Kaschauer Zeitung, Oktober-Dezember 1897 (Jahrgang 59, nr. 113-149)

1897-10-02 / nr. 113

Su SE » . Neunundfünfzigster Jahrgang 1897. Kaschaue , Kaschau, Samstar 2. October. r Zeilung. KASS Nr. 113. un A-EPERJESI E — Pränumerationspreis der „Kaschauer Zeitung“: Bei Inseraten wird die sechsmal gespaltene Petitzeile oder deren Raum mit 5 kr. berechnet.­­ Dienstag, Donnerstag und Samstag. Für Kaschau ... ... -.. .. — --- ganzjährig fl. 5.—, halbjährig O­pen. 1.25 Se­er A ee Redaction und Expeditions-Bureau : Mit Postversendung ... ... -.. -.. ganzjährig fl. 6.60, halbjährig fl. 3. , vierteljährig A. 1.65 werden Ge­biete ER D­ie Herne Kaschau, Hauptgasse Nr. 64. Man pränumerirt am besten direkt und mittelst Postanweisung. E s Erscheint jeden aufgenommen. RTELITO. Einladung zur Pränumeration auf die „K­aschauer Zeitung“ für das IV. Quartal 1897. Erscheint : Dienstag, Donnerstag und Samstag. PränumerationzFrreäis : Viertels. mit Postversend. fl. 1.65 für Kaschau fl. 1.25 Halbjahr. „ a 1.3.30 „ et fl. 2.50 Ganz)... .;, Re 1.6.60 , . 1.5. — Inserate finden nugbringendste Verbreitung, da un­­ser Blatt in Kaschau fast in jedem Hause und in ganz Ober­­ungarn bei der Intelligenz verbreitet ist und dadurch einen stabilen Abonnentenkreis errungen hat ; dieselben haben des­­halb auch stets sicheren Erfolg, Probe-Nummern senden wir auf Verlangen gr tis und franco ein. ten Die pt auswärtigen Pränumeran werden ersucht, bei Erneuerung der Pränumeration der Bequemlichkeit und Vereinfachung wegen sich gefälligst der Postanweisung zu bedienen. Die Administration der „Kasc­hauer Zeitung“. ds ‚(GSSREESEELEEEREEEREEE a­m 8) ? Neueste Nachrichten. Ungarn. Der Obergespan des Preßburger Comitats, Herr Ju­­lius Szalav­sky wird sich demnächst ins Privatleben zurücziehen. Ueber die Unruhen in Kroatien hört man, daß in dem Bezirk von Pl­as­­­ki noch vor Publizirung des Standrechtes die Ruhe hergestellt worden ist. Am Sonntag, 26. d., zelebrirte Bischof Grui­s die Litur­­gie bei zahlreicher Anwesenheit der Bevölkerung. Nach der Messe erschienen die Aeltesten des Volkes beim Bischof, ba­­ten denselben wegen der bedauerlichen Vorfälle um Verzei­­hung und erklärten, von „Fremden“ irregeleitet worden zu sein. Die Bevölkerung sei nunmehr gern be­­reit, den Rathschlägen der Behörden, des Bischofs und der Geistlichkeit Gehör zu schenken. In Folge der lezten Vorkommnisse wurde in Karl­st­a­d­t mittelst Verordnung die Staatspolizei eingeführt. N­ iesterreich. Frankreich. Spanien. Italien. Türkei. 4 Im Reichstage begann am 30. v. die Ostruction, in­­dem über die Petition der Gemeinde Weipert wegen Auf­­hebung der Sprachenverordnungen, die namentliche Abstim­­mung betreffs Verlesung verlangt wurde. „Národni Listy“" meinen, aus den Stimmen der unga­­rischen und reichsdeutschen Regierungsblätter sei zu schließen, daßm weder U­ngarn no< Deutscland ge­­gen eine Verfassungsänderung in Oester­­reich etwas einwenden würden, Graf Ba­­deni könne sich also nicht mehr darauf berufen, daß er auf den deutschen Bundesgenossen oder Ungarn­­ Rücksicht nehmen müsse. Er habe daher nach beiden Seiten freie Hand, um die Dezemberve­rfassung im