Siebenbürgisch-Deutsches Tageblatt, 1935. Januar (Jahrgang 62, nr. 18514-18538)

1935-01-01 / nr. 18514

Wissowse, . Seite 2 — Nr. 18514 k Stedenbürglich-Deutsches Tageblatt »gefühlsmäßige Bedenken der Parteien den Frieden ges wahrt hat. Manches von dem, das im englischen Unterhause in der besten Zeit gesagt wurde, mag bedenklich gestimmt haben. So die Ansicht, Englands Grenze läge am Rhein­ weiter die Behauptung, England müsse für sich allein, namentlich in der Luft, stärker gerüftet sein als Deutschland. Für denjenigen, der zwischen den Zeilen liejt, ist die Wehnlichkeit mit dem französischen Stand­­­punkt, Frankreich müsse für si allein zur See stärter gerüftet sein al Deutschland und Italien zusammenge­­­kommen, auffällßreich, genug. Unendlich’ vorsigtig tritt Hinter diesen in England sortft ungewohnten Meußerun­­­gen ein Gedanke ans Tageslicht: der Wunsch nach der Wiederaufnahme der zweiseitigen Ab­­­rüstungsgespräche, die am 17. April 1934 von der Regierung Toumergue-Bırthau Hinsichlich Deutsch­­­lands abgebrochen worden sind. Man sieht in London in ihnen die sicherste Gewähr gegen eine plößliche Frie­­­densstörung in Europa. Und der europäische Friede er­­­scheint den Engländern einerseits als beste Friedens­­­sicherung für die ganze Welt, andererseits als einzige Rettungsmöglichkeit für­ Europa im Falle einer vom Bernen Dsten her­­aosbrechenden Katastrophe. Der Weltflottenpaft von Washington ist japa­­­nischerseits gesündigt worden, und der Gegensah zwischen Amerika und Japan ist Drohender als je. Feind Japans ist zunächst Rußland. Ind um sefehrt! Amerifa. Das fi aus verschiedenen Gründen dem Balschekwismus nicht bedroht fühlt, scheint auch vor ein­em Zusammen­­­gehen mit den Sowjets gegen Japan nit zuridzus­­­­chreden. Umso mehr schaudert er den Briten davor, den Moskauern zu nahe zu kommen. Man konnte in Der französischen Presse seien, daß England aber auch vor einem zu engen Zusammengehen Frankreichg mit dem Staat der Dritten Internationale schwerste Sor­­­gen habe. Vielfach war man der Meinung, daß das Prestige Hitlers im Dritten Rei daran hänge, Daß Das Saargebiet Deutschland nicht verloren gehe. Man ging in Dieser uns ganz ab­wegig erscheinenden Vermutung sogar­­­ weit, daß man für Diesen Fall mit einem Sturz des Dritten Reiches rechnete und daher mit einer Ablösung des Dritten Reiches durch die Dritte Inter­­nationale! Und nun meinen englische Stimmen, das ein Hitler gegnerisches Französis­he rufliches Bü­ndnis gegen ein Sowjetdeutschland nir nur versagen, sondern so­­­gar zu einem V­ordringen des vereinten Bolichemvismus gegen Frankreich führen müsse Das heutige England sympathisiert mit dem Nationalsozialismus gerif nicht, aber die Engländer sind trogdem fahle Rechner genug, um im Dritten Reiche die stärkste Abwehr gegen den Bolsshewismus zu sehen. Diese englische Ansicht teilen an die Polen, und Italien würde sie offener vertreten, als er fest geschieht, wäre der Faszismus nicht wegen Wiens und aus per­sönlicher Eiferruht um des wirt­­schaftlichen­­­ Ausbaues willen dem Nationaliozialismus besonders gram... i England, Italien, Amerika und Frankreich, Haben am 11. Dezember 1932 dem Deutschen Reich die (militärische) Gleichberechtigung „in einem Syitem allgemei­­­ner Sicherheit” zuerkannt. Gestüßt darauf, möchte Eng­­­land die Deutsche N­ufrüstung auf einer möglichst nied­­­rigen Stufe „legalisieren” und das Reich dann in Den Bölterbund führen, wie es in anderer Form England schon vor 8 Jahren getan hat. Frankreich, das Fich­­wört­­­­er an den Test von 1919 hält, will Deutschland zu­­­erst in Genf sehen und dann irgend­­einen Abrüstungs­­­vertrag abschließen. Einer Bariser Meldung des be­­­deutendsten englischen Blattes „Times­’ zufolge wäre diese Frage anläßlich der legten Aussprache des