Siebenbürgisch-Deutsches Tageblatt, 1932. Juni (Jahrgang 59, nr. 17736-17758)
1932-06-11 / nr. 17743
III-IMTaxele plätite in numärar ord. Dir, Gen. P,T.T, 223720/926 Allgemeine Volkszeitung für das Deutschkun in Rumänien Säriftleitung: Hermannstadt, Honterusgasle Ar. 11 Fernsprecher: Ar. 11 und Ar. 130 — Verwaltung: Königin Mariastrage Ar. 25 Fernsprecher: Ar. 237 — Bezugspreis für einen Monat: Hermannstadt: ohne Zustellung 90 Lei; mit Zustellung 100 Lei; mit Prütversendung: Inland: 100 Lei; Ausland: 135 Lei; Einzelnummer 5 Lei; Sonntagsnummer 6 Lei Nr. 17743- Hermannstadt, Sonnabend den 11. Juni 1932 59, Jahrgang Die Regierung nahezu vollständig gebildet Ein rein nationalzaranistisches Wahlkabinett Bukarest, 9. Juni. Selten wohl hat eine Regierungsbildung sich so sehr in Absmitten und mit solchen Schwierigkeiten vollzogen, wie Die gegenwärtige, obwohl es sich nunmehr Ddeutli ausprägt, dad es js um ein ausschließliches Wahlkabinett handelt. Am Dienstag wurde noch den ganzen Tag über mit den George-Liberalen, aber auch mit den Sozial- Demokraten und den Konservativen wegen einer Teilnahme verhandelt. Alle Drei Parteien lehrten jedoch den Eintritt in das überwiegend nationalzaranistische Parteikabinett ab. Daran änderte nichts, das der König wiederholt in die Verhandlungen mit den Jungliberalen eingriff und noch am Dienstagnachmittag seinen Privatsekretär zu George Bratianu entsandte Auch eine Vermittlung Titunlescus blieb ohne Erfolg und alles Bemühen Mibaladhes konnte George Bratianu von seinen hohen Forderungen, vier Ministerfige, darunter das Innenministerium, 90—100 Mandate und eine Anzahl von Präfektenstellen, nicht abbringen. so wurde fliehlich, die Bebilligung des Königs gar Kabinettsergänzung allein durch Nationalzaeranisten erbeten und an erteilt. Aber all damit waren die Schwierigkeiten nicht beseitigt. Denn nun begann der Streit im Innern, der am Dienstag no zu seinem Ergebnis führte und auch am Mittwoch erst die Ernennung zweier neuer Minister und einiger Unterstaatssekretäre brachte. Es waren dies die Portefeuilles für Landwirtschaft und Unterricht, vom denen das erstere mit Nigesceu, das zweite mit Beregianu belegt wurden. Ersterer erhielt an Unterstaatssekretären zugewiesen Ghelmegeanu und Serban. Außerdem wurde der frühere Kammerpräsident Andrei zum Unterstaatssekretär im Handelsministerium u. Crijan zum Unterstaatssekretär im Finanzministerium ernannt. D Der heutige Tag (Donnerstag) brachte dann eine heitere Ergänzung und sogar schon eine Umbildung der Regierung, indem Beriegianu sein Nestort abgab und dafür den Beriehr übernahm, während zum Unterrichtsminister B Professor Gujti ernannt wurde. Arbeitsminister wurde D. N. Ioanitzescu, nachdem es gelungen war, die gegen ihn vorunehmlich von Geiten Madgearus erhobenen Schwierigkeiten beizulegen. Das Haupthindernis für eine glatte Bewegung des Verkehrsministeriums war schon am Vortag Mirto gewesen, der sich hartnädkig weigerte, in die Regierung einzutreten, und al dabei geblieben it. Ueber den Grund seines Verhaltens ist no nichts bekannt, nun ist nur no das Aufenportefeuille interimistisch duch Baida bejegt und es ist nicht klar, ob dieser Zustand dauernd wird. Es heißt nur imr „Universal“, da das Außenportefeuille Bi3 nach den Wahlen in dieser Weise verwaltet werden soll, ‚während die übrigen Blätter fi) über die Bewegung einfach ausschweigen. Da anzunehmen ist, daß Baida mit der Führung der Regierung und des Innenressorts gerade in der Zeit der Wahlen genug belastet sein wird, würde sich unvermeidlich die Tatsache ergeben, daß das in der gegenwärtigen Zeit so wichtige Außenamt unter einer nebenamtlichen Bewegung zu leiden hätte. Allerdings fallen die Hauptentscheidungen in Dieser "Beinhalb des Landes und Dabei werden die Interessen Rumäniens natürlich durch Titulescu wahrgenommen, der in der kommenden Woche sich nach Zausanne auf den Pfosten begibt. ": Bei Diesen Schwierigkeiten beim Zustandekommen der neuen