Hermannstädter Zeitung, 1969. július-december (2. évfolyam, 78-105. szám)

1969-08-15 / 85. szám

Hermannstädter Zeitung Von Dagmar habe ich noch nie erzählt. Und ich tue es auch heute ungern, ■weil ich weiss, dass mich der Leser -— wenn er diese Geschichte nicht bis zu Ende liesst — für eingebildet, wenn nicht gar überheblich halten muss. Aber die Wahrheit kennt keine Rücksicht — zumindest nicht, was ein Mädel wie Dagmar betrifft. Sie war ansonsten ganz patent. Achtzehn Jahre alt, Laborgehilfin, dunkler Typ, und in ihrem Blick lag irgendwie ein klei­ner Anflug -von Schalk. Übrigens hiess sie auch so: Dagmar Schalk. Aberdas wusste ich noch nicht, als sie mir eines Morgens auf dem Wege ins Büro begegnete. Schon von weitem starrte sie mich an, als wäre ich der Prinz, der ihr für das Märchen ihres Lebens bestimmt sei. Nicht einen Blick wandte sie von mir, als wir aneinan­der vorübergingen. Und dann — ihr werdet es nicht glauben — drehte sie sich noch eine Ewigkeit nach mir um! Ich hatte damals nicht viel Zeit, über den sonderbaren Vorfall nachzu­denken; denn ich hatte es eilig und ahnte auch nicht, dass ich sie bereits am nächsten Sonntag Wiedersehen würde. DSts war in unserem Freibad, wo ich mich auf der Liegewiese zu einem kleinen Sonnenbad niedergelas­sen hatte. Es war um die Mittagszeit, und ich war der einzige Badegast, der die Wiese bevölkerte. Da plötzlich er­schien sie! In einem eleganten Bikini, den Bademantel lässig über den Arm, betrat sie das Gelände und ging di­rekt auf mich zu. Offenbar hatte sie keinen anderen Platz gefunden. „Verzeihung!“ sagte sie, „Ist hier noch frei?“ Ja, und da habe ich etwas ganz Taktloses angestelk, was mir wahr­scheinlich keine Frau vergeben wird: Ich habe mich auf den Bauch gelegt und getan, alls ob* ich ihre Frage überhört hätte. Schliesslich war es ja auch mehr als anzüglich, wenn diese junge Dame ausgerechnet neben mir .einen Platz suchte. Aber mein Verhalten störte sie in keiner Weise. Sie legte ihren Bade­mantel neben mein Tuch und setzte sich zu mir, als gehörten wir schon jahrelang zusammen. Dann begann sie sich mit einer Hautcreme einzusalben, dass mir fast dié' Geruchssinne schwanden, und legte sich nach ge­taner Arbeit auf den Rücken. „Ein herrliches Wetter!“, flüsterte sie. „Finden Sie nicht auch?“ Jetzt reichte es. Ich erhob mich wortlos, packte mein Badetuch zu­sammen, ging in meine Kabine, und einige Sekunden später schwamm ich im Wasser. Neben mir tauchte ein bekannter Kopf auf. Warum sind Sie denn so schnell weggegangen? Haben Sie Angst vor mir?“ Idh verschluckte mich. So eine Un­verfrorenheit war noch nicht vorge-Ttommen! Hatte doch dieses auf­dringliche Geschöpf genau beobach­tet, an welcher Stelle ich ins Wasser ging, und war mir einfach gefolgt. Mit einem Satz zog ich mich am Bassinrand empor, stürzte in meine Kabine, zog mich an und verhess die ungastliche Stätte. Fiinter mir tappten zarte Schritte. Natürlich, sie. war es! Aber diesmal sollte sie klarsehen. „Mein Fräulein“, sagte ich, indem ich kurz stehenblieb, „ist Ihnen noch gar nicht aufgefal­len, dass ich an Ihnen kein Interesse habe?“ Sie lächelte nachsichtig, als wollte sie sagen: „Der Appetit kommt beim Essen.“ Dann versicherte sie: „Es freut mich, dass Sie mich endlich einmal ansprechen. Ich heisse Dag­mar.“ „Mich interessiert nicht, wie Sie heissen!“ erwiderte ich und setzte meinen Weg in Richtung Zentral- Lichtspiele fort. s „Sie sind etwas' unhöflich“, sagte Dagmar, die ungeniert neben mir weitergirig, „aber das macht nichts. Ich finde Sie trotzdem sympa­thisch.