Siebenbürgisch-Deutsches Tageblatt, 1935. Juni (Jahrgang 62, nr. 18635-18656)
1935-06-01 / nr.18635
s Ceile 2 — Wr. 18635 Bölferbund ausschließen möchten, weil es angeblich die Sklaverei noch nicht beseitigt habe und daher „völferbundunwürdig“ sei. Seit Litwinomw in Genf jist, ist Dieses Argument noch weniger überzeugend als, früher! Und noch eines: angeblich veriet Stalten so, daß, Die Beslegung Abessiniens ein Jahr, die „Pazifizierung“ vier bis fünf Jahre dauern würde. Selbst wenn dieser optimistische Blan gelänge, wäre Italien, an wenn Mussplini das Gegenteil behauptet, einige Jahre in Afrika festgelegt und konnte nur an der Donau Deutschland militärisch entgegentreten. Wenn aber Italien in Abessinien gar unterläge? V Bedeutende Gesnerale streiten darüber, ob die italienischen Tanks und Flieger in dem ausgedehnten, unerforjten, größtenteils schwer passierbaren Lande mit Hoch- und Mittelgebirge, Bergland und Ebenenjtärker wären als Die wilden Gunerillafrieger Abessiniens in ihrer Heimat, Italiens abessinische Niederlage vom Jahre 1896 ist noch unvergessen... Wir wollen heute von allen weiteren theoreilichen Erwägungen absehen. Auf den Antrag Edens hat der Wölkerbund beschlossen, die Entscheidung über Abessinnen bis zum 2. August 1935 zu vertagen und bis Dhahın fi auch formell nicht einzumischen. Die zwei italienischen und die zwei abessinischen (natür-nd ausländischen) Schiedsrichter suchen eine Einigung und zunächst einen Präsidenten. Der Generalsekretär des Völkerbundes sammelt Nachrichten und verständigt die Mächte. Gleichzeitig ist, natürlich formell aus anderen Gründen, die römische Donaukonferenz, die zunächst von Mai auf Suni vertagt worden war, und die zu 99 dv. 9. Oesterreich behandelt, wie in Den Herbst vertagt worden. Die Zusammenhänge für Muffolini und die Welt sind klar, Muffolini hat der Welt drei Monate äußerliche Ruhe geschenkt. &. ©. Siedenbürgifg-Deutjies Tages Die Österreichische Regierung will seine Bolls Abstimmung Schnichniggs Antwort an Hitler Wien, 29. Mai. Bundeskanzler Dr. von Schuschnigg hielt heute im Bundestag (Parlament) eine große Nede Über die politische und wirtschaftliche Lage Desterreichs. Er schilderte die Entwicklung Desterreichs in dem legten halben Jahr und legte dabei besonderes Gewicht auf die innen- und außenpolitische Konsolidierung des Landes. Er erwähnte in diesem Zusammenhang auch die mit Ungarn und Italien abgeschlossenen Kulturabkommen und die Wirtschaftsverträge. Zum Beinweise der wirtschaftlichen Entwicklung Oesterreichs machte er zahlenmäßige Angaben. Dann sprach Schuschnigg Über die Erhöhung der geistigen und materiellen Wehrkraft Oesterreichs. Die Österreichischen Hochschulen werden durch besondere Maßnahmen wirklich den Charakter „österreichischer” Schulen erhalten. In bezug auf die materielle Wehrmacht forderte er den Wegfall der Beschränkungen, die in Oesterreich die allgemeine Wehrpflicht verbieten. Nur Oesterreich könne darüber entscheiden, wann und wie es denn diesem unwiedererlangten Not Gebrauch machen erde. Dann stellte er fest, daß Die Wehrmacht Oesterreichs ®au heute schon starr genug sei, um alle innenpolitischen Unruhen im Keime zu ersuiden. Desterreich sehe einem ruhigen Sommer entgegen; es habe seine Störung seiner inneren Ordnung zu befürchten. „Mit dem deutschen Nationalsozialismus‘, so sagtere er, „haben wir uns in seiner Weise zu befassen. Das ist eine reichsdeutsche Angelegenheit. Der österreichische Nationalsozialismus ist eine rein innenösterreichische Angelegenheit und untersteht ausschließlich der Souveränität unseres Staates. Dem Bericch einer fünftlich großgezogenen Propaganda für eine Bollgabstimmung rufen wir zu: „Bu spät!" „Wir haben eine Volfsabstimmung am 25. Zulti mit Blut gehabt, mit fostbarem, jedem Oesterreicher unvergeslichem Blut! Unserer Verfassung sieht die Möglichkeit einer Volfsabstimmung vor, aber Die Zeit und Die Art für sie werden diejenigen bestimmen, Die Desterreich verfassungsmäßig zu vertreten haben.