Siebenbürgisch-Deutsches Tageblatt, 1923. Juni (Jahrgang 50, nr. 14998-15022)
1923-06-01 / nr. 14998
Die bürgerliche Bevölkerung des Ruhrgebietes stellt nun Selbstschutzformationen auf die von den Gewerkschaften unterstützt werden und die durch weiße Binden kenntlich sind Es ist aber auch schon zu Besprechungen mit den Metallarbeitern gekommen,die sich gut entwicskeln.Eine Einigungtird sich erzielen lassen Frankreich dürfte n nun weniger Schwierigkeiten machen,obwohl es ahnen dürfte,daß diese Arbeiter ihm keine Kohlen liefern werden,auch wenn es gelingen sollte,den Eisenbahnbetrieb endlich aufzurichten Auch,wenn die nationalsozialistische Bewegung erfolgarm bleiben sollte,soll die ganze Bewegung vom deutschen Standpunkt aus nicht zu pessimistisch aufgefaßt werden.Dem deutschen Volke wurde eine Selbstregierung aufgezwungen,welche in diesem Ausmaß ein Europa nur die Schweiz besitzt,die sie aber meisterhaft zu gebrauchen weiß.Ein Blick in die Schweizer Geschichte zeigt,dass Jahrhunderte von s Whren ausgefüllt waren,bevor das Schweizer Volk großsjährig wurde Hat es doch noch vor 16 Jahren in der Schweiz den letzten Bürgerkrieg gegeben,in jenem kleinem armen Berglande,welches durch keinerlei Bodenschätze den Reich und diesubsucht der Rach darn weckn Lassegnandvch dem deutschen Volke in seinen vielfach schwierigeren Verhältnissen nur einen Bmchteil der Zeit,die das Schweizer Volk zur Reife gebraucht hat. Parlamentsberichte. Aus der Kammerfigung vom 30. Mai. Bukarest, 30. Mai. Zum Berichte des Disziplinarausschussses erlitt Mihbaladhe: „Ich brauche seine Rechtfertigung. Als ich ausrief: „Helft! Räuber!“ geschah 88, weil ich die Mederzeugung hatte, daß die Liberalen durch die Rotierung des Reichstageweges Milliarden aus dem Staatsbefiß stehlen. Darum betrog mich mein Gerechtigkeitsgefühl zu diesem berechtigten Ausruf.* Präsident entzieht Redner das Wort. Es entsteht ein Handgemenge auf der Tribüne. Präsident erteilt Ordnungsrufe und hebt sodann die Sigung auf. Nach Wiedereröffnung erhält Medgearu das Wort. Mihaladhe verläßt die Tribüne aber nicht. Der Duäftor Manuilescu- Strunga will Mihalahe von der Tribüne herabziehen, Tepterer ergreift jedoch zwei Wahlurnen, zerschmettert eine am Boden und mirft die andere dem Duäftor an den Kopf. Es entsteht nun vor der Ministerbank ein ungeheures Standgemenge, wobei Grigore Filipescu den Redner Mihaladse den Händen des Quästors entreißt. Die Minister haben ihre Kläge verlassen. Die Lisung wird abermals aufgehoben. Nach Wiedereröffnung fordert Präsident Mihalace auf, den Saal zu verlassen. Dieser weigert sie Opposition ruft: „Räuber!“ und umringt Mihalache zum Schuge gegen Angriffe. Angesichts dieser Lage sieht der Präsident von der Entfernung ab. Madgearu erklärt, der Auspruck „Beithisierung der Rejhiga“ sei nicht unparlamentarisch, denn er entspreche den Satsachen. Als die Liberalen an der Opposition waren, sahen sie V Beith als gefährlichen Ungarn an, jebt,imo sie gleich den Anerescanern mitinteressiert sind, ist Beith ein braver Mann. Die Zeichnung von 50 vol. 9. der Private bedeute nichts. Die andern 50 v. 9. welche in den Banken konzentriert sind, sind ausschlaggebend. So war es auch bei der„Steaua Romana“, von der 49 v. 9. in Privathänden, Der Rest bei den deutschen Banken war. So will Madgearu nachgemiesen haben, daß der Ausdruck „Beithisierung“ berechtigt sei. Seine Ausschließung sei eine Ungerechtigkeit. Die Regierung fürchte seine Opposition gegen das ungerechte Spekulationsgejeg. Die Ausschließung wird mit 242 Stimmen angenommen. Es folgt die Behandlung des