Siebenbürgisch-Deutsches Tageblatt, 1937. Juli (Jahrgang 64, nr. 19253-19278)
1937-07-02 / nr. 19253
»N sp.« SesteZ-Nr.19253 Die demokratischen Rechtsanwälte werden ausgeschlossen Der Disziplinarausschuß bei Bukarest,30.Juni. hiesigen Rechtsanwältekammer hat heute den Fall der drei demokratischen Rechtsanwälte Dobrescu,R. Georoceanu und Ionel Vladescu verhandelt,Un bekanntlich als Gegenkandidaten bei den letzten Wahlen auftratenDste Verhandlungen gestalteten sich außerordentlich lebhaft und nahmen lange Zeit in Anspruch Es ist zweifellos zu erwarten daß die Datei ausgeschlossen werden. Liberale Beratungen Bukarest, 30. Juni. Ministerpräsident Tatarescu Hatte Heute Unterredungen mit Senatspräsident Lapedatu, Unterstaatssekretär Barca und Bebe Bratianu, dem Generalsekretär der Partei. Es handelte sich um die Lage der Partei in Siebenbürgen und besonders in Klausenburg, wo die Wahlen verschoben werden mußten. Am Nachmittag empfing der Ministerpräsident eine Abordnung der „H“=- Gruppe, die ihm verschiedene Forderungen bezgl. der Parteiverhältnisse im Altreich vorbrachte. Aus Deutschland Verhaftungen von Bekenntnispfarrern Die reichsdeutschen Blätter legnten folgende Meldung Des DNB: Um den umlaufenden Gerüchten entgegenzutreten, wird amtlich folgendes bekanntgegeben: Der sogenannte Rat der altpreußischen Union hatte in einer Sigung des Bruderrates beschlossen, entgegen der Verbröonung des Neide- und Preußischen Ministers des Innern vom 18. Februar 1937 die Pfarrer zur Öffentlichen Bekanntgabe von Kirchenaustritten aufzufordern. Auf Grund dieser Widerlegung gegen staatliche Abordnungen wurde gegen vier an der Beichlukfaffung Beteiligte, nämlich gegen die Pfarrer Jacobi ,und Niesel, Affeffor Tr. Ehlers und v. Arnim- Queglemw, sämtlich aus Berlin, vom zuständigen Richter Haftbefehl erlassen. Gegen zwei weitere Berliner Geistliche, Die am Sonntag, dem 20. Juni, auf Grund dieses Beschlusses und entgegen dem Verbot Kirchenaustritte bekanntgaben, wurde ebenfalls Haftbefehl erlassen. Ein weiterer Geistlicher entzog sie der Verhaftung Durch die Flucht. Schwache Aussichten für eine Einigung in der Seekontrolle Sondon, 30. Juni. Die Kabinettsmitglieder sind Dienstagabend zu einem Ministerrat zusammengetreten, um die Ereignisse in der Sichung des Nichteinmischungsausschusses zu besprechen. Die überwiegende Mehrheit der Blätter äußert si über die Lage, sehr pessimistisch. „Taily Telegraph‘ meint, es bestehe seine Zweifel, daß Deutschland und Italien den Plan der nur englische französischen Seefontaille in Spanien endgültig ablehnen. „Morning Proft“ schreibt, Die bisherige Nichteinmischungspolitik sei völlig gescheitert und stehe vor dem B Zujsammenbruch. Die Aussichten auf eine Einigung seien äußerst gering. „Daily Mail“ hält eine Kompromißlösung für möglich, deren Vorbedingung wäre, daß Frankreich und England die beiden spanischen Parteien als Kriegführende anerkennen und das gleichzeitig Deutschland und Italien sich bereit erklären, zum mindesten einen Teil des ursprünglichen Richteinmischungsabkommens einzuhalten. Portugal hat die Landbeobachtung an der Grenze einstellen lassen. Italienischer Ausfall gegen Stranfreih - England Rom, 30. Juni. In der Sonntagsausgabe des Blattes „La Negima Fascista“ greift der ehemalige