“ Es war augenscheinlich zwecklos, sich mit dieser Dagmar in ein weite­res Gespräch über Fragen des guten Benehmens einzulassen, und so be­schloss ich, beharrlich zu schweigen und meine Schritte »zu verdoppeln. Dagmar verdoppelte ebenfalls. „So ein Zufall“, meinte sie, als wir am Kino angekommen waren und ich mich zur Kasse begeben hatte, „ich wollte auch ins Kino." Natürlich belegte sie den Platz neben mir. Während des Films be­trachtete sie unausgesetzt mein Pro­fil, das sie mehr zu fesseln schien als die Vorgänge, auf der Leinwand. Mehr noch: Sie tastete zweimal nach meiner Hand, und ich war nahe daran, einfach aufzustehen und den Saal zu verlassen. Erst als ich' sie unmissverständlich auf eine sdlche Frage ihres Verhaltens hinwies, schien sie einigermassen zu begreifen. Ihren Blick wandte sie trotzdem nicht ab. „Darf ich Sie nach Hause beglei­ten?“ fragte sie mich nach Schluss der Vorstellung und ging schon wie­der neben mir her. Jetzt platzte mir der Kragen. „Wissen Sie, w,as Sie sind?“ fuhr ich sie an. „Eine Klette sind Sie! Und nun machen Sie, dass -Sie nach Hause kommen!“ „Das werde ich tun“, erwiderte Dagmar, „Liliane wird schon auf mich warten." ' „Liliane?“ stotterte ich und merkte erschrocken, wie meine Stimme ver­dächtig zitterte. „Es ist meine Schwester“, erklärte Dagmar lächelnd. „Sie hat mich ge­beten, Sie mal in derselben Weise zu verfolgen, wie Sie es gestern mit ihr getan haben!“ RALPH WIENER Die Klette KARL GUSTAV REICH De Monraket E Gläckwängsch fir Prof. Dr. Ing. h. c. Hermann Oberth za sengem 75. Geburtsdoch De Walt huet, wä et sich gehirt, än desen Däjen dien geihrt, di ener ärer Gressten äs, dot äs na ister gonz gewäss: Hermann Oberth äs se Nummen, wi’t net wiss, die sol sich schummen! Ondern hun ä gläcklich Stangden uch vili Nätzlichet erfangden, äm af aser hischen Ierd, da es allen läw uch wiert, mejlichst schniel virwärts ze kun, well mir’t allen idich hun. Awer vun der Ierd ewech fond noch neméster de Stech. Dot as Hermann Oberth der hi erfond de Monraket! E Mängschhitsdrum äs na erfällt, fro äs der Wiech zer Stärnewält! Em mess et kilor erous ist son: „Wonn en.er flecht hegt af de Mon, mess hi ängden ä Gedonken sich bäm Oberth irscht bedonken!“ Bold kon em — wi häw’t gedocht vum Mon sich brängen, wat em brocht, und affen schesst em dro dä Legt, dä glatt net passen än des Zegt. Mir Sachsen se besangders stulz, dat hi woss ous Sachsenhulz! Wat hi der Wält zieht, wor uch det: ohnen de Sachsen giht et net! Wonn Ta na 75 Johr, kun uch de Sachsen, dot äs klor, mät die vilién ondre Mängschen, äm de Gesangd uch Glück zu wängschen. Wo än der Wait ku Sachsen vir, ku se allen hegt za Dir: Te soit olt wärde wä de Kakel, wo Ta gespült und dro gdliewt, wo Ta ohne jed Gefackel damols schin nom Mon gestriewt. Ta solt gläcklich sen, gesangd und erliewen noch de Stangd, wo em dro mät de Raketen erriche kon mehrwell Planeten, ohne sich noch afzerejen, ohnen ä Kopesch ämzestejen! Dat uch mir mät kenne fueren, wangsehén ich noch alle gueren! (Geschriwen um Doch, da de irscht Mängschen vom Mon gesangd himekomen) Nr. 85 / 15. August 1969 Pantoffelheld Stöhnend vor Schmerz lässt sich ein Mann auf einer Bank nieder. Mitleidig nähert sich ein Passant: „Geht es Ihnen nicht gut?“ „Nein, meine Schuhe sind näm­lich zwei Nummern zu klein.“ „Aber warum haben Sie sich denn so kleine Schuhe gekauft?