlt ihn die Flintheit und das valhe BZugreifen. Nach allen diesen Richtungen hin kann eine persönliche Berührung unseres Bauernstandes mit reichsdeutschen Verhältnissen diret zum Hochschulstudium für denselben werden und ergänzend an die Seite der Aus­­bildung jener Stände treten, die seit Jahrhunderten ihren besten Inhalt einem längeren Aufenthalte daselbst verbauten. Die Kürze und Billigkeit der Seite von hier 518 in die Ueheimat unserer Väter, wohin si merkwürdigerweise die Auswanderung unserer Bauern zu richten begonnen hat, dann die Schärfe deutscher Geießgebung, welche fremden landwirtschaftlichen Arbeitern bloß einen zeitweiligen Aufenthalt im Reiche gestattet, machen es wahrscheinlich, daß eine Nachkehr in die Heimat die Negel sein wird. Absorbiert dann diese Sachsengängerei, wie es nicht unwahrscheinlich ist, infolge der leichteren Verbindung jene nach Amerika und jene nach Rumänien, weil das neue Ziel konsolidiertere und angenehmere Verhältnisse bietet, so wollen wir sie gerne für jene bedenkliche Folge in Kauf nehmen, daß für uns selbst die Erlangung von Arbeitskräften immer sch­wieriger und koftspieliger werden dürfte. « Sacsen und Romanen im Bistrik-Nakoder Komitat. Die „Bittriger Zeitung“ schreibt: „Klare Rechnung erhält Freundhaft”, ist ein alter Erfahrungstag, den sich besonders „Kompagnisten“ stets vor Augen halten müssen, ganz gleichgiltig, ob ihr Gesellschaftsverhältnis ein freiwilliges,­­ selbstge­wähltes ist, oder ihnen durch die Not der Umstände aufgezwungen wurde. In einem solchen durch die Not der Umstände aufgez­wungenen Ges­sellschaftsverhältnisse stehen die Sacsen und Romänen des Bistung-Napoder Komitates zu­einander. Es sol wohl auch einmal zwischen den politischen Bührern der beiden Parteien eine feste Abmachung, ein sogenannter Bakt zu­stande gekommen sein, worin bezüglich der Belegung der einzelnen Beamten­­stellen im Komitate bestimmte Richtpunkte aufgestellt wurden, um die Parität der beiden Parteien zu wahren. Doch das ist so lange her, daß die Be­­stimmungen dieser festen Abmachung inzwischen vollständig in Vergessenheit geraten sind. Mag aber die Sache mit dem Balte stehen, wie sie will, auch ohne eine für alle Zukunft bestimmte feste Abmachung sind die Sachen und Romänen zum Zwecke der Wahrung ihrer kulturellen Interessen in unserem Komitate auf eine gegenseitige Unterstützung ange­wiesen. Da die sächsischen und romänischen Beamten des S Komitates nicht den Mut haben, mit ihren Stammesgenossen Hand in Hand zu gehen, und da sich dieselben zu millen­­iojen Werkzeugen der Obergespanspolitik hergeben, so hat in der Kongregation weder die sächsische noch auch die romänische Partei für sich allein die ab»­solute Majorität, und — wenn zwei sich streiten, so freut sich der dritte — wie Sadhsen und Romänen nit, einig sind, siegt stets die Partei des Obergespand, die ja im Herzen weder den Sachsen noch den Romänen wohl will. Auch die am 25. d. M. im großen Saale des Komitatshauses abger­haltene ordentliche Frühjahrskongregation bot wieder einmal das widerwärtige Bild der ungeeinigten Parteien. Die Sadhsen stimmten wohl anfangs, als es für die Rumänen galt, einem in Angelegenheit der Napoder Fondswaldungen erflossenen, ihnen ungünstigen Reskripte des Ministers durch eine begründete Borsteiung an den Minister zu begegnen, mit den Rumänen und verhalfen ihnen zum Siege. Dafür aber stimmten dann die Rumänen, als es galt, die erledigte Waffenamtsafferforstele, beziehungsweise die durch Bewegung vieler Stelle in Erledigung genommene Waisenamtsnotardstelle zu belegen, auch da­für, den offiziellen Kandidaten des Obergespans, wo dieser Kandidat sein Romane, und romanijerseits eingestandenermaßen auch nicht ihre Parteis­­andidat war, und die von der fächsichen Partei als Parteikandidaten aufge­­­stellten Personen fielen durch. Mas war da natürlicher, als daß die jährliche Partei später den Romänen bei Verhandlung des 1900er Kostenvoranschlages der Gemeindewaldungen