Generalsekretär der faszistischen Partei Farinacci Stanfresh und England mit beispielloser Heftigkeit an. Es heißt in dem Auflas, es sei der geeignete Augenblick gekommen, daß Italien gegen Frankreich und England den Krieg Be da Die beiden Länder nor nie so schwach gewesen seien wie jet. Das Blatt wurde von den Behörden beschlagnahmt. Neue Nüstungsausgaben der Sowjets London, 29. Juni. „Morning Post“ meldet aus Moskau: Die Sowjetregierung hat die Ausschreibung einer neuen Rüstungsanleihe betäloffen. Sämtliche Arbeiter der Sowjetunion sind verpflichtet, ihren dreifachen Wochenlohn für Diesen Zmed zuen: Blomberg in Ungarn Dienpeit, 30. Juni. Reichskriegsminister Generalfeldmarschall von Blomberg wonte Heute einer äußeren Truppenübung der Honved bei. Am Nachmmittag reiste er über Einladung des Negenten auf Landiis bei Kenderes, dessen Kmlht . ;4 ' --.«.-. ·««-.'-..-,». Br u .-..OWN- --"-1731 www-IDE- Siebenvürgtsweutschesscageblatt Freitag,2.Juli 1937 Ber großen finanziellen Uwälzungen ins Frankreich Chautemps erhält die Finanzvollmarkten :. Baris, 30. Juni. Während die Regierungserklärung in der Kammer glatt durchging, gab es im Senat zunächst einige Schwierigkeiten infolge eines Umwischenfalles mit dem sozialistischen Minister Lelas, der in einer Rede den Senat angeeriffen hatte. Da der Senatspräsident darauf scharf zu antworten beabsichtigte, hatte Ministervizepräsident HYlum erklärt, er werde die Negierungserklärung nicht selbst dem Hause verlesen. Es wurde wann auc, tatsächlich; diese Aufgabe von Minister Sarraut besorgt. Der gemeldete Zwischenfall ist im übrigen vom Haus als beendet angesehen worden. "Der Finanzausscug der Kammer hat bereits zum neuen Vollmachtgejek des Finanzministers Stellung genommen. Tiejes Gejeg ist bis Ende Augut befristet. Der Ausschuß sprach ihh mit Mehrheit für diese vollmachten als, Der Wortlaut des Ermächtigungs gejeß es Bari, 30. Juni. Das Ermächtigungsgeseh besteht aus einem einzigen Artikel und lautet: Die Negierung wird bis 31. August ermächtigt, mittels im Ministerrat zu beschliegender Tervete alle Maßnahmen zu treffen für die Unterbinchung der Beeinträchtigung S Staasfocdhts, für den Kampf gegen die Spekulation, für die wirtschaftliche Wiederaufrichtung, für die Kontrolle der Preise, für das Gleichgewicht des Haushaltes und des Chagamtes und für die Verteidigung des Gold- und Währungsbestandes, der Bank von Frankreich ohne Kontrolle der Wechselfurfe. Die Dekrete werden zur Natifizierung binnen 3 Monaten nach Verkündigung dieses Gejeges der Kammer unterbreitet, oder aber auf jeden Fall bei der ersten autecorventlijen Eigung. Zumult mit den Kommunisten — Ausnahme des Bollmanhtgejeges in der Kammer Baris, 30. Juni. In der Nachteigung der Kammer spielten sich Heftige Zusammenstöße zwischen der extremen Linken und der Rechten ab. Schon im Speisesaal kam es zu einem Angriff der Kommunisten auf den Rechtsabgeordneten Grafen Devignac, der Die Kommunisten als Taugenichtje bezeichnet hatte, was ihm eine Insultierung eintrug. Er wurde auf, am Yinten Auge verlegt. In der Cihung selbst verurteilte Der Vorjigiende Herriot die Haltung der Kommunisten. Doch gab e 8 gleich Darauf wieser einen Zusammenstoß zwischen Dem »Kommunistenführer Ihorez und Devignard. Saft’ kam 13 wieder zum Hangemenge. Die stürmischen Szenen wiederholten sich moch einigemale. Um einhalb 4 Uhr wurde dann an die Abstimmung geschritten, in der die Kammer mit 380 gegen 228 Stimmen das Grmächtigungsgeieg annahm. an der Senatausschuß nimmt die Vollmarkten an Paris. 