“ „Die Erklärungen des Reichskanzlers, daß Deutschland si nicht in die inneren BVerhältnisse Desterreichs michen wolle, es weder annestieren noch zum Anfluß bringen werde, nehmen wir mit Befriedigung zur Kenntnis. Wir halten auch die genaue Umzeigung des Begriffs der „Einmischung‘“ für notwendig, umso mehr, als niemand so wie Oesterreich aus seiner eigenen Geschichte einen Beitrag zu dieser Begriffsbestimmung zu Tiefern vermag. Der Auffassung, Daß das Regime in Oesterreich nit vom Bolfe getragen werde, muß entgegengehalten werden, daß Diese Auffassung jahlich nicht zutrifft. Abgesehen davon, handelt es sich Dabei um eine rein innendösterreichische Angelegenheit Die einer fremden offiziellen oder Wunschmeinung niemals unterliegen kann.“ Zusammenfassend umzig Schuschnigg die Forderungen Oesterreichs folgendermaßen: 1. Grundtäglich gleiche Behandlung, 2. Zuerkennung eines grundtäglich gleichen Rechtes und 3. Anerkennung der gleichen Ehre. Weder alles andere könne man mit den Defterreichern reden, über diese Drei Punkte. niemale. N | Die schwierige Finanzlage Eifrige aber vorläufig wenig ergebnistreiche Wirtschaftsberatungen BSufareit, 30. Mai. In der Hauptstadt sind alle an der Lenkung der rumänischen Wirtschaft maßgeblh beteiligten Persönlichkeiten in Beratung und Aussprache Damit beschäftigt. Die neue Aus und Einfuhrprönung und die damit verbundene Devisenbewirtschaftung aus der Taufe zu heben. Eine Annäherung zwischen dem Standpunkt des Handels und Industrieministers und dem des Nationalbaukgouverneurs oder ein Machtwort des Ministerpräsidenten sind die Vorauslegung Dafür. Augenblicklich scheint es, als ob eine Annäherung der Standpunkte nicht ausgeschlossen sei. Aus den zahlreichen Besprechungen sind die des Nationalbanfgous permeurs mit den Vertretern der Bukarester Großbanfen, während Der Die Depisenfrage eingehend vom Standpunkt des Banffachmannes aus befeuchtet wurde, und Die des Wirtschaftsrates der Regierung, in der Finanzminister Antonesceu als Neutraler ein Bild der gegenwärtigen Wirtsshaftslage entwarf, hervorzuheben. U. a.wies der Finanzminister Darauf hin, Ddah die Einnahmen aus Zöllen, sowie aus der Lurage und Umlagsteuer statt, im Rückgang begriffen sind, so Dolaf, Das ganze Wert des finanziellen Aufbaues. Durch den Staatsporanschlag gefährdet werden Gehälter im Mai erst fest angewiesen Bufareit, 30. Mai. Dem offenbar verschlechterten Geldeingang bei den Staatskassen entsprechend, wurde Das Monatsdefret über die Gehaltsauszahlungen des Maierst geitern veröffentlicht. Das Ausmaß ist das gewohnte und beträgt insgesamt etwas über eine Milliarde Lei für die verschiedenen Ministerien. Darunter befindet sich auch die Unterstügung für die Pensionstasje mit 150 Millionen Lei. Der König empfängt Bufarest, 30. Mai. In den sechten Tagen findet eine Reihe von Empfängen der Minister beim König statt, wie sie in dieser Häufigkeit selten sind. Mit gestern hatten Minister Lapedatu, Dr. Cojtinegeu und Unterstaatssekretär Nadulescu ungenannte