de gemejenen Napoder Distriktes ziwar Feine Gegner­­haft, aber auch­ seine Unterfrügung bewies und die Rumänen mit ihrem An­­trage gegenüber dem ihnen ungünstigen Referentenantrage ebenfalls durch­­fielen. Der Obergespan konnte also diesmal mit dem Erfolge der Kongregation vollauf zufrieden sein, denn von den­­ Romänen war er ak­iv, von den Sachsen wenigstens passiv in seinen Brieden unterstüßt worden. Es kann nun weder für die Sachen, noch auch für die Romänen er­­­wünscht sein, daß sich ähnliche Fälle in Zukunft wiederholen, und deshalb ist es notwendig, die Ursachen des jenigen Zichelpaltes zu ergründen, und den Meg, der in Zukunft vor ähnlichen V­or­ommnisten bewahren kann, zu suchen. Die Führer der rumänischen Partei behaupten, man habe ihnen von Seiten der jähri­gen Partei seine offizielle Mitteilung und auch, nicht rechtzeitig genug Mitteilung davon gemacht, daß säh­slicherseits ein Parteilandirat aufgestellt worden sei, und deshalb hätten si die romänischen Kongregationsmitglieder den einzelnen Kandidaten gegenüber duch persönliche Zusage ihrer Stimmen gebunden gehabt. Dieser Vorwurf beziehungsweise Ausrede kann aber nicht gelten. Denn wenn es auch wahr ist, daß von fächsisher Seite die offizielle Mitteilung von der Aufstelung fächsischer Parteikandidaten spät, sehr spät er­­folgte, so ist es auch nicht minder wahr, daß der zur Entgegenahme offizieller Selen, Attila. Von Hosef Marlin. — Erster Band. (1. Fortlegung.) Das Mädchen saß bald an einen Weidenstamm gelehnt. Halb ruhte e3 außgestrebt und auf den linken, von dem Normel der Tunika eng anschließend verhüllten Arm gestübt. Diese Lage des schwanzen und wie e8 foien, ziem­­lich Hohen Körper gab ein zierlich geformtes, bräunliches und festes Bein und einen kleinen Fuß der Beschauung preis, der in Ledersohlen gehüllt war, deren farbige Bänder die Wade des Mädchens umschlangen. Das reizende Mädchen schien dem Fischfang mit wenig Eifer nachzu­­hängen, denn noch lag sein einziger Bewohner der trägen Wellen vor ihr und die Angel hüpfte müßig in dem Gewässer umher. Die Züge des Mäd­­chens waren von Nachdenken umschattet, und die Beschäftigung mit seiner innersten Seele verdrängte augenscheinlich die Aufmerksamkeit auf das äußere mechanische Beginnen. Dieses Mädchen war Yldiko, die Tochter des Hunnischen Häuptlings CHeda, welcher im Heer des Hunnen­önigs Attila mutstritt, zur Friedens­­zeit aber mit den Scharen des Königs zwischen der Theiß und der Donau kauste. Sie war die Tochter des Hunnen, erzeugt mit einer Ausländerin, die der Vater im Anfall von Weberdruß tötete, die Tochter aber den Weibern seines Stammes überließ. . «Ildiko war zet Jahre alt,als ihre Mutter das entsetzliche Schicksal traf,ihrem Gatten zu mißfallen,und das zarte Mädchen erfuhr die blutige That von den Dienern der Häuptlinge. Darauf­ wurde sie den weiblichen Verwandten ihres Vaters übergeben und lebte entfernt von ihrem Vater,bis sie Jungfrau ward.Da nahm sie der alte Häuptling wieder zu sich und überhäufte sie mit der blutigen Beute seiner Kriegszüge,damit sie sich schmücke,damit sie schön sei. Ildiko nahm die Geschenke und freute sich der Kriegsb­alen ihres Vater­s, aber ihn selbst verabscheute sie,was immer der alte Häuptling b­at,seine Tochter milder zu stimmen. Er hatte dem zarten Mädchen die Mutter­ ermordet­ sozusagen, vor den Augen des Kindes­ ermordet | Er hatte das Kind in eine gräßliche Umgebung verbannt. Sıdiko hatte nur wenig zarte Gefühle, aber eins war in der unwehaften Stelle ihres Herzens voll und glühend geblieben: die Liebe für ihre ermordete Mutter. Died war der erste, der einzige tiefschmerzliche Eindruck ihres Lebens gewesen, und diesen konnte sie nimmer überwinden. Leidenschaftlich und Hart war aber ihr Zorn und Haß. Das milde Gefühl der Liebe für ihren Vater hatte niemand in sie zu pflanzen gesucht, und sie hatte ihn auch vor seiner schredlichen That nur ge­fürchtet. Aber der Hab gegen den Mörder ihrer Mutter war unsü­nftmäßig, und