30. Juni. Der Senat hat in seiner Vormittagsigung, auf Vorschlag des Finanzministers beschlossen, den Entwurf über die Vollmachten unverzüglich zu verhandeln. Der Ausschuß trat gler darauf zur Beratung zusammen. Nach den entsprechenden Ausführungen des Finanzministers hat der Ausschuß gegen drei Stimmen und 12 Stimmenthaltungen die Vorlage angenommen. Zwischenfälle im Senat . Schließlich Berabschiedung der Vorlage Barid, 30. Juni: Der Senat hat heute nachmittag in ruhiger Atmosphäre die Aussprache über die Vollmachten eröffnet. Das Schidsal der Vorlage war bereits in der Ausschuldigung entliehen worden. Finanzminister Bonnet schilderte in aufrichtigen Worten die Lage und legte die Absichten der Regierung dar. Auch Ministerpräsident Chautemps ergriff das Wort und gab beruhigende Regerungen politischer Natur ab. Er betonte, die Regierung werde die auf der Voltevertretung beruhende Verfassung [hüten und die Rechte des Senates achten., Wie „Baris Soir” erfährt, erklärte der Ministerpräsident wörtlich: „Ich werde weder Kerenski noch Brüning sein.“ Der Berichterstatter Abel Gardey empfahl dann die Vorlage zur Annahme, wobei er die Wirtschaftspolitik der früheren Regierung in scharfen Worten geißelte. Der Bericht wurde vom Hause sehr günstig aufgenommen. Das Haus beschloß, die Rede des Berichterstatters Buch Öffentlichen Anschlag im Lande fundzumachen. Darauf erhob sich der frühere Finanzminister und gegenwärtige Justizminister Auriol und verließ unter Protest die Sigung, die Desiwegen unterbrochen werden mußte. Es folgten Verhandlungen zur Austragung des Zwischenfalles und nach Wiedereröffnung der Geigung, kam das Haus auf seinen Beischlag zurück und verzichtete auf den öffentlichen Anschlag dieser Rede, so das Auriol wieder an der ©igung teilnahm. Der Senat hat schließlich die Vorlage der Regierung mit 167 gegen 83 Stimmen angenommen. Die Bank von Frankreich stellt alle Wechseloperationen ein Paris, 30. Juni. Die Bank von Frankreich wird, wie heute nachmittag bekanntgegeben wurde, während der Dauer der Beratungen über wichtige Finanzproteste im Parlament alle Wechseloperationen einstellen. Zugunsten des Neijeverkehrs wird insofern eine Ausnahme gemacht, als gegen Vorweisung des Bajses und der Eisenbahnfahrkarte die notwendigen Devisen zum lesten Börsenkurs vom 28. Juni von der Bank von Frankreich ausgehändigt werden. Staatenabwertung, Sparen und Steuern Baris, 30. Juni. Wie „Echo de Paris“ erfährt, enthält der im gestrigen Staatsrat angenommene Finanzplan der Regierung folgende Hauptpunkte: Die erste Maßnahme wird die Fransenabwertung sein, die unvermeidbar sei. Die zweite Operation wird die Erhaltung des Fransenfurses im Schwebezustand sein. Die Regierung wird voraussichtlich zulassen, daß der Pfundfurs auf 130, ja sogar 135 steigt, um ihn dann plöslich auf 125 niederzudrüden. Der Finanzminister hofft, daß infolgedessen das Kapital zurückzuströmen beginne und das Vertrauen mwiederhergestellt werde. Von den Landesverteidigungsaufgaben abgesehen, benötigt