Arbeitsaudienzen. Der König befaßt sich überdies selbst mit dem Programm: der Feier des 8. YZuni, zu welchem Zmed, Prinz Nikolaus gestern mit einer Abordnung der Pfadfinder bemprach und zum Frühfund geladen wurde, Teilnehmerschaft eine Anstellung „Rumänien als Reiseland“ eröffnet, bei welcher Gelegenheit der Vorstand der Deutsche rumäniigen Handelskammer in Berlin . Rüstungsverhandlungen Bularest, 30. Mai. Der Ministerpräsident und Rüstungsminister empfing heute den Besuf des tiberhosbowesischen Gesandten Scheba im Rüstungsministerium. Anschließend fand eine Beratung unter Borjis Tatarescus statt. Die Der Erzeugung von Rüstungsgegenständ, im Arsenal und in der Pulverfabrik des Heeres galt Der Generalstabschef nach Varis gereist Bularest, 30. Mai. Der Chef des großen Generalstabes General Samsonopich hat ji über Einladung der französischen Regierung gestern nach Paris begeben, um wie es heißt, an Manövern des französischen Heeres teilzunehmen. · Reisepropagande für Rumänien in Deutschland Salareit, 30. Mai. Wie „Rador” aus Berlin meldet, wurde gestern Dort im Beisein einer auserlesenen Raumer und dier Bierliner rumänische Gesandtse Petresc Isp Comnsen Alnipsvachsen hieltem in denen sie namentlich die Bedeutung des kürzlich abgeschlossenen rumänisschweutschen Abkommenusg für eine Verstärkung zeigt Wirtschaftsbeziehungen bei der Länderherdro. ’ Deutscher Frontkämpferbesuch Vukavest,30.Mai—Gestern ist auf dem Flughafen von Baweafa Vavo in Herberths von Forell als Vertreter der ehemaligen Kriegsstreitnehmer eingetroffen um Rumänien einen Besuch abzustatten.Er ward seinen Hauptmann a.D.Appos vol Zamfiy dem Kommandantende erwträmpfte Organisation und seinemeabe s sowie zahlreichen anderen Kameraden am Flugpr herzlich begrüßt, - Sonnabend, 1. Juni 1935 Die Litauische Micwirtschaft in Memel Die litauische Antwort von England abgelehnt London, 30. Mai. In Beantwortung einer Anfrage über das Memelgebiet erklärte Simon heute im Unterhaus, daß die Antwort der litauischen Regierung auf die gemeinsame Note der drei europäischen Unterzeichhnermächte nunmehr vorliege. Die englische Regierung betrautet die Antwort als unbefriedigend und hat sichon mit Frankreich und Italien in Verbindung ge=iest, um sich über einen neuerlichen Schritt in Kowno zu verständigen. Der Außenminister fügte Hinzu, daß in der gemeinsamen Note die Wiederherstellung der normalen Regierung im Memelgebiet gefordert worden sei. « W Die Ungarische Landespartei für Die Rechte der Minderheiten Dieser Tage hat in Großwardein eine Konferenz der Minderheitenfachabteilung der Partei unter Teilnahme der führenden Männer Die brennendsten Grundprobleme der Minderheitenfrage in Rumänien und die Stellungnahme des Ungarntums dazu beraten. In seiner tiefschürfenden, schon genauester Sachkenntnis zeugenden Eröffnungsrede wies der Vorfiger und Vizepräsident der Partei Dr. Jakabfiy, wohl die größte Matorität seines Volkes auf diesem Gebiet, auf die ungünstige Entwickklung des Minderheitenkhtiges in den legten 15 Jahren hin. Erste Politiker wollten hievon nicht einmal etwas hören und der gebwesene Ministerpräsident Dr. Wlerander Baida, der den sogenannten Minderheitenvertrag unterschrieben habe, mache heute für seinen „numerus valadhicus“ Propaganda und bereite einem hemmungslosen Chaupinismus den Weg. Vielfach tanze man so auf einem Bullan. Das kleine Litauen, dessen Bolfszahl kaum größer sei als die des tebenbürgischen Ungartums, treibe eine unverständliche Unterdrückngspolitik gegen die