Regierung muß er uns als erfreuliche Tatsache berühren, da eine der ersten Handlungen der Regierungsbildung die neuerliche Einlegung des Interstaatsekretariates für Minderheiten in der Bewegung durch seinen bisherigen Inhaber Rudolf Brandsch gebreten ist. Die unverzügliche Erneuerung dieses Amtes läßt erkennen, das Die Regierung dessen grundiüglich Berechtigung anzuerkennen bereit ist, und mir dürfen daran die Erwartung knüpfen, dass sie ihm auch den Wirkungskreis und die Kompetenz einräumen wird, innerhalb derer das Amt die ihm gestellten Aufgaben erfüllen kann. Nachzutragen ist so die Ernennung Arman Calinescus zum Interstaatssekvetir im Sinnenministerium, die noch am Dienstag erfolgte. Die neuen Minister haben im Laufe des gestrigen, beziv. des heutigen Tages dem König den Eid abgelegt, und ebenso wurden die Unterstaatssekretäre bereits vom Ministerpräsidenten in Eid genommen. | Zurück zur Gesehlichkeit auch in der Verwaltung! von Rechtsanwalt Dr. Richard Zink Die BWirrsamkeit der interimistischen Kommissionen, deren Lebensdauer auf Grund der gejeglichen Verlängerung mit 15.d.M. ablief, ist durch die abgetretene Negierung mit zynischer Hemmungslosigkeit bekanntlich im Bererdnungsiwege auf unbestimmte Zeit verlängert worden. Diese virenkundige Verfassungswidrigkeit der Mandatsverlängerung, auf die an in Ddiersem Blatte schon wiederholt hingewiesen wurde, hat in der Oeffentlichkeit des Landes, insoweit sie nicht an der Fort Dauer des gegenwärtigen Zustandes persönlich interesstiert ist, Widerwillen und Entrüstung hervorgerufen. Worte schärfster Ablehnung dieser Willkür fand das führende siebenbürgische Organ der Nationalgaranisten, die „Batria“, die duch einen Auftall das Land zur passiven Stesistenz gegenüber der Tätigkeit der interimis fufigen Kommissionen, — mit dem Tage des Ablaufes der gelegmäßigen Sriftverlängerung —, aufrief. E s mag sein, daß für die scharfe Stellungnahme der run Parteien auch parteitaftliche Gründe mach. "gebend ivare , eine sıperheite 1 aber die wir bei der Zufe jegung der Kommissionen aufs ungerechteste behandelt werden und die wir min fchen seit bald einem Jahr zusehen miüssen, wie Die Geshhde unserer Gemeinden ohne die ung zustehende Ein- Haßnahme und gegen unsere Interessen geführt werden, ist es nur nur die Auflehnung gegen einen Ast der Willkür, es it das Gebot der entschiedenen Verstretung unserer lebendigsten Interessen, wenn wir für die Rackkehr zur Gejeglichkeit in unseren Verwaltungseinheiten mit alter Bestimmtheit eintreten. Was planmäßige Arbeit in unseren Gemeinden im Jahrzehnten erschaffen hat, droht in Kürze vernichtet zu werden. Der ganze subtile Gang des Verwaltungsapparates wird in der Hand duch Verantwortung nit belasteter Elemente jnerster Erschütterung ausgejebt. Durch das Abtreten der Regierung Jorga ist Die Stellung der bestehenden Zivischen Kommissionen politisch überhaupt unhaltbar geworden. Wenn die ernannten Mitglieder auch nur auf Grund des Vertrauend Der Bevölkerung zur Leitung der Gemeindeverwaltungen berufen wurden, so konnten sie doc auf das Vertrauen der Regierung, die sie bestellte, hinweisen. Nun, da: Diese Negierung zurückgetreten ist, erscheint er uns nur als ein Gebot des politischen Anstandes, wenn die Mitglieder der Zwischenkommissionen ihre Mandate unverzüglich zurüdiegen.* Ein unverantwortlices Spiel wäre es gar, wenn bei dieser Sachlage die von der abgetretenen Regierung ernannten Organe, ohne jedwede grundtägliche Berechtigung, in fester Stunde einschneidende Entscheidungen treffen wollten, für deren Erbringung ihnen jedwede moralische Berechtigung fehlt. — Es ist wohl mit Sicherheit zu erwarten, das die Regierung, die ihren Entschluß, die geießgebenden Körperschaften aufzulösen, bereit bekanntgegeben hat, auch die Neuwahlen für die autonomen Verwaltungskörper in Kürze ausschreiben wird, bis dahin aber können nur die von der neuen Regierung eingelegten Organe die Geschäfte der totalen Verwaltungen darübergehend