engli­­­schen Botschafters in Paris, Sir George Elerf, mit Bapval zur Sprache gekommen; Lapal habe Sir George gegenüber geäußert, die Frage der infiziölten HBurs fenntnisnahme — m­it Anerkennung — deutscher Aufe­­rüstung erscheine dem Duay DVOrjai derzeit nac­­­ber­­­früht... Wir möchten die Bedeutung Der vielfachen Au­­s­­sprachen zwischen deutschen und franz­­öischen Kriegsteilnehmern so unterschoben. Es ist ja ihn eine Fronterfahrung, daß Frontkämpfer den Feind viel ritterlicher und weniger gehäffig einirägen als Etappen- oder Hin­­­terlandgegner. Flandin und Labal einerseits, Hitler und He andererseits, gehören ungefähr der gleichen Altersklasse an und verstehen einander Daher leichter als allzu verschiedene Jahrgänge. Die jüngst von Heß gegebene Erklärung der heisten Stelle in Hitlers „Mein Kampf“, die js auf die Bezeichnung Frankreichs al Erbfeind Deutschlands bezog, scheint in Frankreich be­­­griffen zu werden; gewiß erschien 1924 das im N­uhr­­­gebiet stehende Frankreich dem Deutschen im Kopf und Herzen anders aß ein Frankreichh von 1935 erscheinen muß, mit dem es keinen Saarfonflist mehr gibt. Und auch font seinen unmittelbaren Konflikt, wie­­­ Hitler wiederholt und unzweideutig erklärt hat. Die Sowjets Damit dürfte an Sowjetrußland Beruhigung gefunden haben. Schon seit mehr al einem Jahre starren die Moskauer angstvoll nach Osten auf Zapan. Litwinow hat einen Haufen Pergamentte gesammelt, die Rußland von Weiten her hüten sollen, und nun ol auch moch der Oftpart dazufommen,. Sollten die Rufen wirklich an deutsche Ukrainepläne glauben? Das vom englischen Blatt „Star in die Welt gesehte Ges rühl von einem bereit­s abgeschlossenen französisch­­­russschen Militärbü­ndnis ist von P­aris und Missau aus zugleich dementiert worden. Wir glauben dem Dementi, denn Rußland hat seinerlei Offensivkräfte gegen Weiten verfügbar; wir glauben auch Der aus der Schweiz stammenden Nachricht, daß Litwinoiw ans­­taßlich seines legten kurzen Aufenthaltes auf der Durch­­­reise in Berlin entgegen verschiedenen Dementis Den­­­noch einen, wenn aus nur kurzen Besuch in der Wil­­­helmstraße gemacht hat, während er noch vor kurzem Berlin ganz ohne Aussprache passierte und während er noch früher selbst die Durchfahrt dach Berlin ge­­mieden hat. Die Japanerangst hat Rußland vor etwa z­­ei Jahren au­­ßer Frankreich besorgt gemacht, weil die­­es in Genf die Japaner unterfragt hat; seit Deutsch­­­land ungefähr gleichzeitig mit Japan den Völkerbund verlieh, it Die Moskauer Sorge vor Deutschland über die französische hinaus gestiegen. Der europäische Dit­­­part scheint Litwinomw geeignet, seine Wertfolgen zu zer­­streuen; wir hätten der Bollständigkeit­­­ halber gerne gesehen, wenn mit Rücksicht auf Bessarabien auch Rumänien zum Ditpart eingeladen worden wäre Nur der Bollständigkeit halber, denn Mistaus Bedrohung der Japan gestattet den Nujjen nicht, an Bessarabien wie bisher zu Denken. Deutschland Wir haben hier bereits dargelegt, daß Deutsch­­­land heute nir mehr revisionistisch ist. Es ist Deshalb gewiß auch nit antivenisionistisch; man kann es eben arevisionistisch neimen. Die für Deutschland unerträg­­­lichsten Bestimmungen von 1919, die einseitigen Zahlun­­­gen und Die einseitige Abrüstung, sind zwar nicht formell geregelt, aber sie­ sind mehr oder weniger aus der unmittelbarsten Gegenwart ausgeschaltet. Auf Die arehisionistische­ Haltung Deutschlands hat Ungarn in­­­soferne geantwortet, als es sich seit den römischen Bakten von 1934 unter der Führung Italiens mehr oder weniger deutlich gegen den österreichischen Ans­­cchluß an Deutschland ausgesprochen hat; angesichts der Tatsache, daß so ziemlich alle Regierungen der Welt anschlußfeindlich sind und angesichts der Tatsache. Da auch das Dritte Reich die außenpolitische Erledigung der Anschlußfrage, die am Ende doch eine Frage der Völker selbst ist, vertagt hat, bedeutet dieser ungarische Schritt für Berlin und Wien nit mehr viel...