“ „Ach, das müssen Sie verstehen. Ich habe einen langweiligen Beruf, meine Frau betrügt mich, mein ältester Sohn macht Schulden, und meine Schwiegermutter macht mir das Leben zur Hölle. Die einzige Freude meines Lebens ist die, dass ich abends meine Schuhe Von den Füssen streife und in die Pantoffeln schlüpfen ,kann.“ ! Alkohol mocht olf Ma sogt ollwal, da Alkohol wa(r) g’fahrla, owa a guada Schnaps tat oam bu da Kronkhoat hölfn. Wos woas ih, we(r) recht hot? Auf an ieden foil is déri Heer mit’m Au­­geríglos a sa(u)r Krumbian-Nosn a üwazeugta „Alkoholgegner“ g’wesn und hot behaupt, si gäbet nix Schllechtas, ols wia an Alkohol. „Wissts Leit“ hot a sein Nach­­ba(r)n vis-a-vis im Kupéé dazölt, „wissts, dass a Mensch, déri wos Alkohol trinkt, aug no vüll ölta ausschaut, wia oana wos nit sauft? Zum Beispiel, schauts mih omal on! Ih ho’ mei Lebtog nia nix Lunga. Wia vüll Joh(r) gebts ma? Kints as darodn?“ „No“ sogt da oan und krotzt si am Sbhedl, „ih tat Enk auf 56 schätzen.“ „Stimmt gonz g’nau! Owa sogts ma, wia zum Henga seids drauf­­kema?“ „Jo, wissts, eigentlla ist a gonz oafochi Soch. Bu ins im Dorf hobn ma a so an holwadn Deppn. Und tierl is 28! Misch MAIER (in landlerischer Mundart) Uie ersten menschlichen Gesandten Verliessen unseren Erdtrabanten Und brachten je ein Souvenirchen Für manches irdische Pläsierchen: Für die Touristen gab es droben Nichts weiter als Gesteines-Proben; Draus baut man jetzt die Klein-Modelle Für künft’ge Wochen-End-Hotelle. Des Mondes ‘Krater-Panorama Ist Musterbeispiel für das Drama, Das wir mitunter heut noch sehn Auf schlagdurchlöcherten Chausseen. Der M ondschein wurde mitgebracht Dem PKW-Verkehr bpi Nacht; Man sieht auch ohne aufzublenden Und ohne Nerven zu verschwenden. Für Ehen wo sie scheidungssüchtig Gibts Sonnen winde, heiss ugid tüchtig; Die Kühle weicht mitsamt der Fäulnis — Nichts bleibt von einstiger Verbeulnis. Für schwiegertöcht^rlichs Getue Gibts Tropfen aus dem - M e e r der Ruhe Den Werdegang kann nichts erschüttern Nunmehr zu guten Schwiegermüttern. WALTHER SEYDNER Souvenirs Ein wenig Raum, doch luftgeleert, Wird der abstrakten Kunst verehrt. Wie gerne hätten dran gerochen Die Künstler früherer Epochen. Die Damenmode ihrerseits Lernt hauszuhalten mit dem Reiz. Zwar zeigt Frau Luna ihre Breite, Doch niemals ihre Rückenseite. Das Mondkalb gilt als Sensation Als Souvenir und Dotation. So freuet euch und locket froh, Nun ist’s im Hermannstädter Zoo ! Der Mann im Mond, der gar kein junger, Zeigt Wissensdrang und Bildungshunger; Er liesst zur HorizonterweTtung Seit jüngst die „Hermannstädter Zeitung“. vom Mond Den Huldigern des Waffengötzen Mit ungestilltem Blutschmarötzen Ward überwiesen zum Entgelte Ein Kühlschrank voller Weltraum-Kälte % Drin werden jene aufbewahrt, (Als ausgestorb’ne Redensart), Die hier äuf Erden mit Vulkanen Den Untergang der Erde planen. Als edelstes der Souveniré Erbrachten uns die Pioniere Vom Erdtrabanten wiederkehrend: Den Erdenaufgang immerwährend. Zeichnungen: Klaus SCHNABEL Sternbilder des Monats August Die Milchstrasse Da die „Milchstrasse“ die auf­fälligste Erscheinung am nächtli­chen Sternhimmel ist, hat sie je­des Volk nach seiner geistigen Entwicklung . gedeutet und be­nannt. - Bonsart hat in seinem Werk: „Lebensbeschreibung der Sternbilder“ alles zusammengetra­gen, was darüber von der altger­manischen, altindischen und alt­chinesischen Sagenwelt bis zu dem griechischen Mythos