Geiste des Ok­­toberdiploms, der Autonomie mit der Selbstverwaltung der historischen Königreiche zu revidigen Der Präsident ließ durc den Marineattaché der Ber­­liner Gesandsc­haft dem Staatssekretär des Reichsmarineamtes die Theilnahme am Untergange des Torpedobootes Nr. 526 ausdrücken. Der Botschafter in Madrid, Marquis de Never feaux, wird zum Botschafter in Wien, der Botschafter in Washington, Batenotte, zum Botschafter in Mad­­rid, und der Gouverneur von Algerien, Cambon, zum Botschafter in Washingto­n ernannt werden. Der Botschafter in Wien, £ 0­3 €, wurde zum G­o­u­­verneur von Algerien ernannt. Das Parlament wird am 19. d. eröffnet. Der Hof ist ohne Zwischenfall am 29. v. nach Mad­­rid zurücgekührt. In San­ Sebastian wurde ein verdächtiger Deutscher verhaftet. Die am 28. vM. in Madrid verhafteten sieben Individuen wurden wieder aus der Haft entlassen. Das Cabinet demissionirte, führt jedoch die Geschäfte­­ fort. Sagatta wurde zur Bildung des neuen Cabinetes berufen ; derselbe gedenkt Cuba die Autonomie zu geben. Minister Visconti­ Venosta hat das Londoner Kabinet verständigt, England könne nun jeden Augenblic Ra­j­­sala besegen. In dem Städtchen P­r­at­o bei Florenz kam es zu blutigen Schlägereien zwischen italienis­­chen und deutscen Fabriksarbeitern, wobei es zahlreiche Todte und­ Verwundete gab.. Es ist ein Jrade erlassen worden, welcher dem Arme­­niern den freien Eintritt in die Türkei verbietet. Die Pforte stellt sich betreffs Kreta auf den Stand­­punkt, daß sie noch immer dort das erste Recht Ordnung zu machen habe, umso mehr, als die Mächte dieselbe auch nicht zuwege bringen können. Die Pforte protestirte gegen die Festungsbauten in Philippopel und anderen Punkten Ostrumeliens, die auch ein­­gestellt wurden.­­ Serbien.­­ Simiis hat dem Könige­­ die Demission des Cabinets telegrafisch gemeldet. Griechenland. In Athen ist man allgemein überzeugt, daß die Ka­m­­mer werde­ den Friedensvertrag ratifiziren Die Demission des Gesammtfabinets, gilt für unvermeidlich. Delyannis dürfte­­ wieder an's Ruder kommen. Kreta.­ ­­­ Am 28. vM. um Mitternacht versuchten sieben Segelschiffe unter türkischer Flagge an der Küste von Kreta Truppen zu landen. Die in­ternationalen Geschwader, hievon benachrichtigt, verhinderten jedoch die Landung. "1­­­­­8 > * Aus dem Reichstage — In der Abgeordnetenhausfigung vom 29. v. M. wurde vor Beginn der Antrag des Barons Friedrich Bob­maniczky angemeldet, wonach anläßlich des jüngsten allerhöchsten Handschreibens Sr. Majestät eine Huldigungs- Adresse an den König gerichtet werden möge. Das Haus nahm diese Anmeldung mit begeisterten Elfenrufen auf. Im Sinne der Hausordnung kann kein Antrag sofort meritorisch verhandelt werden und so wurde denn die Motivirung des vom Präsidenten der reichstägigen liberalen Partei einge­­brachten Antrages für Freitag anberaumt. Auf der Tagesordnung stand blos die Abänderung je­­nes, anläßlich des Obstruktionskampfes gefaßten Beschlusses, laut welchem die Sigungsdauer bis 3 Uhr verlängert wurde. Präsident Szilágyi schlug im Sinne des vom Mini­­ster-Präsidenten jüngst gestellten Antrages vor, daß die Si­­gungen wie früher