Deutschen und in ähnlicher Art wollten die Finnen, die Jahrhunderte lang unter dem zarischen Zoch gelitten haben, den Schweden das Lebensucht nehmen. Wahrhaft große Staatsmänner, wie der verstorbene Marshall BPilfudstfi und Hitler, hätten aus dem wohlverstandenen höheren Staatsinteresse die norhandehabe ich sehr geirrt. Vor zehn Jahren habe er dem Abgeordneten Zosip Wilsen gegenüber geäußert, nen Gegensähe zu überbrücen gewußt. Musolimi „Ich beweise ihnen, daß es in zehn Jahren in Italien weder eine slowenische, noch eine Deutsche Minderheit geben wird“. Die zehn Jahre Feien vergangen und Heute leben im Italien, wenn auch mit erdrosselter nationaler Kultur, mehr Slowenen und Deutsche als früher. Dieser Irrtum Mussolinis könne sich für das italienische Volt und Die ganze Weltpolitik nur schädlich auswirken. Titulescu suhe die Befriedung Mitteleuropas in dem Verschwinden der Grenzen. Mber Diese ideale Lösung Der Minderheitenfrage sei undenkbar ohne ausgesöhnte Nationen. VBaidas „numerus valahieu“, der seine Partei gesprengt habe und Hat unter den Staatsbürgern schüre, dürfe ung nit abhalten, nach wie vor unsere Rechte zu fordern, die uns ein zwischenvölkischer Vertrag mit seiner Unterschrift gewährleistet. Der Eröffnungsrede folgten Vorträge mehrerer Redner über die sittlichen Grundlagen, die zwischenmölfischen Beziehungen des Minderheitenrechts und Die Aufzmhlungen Des neuen Strafgejegentwurfs, über den Schuß der von der Staatsbürgerschaft ausgeschloffenen Heimatlosen, über den ungenügenden Genfer Belferbund, bei dem auch fest fünf seit dem Jahr 1933 eingereichte Beschwerden des siebenbürgischen Ungartums unerledigt liegen, über VBaidas "numerus valadjicus" und die Verdrängung der Minderheiten aus dem Wirtschaftsleben, über die Entlassung ungarischer Besamten, Angestellten und Arbeiter, über die Errichtung einer Minderheitenfachbücherei und über die Notwendigkeit der Solidarität des Ungartums3 auf dem wirtschaftlichem Gebiet. Das Ergebnis der zweitägigen Beratungen ist für Die Deffentlichkeit in Drud zu legen. | | Verhaftung antisemitischer Demonstranten in München Berlin, 29. Mai. Die Polizeidirektion München teilt mit: Unter der Führung einer Reihe vom verbreches rihen Elementen hatten sich in München Terrorgruppen gebildet, um, wie sie si anmutend ausdrückten, „die antisemitise Bewegung towärts zu treiben“. Auf das Konto dieser Elemente sind die VBarkommenisse der legten 14 Tage, insbesondere die Störungen am 18. und 25. Mai, zu legen, die vom Beschmieren der Schaufenster jüdischer Geschäfte bis zum gemwaltsamer Eindringen in jolfe mit nachträglicher vorzeiiger Schließung führten. Ferner sind sie aller Wahrscheinlischkeit nach au, für das Abreifen der bei der Caritassammlung vertriebenen Abzeichen und die Störung der Ruhe im fatlosisschen Vereinshaus in der Schommerstraße vexantieortlich. Die Polizei wurde bei Ausübung ihrer Pflicht da und fort behindert, ja in einem Falle tätlich angegrifffen. — Pie Schuldigen sind festgestellt, bezw. verhaftet. Ihnen wird ohne Rücksicht auf Person und Parteizugehörigkeit wegen Landfriedensbru es, Störung der Öffentlichen Ruhe, Sicherheit und Ordnung, Beamtenbeleidigung der Puozeg gemasnt. Religiöse Betätigung und Hitlerjugend Berlin, 28. Mai. Der Landesbeauftragte des Reichsjugendführers für Thüringen, Gebietsführer Günther Blum führt in einem für die Thüringer HF erlassenen Bericht u. a. aus: Da der Kampf auf religiösem Gebiet heute Formen angenommen habe, Die fast den Anschein ermerkten,