Spekulationsge fees. Oroveanu (Mehrheit) verweist auf die Teuerung, die unter den Liberalen erschrecend geworden sei. Er beschuldigt die Regierung, in Herkulesbad das schlechteste Beispiel zu geben. Er verlangt weiter Borfehrungen gegen die Holzfeuerung. Sajju verweift auf die Borfehrungen der Regierung, die mehrere tausend Wagen zum Breite von 3200—3500 Lei in Siebenbürgen und im Denat getauft habe. Sonst schlägt Saffu für morgen eine Nachtelgung vor. Aus der Senatsfigung vom 39. Mai. Das Beamtengeset wird nach unwesentlichen Abänderungen angenommen. Innerministerante» wartet Softaceschu auf seine bessarabische Interpellation. "Der Minister beschreibt, gefrüßt auf das amtliche Material, die bolscheiwistische Propaganda seit 1918, die bei allen sozialen Schichten, Professoren, Lehrern, Arbeitern, in der Armee und auf der Eisenbahn betrieben worden sei. Träger waren hauptsächlich Juden, über deren Ver Bindung mit Moskau viel Material vorliege. In Der legten Zeit wurden bei Einfällen in das Land durch Banden 167 Offiziere und Soldaten getötet, 187 Soldaten und Sipilisten verwundet. Für diese Propaganda war durch den Leiter Oberst Burdanoiw auch der Lehrer Iordanow geivonnen worden. Letterer war der Anstifter des Atttentates auf die Eisenbahn von Affermann. Gefangen genommen, wollte Iordanoiw fliehen. Die fchießenden Soldaten erfüllten ihre Pflicht. Wegen eines gefallenen Offiziers bat die Opposition nie interpelliert. Ministerpräsident verweist auf Die ‚große Duldsamkeit des romänischen Volkes, das sogar gegen Marghiloman und Stere nach der N Rückehr der Safiaregierung nicht eingeshritten. . « Aus dem sinister van Bukarest,80.Mai.Heute vormittags war Ministerrat, in dem der Innenminister wegen der bessarabischen Zustände referierte. Der Ministerrat beschloß Die in nn neun Verlängerung der Parlamentssession bis 5. Juni, bis zu welchem Lage das DBeamtengeset, das Spekulations„geseß, die Dorsschriften betreffend Liquidierung der feindlichenermögen beschlossen werden müssen. Die Regierung beschloß Meiter, das Bischofswahlkollegium einzuberufen, um den Bischofssig von Arges zu befeten. Der Kandidat der Regierung ist Pfarrer Duma, ein Enkel des Metropolit-Primas, · «· Dienstersuchuussiommissionisr Desseradiem Bukarest,30.Mai.Laut»Viitorul«hat die Regierung beschlossen nach Bessarabien eine gemischte Kommission zu schicken,um die dortigen Zustände zu prüfen Der Staatsanwalt von Kischinew und ein Vertreter des Kriegsministeriums werden teilnehmen Laut»Lupta«hat General Popovici dem Kriegsminister ausführlich Bericht erstattet und wurde sodann vom König und vom Ministerpräsidenten empfangen. . Athalache und Aadsemswuah regeln Butarestz BCMa.Die Disziplinarkommission beschloß die Ausschließung der Abgeordneten Mihalache und Mads gearu von je 10»Sitzungen.. Die»Versammeln heimischer sudeutt wird Landespartei. »Bukarest,»80.Mai.Die Vereinigungseinheimischer Vuden wird am LäS um einen Landesparteitag abhalten Indessens Verlauf sich die Suden der neuen Gebiete dem bisher nur auf das Altreich ausgedehnten Berbande anschließen werden. Ein politisches Duell? DBularest, 30. Mai. Infolge der Schlägerei im Parlament hat Zilipescul dem Quästor Manuilescu seine geugen gejcidt. « , « Me D millismig des romänischen Arnaes in dersrauzdst scheusanmers .iParis,80.Mai.In der französischen Kammer verwies bei der Verhandlung des rumänischen Hunderts millionensfrankenkredites der Referent Louis Marin darauf,daßs Rumänien in seiner Krise geholfen werden müsse.Der Finanzminister fügte deh Frankreich wolle Romänienhelfen bei der