führen. Die neue Regierung soll, wenn man den Hauptsächtiihen Zeitungsstimmen glauben kann, entschlossen sein, die von der abgetretenen Regierung im reicher Anzahl erbrachten, durch weitgehendsten Staatsinterventionismus die Verfassung verlegenden Gesete, — tie das landwirtschaftliche Umschuldungs- und das gerichtliche Liquidierungsgejet, außer Kraft zu liegen. Es soll Hier nicht untersucht werden, ob Die bestehende Wirtschaftsnot und die Staatsraison es erlaubt oder ge Bietet, diese nun einmal erbrachten, in ihren Auswirfungen wenübersehbaren Maßnahmen zurückzunehmen. Diese Gejege stellen zweifellos einen Versuch dar, in * Sehrverständlich kann es sich nur um den Winddtritt der Kommissionen als gesamte S Körperschaft und seinesfalls um den Rückritt allein ihrer jährlichen Mitglieder handeln. Die Schriftl, einer Zeit vollster wirtschaftlicher Verwirrung einen Ausweg aus dem vorhandenen Chaos zu finden. Einen auch dieser Erklärung ermangelnden gewaltsamen Eingriff in das kommunale Leben, bezüglich dessen man der neuen Regierung die Einsicht zur Wiederherstellung der früheren Rechtsordnung wünschen muß, ist das überraschend erbrachte Geieg über den Anlauf kommunaler Liegenschaften, die für die Bedürfnisse der Armee bestimmt sind. In knappen fünf Artikeln wird verfügt, da über Aufforderung des Kriegsministeriums die Gemeinden, selbst wenn sie von Zwischenkommissionen geleitet werden, innerhalb eines Monates si zu äußern haben, ob sie gezeint sind, die ihr Eigentum bildenden Liegenschaften, in der Hauptsache mehr die Kasernen, dem Staate zu verkaufen. Erfolgt innerhalb dieser Frist seine Meußerung, oder ist D dieselbe zustimmend (und wohl auch in dem aus dem Gejeg Durch ungenaue Tertierung ausgebliebenen Falle der Ablehnung), wird der Bmangsperlauf durch eine bei dem Gerichtshof einzufegende Kommission verfügt. Dieser Eingriff in das Eigentumsrecht der Gemeinden ist nir nur willkürlich, sondern auch sahlich nicht begründet. Zu einer Zeit, da der Staat seinen dringendsten Zahlungsverpfligtungen nit nachkommen kann, sondern viele Millionen an Gehalts- und Pensionsrückständen schuldet, wird der Anlauf teuerer Realitäten in Aussicht genommen, für deren Kaufkreis beim Staat überhaupt keine Bededung vorhanden ist. Schon Dieser Umstand läßt und befürchten, daß der „Anlauf“ unter fol (9 z. B.) Eduard Herriot, der am Bonnabend die neue Regierung bildete, war im Jahre 1924 zum erstenmal französischer Ministerpräsident und galt fest schon seit langem als der kommende Mann für den Augenblick, wo die Wahlentscheidung wieder einmal zugunsten der Linksparteien fallen würde und wo man aus deren Reihen einen Mann von verbindlichen Formen und von einer gewissen Vertrautheit mit den Fragen der ziviigen staatlichen Politik brauchen werde. Um bei allen Besprechungen in Genf und Lausanne gerüstet zu sein und überall die Teste Entsreidung Mitgliedern der Regierung überlassen zu künnen, hat Herriot sein Ministerium derart zusammengestellt, daß die von Tardieu begonnene Weiter-Rationalisierung nit mehr eingehalten wurde. So ergibt es sich, daß statt der 13 Minister und 5 Unterstaatssekretäre der Regierung Tardien jegt 18 Minister und 11 Unterstaatssekretäre der Gemeinden dur den Verlauf dem ausgelöst sind, dac |handen sind. Von ihnen gehören 21 der radikalsozialistischen Bedingungen erfolgen wird, die für Die Gemeinden wohl nicht vorteilhaft sein künnen. Dazu kommt, das die sie für unwertbeständigen, oft unter schweren Opfern erworbenen Befii, einen Gegenwert in Geld bekommen, über dessen inneren Wert man wohl geteilter Meinung sein darf. — Sollte die neue Regierung entschlossen sein, Die Gejeglichkeit auch im kommunalen Leben wiederherzustellen, dann muß im Rahmen der Abschaffung der von der Regierung Jorga erbraccten ver= fassungswidrigen Gejege auch die Forderung nach Auferkraftjegung des Gejeges über den Zwangsverlauf tädtischen Besiges mit Entschiedenheit erhoben werden. | Staatreichs neue Regierung