Die neue Zeitung, April-Juni 1942 (Jahrgang 13, nr. 1605-1612)

1942-04-05 / nr. 1605

Nr, 1 605 Hermannstadt, Sonntag, den 5. April 1942 U Eigentümer und Direktor: Wilhelm v. Hannenheim Verantwortlicher Schriftleiter: Edmund Holly 13. Jahrgang raschungen bergen, Osterbräuche Wenn wir von allem Oster-Brauchtum sprechen wollen, dann taucht in der Vorstellungswelt des stimmt zunächst einmal das Osterei auf! Wie tritt es In Erscheinung ? Schön bunt ge­­färbt selbstverständlich ! Es kann auch aus Schoko­­lade sein oder aus sonstigem süssen Stoff, es kann sogar von Pappe sein und irgendwelche Ueber­­aber bitte aussenseitig recht bunt! Grundbedingung! — Und warum gerade " das Osterei? Warum der Osterhase der es nicht gelegt hat? Was ist uns das Osterei? Immer wieder das, was es von jeher bedeuten sollte: das erste Symbol der Fruchtbarkeit! Mit dem Ei entsteht das neue Leben, das ewige Werden, das ewige immer wieder zum Leben Auferstehen. Auch in den O­ terküken sehen wir das junge Leben, das ja überall ringsum auferstehen will, in allem was lebt. Wir bringen grüne Zweige ins Haus. Malen, das zarteste Grün. Weidenruten, überall spriesst junges Leben. U­nd wo man mit grünen Zweigen das Vieh peitscht oder junge Frauen streicht, immer liegt darin der Lebenstrieb, der uralte Wunsch Schlummerndes lebendig werden zu lassen. — Denken wir weiter nach, dann kommen wir auf die Osterfeuer, die mancherorts üblich sind, da haben wir in der Flamme das reinigende Element,­­die alles läutert und die Klarheit schafft. — In Deutschland gibt es die Ostertütel Der uralte Brauch für die Jugend, die zum ersten Male die Schule betritt. Will die Ostertüte nur die Bitterkeit des Lernens verlassen ? Sie ist nahe verwandt mit dem berühmten Nürnberger Trichter, der schwer Begreifliches dem armen Gehirn ein­­trichtern will, hier aber in süsser Weise! Die schöne Lausitz, der idyllische Zipfel Sach­­sens, hat noch das Osterreiten! Da kommen sie von allen Seiten her zum alten Bautzen, dem be­­rühmten Wallfahrtsort der Maler, und es geht nach dem Kloster Marienstern, dem Ziel der meisten Österreiter. Da kommen die reitenden Bauern von Panschwitz und Kuckau, von Miltitz und Crotzwitz; aus allen Ecken kommen sie zu­­sammen auf ihren treuen Ackergäulen. — Das Osterreiten von Marienstern, das dreimalige Um­­reiten des K­osterhofes unter Gesang des Oster­­liedes geht auf eine jahrhunde­rte Sitte zurück, die sich bis auf den heutigen Tag erhalten hat. — Noch älter ist das Costarafest unserer Vor­­fahrer, das Frühlingsfest, das dem Wiedererwachen der Natur galt in Mensch und Tier und Pflanzen­­welt, versinnbildlicht in der wunderschönen Früh­­lingsgöttin, die aus langem Winters­chlafe erwachte. An jenen Frühlingsfesten wurden Dankopfer dar­­gebracht, von den Bergen loderten die Freude­­­feuer ins Tal, die wieder die winterlichen Dämonen der Dunkelheit vertreiben sollten. Priesterinnen führten ihre Tänze auf, später brachten junge Mädchen die Ostaraeier, die Symbole der Fruchtbar­­keit, als Opfer dar. Unter den Kindern begann dann am nächsten Tage ein fröhliches Eiersuchen, genau wie noch bei uns. Doch nur so einfach suchen und dann verzehren, das gab es nicht. Da kamen erst die Eierspiele, wie das Eierklopfen, das war ein kleiner Ei­nkampf, durch Aneinander­­stossen der Spitzen