Der Spiegel, 1843. január-június (16. évfolyam, 1-51. szám)
1843-04-08 / 28. szám
Der Spiegel 1943. 219 Portfolio der Neuigkeiten und Ansichten. Wiener Briefe. Anfang April. „Alle Kritik ist verwerflich," spricht so Mancher in der Schenke; Und vergißt , daß mit d c nt Worte er izt selber kritisirte." Ich bin mit meinen Berichten im Rükstande nnd komme nachznholen. Es herrscht hier eine lebhafte Bewegung, eine außerordentliche Regsamkeit. Die glükliche Genesung des Erzherzogs Franz Carl nnd das Jubileum des Erzherzogs Carl geben Veranlassung zu Festivitäten mancher Art, wovon gestern die erste, ein Karonssel der adeligen Herren, stattfand. Es waren nur d i st i nguirt e P erso n en geladenu. gegen gratis ausgetheilte Karten eingelassen. Heute ist die Wiederholung gegen Entrée für das große Publikum. Der Ertrag der Produktion ist Wohlthätigkeitsanstalten zugedacht. Die Theater sind gleichfalls in lebhafter Aktivität. In der Burg gab man das vielversprochene Trauerspiel: »Monaldeschi", von Laube. Nie ist ein Stük hier u nverdienter von der Kritik mißbilligt worden. — Ich durchfliege die Beurtheilung desselben in den meisten hiesigen Journalen u. frage mich um den Grund dieser rüksichtslosen Verdammung, und finde sie nicht. Dieselben Blätter, die Gutzkow, den heuchelnden Tendenzler, den Blaudunstmacher, den Mann ohne Befähigung für das Drama, ohne Höhe und Tiefe, selbst in dem nicht dramatischen Theile seiner Wirksamkeit für einen Reformator erklärten, sich Alles von ihm gefallen ließen, die Hoffnung auf ihn sezend, er werde der Erlöser unserer Bühne werden, aus der Lethargie, in die sie gefallen —- dieselben Blätter brechen den Stab über den geist- und kraftstrozenden „Monaldeschi", über ein Erstlingswerk, über ein Werk, das nicht der Einseitigkeit, dem Spezialismus u. der Tendenzlerei huldigt! — Im Kärnthnerthortheater sind die Welchen eingezogen. Die „Linda" eröffnete die Saison, und gefiel; insbesondere machte die 'lltfltin Alboni, eine schöne Dame von etwa l8 Jahren, Aufsehen. Auch mit Salvi, als Ermzmann Morianis, ist man zufrieden. Direktor Ballochino, dem man den gänzlichen Verfall der deutschen Oper dankt, hat den hohen Entschluß gefaßt, das freie Entree für die Referenten der hiesigen Blätter, mit Ausnahme dreier, aufzuheben. *) Ein solches Faktum zeigt den traurigen Stand der Journalistik und zugleich die Nothwendigkeit durch eine enge Verbrüderung ihre Kräfte und ihre Rechte zur Anerkennung zu bringen, gegenüber dem hochfahrenden, wegwerfenden Betragen eines italienischen Jmpressarios. Doch Einigkeit hier! Bedeutungsloses Wort! Nestroy's neue Posse: »Liebeshändel und Heirathssachen" ist ein höchst mittelmäßiges Produkt, wenn man des Verfassers früheren Leistungen, und ein annehmbares, wenn man den Zustand der Lokalbühne im Allgemeinen betrachtet. Ein Kouplet darin ist wahrhaft köstlich, und dürfte, ohne Ucbertreibung, humoristisch, in der ächten Bedeutung, genannt werden. Warum Nestroy keine Quodlibets mehr einlegt? Ein Genre, in dem er unerreichbar ist, nnd das stets eine Hauptkolvnne seiner Schlachtordnung bildete? —• Döbler hat mit seinen Lichtbildern „Dissolwing VVievvs" ( so genannt, weil sich Eines auö dem Andern gestaltet) wieder das Publikum angezogen, u. macht wieder Geschäfte, um bezeichnend zu reden. — Das philharmonische Konzert und dessen Wiederholung, zur Feier von Beethoven's Sterbtag, verdient einer auszeichnenden Erwähnung. Die neunte Symphonie dieses Meisters und der Chor aus den »Ruinen von Athen" wurden gemacht. Saphir hatte einen ganz vorzüglichen Prolog dazu geschrieben, wobei zu bedenken, daß es das Werk weniger Stunden, indem die Feier eine halb improvisirte war. Da das Burgtheater keines seiner Glieder zur Deklamation bewilligte, sprach Herr Fröhlich den Prolog mit vieler Emphase und gutem Willen , aber ohne allen Beruf zum pathetischen Vortrage, selbst ohne die angezeigten Lichter und Schatten. Zur Entschuldigung der Burgtheaterdirektion muß gesagt werden, daß sie mit der Verweigerung nur eine Unziemlichkeit der Operndirektion, die den Hofschauspielern das freie Entree versagt, bestrafte, was ganz in der Ordnung ist. — lieber Beethoven's unsterbliches Wirken haben kompetente Stimmen gesprochen, über ihn als Menschen in Bezug zum Künstler nicht so viel, und wie sehr bedarf die Verständigung seiner Werke dieser Betrachtung! Wir erwarten eine in diesem Sinne geschriebene Kritik seiner musikalischen Dichtungen. *) Und die Drei haben es angenommen? R.