Siebenbürgisch-Deutsches Tageblatt, 1927. September (Jahrgang 54, nr. 16251-16276)
1927-09-15 / nr. 16263
Schriftleitung:Hermannstadt,Königian-Ue23,Ieraltung:Nr.25—ckernsprecher:SchriftleitungUe.11;verwaltung·xkk.431 bczugspreks für einen Monat:Hermannstadt:ohne zustelltmgLei90s—:mitzustellungL100·—:mitpostwerfen danngnland:L100«——;Ansland:l«135·—Einzelnummerh4·-- Sr. 16263 Hermannstadt, Donnerstag den 15. September 1927 54. Jahrgang ai ER arm a men nenne m Der König von Spanien ermordet! Das Opfer eines Bombenattentates in Madrid. “ Einenge Maßhnahmen Primo de Rivieras, Madrid, 14. September. Als König Alfons gestern mit seinem Adjutanten eine Fahrt mache, wurde in einer Strafe von unbekannter Seite eine Bombe auf das Automobil geworfen. Der Adjutant wurde durch Die Eplosion sofort getötet. Der König tödlich verwundert und sofort mit Aug in ein Spital gescafft, wo man ihn einer sofortigen Operation unterzog. Sein Zustand ist jedoch hoffnungslos. Genf, 14. September. Hier ist die Nachricht verbreitet, daß König Alfons von Spanien dem gestern auf ihn berübten Attentat erlegen sei. Der Adjutant ist sofort tot gewesen, während der König troß der eifrigsten Bemühungen Der Aerzte, während der Operation starb. Im ganzen Landebericht begreift derweise große Aufregung. Brimo de Rivera hat den Belagerungszustand über das ganze Land verhängt. ” König Alfons X. von Spanien, aus dem Hause Bonbon stammendet am 17. Mai 1886 als posthumer Sohn des am 25. November 1885 verstorbenen Königs Alfons XII. und seiner zweiten Gemahlin, er der freihiigen Graherzogin Maria Christine geboren. Während seiner Anmündigkeit führte die Mutter bis zum 1. Mai 1902 Die Negentschaft. König Alfons ist seit dem 13. Mai 1906 mit Gna von Battenberg, der Tochter des Prinzen Heinrich von Battenberg und der Pringefsin Beatrice, der jüngsten Tochter der Königin Viktoria von England, verheiratet. Aus dieser Ehe sind 6 Kinder entproffen, vier Söhne und zwei Töchter. Der älteste Sohn Alfonso führt al Kronprinz den Tief „Bring von Asturiem“. Im relten Jahr wurde in Anbetracht einer schweren Krane beit des gelegmäßigen Thronerben der Gedanke aufgeworfen, Die Thronfolge abzuändert und einen jüngeren Sohn zum Thronfolger zu machen. Doch kam die von den Kreisen dies jenigen Regimes gewünschte Negerung noch nicht auftande. . . König Alfons erfreute ei großer Beliebtheit und Volkstümlichkeit, da er immer ein furchtloses Wesen hatte und die Würde seines Landes zu wahren wußte. ' ; Wolken über den Pyrenäen. (Dr. Th.) Die Monarchen unserer Zeit haben sein Lind, Dugende mußten ihren Schronen entsagen, andere führen ein schattenhaftes Dasein neben einem zur Macht gelangten Emporfürmling und andere taufen ins Grab unter Der Kugel des Mörders oder dem Beil des Henfers, Don Alfonso von Spanien ist einer. Dieser unglücklichen Sürften, Die es aber bis zu fegt verstanden, die königste Würde zu bewahren, troß aller Schicdjalsschläge, Die über ihn hereindrahen, Sein Leben beginnt mit einem solchen Schichjalsschlag, noch bevor das Kind das Licht der Welt erblickt hat. Sechs Monate nach dem Tode seines Diaters wird er erst geboren, mit 16 Jahren ist er großjährig und führt die Staatsgeschäfte, nut nur dem Namen nach, sondern tatsächlich. Der Ziwiespalt der spanischen Parteien duldet die Regentschaft nicht mehr. Die feine Mutter, die österreichische Spaherzogin Maria Christina bis zum Jahre 1902 ausübte. Das ist am Ende des 19. Anfang des 20. Jahrhunderts, in einer Zeit also, wo das Gottesgnadentum der Harricher fon etliche Stöße erlitten hat, wo man mit mehr mit dem Bedingungslosen Glauben an die göttliche Herkunft und Wurzeln der königlichen Mach, wie es noch zu dem Anaken Ludwig XIV. Zeiten gewesen war, dem Herrscher gegenüber trat. Wenn Don Alfonso sich troßdem mit Ansstand aus der Affäre gezogen hat — mehr konnte man ja schließlich mit verfangen —, und bis zu diesem tragischen Tode ein wahrer Repräsentant , der waffischen Dorzüge des spanischen Volkes gemesen ist. Die schlieh Lich nicht zuletz auch, auf germanische Urelemente zurückgeben, so muß Das in Ehren anerkannt werden. Er war in jenem Lande eine wahrhaft