­­­ So unbegreiflich er dem Deutschen vorkommt, ist Den­­­noch die Welt ziemlich einstimmig der Ansicht, er Denke nur bloß einer oder der anderen Großmacht, jenes denn auch mehreren von ihnen zugleich Kriegsgefahr aus Deutschland. An Deutschland scheint man Diese Ansicht als eine Tatsache krieglich zur Kenntnis­ ge­­nommen zu haben, und man hat gegen die neuen gungen Rüstungen so vieler Regierungen keine besonderen Ein­­wendungen mehr, seitdem man gesehen hat, daß der Gedanke militärischer Interventionen gegen Deutschland, wie er noch gelegentlich der Haager Verhandlungen 1930 offen im Vordergrunde stand, tatsächlich zu ver­­schwinden begonnen hat. Diesen Interventio­­­nen aber galt zunächst die natürliche Abwehr des deutschen Weltes, die schließlich in der Entstehung des heutigen Systems im Reiche seinen stärksten Ausdruch gefunden hat. Im Berwußtsein seiner aus Einigkeit entstandenen Stärke verzweifelt das Deutsche Vort an seiner Zukunft nicht mehr; so konnte es innenpolitisch den Marrismus und die Entartungen der Demokratie überwinden und außenpolitische Konzessionen, die viele Deutsche dem Weimarer System nicht verziehen hätten, ruhig machen, da sie eben von Hitler gemacht wurden, an dessen sicheren Führung der Veutiche glaubt. Aus schon angedeuteten Gründen kommt heute ein Angreiferbündnis gegen Deutschland nicht mehr in Frage und ein unvereinzeltes Vorgehen irgend­­einer hochgerüsteten Macht aus und früher angedeuteten Gründen an nicht. Ein Deutscher Angriff gegen eine oder gar mehrere Mächte kommt nicht bloß aus mili­­­tärischen, jedem Soldaten verständlichen Gründen nicht in Betracht; viel­­mehr bedeutet &&, daß Das heutige Deutschland aus Ursachen, die in der nationalsozia­­­listischen Weltanschauung”siegen, nicht angreifen wollen kann! Demjeniigen, der diese Weltanschauung nicht bes­­triffe, könnte genügen, daß Hitler, Heß, Goebbels, und alle übrigen irgendw­ie befugten Vertreter Dieser Welt­­­anschauung für absehbare Zeit unzweideutig allseits Frieden erklären; rein soldatische Erklärungen (Reiche­­wehr) sind in seinem Staate am Platz am wenigsten in einem auf bedingungsloser Führung begründeten Staat, in dem die ganze staats- und parteipolitisch bestehende Macht in einer Person vereinigt ist. Das Jahr 1935: Ostasien im Vordergrund Schon seit Jahren sieht die Weltpolitis mit Sorgen dem Jahre 1935 entgegen. Seit Jahren hat nämlich Mussolini und zwar als erster von allen Staats­­­­männern, 1935 als das fritischeste Jahr bezeichnet, und vor wenigen Monaten hat Beneid die kommenden 18 Monate auch seinerseits al Fritisch erklärt. Für Mufsolini lag die Gefahr stets im Ablaufen des Bashingtoner Weltflottenpattes, das von größten Marinerüstungen und dann vom Ausbruch eines Weltkrieges begleitet sein müßte. In diesem Sinne hat sih Mufsolini vor einigen Monaten ganz plößlich ent i­loffen, auß erordentlich große und demgemäß auch überaus teuere Kriegsschiffe zu bauen, damit auch nicht mehr zu stoppende Auslagen von Hunderten von Mil­­lionen auf sich zu nehmen. Auf die Entsdei­­­­ ‚ weder über: Beujahr Swifchen dem Alten Bwilchen dem Neuen, Hier una zu freuen Schenkt ung das Glüc, Und das Vergang’ne Heißt mit Vertrauen Vorwärts zu schauen, Schauen zurück. Stunden der Plage, Leider, sie scheiden Treue von Leiden, Liebe von Luft, Bessere Tage Sammeln uns wieder Heitere Lieder Stärken die Brust. Danft es dem regen Wogenden Glück, Danft dem Geschice Männiglich Gut! Freut Euch des Wechsels Heiterer Triebe, Offener Liebe, Heimlicher. Blut! Andere schauen Dedende Falten Ueber dem Alten Traurig und schen; Aber uns Teutchtet : Freundliche Treu­e: Sehet, dad Neue Findet