die Regierung gegenwärtig 25 Milliarden Franis. Dieser Betrag soll teils dur ernste Einsparungen, teil$ dur Steuererhöhungen, besonders bei direkten Steuern, beschafft werden. Zur Wiederherstellung des Haushaltgleichgewichtes läßt die Regierung den Plan großer öffentlicher Arbeiten sowie die Absicht zur Errichtung einer Pensionstaffe für Arbeiter fallen. Schließlich wird die Regierung eine Konversion der Nenzen vornehmen. Wie berlautet, erhielt der Finanzminister no in Washington die Zusicherung einer Unterfrügung der Vereinigten Staaten bei der Durchführung seiner Aufgaben. Der Londoner Finanzattachee hat Montagnatjis mit dem Leiter des Schagamtes Verhandlungen begonnen. In Washington und London ist man der Ansicht, dag die von der französischen Regierung geplante Finanzpolitik mit dem Ber EROERTBE fommen völlig vereinbar sei. Neue Anleihe in Aussicht. Die Abwertung ist sicher . Paris, 30. Juni. Wie „Liberté” erfährt, wird die Regierung auf Grund des Vollmachtgejeges folgende Maßnahmen ergreifen: 1. Der Franken wird von der Goldgrundlage getrennt, was eine Abwertung bedeutet. 2. Im Sinn der Verordnung wird der Staat von der Bank: von Stanleic) eine neue Anleihe aufnehmen, was mit einer Inflation gleichbedeutend sei. 3. Neue Steuern werden in Kraft gesegt, die ein weiteres Anziehen der Preise mit ji) bringen werden. 4. Die Regierung werde Sparmaßnahmen in Kraft legen. London, 30. Juni. Die Finanzkreise verfolgen mit aller Spannung die Gestaltung der Frantenkrise. Im allgemeinen rechnet man, daß der Franken weiter fallen und einen Pfundkurs von 125 erreichen wird. „Daily Telegraph” meint, daß die Gestaltung des Staufenfurses eine Ueberprüfung des Währungsabkommens der drei Länder notwendig ersceinen lasse. Paris, 30. Juni. Aus der Rede des Finanzberichtserstatters im Senat erfährt man, daßs der Gesamtbedarf der Regierung auf 40 Milliarden Franken veranlagt wird. Eine Anleihe, heißt es in dem Bericht, könne nicht mehr untergebracht werden. Der Goldbestand der Bank von Sranfreic; habe erheblich abgenommen. Auch der erschöpfte Währungsausgleichsfond müsse neu aufgestellt werden und die englische Anleihe sei zurückzuzahlen. Das alles erfordere unbedingt neue Maßnahmen, zu denen die Negierung der Vollmasten bedürfe. Man konnte sie der früheren Regierung nicht bewilligen, weil sie eine Politik der Verstäatligung und des Biwanges führte. Heute abend fand ein Ministerrat statt, um die Tefvetgefege zu beschließen, die unverzüglich in Kraft gefegt werden sollen. Die heute geshhlt,jene Börse soll morgen jdran wieder eröffnet werden. Der Handelsminister legte einen Gejegentwurf vor, wonach der neue Goldgehalt des Franken durch den Ministerrat festgesegt werden wird. Bis dahin wird der Währungsstabilisierungsfond die Aufgabe haben, die Beziehungen ziischen dem Staufen und den Tevisen zu regeln. Im englischen Unterhaus gab der Schagkanzler heute eine Erklärung über die französische Währungspolitik ab. Die Abwertung im Dezember habe nicht vollen Erfolg gehabt. Es gelang nicht, ein dauerndes Bleichgewicht im französischen Staatshaushalt zu schaffen. Der Finanzminister erklärte, daß er mit seinem französischen und vom nordamerikanischen Kollegen in enger Zahlung über die weitere Zusammenarbeit der Drei Währungen stehe.