Herstellung seiner Kriegsschäden und bei der Bezahlung jener Waffen,die es zur Verteidigung seiner Unabhängigkeit und seiner Grenzen brauche. (Die genannte Summe ist zur Deckung bereits gemachter romanischer Einkäufe in Frankreich bestimmt. Die Schrift Die Abstimmung ergab 420 für und 115 gegen die Anleihe. Der beigifche Reparationsplan. Mas Deutschland leisten soll. Berlin, 30. Mai. Belgien hat einen neuen Reparationsplan ausgearbeitet. Ihm zufolge sollte Deutschland jährlich 2,4 Goldmilliarden zahlen. Von einer Internationalen Anleihe würde vorläufig abgesehen werden Deutschland wäre aber verpflichtet, ein Monopol für Getreide, Tabak und Zucker einzuführen und nur ein internationales, von den Alliierten beeinflußtes Shadifat Teiten zu Tassen. Dann müßten die Eisenbahnen Privatgesellschaften verpachtet werden. Dazu kamen Reparationslieferungen im Ausmaße von 25 vdl. 9. der deutschen Industrieerzeugnisse und Kohlenlieferungen imBetrage von 500 Goldmillionen. Zur Sicherung dieses Planes müßten Gehege erlassen werden, welche es dem Reichstage unmöglich machen,diese Bestimmungen bei guter Gelegenheit abzuändern oder zurückzuziehen. Belgien begreift die Schädlichkeit des Qahrabenteuers. Aber es nimmt weiter Seil. Baris, 30. Mai. „Matin“ bringt die vorstehende Nachricht und ergänzt sie no dahin, das Belgien von der Nuslosigkeit, ja von der Schädlichkeit der Ruhrbeseßung überzeugt sei, welche die deutsche Wirtschaft und Zahlungsfähigkeit brachlege. Nichtsdestonweniger wolle sich Belgien an allen französischen Mairegeln im Nuhrgebiet beteiligen und seine Truppen sogar verstärken. (Die beiden Nachrichten über die belgischen Pläne bestätigen unsere in den letten Tagen öfter gebrachten Meldungen über die belgische Gztratour. Nun hat jeder der vier handelnden Ententestaaten seinen eigenen Standpunkt! Die Schriftl.) Die alliierten Reparationsverhandlungen beginnen. am 8. Juni. . . Barig, 30. Mai. Proincare verständigte Iaspar, daß am 8. Juni die N Reparationsverhandlungen wieder aufgenommen werden würden. · Dienstusuzeichen dersalisleit Baldwins, Beginnende Aktivität Englands ? London, 30. Mai. „Daily Telegraph“ schreibt, aus der im Bartelfluch gehaltenen Nede Baldwin sei zu entnehmen, daß er die Richtlinien DBonar Laws befolgen werde. England als Industrie- und Handelsstaat habe ein ganz besonderes Interesse am Streben. Das Reparationsproblem müsse langsam gelöst werden. Das Blatt, welches halbamtliche Beziehungen hat, glaubt zu erkennen, daß England die Zeit für genommen halte, aus seiner Rassivität hervorzutreten. (Wir erwarteten stets die Lisung der Krise von Englands notwendig werdender Aktivität. Die Schriftt.) x / Die Reparationsfrage im englischen Unterhase. England will aktiv werden. London, 31. Mai. MacKenna hielt eine große Rede im Unterhaus. Er erklärte, man prüfe den deutschen und den französischen Standpunkt und verweise auf die Notwendigkeit, den Ietteren zu reformieren, damit dieses Problem zu einer Lösung gelange. Hierauf sprach Baldwin und meinte, dass Reparationsproblem sei, wenn auch nicht sofort, aber sicher in Kürze lösbar. Die beiden Neden machten den Gindrud, England wolle nun aktiver werden, als dies in den sechs selten Monaten als wünschenswert und nötig erschien. Der Kampf um das Ruhrgebiet. Millerand heut die Elsäffer gegen Deutschland auf. Basis, 30. Mai. Der Staatspräsident hielt in Mühl- Hausen (Straß, knapp nördlich Basel) eine Rede, in der er die Elsäffer aufforderte, Führer im Kampfe zu sein, welchen die Illoyalität Deutschlands Frankreich aufgechwungen (N). Stanfreich habe seine