stellte sich heraus, wer das härteste Ei hatte, und der war Sieger. Andere warfen ihre Eier­ hoch in die Luft und wer sie auffing, durfte sie behalten. Schliesslich wurde der Eiertanz getanzt, bei dem ja kein Knacken zu hören sein durfte. Und schliesslich haben wir noch den alten Glauben an das Osterwasser, der sich sogar recht lange gehalten hat. Und unsere Grossmütter haben ihn noch gepflegt, und unsere Mütter wissen auch noch davon zu­­ erzählen. — Da ging man am Oster­morgen, noch ehe die Sonne erwachte, das Oster­­wasser aus dem nahen Bache zu schöpfen. Das ist ja an sich nicht schlimm. Aber es musste schweigend geschöpft werden und schweigend heimgetragen. Und das ist schwer. Denn da kamen die bösen Buben hinter Bäumen und Mauern hervor und neckten und zeckten die Mädchen, da war es nicht ganz leicht, zu all den kleinen Bosheiten noch den Mund zu halten, denn beim ersten gesprochenen Wort verloer das Osterwasser für dieses Jahr seine Wirkung. — Was sollte denn die Wirkung sein. Man sollte sich damit waschen und es enthielt allerhand hei­­lende Kräfte gegen Krankheiten, ja es sollte sogar schön machen. Manche hat an die Schönheits­­wirkung geglaubt. Immerhin lag auch diesem Wasser das Symb­o des Reinigenden zu Grunde, die Klar­­heit der springenden Quelle, das Gesunde, das Mauntere­ u.­­ Merkwürdigerweise sollte sich das Osterwasser das ganze Jahr über frisch gehalt a haben. — Es ist immer etwas Schönes um das Osterfest, es ist ein Erwachen, ein Auferstehen. FE OTET Die Schöne von Palermo Von Josef Robert Harrer dass sich in Palermo eben eine Das geschah ungefähr in der Mitte jener Zeit, die, einige Jahrzehnte lang, Casanova mit seinen Liebes- und Abenteuerfahrten ausfüllte. Nicht zu häufig führte den grossen Meister des Lebensgenusses seine Laune nach dem Süden Italiens. Einmal ab­­­lauschte er zufällig in einem Gasthofe Toskanas der U­n­terhaltung zweier Gäste, der er entnahm, Frau aufhalte, die alle Männer verrückt mache, ohne dass auch nur einer sich rühmen konnte, die Gunst der Schönen gewonnen zu haben. Einer habe sich zwar gebrüstet, dass er sie eines Abends geküsst habe, da der Himmel von der untergehen­­den Sonne in einen Brand gefüllt war. Sie aber habe, als ihr das Gerücht dieses Kusses hinterbracht wurde, laut aufgela bt: „Wie, dieser Wurm sagt, er hat meinen Mond geküsst ? Kein Wort ist wahr! Er soll mir diese Worte ins Gesicht wiederholen!" Der junge Mann aber habe dies nicht gewagt, sondern habe es vorgezogen, sofort abzureisen. Die Unterhaltung der beiden ging auf ein anderes Gebiet über. C­sanova hörte nichts mehr davon. Er hatte nur noch den Ge­­danken, dass er diese schöne Frau kennen lernen müsse. Er überlegte nicht lange. Er bestellte noch für den gleichen Abend einen Wagen und aus­geruhte Pferde und reiste, als der Mond aufging, nach dem Süden. Während der Fahrt grübelte der Kenner der Frauen erst gar nicht darüber nach, wie er es in Palermo anstellen werde, um sich der schönen Frau zu nähern. Meist überliess er seine Taktik ganz dem Zufall, wobei er allerdings den Zufall wie kein anderer auszunützen verstand. Seine gro­ße Kunst beruhte vielleicht darin, dass er gefühlsmässig die Worte fand, bis eine schöne Frau in ihrer jeweiligen Stimmung am liebsten hörte. In Palermo angekommen, stieg er nicht, wie er sonst zu tun pflegte, in einem Gasthof ab, son­­dern er suchte einen Bekannten auf, der sich zwar nicht sofort erinnerte, wen er vor sich hatte, der aber angenehm überrascht war, als sich Casanova zu erken­nen gab. „Aber kein Wort davon, wer ich bin!