Bukarester Gemeindeblatt, 1933 (Jahrgang 25, nr. 1-53)

1933-06-11 / nr. 24

Jahrgang XXV. Sonntag, den 11. Juni 1933. Nr. 24 BukaresterGcmeindeblatt Schriftleitung: R. Honigberger Geschäftsstelle: Gemeindekanzlei. Str. Lutherana 12 Wer aber durchschauet in das vollkommene Gesetz der Freiheit und darinnen beharret... derselbige wird selig sein in seiner Tat. (Jakobus 1,25) Derjenige irrt, der meint, dass das Ueberge­­wicht des Scheinchristentums gegenüber dem Tat- Christentum ein charakteristisches Merkmal nur un­serer Zeit sei. Der Ansturm des Gottlosentums auf alles, was Religion und Glaube heisst, und die dadurch bedingte Verwirrung der Geister berech­tigen wohl zu dem Schluss, dass das Uebergewicht des Scheinchristentums heute grösser ist als in an­dern Zeiten. Tatsächlich aber hat es den scharfen Gegensatz zwischen Schein- und Tatchristentum immer gegeben, wenn das Uebergewicht des ersten auch nicht so offen zu Tage getreten ist wie in der Gegenwart. Die Grundzüge des Gottlosentums sind sich gleich geblieben. Dem Glauben ist immer der Unglaube gegenübergestanden, auch damals, als Jesus auf Erden wandelte. Sein Wort vom Brot des Lebens war vielen unter seinen Jüngern eine harte Rede (Joh. 6), und „sie gingen von dem an hinter sich“. Warum ist es so? Warum gelangen so viele nicht zum Glauben? Warum die Halbheiten, die das Leben verderben? Was nützt es, so du heute das Wort hörst und dich in seinem Spiegel siehst, so wie du bist, behaftet mit den Fehlern und Män­geln, die dir einmal anhangen, was nützen die besten Vorsätze, wenn dann doch alles beim Alten bleibt? Auch den Schreiber des Jakobusbriefes haben diese Fragen beschäftigt. Aber sein Seher­auge findet den ursächlichen Zusammenhang: „Wer aber durchschauet in das vollkommene Ge­setz der Freiheit und darinnen beharret und ist nicht ein vergesslicher Hörer, sondern ein Täter, derselbige wird selig sein in seiner Tat“. Christ aus Ueberzeugung kann nur der sein, der imstande ist, in das vollkommene Gesetz der Freiheit durch­zuschauen. Wer das nicht kann, dessen Christentum wird immer nur etwas Aeusserliches sein, das man vielleicht nicht achtlos beiseite stellen will, mit dem man aber auch nichts Rechtes anzufangen weiss. Um aber in das vollkommene Gesetz der Freiheit durchschauen oder — nach einer neuern Ueber­­setzung — hineinsehen zu können, dazu bedarf es keiner besondern Vorkenntnisse. Es gehört dazu zunächst die rechte Vorstellung von Freiheit, so wie sie uns von Männern des Neuen Testamentes ge­zeichnet wird. Sie, die Freiheit, ist nicht Willkür, nicht Freiheit im Sinne dieser Welt, sondern sie ist, so widerspruchsvoll dies auch zu sein scheint, Ge­bundenheit an den Willen Gottes, aber nun nicht so, dass diese Gebundenheit als ein Zwang oder Druck empfunden wird, sondern als ein Nichtan­­derskönnen, ein Dürfen. Das ist die selige Erfah­rung des Christen, dass er Kräfte empfängt, die ihn veranlassen, den „alten Adam mit all seinen Sünden und bösen Lüsten auszuziehen und den neuen Men­schen anzuziehen, der in Gerechtigkeit und Reinig­­keit vor Gott ewiglich lebet“ (Luther: 4 Hptstck). Diese herrliche Freiheit der Kinder Gottes zu sehen, ist keine selbstverständliche Sache, weil die Welt im Bunde mit den Mächten von unten her es mit beispielloser Geschicklichkeit versteht, die Menschen zu betrügen und den Glauben an die lebenspendende Kraft des göttlichen Wortes zu zerstören. Sie lockt den Jüngling, dass er sich ihr mit heissen Sinnen hingibt. Aber weh ihm, wenn er sich nicht losreissen kann. Schuld und Sühne wer­den ihn um... „stricken“. Es gibt keine Freiheit im Sinne von Willkür. Sie schlägt bald in jammervolle Knechtschaft um. Selig derjenige, der mit allen ihm zu Gebote stehenden Kräften bestrebt ist, das Wort des Le­bens zu tun, weil er weiss, dass er nur auf diesem Wege zur Freiheit gelangen kann. Die Einsicht in diesen Stand der Dinge können wir uns nicht geben, auch nicht erarbeiten. Sie ist ein Geschenk des Geistes. Dem Täter des Wortes aber winkt die Verheissung, dass er selig sein wird in seiner Tat. E. B. Die Amtseinsetzung des Bischofs unserer Landeskirche Am 29. Mai fand in Hermannstadt bei zwar trübem, aber doch regenfreiem Wetter die feier­liche Amtseinsetzung des im November 1932 neu­gewählten Bischofs D. Dr. Viktor Glondys statt. Sie war nicht nur von der Anteilnahme der breiten Bevölkerung von Hermannstadt und Umge­gend — eine über 1000 Mann zählende bäuerliche Reiterschar geleitete den Bischof aus dem benach­barten Dorf Schellenberg nach Hermannstadt — getragen, sondern erhielt durch die Anwesenheit der Gesandten Schwedens, Hollands und des Deutschen Reiches eine besondere, über den Kreis unserer Landeskirche hinausgreifende Bedeutung. In einer geschichtlichen Beziehung zwischen un­serer Landeskirche einerseits und Schweden, Hol­land und Deutschlaud andererseits geistvoll wür­digenden Rede des Lyzealdirektors Dr. Jekeli-Me-

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