populäre Erscheinung, Tannte Doch jedermann sein eigenartiges Leben und Schicsal noch vor seiner Geburt und führte König Alfons doch bewußt nicht nur die Traditionen des französischen Bourbonenhauses, sondern auch Die des alten Hauses Oesterreich weiter, jenes Hauses, mit weichem Größe und Niedergang Spaniens aufs innigste verbunden gewesen sind. In seinem Äußeren erscheinen eine elegante Kapaliergestalt, auf den Pariser Boufepards eine bekannte Gestalt, manchmal mit der Mode allzu freundlich Eofettierend (er führte vor einigen Jahren die lebhaften Sarben an Stelle des Srau-in-Orau in Die männliche Kleidung ein und versuchte den farbigen Stabtnieder durchzufegen!), war er bei allen konservativen Traditionen ein moderner Denker, ein Mann, der die Brüche von der treuen Anhänglichkeit an die strengsten katorischen Ueberlieferungen zu Der Würdigung der modernen Bestrebungen und Grenntnisse auf allen Gebieten fand. Umso mehr muß dieses furchtbare Schieftal erschlittern, dad er nicht nur in den Augen der Welt, fordern — und das ist hier das Entscheidende — auch in den Augen seines Volkes nicht verdient hat. Noch weiß man nicht, welche Motive den Attentäter gesenzt haben, aß er die Bombe in den Wagen des Königs warf. Nach den Testen Erfahrungen mit Sacco und Banzetti ist ja affen möglich, al) das, daß, dieses ein rechter „Vergeltung hat‘“ an der „Vourgeoise” it, daß also auch nicht der geringste innen- oder außenpolitische Anlaß von Spanien selbst ausgegangen ist. Aber wie immer muß man das Schiefal, das er nunmehr an Ton Alfonso erfüllt hat, zu den Ereignissen in Beziehung fegen und diese Ereignisse werfen dunke Schatten auf das Land der südlichen Sonne. Ganz genau auf den Tag sind es vier Jahre, seitdem Primo de Rivera die Gorte“ auseinanderjagte und die Militärdiktatur errichtete, nicht Ducch einen „Marsch auf Nom’ a la Mufsolini, sondern Durch einen im Geheimen Tango vorbereiteten militärischen Putsch. “Auch sonst stimmt der Vergleich, so Häufiger gebraucht wird, zwischen Spanien und Italien nur in geringem Maße. Gemeinsam war den Heuständen in den beiten Staaten hier der Greichtung der Diktatur nur die Unteroühlfung der Staatsautorität, die Auflösung der Ordnung, die Korruption der Parteien und Unter. Im übrigen aber wuchs der Faszismus aus einem nationalen Krriegserlebnis hervor, doc die Frontsoldaten zusammenführte unter der Faust einer wahren Diktatorennatur, einer trot, aem überragenden und unter Rettgesicht bestimmenden Erscheinung wie Muffolini Dem italienisch-nationalen Erfebnig, das in den festen Jahren so wiese Demütigungen hatte Duden müssen, gereffte sich der Imperialismus, der Ausdehnungsdrang einer aufstrebenden Industie dazu. Die bevölkerungspolitische Eipernung wich beractig. Da der iafienische Danapplette in die Luft zu fliegen Dephyite, wenn ihr nicht irgendein Benzil eröffnet wurde. Auch Die sozialen Verbindungsfäden dürfen nicht übersehen werden, welche vom Faszismus zum Bioficherismus hinüberführen und die rechten Endes dem Faszismus diese epochemachende Bedeutung verliehen haben, dab die Soziologen ihn wie ein wahres Wunder in unserer Zeit des Klassensampfes betrachten. Brimio de Rivera hingegen ist weder die überragende Persönlichkeit wie Mussosini, ihr Testeten sein nationaler Imperialismus, seine sozialpolitischen Bestrebungen. Aber auch sein Emporkommen war nicht nur möglich, sondern innerlich begründet durch die politischen Vorbedingungen in Spanien selbst. Zweifich gerade die gegenteiligen Züge treten an spanischen Staatswesen in Erscheinung: Bei den Appeninmen Expansionsdrang in das Unendliche, bei den Pyrenäen von Jahr zu Jahr ein weiteres Abgleiten von jenem Bunft, an dem einmal das steigeite Wort der Weltgeschichte gesprochen wurde: „In meinem Reiche geht die Sonne nie unter!” Der spanische Stoif und Ehrgeiz, fein Iebertdiges Nationalgefühl, verträgt 8 Tchiver, Die Abdantung von einer unweltgeschichtlichen Nolle zur Kenntnis zu nehmen. ' Und doch bleibt nichts anderes übrig. In Togischer Fuge entgieht sich Dieser Abstieg von der Bernichtung der gilgen Armada bis zur Abdantung des Hauses Defterres, das Land wird