“ , sagte er. „Ich trete hier nicht als Casanova, sondern als sein Widersacher, sein Neidling auf, als einer, der es noch besser machen will als Casanova. Ich heisse, sagen wir, Graf Porutti . . Uebrigens muss ich noch erklären, weshalb ich mich entschlossen habe, einmal auch Sizilien zu beglücken. Es soll da eine schöne und dabei ab­weisende Frau geben, die allen den Kopf verdreht!” Sein Gastgeber nickte: „Du meinst die schöne Viola! Wir nennen sie auch die Inderin, obwohl sie eine Neapolitanerin ist. Ihre Vorfahren stammen aus Spanien ; vielleicht rollen einige Tropfen maurischen Blutes in ihren Adern; denn sie sieht tatsächlich exotisch genug aus!“ Seinem Gastgeber gelang es leicht, Casanova in die Gesellschaft einzuführen, in der auch Viola verkehrte. Alle Männer bemühten sich um ihre Gunst. Casanova verstand das, denn Viola war wirklich eine der schönsten Frauen, die er seit langem gesehen hatte. Er wurde ih als Graf Pos­tutti vorgestellt. Er sagte: „Ich hörte eben, Sie seien eine Neapolitanerin ! Es ist kaum zu glauben! Europa bringt zwar manche schöne Frau hervor. Dennoch, eine solche Schönheit wie Sie gedeiht sonst nur unter fremder Sonrel: „Ach, man nennt mich deshalb auch die In­­derin! Es tut mir leid, ich stamme wirklich aus Neapel." ‚Da kann ich nur sagen: glückliches Neapel! Und doch wieder: unglückliches Neapel ! „Unglückliches Neapel? Warum ?", fragte sie erstaunt. „Ja, denn Sie haben diese Stadt verlassen!” „Sehr schmeichelhaft Herr Graf! Wie war nur der Name?“ „Porutti! Aber villeicht sagt Ihnen der Um­­stand mehr, dass ich der grösste Rivale Casanovas bin !“ “ „Wie? Des berühmten Abenteurers ?", sagte Viola interessiert. „Dann sind Sie sehr ehrgeizig, lieber Graf! Wollen Sie gar bei mir Glück haben und es dann stolz dem Helden Casanova mitteilen ?" „Sie sind nicht nur schön, sondern auch weise und klug! Es wäre mein schönster Erfolg, wenn ich dem gehassten Casanova besiegen könnte. Ich glaube, er ist bereits auf der Fah­r nach Palermo, um Ihnen den Hof zu machen... Ja, es wäre mein grösster Erfolg, wenn Sie mich erhörten ... Und doch wünsche ich mir diesen Erfolg nicht!” Viola starrte ihn an. Sie schüttelte den Kopf. "„Sie sind der erste Mann, der so spricht!“ „Verstehen Sie mich! Ich würde nach den Küssen, die Sie mir geben, manche Jahre überall in der Welt suchen, um eine Frau zu finden, die, wenn schon nicht so schön wie Sie, so doch von einem Reiz wäre, der mich Ihre Küsse für Stunden vergessen liesse. Und da ist noch immer die Frage, ob ich eine solche Frau überhaupt finden werde! Kann einer, der den Wein der Könige getrunken hat, noch glücklich sein, wenn er fernerhin Wasser trinken muss?... Viele Meilen von hier hörte ich, in Palermo lebe eine wunderschöne Frau. Ich gestehe, dass ich nur Ihretwegen hergekommen bin, um früher da zu sein, ehe vielleicht der kommt, der überall auftaucht, wo es schöne Frauen gibt. Ich kam mit der festen Absicht zu siegen, ehe Casanova die Möglichkeit hatte, einen Sieg zu versuchen !" .

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