und neu. Goethe. = "Dienstag, 1. Januar 195 y Silvester bei Schiller von Dr. Ernft Sekelius Am besten Abend des Jahres 1802 las Schiller uns „Sie Braut von Messina“ war, wobei auch unsere gute Mutter zugegen war“, erzählt Karoline von Wol­­­zogen, Schillers Schwägerin, in ihren schönen Lebens­­­erinnerungen, Karoline, die als begeistrte V­erehrerin und leidenschaftliche Freundin des Ticiers — schien es Doch anfangs fast j), al ob er sie mehr Liebe, als ihre Schwester — einen Gutteil ihres Lebens in der Nähe des großen Mannes verbrachte. In seinem Hause fand sie Trost, die in ihrer Jugendzeit in einer un­­­glücklichen Ehe an der Seite eines ungesiebten Mannes sctwere Tage verbracht hatte. Karoline war eine geist­­­volle, sehr lebendige und herzhafte Natur. Ihre Schwester Lotte, Schiller Gattin, eine anmutige, lieri­­­siche Erscheinung, war zarter, stiller und zurückhalten­­­der. Über das tiefe und innige Gefühl, das sie für ihren Mann hegte, machte sie zur aufopferungspallen Gefährtin, zur unermüdlichen Mitkämpferin ihres Gat­­­ten. Sie stand ihm in seinen schiweren Lebenskämpfen hilfreich zur Seite, um nach außen hin völlig hinter ihm zu verschwinden. Die Dritte Frau, die dieser Vor­­­lesung beimwohnte, war Frau Luise von Langenfeld, die Mutter der beiden Schwestern, ein zarter, beseelter Mensch von großer Geistesstärke. Die Kinder Schillers, die am Abend mit dem Vater herumtollen durften, waren von der Mutter zu Bett gebracht worden. Und nun bersammelte man ih um die traute Lampe am runden Ti, um das neue, eben vollendete Werk­ des großen Dichters und geliebten Menschen zu hören. Ta rvauschte das unheilvolle, unab­wendbare Schiefal, das in dieser Tragödie eine edle Familie bedroht und vernichtet, auch über sie hin. Das Shidial, dem sich die Mensc­hen vergeblich entgegens­tellen, das sie aber mit Größe zu­­­ tragen haben. Gewaltig erhoben Die Chöre ihre Stimme. „Denn alles ist Frucht und alles im Samen“. In strengem Stil erstand diese Welt vol­­le Poamps vor ihnen, hinter der si Unsagbares auftut.­­­ ,,Es war ein herrlicher Aben­«··berischeet Karoline weit­er.Hier störte es nichtt,daß Schiller nich­t ein guter Vorlesser war Hi­er hörte man sei­ne Seele,wie das Flügel rauschen mächtiger Adler,schw­ingen. Schiller sagte:,,Das istn und soch wirklich sein Tmum« spi­el«.Er war an dem Abend sehr heiter und versprach den Genien, von nun ab jeden Silvesterabend mit einer­ neuen Tragödie zu feiern. » Es sollte nicht meh­r dazu ko­mm­en Die Krankh­eitss­­anfälle, die seinen Körper Schon Früher immer wieder geschwächt hatten, sollten ihn in den folgenden Jahren immer häufiger auf das Bett Hinftveden. In müh­­­seligem­ Ringen voll heroiischer Größe konnte er seiner geiäwählten Natur wo unter vaterländisches Schaus­­­­piel „Wilhelm Dell“ abringen. In gewaltigen Kampf erstanden Die ersten Szenen des „Demetriug”, deren Aus­­­arbeitung fi der ichon Totgeglaubte, neu erstanden, hingab. Ta warf ihn ein neuer Anfall auf das rechte Lager. Nun kamen die gewaltigen Schwingen des Ge­­­hid3, die an jenem Silvesterabend so bedeutungshaft gerausht hatten, auch­ über sein Leben. Er träumte von Himmel und Hölle, die in seinen Dramen ihren Kampf auf dieser Welt ausgetragen hatten. Und mit der abgeklärten Heiterkeit und der ruhevollen Größe, die seine Helden in den Dramen ber­iesen hatten, starb er in der Blüte gebrochen, in den Armen der beiden Schwestern Charlotte und Kavaline, mit denen er so. gerne no zusammengeblieben wäre, dahin. Wir aber wollen angesichts solchen Wirfens und Ster- Da ‚u . See ante erivedt, mit Schiller­­nten. „Was als Unbett empfinden, wich einst ale Wahrheit uns anm­egenzehen“ «.·« a­­re" Br di f . JOH­­­ - «.I«.’- | i ; wirst i : I» u­­is k- Fir 3% (- ss

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