Transsilvania - Beiblatt zum Siebenbürger Boten, 1846 (Jahrgang 7, nr. 1-104)

1846-10-19 / nr. 83

Gini 390 gegenstehe. *) Aber daß dem ungeachtet gegenwärtig in der ganzen Nation kein einziger zum geistlichen Stand Gehöriger in einer Communität sich befindet, troß dem, daß viele besigende Bürger von Städten und Märkten unter ihnen sind, sieht der Bote offenbar als einen Um­­stand an, der dem ausdrücklichen Wunsch und Wohl der Nation gemäß und mit der bürgerlichen Stellung der Geistlichen übereinstimmend sei. Nimmt der Bote doch schon aus den Zeiten des andreanischen Freibriefs ein strenges Ausscheiden der Geistlichen aus der bürgerlichen Verwaltung aus der Ursache an, weil unsere Arten „eine mächtige und bevorrechtete Standesclasse in der Nation nicht aufkommen lassen wollten.“ Als wenn man­ jenen Zeiten ein klares Bewußtsein über ein Ein­­halten strenger Grenzen zwischen weltlicher und geistlicher Macht zumuthen könnte. Wenigstens sprechen die Bei­­spiele dagegen, die häufig im ungarischen Reich überhaupt vorkommen, wo geistliche Oberhäupter an der Spitze der Staatsgeschäfte, ja an der Spize der Kriegsheere ver standen. Auch seithin haben Se. Wajestät den Bischof von Agram zum Banallokumtenenten von­ Kroatien er­­nannt. Siben nicht vier Prälaten noch immer im Sep­­temvirat Ungarns ? nicht der katholische Bischof im Gu­­bernium Siebenbürgens, nicht der Abt von Kolosmo­­nostor ? Nicht unähnlich war es bei uns Sachsen, als öfter Geistliche an­ der Sorge von Sendungen an die Fürsten in rein politischen Angelegenheiten standen, als Geistlichen die Ausarbeitung der wichtigsten bürgerlichen Sefege überlassen wurde, als der Geistliche in den Se­­nat und der Senator in das Pfarramt trat. Der Mes­diascher David Herman­ward (um 1640) vom Gerichts­­schreiber Pfarrer in Arbegsen ‚‚nach der Gewohnheit der damaligen Zeit.“ Vergleiche noch die seithin mitgetheil­­ten Fälle. Und dieser Fälle finden sich in Seiverts historisch-biographischen Werken häufig, die alle das Ge­­gentheil von einer strengen Scheidung der Stände unter den Sachsen , unter denen es vor Alters gar keinen ei­­genen Beamtenstand gab, beweisen. Noch vor wenigen Jahrzehnten trat der Mühlbacher Schullehrer Georg Marienburg in den Senat dieser Stadt über und ward daselbst ein verdienstvoller Königsrichter. Doch nicht zu Gunsten dessen erhoben wir die Stimme, daß unsere Lehrer und Geistlichen, als solche, in weltliche Aemter zugelassen werden sollen, im Ge­­gentheil, es würde diese Frage zum Umtausch unserer Rolle mit der des Boten die Veranlassung geben, wenn ein Meinungswechsel unter uns entstehn sollte über die er­­wähnte Frage und zwar angewendet auf gewisse Fälle, wo Geistliche in einem Gemeinwesen politische, einflußreiche Aemter bekleiden, ohne demselben Gemeinwesen durch Familie und durch eine gänzliche Unabhängigkeit von Außen anzugehören.­­Unsere Geistlichen wollen nicht als solche, nicht als Körperschaft oder als Vertreter dieser Körperschaft, wie sie an den Consistorien Theil nehmen,­­) dasselbe auch der exekutiven politischen Gewalt gegenüber haben. Sie wollen, wenn sie als grundbefigende Bürger dieselben Lasten mit den übrigen Bürgern tragen, auch dieselben allgemeinen Rechte haben, und ihr geistlicher Stand solle ihnen an dem Genuß des schönsten der staatsbürgerlichen Rechte, dem der Volkövertretung, nicht gerade hinderlich sein. Hier aber nun die Geistlichen — wie der Bote gethan — auf den Genuß der fetten Zehnten verweisen, womit sie sich gleichsam begnügen sollten, läßt glauben, als handele es sich nur um ein Abwägen jener äußern Vortheile, die allein zum Wunsch nach politischem Ein­­fluß antreiben könnten. Lehrer und Geistliche, die die Aufnahme in eine Communität ansuchen, streben nach Niemandes Gehalt, oder nach sonstigen Vortheilen 3 sie wollen ganz uneigenmäßig an dem schweren Geschäft der Volksvertretung sich betheiligen, aus Liebe zur Sache und geweckt vom Ruf der Zeit, der alle Glieder regen heißt. Der Bote leugnet zwar die Fähigkeit der Lehrer und Geistlichen zu jenem Geschäft, denn „Politik, die der der auf den ich“ *) Woher also die Behauptung in der neuen Auflage der „„G­rundverfassung der Sachsen in Siebenbürgen.“ “. 198: „die Geistlichen können nicht Mitglieder der Communitäten sein“ =? „Der Vers, *) Theil nehmen — nicht aber, wie der Bote meint, Schule und Kirche ausscließlic verwalten. Einst waren Schule und Kirche unsern Geistlichen ganz anvertraut. Sest ist in den neugeschaffenen Consistorien weltliche Einfluß entschieden der größere. Die Geistlichen könnten sich auch erheben mit einem salbungsreichen Bibelspruch, Fall sich finden ließe, um die Weltlichen auf das Reich der Welt zu verweisen z sie könnten auch fragen, ob Kir­­chenthum unter dem bestehenden großen weltlichen Einfluß im Wachsen sei? — do< nur soviel sei hier erwähnt, daß sie von ihren historischen Rechten an die Weltlichen Vieles verloren haben, wofür die Anerkennung ihrer Staatsbürs­terre<te doch Einlaß der Qualifizirten unter ihnen in di Communitäten, noch gar kein Erlaß ist. Der Verf.

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