ACTA LINGUISTICA TOM. 2 (A MTA NYELVTUDOMÁNYI KÖZLEMÉNYEI, 1952)

1952 / 1-2. sz. - MOÓR, E.: Die Ausbildung des ungarischen Konsonantismus

2 ELEMÉll MOÖR des ungarischen Volkstums eine nicht unwesentliche Rolle gespielt habe. Nur von sich aus wird sich das Konsonantensystem wohl keiner Sprache tiefgehender verändert haben. »Nur, wo Sprachen von allophylen Elementen übernommen werden,« — bemerkt S. Feist — »zeigen sich tiefgehende Modi­fikationen des konsonantischen Gerippes und der flexivischen Struktur«.1 Was nun die »flexivische Struktur« der ungarischen Sprache betrifft, so ist bekannt, dass sie in ihrem Satzbau fast nur noch Restformen der für die finnischugrischen Sprachen charakteristischen Fügungen aufweist ; das­selbe gilt auch von den Kasussuffixen, sogar unter den Suffixen der Verbal­flexion gibt es mehrere, die in den übrigen finnischugrischen Sprachen keine Seitenstücke haben. Aber auch der ungarische Wortschatz enthält in ganz erheb­licher Zahl nicht-finnischugrische Elemente. Unter allen diesen Veränderungen der ursprünglichen Sprachform ist die Erklärung und chronologische Fixierung — was manchmal jedoch nur die relative Chronologie bedeuten kann — der Änderungen des ursprünglichen Konsonantensystems noch verhältnismässig am einfachsten zu bewerkstelligen, was zugleich in vieler Hinsicht auch eine Voraussetzung für die Erklärung der Neuerungen im morphologischen Aufbau der Sprache bedeutet. Die Folgerung, dass die Veränderung des Konsonantensystems mit ethnischen Geschehnissen zusammenhängen dürfte, wird uns aber in unserem Falle nicht nur durch theoretische Erwägungen nahegelegt, sondern diese steht auch mit bestimmten ethnischen, wirtschaftsgeschichtlichen und anthro­pologischen Tatsachen vollkommen im Einklang. Diese sind die folgenden : Die Ungarn erschienen auf dem Schauplatz der Geschichte, d. h. in Mitteleuropa, nicht als angeblich »friedfertige Finnougrier«, sondern als kriegerische Nomaden. Nicht »türkisches Blut« oder »türkische geistige Eigen­art« hatte aus den angeblich friedfertigen Ugriern unternehmungslustige, kampfesfrohe und in ganz Europa gefürchtete Freibeuter gemacht , sondern einzig und allein wirtschaftliche Ursachen, nämlich teils ihre altererbte Pferde­zucht/ teils der Zwang bestimmter, sie in ihrer Wirtschaft sehr schmerzhaft berührender Vorkommnisse in Osteuropa, über die wir uns anderswo ausführ­licher auszulassen gedenken (vgl. Acta Ethn. II. 91/2). Um ein wichtiges Ergebnis unserer urgeschichtlichen Forschungen vor­wegzunehmen : die Ungarn haben die Pferdezucht und die Reiterkultur — die wirtschaftliche Grundlage ihrer geistigen Eigenart — keineswegs erst von Türkvölkern übernommen, wie es vor allem in der Periode zwischen den zwei Weltkriegen von Historikern, Linguisten und Ethnographen ver­schiedentlich behauptet wurde ; denn die Ausbildung der ungarischen Pferde- 1 S. Feist: Ausbreitung des indogermanischen Sprachstammes über Nordeuropa in vorgeschichtlicher Zeit, Wörter u. Sachen XI. 48.

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