bekannt ist. Eines der ältesten Motive ist die Milchstrasse als „Baum“. So zechte bei Hen Altindern der Held Yama mit den Göttern_ im Him­mel unter einem schattigen Baum, bei den Persern war sie als Wel­tenbaum, bei den Altgermanen als Welte sehe Y gdrasil begannt. Bei einigen nordamerikanischen. India­nerstämmen wächst die Milch­strasse als Bangt in den Himmel, bei arideren ist sie ein am Boden liegender Trommelbaum, wie sie auch in Brasilien gedeutet wird. Ein anderes Motiv ihrer Deu­tung ist „Strasse, Weg oder Strom“. So dachten ..sie sich die Araber als Fluss, bei den Germa­nen war sie der „Iringsweg“, und in Belgien, England und Nord­frankreich bedeuten alle ihr ge­gebenen Namen die „grosse Stra­sse“. Südamerikanische Indianer sehen in ihr den Toten- und See­lenweg, bei den Wapischana hat sie den gleichen Namen wie der Amazonenstwm. Im Orient ist sie der „Stroh-“ oder „Mehlweg“, bei den Ost jakén in Westsibirien die Schneeschuhspur, die der Held Tunk-Pox bei der Verfolgung ei­nes sechsfiissigen Elches (Grosser Wagen) hinterliess. Die ostsibiri­schen Tschuktschen sehen in ihr einen Fluss mit Inseln. Für die Loanga-Neger bedeutet sie die Prunkstrasse, über die der Begräb­niszug eines grossen Häuptlings geht. Jägervölker, wie einige nord- und südamerikanische In­dianer betrachten die Milchstrasse als Fährte eines Jagdtieres, sie wird daher auch Tapir- oder Wolfsweg genannt. Den Austral­negern bedeutet sie einen Fluss mit Bäumen, Früchten und Kän­guruhs, bei den Esten für Hühner ausgestreutes Körnerfutter. Ein drittes Motiv ist das „Tier“. So wird in NortU'^und Südame­rika die Schlange in ihr gesehen, in Kalifornien ist sie die Wirbel­säule eines grossen Tieres, eine Vorstellung, die sich zur Wirbel­säule des. Himmels umwandelte. Dazu passt auch ihre Deutung als Wirbelsäule einer Kuh bei den Ägyptern, und die „Himmelskuh Audumla“ bei den alten Germa­nen. Brasilianische Indios erblik­­ken in den Milchstrassensternen einen dichten Zug kleiner Frö­sche, und nennen sie „Mauma“ (Froschweg), die' brasilianischen Bororo halten sie für eine Un­menge Sandflöhe. Die am Meer vom Fischfang lebenden Polyne­sier nennen sie „der lange' blaue vollgefressene Hai“. In Japan bil­det ein Krähenzug die Brücke über den Milchstrassenström. Die Milchstrasse wird auch mit den „Jahreszeiten“ in Zusammen­hang gebracht. Wenn zur Jah­reshälfte der Anfang ihres silber­nen Bandes bei Nachtbeginn vom südöstlichen z1Tm südwestlichen Horizont wechselt, sieht man im ostindischen Assum, ähnlich wie in Ostafrika und China, dass am 7. Tag des 7. Monats nur einmal im Jahr sich der Kuhhirt (Stern­bild Adler) und die von ihm verfolgte Spinnerin (Leier) treffen dürfen. Diese Deutung weist auch auf die Jahreseinteilung durch die Sonnenwende hin. Natürlich spielt die Milchstra­sse in den griechischen Sternbild­sagen eine bedeutende Rolle. Von der von Hera verspritzten Göt­termilch, als sie Herkules von ihrer Brust riss, über die Entglei­sung des Sonnenwagens durch Paeton, bis zum in Glut gerate­nen und ausgebrannten Pfad der Sonne, der in der Nacht noch leuchtet, führt der Weg zu ihrer heutigen wissenschaftlichen Deu­tung. Durch die Diskusform un­serer Galaxis blicken wir in der Richtung zur Milchstrasse in die Ebene ihres grössten Durchmes­sers, iji der die Sterne senkrecht gestaffelt sind, und nur dadurch grössere Sterndichte Vortäuschen. | Helmut HIEMESCH\ Seite 8

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