geheimen Gedanken, 28 tolle nur, was ihm gebühre und was es auch bekommen werde. Da Deutschland nicht gezahlt habe, habe Stanfreich seine Pfänder genommen und werde sie be=halten, bis es ausbezahlt sei, Deutschlands Protest gegen die Ermordung Schlagetters. Paris, 30. Mai. Der deutsche Geschäftsträger in Paris protestierte schriftlich gegen die Exolution des Kaufmannes Schlagetter. Frankreich habe sein Recht, die Streiheit deutscher Bürger einzuschhränken, geschweige denn, sie Hinzurichten. N Weitere Fabrikscheiepungen Paris, 30. Ma. Framfische Truppen bejegten Oppau, wo:ss eine, Anilin- und Sodafabrik befindet, die Arbeiter stellten die Arbeit ein. Der Streik im Ruhrgebiet, elfentlrchen, 3. Mai. „Havas“ meldet, der Streik sei, ein Bergwerk ausgenommen, allgemein. Die Arbeiter durchziehen zu Tausenden die Stadt, die sich in den Händen der Kommunisten befindet. Diese verhindern die Arbeiter tätig an der Arbeit. Seljenfichen, 30. Mai. „Wolff“ bestreitet, das zwei Millionen Arbeiter streifen. Die Zahl der Streifenden beläuft sie höchstens auf 300.000. Die Ruhrdebatte in der französischen Kammer. Sardien erklärt die französische Sallung für zu milde, Paris, 31. Mai. Aus Anlaß der Verhandlung der QAuhrkredite hat Sardieu erklärt, er potiere die verslangten Summen, da er die Tatsache der Bejehung als gerechtfertigt ansehe. Die Methoden wären aber falsch und die Kammer müsse zwischen ihm und Poincaré währen. Die Behandlung der Bevölkerung sei zu milde. Die Organisation unpraktisch, da nicht militärisch genug, die ganze Unternehmung habe ein Defizit. Sardieu verlangt im Ruhrgebiet eine Politik der Kraft. . Boincare erwiderte, im Ruhrgebiet bestehe der Belagerungszustand. Die Sache sei mit großer Umsicht vorbereitet worden. Man sei im Anfange mit geringerer Energie vorgegangen, weil man den Deutschen die Bergantwortung für ihr Tun überlassen wollte. Degoutte sei immer noch der unbeschränkte Gebieter, natürlich verantsoortlich den beiden Regierungen. Die neuen Kredite seien eben nötig und so habe man 355 Millionen Franken für Juni hiefür eingeteilt. In 6 Monaten betrugen also die Ausgaben eine Viertelmilliarde Franzen. Troß des Angriffes der Siemencisten und ihrer Breite habe Poincare Das Bewußtsein, Frankreich zu dienen. Er stelle die Vertrauensfrage.. Am Sage der Hinrichtung Schlagetters dürfe man den französischen Behörden seine Schwäche vorwerfen. Der Ruhrkredit wurde demgemäß mit 505 gegen 67 (Sozialisten und Kommunisten) angenommen. Die zuvorkommende Haltung Degoules gegenüber der Kommunistin Zeikin. Eisen, 31. Mai. Die hier eingetroffene deutsche Kommunistenführerin Kara Yetfin wurde von den Franzosen verhaftet. Später subte ihr General Degoutte einen Offizier, der sich namens der Bejagungsbehörden für die Einscränkung ihrer Freiheit entschuldigte und die Steilaffung verfügte. (Die alte Zeffin gehört einer doch einigermaßen weniger überspannten Richtung der Kommunisten an. Der Tiniefte Flügel gehorcht Ruth Fisher. Pod scheinen Die Srangojen gerade die Tendenz der Zetlin zu fördern, während die Fisher sogar über die französischen Absichten hinausgeht. Die Schriftl. Reichte Entspannung im Putschgebiet, Berlin, 31. Mai. Die Lage im Gebiet der kommunistischen Poutiche weist eine leichte Besserung auf. Die Kommunistenzentrale verlangt von den Arbeitern die Fortlegung der Arbeit. « . . . ,der gerechite täkische Ausgleich, England schließt sich an. London, H. Mai. Anläßlich der Entspannung der Lage hat die türkische Regierung 10 Altersflasfen der Feldarmee entlassen. Die Orientkrise ist als erledigt anzusehen.