wieder nur bis mit war das ganze Haus natürlich 2 Uhr dauern sollen. Da­­einverstanden, nur Herr Burath (Volkspartei) wünschte eine Motivirung dieser Renderung und Aufklärung über die Stellung der Regierung. Die Reduzirung der Sißungsdauer um 1 Stunde wurde jedoch ohne formell Abstimmung beschloßen. Sima äußerte seine höchste Unzufriedenheit über die lange Dauer der in der Mezökövesicher Wahl an­geordneten Untersuchung und wollte den Untersuchungs-Kom­­missär Geza G­aj är­y zu beschleunigter Thätigkeit ange­­wiesen wissen. Allein nach den Aufklärungen seitens G­a­­jär­y's erachtete der Präsident es nicht für nothwendig, ir­­gendwelche Verfügung zu treffen.­­ Die heutige Nummer mifaßt 8 Seiten. . . Feuilleton. Im Pußtenlande. Historische Novelle von Arthur Eugen Simson. Der S­iegel, vor dem Marie saß, war ein venetiani­­scher Spiegel, wie er im lezten Jahrhundert Mode war. Blumen und Laubwerk aus geschliffenem Krystallglase krön­­ten das hübsche Möbelstück, das den Reviczkys vom Vater auf Sohn verblieben war. Der Spiegel war klein, wie alle Spiegel dieser Art, erlaubte jedoch Marie, darin Alles zu sehen, was hinter ihrem Rüden in dem Zimmer vorging. Und was sie nun sah, machte ihr Blut zu Eis erstarren und wie gebannt blickte sie auf das tiefblaue Glas hin, das ihr nun verriet­, was sie seit Monaten vergebens zu erspähen gesucht. Mar­­guerita hatte sich, als der Baron in­s Zimmer trat, von ihrem Sitz erhoben und, auf den Marmorsims des Kamins gestoßt, blickte sie zärtlich zu ihm hinüber. Ihr Gatte stand nun plötzlich in Folge einer raschen Schwenkung neben ihr und bot ihr ein Billet, das sie hastig ergriff ; es verschwand in ihrer kleinen Hand. Das Alles war das Werk einer Minute. Es vergingen no einige Minuten, «man hörte seinen andern Laut in dem Zimmer,­­als das eintönige Tiktak der Uhr und Marie saß noch immer wie eine Statue vor dem Spiegel. Georg trat auf sie zu und legte seine Hand auf ihre Schulter. „Komm, Kind, komm“, sagte er in ungeduldigem Tone. Bei der Berührung seiner Hand fuhr Marie zusammen. Ein schweres Röcheln entrang sich ihrer Brust. „So schlecht !" flüsterte sie kaum hörbar, „so schlecht !“ Dann sank sie ohn­­mächtig in den Lehnstuhl zurück. Sie zählte das Tiktak der Uhr, während sie mit ge­­schlossenen Augen, still und in sich gekehrt, im Bette lag. Sie hatte das Denken beinahe verlernt und sie wußte nicht warum, aber sie fühlte sich glücklich dabei. Langsam ver­­gehen die Stunden auf dem Krankenlager. Das wußte sie, weiter nichts. Seit Monaten war Marie in wirren Fieber­­phantasieen darniedergelegen. Die lange Seelenpein hatte den zarten Körper zerrüttet und die­ Szene an jenem Ball­­abend das lang verhaltene Leiden zum Ausbruch gebracht. Nun ging es ihr besser. Sie hatte die Krankheit überwunden und langsam kehrte das Bewußtsein wieder. Sie fühlte das und fürchtete sich vor der Klarheit, der sie wieder entgegen­­ging. Warum, das wußte sie nicht. So wie sie war, fühlte sie sich wohl... Sollte sie nicht die Augen öffnen ? Doch. Sie wollte es versuchen. Es herrschte eine­ sanfte Dämmerung in dem Gemach. Nach und nach unterschied sie im matten Licht der Lampe