wilde Naturen haben eiserne Instinkte. Sidifo war auch eine wilde Natur. Ihr Instinkt lehrte sie den Mörder der Mutter verabscheuen; der Inftinkt aber, den Vater zu lieben, war ja nie in ihr erwacht. Sie fuhr fort, die Erinnerung an ihre Mutter Heilig zu halten, und dies Gefühl, diese Verehrung war ihre fromme, schöne Religion. Ein Gefäß dieser Religion gebot ihr, den Vater zu haffen. So war diese wilde Natur beschaffen, eigentlich Lieblos, denn sie fühlte nur für ihre getötete Mutter, ihre Umgebungen aber waren alle wild, roh und haftenswürdig . — Die schöne Flotse wurde in ihrem Sinnen duch ein langes Wiehern ihres Heinen Pferdes unterbrochen. Sie erhob die Augen und gewahrte, wie ein einzelner Mann raschen Schritten von Süden auf die Baumgruppe zukam. Das Mädchen beobachtete befremdet den Anklümmling, der ohne Umstände auf die Schöne Fischerin Losschritt. Sein Heuferei trug die Spuren einer langen P­ilgersaft. Seine Unterkleid­er bestanden aus gefärbtem Wollenzeug, dessen Barbe aber matt und fehmäßig geworden war. Das Kleid war kurz und die jehnigen, starren Schenkel des Wanderer waren sichtbar. Seine Schultern heckte ein Mantel von Zierfellen, nachlässig zusammengenäht, die Haare auswärts und an manchen Stellen ausgegangen. Von ähnlicher Beschaffenheit war die Kopfbedeckung des Wüstensahnes ; seine Füße stecten in rohen Sandalen. Dies alles konnte keinen günstigen Eindruck machen, und würde bei jedem andern nur abstoßend gewirkt haben. Aber der Pilger, der eben machte, war eine so gewaltige, noch jugendliche Gestalt, daß er der glänzenden Um­­hüllung gar nicht bedurfte, um gefälligen Eindruck zu machen. Sein Gesicht war ungemein kühn, zwar wetterzerschlagen, aber dennoch feich und vor lebendigen, wenn­gleich äußerst ernsten Ausdrudes., Seine Augen waren blau, feine Haare blond, aber kurz geschnitten ; fein Bart von tiefem Rot. Bogen und Köcher, über seine Achseln Hängend, waren feine einzige Waffe, eine stumpfe Lanze sein Pilgerstab. Seine Figur ging über die gewöhnlichen Verhältnisse hinaus und war eben­so imposant, als mupfer­­gewaltig und elastisch. Sein ganzes Wesen indes hatte nur wenig Kriegerisches an sich, sondern etwas tief Bedächtiges und fast traurig Ernftes. Sein Alter mußte unter dreißig sein. Der Pilger näherte sich dem befremndeten, keineswegd aber erschrockenen Mädchen, und blieb in einiger Entfernung stehen, wo er einen langen Blick auf Sloiko Hefte. Dann sagte er in der Sprache der Dostgoten, deren meiste Stämme dem Hunnenkönig unterworfen waren und den bei weitem größten Teil seiner Macht ausmachten: „Heil über dich, schönes Mädchen, und mögest du einen müden Wanderer zu einer gastlichen Hütte weifen !“ Sidifo antwortete ihm in der nämlichen Sprache, indem sie aufstand : „Die Hütte meines Vaters steht Tag und Nacht offen.“ Der Gote neigte sein Haupt und fuhr dann fort: „Vielleicht weißt du, wie meit König Attilad Lager von hier steht ?“ „Hinüber!“ sagte Yldiko, indem ihr Yrm südwärts gegen Norden zeigte: „Von der Hütte meines Baterd­aus muß man noch weiter reiten.“ Der Bilger schaute nach dem nahen­ Weiler und sagte: „Du bist eine Fürstin, wie ich sehe, darf ein Pilger dich in deines Baters Haus begleiten !“ „Meines Baters Haus ist offen!” wiederholte Zldiko. Bändern fommst du?” „Sernher, über die Ufer der Donau bin ich gelommen. Ich bin aus­­gegangen von einem großen Meer, an dessen Gestaden die große Stadt der Grie­­chen liegt, die man Konstatinopel nennt. Bon­dannen bin ich gekommen durch die Länder der Thracier und der Beten, um meine Brüder zu suchen, die in Attilas Gefolge ziehen. — Hörtest du je von König Wandalars Söhnen ?“ „So kenne sie,“ sagte Sidito überrascht. „Du fennst die Söhne?“ sagte der Gothe mit eigentümlichem traurigem Ausdruch. Dann schüttelte er das Haupt und fuhr fort: „Und melde von seinen Söhnen fennst du?“ «" Ildiko beantwortete diese Fragen einfach und wahr: „Aus weldhen

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