gerüttelt und gebeutelt von Thronfolgestreitigkeiten und gibt noch den unmittelbaren Anlaß aum Ausbruch des deutsch-französischen Krieges tom Jahre 70/71, es ist furge Zeit Republik, eine Dependence der tartenischen Dynastie, dann bisher in den Händen der französischen Bourbionen, wie es für kurze Zeit in den Sanden der Napslaoniden gewesen war. Wohl ist die spanische Sprache nach heute eine der verbreitetsten Weltpraden, aber die Lochterstaaten jenseits des großen Wassers sind alle selbständig geteorden. Und gerade das, was den europäischen Spanier vor den anderen Böltern 19 sehr auszeichnet, Naffe und Gestalt des Körpers und Des Geistes, Höchste kulturelle Traditionen, — gerade das fehlt den südamerikanischen Republiken spanischer Zunge. Die Mischung mit den eingebimenen Bölterschaften Hat Diesem Seile des weltbedeutenden Wertes Christoph Solumius, des größten Spaniers aller Zeiten, jene Bedeutung genommen, die er font verdient hätte und dem nördlichen Zeile der neuen Welt mit seiner angeltäglich-germanischen Wolfsgrundlage nicht nur das Aebergewicht, sondern die tolle Herrschaft zufallen haffen. Daran ändert auch das in den Tehten zwei Jahrzehnten neu eriachte pa=nische Gemeinschaftsgefühl, dieser Republiten praktiich-po- Ki, nicht viel, höchstens moralisch, intern, dem eudpaischen Mutterstaate auf Der Ehrenäienhalbinsel immer mehr die geistige Führerschaft über Lateinamerika anfällt. Zum Kttermal traten diese Satsachen ansässig des deutschen Eintrittes in den Belferbund herum, als sich Spanien mit den getränkten südamerikanischen Republiken solidarisch erklärte. So gibt es wohl ein spanisches Reich der Sprache und einer gewissen oberflächlichen Kultureinheit, aber kein spanisches M Wertreich der Wirklichkeit. Auch jenseits der Straße von Gibraltar hatte Spanien nicht Digg Glad, Maroffo und TSanger wurden internationale Streitobiete und nur das bedingungslose Dadingfeiten im Schepptau der kurz vorher geschmiedeten Entente, verhalf ihm überhaupt zu einem Einflußgebiet, das aber auf der Murciag-Konferenz vom Jahre 1906 weeiter beschnitten wurde und erst bei der Liquidierung Maroflos 1912 auf englischen Einfuß hin gegen Frankreich Wünsche erweitert wurde. Ein regtesmal brachte Abd el Krim Spanien an den Rand des Verderbens Durch schwere innere und Äußere Gıschütterungen und Die Zerstörung der spanischen Finanzen, Unglück auf Unglück sorgte, düstere Worten bazlten sich gewitterschwül zusammen und dem Lande der Pyrenäen fehten Faum noch Die Sonne. Mit Don Mfonfo ist auch der gaste Hort des Glaubens an eine bessere Zukunft Dem Lande genommen worden. Ein Faum zwanzigjähriger, fehlvertranter Thronfolger Torf die Regierung antreten in diesem Zeitpunkt schwerster innerer Verirrungen. Primo de Rivera hat eine starre Hand, die sich, als forhe sehon einige Male bewährte. Ob er für diese fehtveren Zeiten auch genügend politisches Genie hat, wird wohl von Die nächste Zukunft erweisen müssen. Einstweifen ist von den Teuchtenden Surben, Die Don Alfonso so Fehr Tiebte, nichts mehr übrig geblieben, Grau in grau Liegt Die Zukunft über Dem Sand der für lien Sonne, das feinen König herpor .... ’ Das diplomatische Repirement. Skeptische Beurteilung der oppositionellen Beteiligung. Bukarest, 14. September. Laut Meldung der „Bor Yitica“ sol zum Berliner Befandten Rumäniens Orb» moLu, der frühere Gouverneur Der Nationalbant ernannt werden. Der bisherige Gesandte in Bern Pietrescu- Sommen fol nach Rom gehen, Boerescu sorufig nach London, der jesige Staatssekretär im Außenministerum Obica zum Batian und Jacobsti nach Dem Zum endgültigen Gesandten für London soll spätr Antoniade ernannt werden. Da Diese Nachrichten aus der Umgebung Titupescus stammen, wird die angekündigte Möglichkeit, prominente und erfahrene Führer der Oppositionsparteien zur Bewegung der ausländischen Gesandtenposten heranzuziehen, im politischen Kreisen sehr eptisch beurteilt. In den Texten Sagen war die Rede, dad Baida-Bredod die berufene der langteit für Den Londoner Bosten sei. CS ist jedenfalls nicht damit zu rechnen, da5 DBaida einer derartigen Aufforderung der Regierung nachkommen würde. = ja \ —_