Ungarische Rundschau für Historische und Soziale Wissenschaften 1. (1912)

1912 / 4. szám - Gustav Heinrich: Petőfi bei den Serben

922 Ungarische Rundschau. zeichnete: immer wieder — 1880 und 1887 — protestiert er gegen Schwarz­seherei und Verdächtigung, gegen den »Zynismus, der das Ansehen unseres Parlaments zu verdunkeln sucht und das vielhundertjährige Ver­trauen, das die Nation in den Reichstag setzte, zerstören will«; immer wieder erinnert er daran, daß »das Parlament, als Einrichtung, dennoch die vollkommenste Ausdrucksform des nationalen Willens, die größte Garantie unserer Freiheit ist und bleibt«, »neben der glorreichen heiligen Krone unsere heiligste Institution«. Der Rechtshistoriker darf wohl zum Schlüsse der Stellungnahme Emmers in der Frage des nationalen Charakters der Rechtsbildung gedenken. Emmer stand dieser Forderung um 1880 noch sehr kühl und skeptisch gegenüber; er forderte rasche Kodifikation und fand es ganz in der Ordnung, daß man zur Rezeption greife. In der Justizbudgetdebatte von 1897 aber verwahrt er sich sogar gegen die »Internationalisierung« des Obligationenrechts, von dem er früher gesagt hatte, konservierbares historisches Recht sei darin bloß der Saß: Contractus contrahentibus legem ponit. Mit eindringlichen Worten mahnt er vor der Gefahr der Germanisation auf dem Gebiete des Rechts, vor der »Kulturannexion durch Deutschland, der freiwilligen Unter­werfung unter den großen Nachbar, die unsere Nation niemals verwinden könnte«. »Es ist höchste Zeit, die Trümmerstücke des einheimischen, ge­schichtlichen Rechts hervorzusuchen; wie der Baumeister aus den Linien eines ausgegrabenen Stückes auf das Ganze der Architektur zu schließen und sich daraus einen Stil zu konstruieren vermag, in welchem ein modernen Ansprüchen genügendes Haus erbaut werden kann: so müßte man auch hierzulande jedes teure Denkmal unseres historischen Rechts mit Sorgfalt und Eifer erforschen und vom Schutte reinigen.« Dr. Felix Schiller. Petőfi bei den Serben. Eine schwungvolle ungarische Dissertation eines begabten serbisch-un­garischen Fräuleins1 behandelt das Verhältnis des serbischen Volkes zu dem größten ungarischen Lyriker, der sich bei den Serben in Südungarn, in Serbien, Bosnien, Dalmatien, Kroatien und Montenegro so allgemeiner Beliebtheit erfreut, daß viele seiner Gedichte als wahre Volkslieder im Munde des Volkes leben, das meist gar nicht weiß, wer der Dichter dieser vielgesungenen Lieder ist. Den Hauptgrund der raschen und tiefgehenden Popularität Petöfis bei den Serben findet Fri. Polit (selbstverständlich neben der packenden dichterischen Größe des ungarischen Sängers) darin, daß Serben und Magyaren in ihrem Nationalcharakter viele gemeinsame Züge haben, so daß Petőfi, der in erster Reihe magyarischer National­dichter ist, den Serben vielfach wesensverwandt erscheint. Auch die Serben sind, wie die Magyaren, ein tapferes Heldenvolk, das seit Jahr­hunderten für seine Freiheit kämpft ; ihre gemeinsamen Charakterzüge sind : lebhaftes Gefühl für Freundschaft, rasch lodernde (und rasch verlöschende) Begeisterung, edle Gastfreundschaft, Empfänglichkeit für die Genüsse des Weins und der Liebe, Selbstbewußtsein und Stolz, Feuer und Leidenschaft- 1 Vladislava Polit, Petőfi a szerbeknél, Újvidék 1912 (Petőfi bei den Serben, Neusaß 1912), 50 S.

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