alle Gegenstände in dem Zimmer. Sie kannte sie alle, es waren ihr lieb gewordene Objekte, Zeugen des Glücks. Dort die beiden Putpenbilder, die er gemalt. Wie sie sie liebte... Wie er sich grämen mußte, daß sie krank war ! Wo er bleiben ‚nochte ? Warum war er nicht in ihrer Nähe? Viel­­leicht war er aber doch da, sie wollte sehen. Sie­­ durchflog nochmals mit dem Blicke das Gemach. Richtig. Dort saß er. Wie bleib­ er aber war!... Und neben ihm sah sie noch eine Gestalt. Ein Weib mit dunklem Haar und dunklen Augen. Sie kannte sie auch, o, sie kannte sie! Es wurde schredlicher Tag in der Nacht, die ihren Geist gefangen hielt. Sie begann sich zu erinnern... Und nun hörte sie sprechen, zwar nur mit halblauter Stimme, doch vernahm’ sie jedes Wort. Es war seine Stimme. Seine liebe Stimme !... „Was ich für Dich gethan, Marguerita", sagte er, „ist nicht viel, ist keine große That, ist eine Kleinigkeit. Ja bin ein Schuft geworden, diese Kleinigkeit hat mich mehr Ueber­­windung gekostet, als wenn ich einen Mord hätte verüben .“. Jh habe ein Weib verrathen und betrogen, das mich mit hingebungsvoller Zärtlichkeit liebte. J< hätte wenigstens mit Dankbarkeit vergelten sollen. J< habe das Herz dieser Frau mit Füßen getreten und jeden Streich, den ich ihr verfeßte, habe ich zehnfach wiedergefühlt. 34 habe meine Jugend in klösterlicher Einsamkeit verbracht. Als ich aus derselben heraustrat, fand ich diese Frau auf meinem Wege. Ich habe sie geliebt, glaube es mir. Was ich für Dich empfinde, ist Leidenschaft, jene glühende, verzehrende Leidenschaft, die der ersten Jugend eigen, die, gewaltsam in mein Innerstes zurückgedrängt, nun in diesen späten Tagen mit doppelter Macht hervorbricht . O glücklich der Mann, der sich in seiner Jugend austoben, der den Becher des Ge­­nusses bis zur Neige leeren konnte ; glücklich der Mann, der im tollen Taumel gelebt, der in seiner Jugend nur das Glück des Leichtsinns kannte, statt des reifen Gedankens­­ . Du hast mich all das erfahren gelehrt. Ich bin durch Dich zum Schufze geworden. Aber ich liebe Dich leidenschaft­­lich, liebe Dich bis zum Wahnsinn. Was ich gethan für Dich, hat beinahe meine Kräfte überstiegen. Müßte es aber noch­­mals geschehen, ich würde mich nicht scheuen, es zum zweiten Mal zu thun! . . ." Er schwieg. Marguerita lächelte. Nach und nach ver­­schwand aber das Lächeln von ihren Lippen, ihre Züge wa­­ren in blassem Ernst erstarrt. Ihre dunklen Augen leuchteten dämonenhaft und eine leichte Röthe färbte ihre bleichen Wangen. „Und ist es weniger, was ich für Dich gethan, Georg ?" fragte sie beinahe flüsternd, doch mit bewegter Stimme. „Ja habe Die hintergangen, unglücklich und krank gemacht, die mich als Schwester in ihrem Hause empfing. Ja habe ge­­heuchelt und gelogen, ich habe die Maske des Verraths ge­­tragen, ich war eine Schlange an ihrem Busen gewesen ... für Dich. Ich bin Dein geworden mit Leib und Seele, Dein, Dein, ganz allein . ." Sie hielt einen Augenblic inne, während ihre Brust leidenschaftlich auf und nieder wogte. Er bedeckte ihre Hand mit Küssen. (Fortfegung folgt.) sollen . . hd

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