Evangelischen Gymnasiums, Nagyszeben, 1902

Einleitende Bemerkungen. Bis zum Jahre 1562 tragen die Szekler Rechtsverhältnisse ein ganz eigenartiges Gepräge an sich. Sie sind durchaus originell und selbständig und lassen keine oder — seit dem 16. Jahr­hundert — nur eine geringe Beeinflussung durch die Rechtszustände auf Komitatsboden erkennen ; doch sind auch diese Einwirkungen mehr sozialer als rechtlicher Art. Der Einfluss des Königtums und des Reichstages macht sich bis 1540 mehr in der Weiterentwicklung als in der Umge­staltung der Szekler Rechte geltend. Hiezu gehört u. a. die genaue Feststellung der Kriegs­dienstpflicht und die Errichtung der Geschworenenstühle. Die Errichtung eines selbständigen siebenbürgischen Fürstentums ist auch für die Entwicklung des Szeklervolkes von folgeschwerer Bedeutung geworden. Der junge Staat muss seine Angehörigen in finanzieller Hinsicht mehr belasten, als es früher zur Zeit des Bestehens des ungarischen Staates der Fall war. Und bei der Aufteilung dieser Last auf die Staatsbürger müssen die Szekler auch einen beträchtlichen Teil auf sich nehmen. Dieses und die immer drückender werdende Kriegsdienstpflicht bringen den ärmern dritten Stand zur offnen Empörung gegen Fürst und Reich, die eine tiefgehende Umgestaltung der Szekler Rechtsverhältnisse durch Landtagsbeschluss herbeiführt. Die Einführung des ius regium bedeutet einen prinzipiellen Bruch mit der Vergangenheit und der Szekler Rechtstradition. Und mag auch das Erbrecht des Fiskus und das Konfiskationsrecht des Fürsten durch spätere fürstliche Privilegien ganz oder teilweise aufgehoben worden sein, die Gliederung des Volkes in mehrere von einander nicht nur sozial, sondern auch rechtlich scharf geschiedene Stände ist im wesentlichen als eine Frucht dieses Jahres zu bezeichnen. Das Jahr 1562 hat auf dem Szeklerboden einen Adligen- und Jobbagyenstand geschaffen, während es bis dahin rechtlich nur freie, d. h. adlige Szekler gab. Und trotz der mannigfachen Wandlung, die die Rechtslage dieser Stände von da an bis zum Übergang Siebenbürgens in die Herrschaft des Hauses Habsburg durchgemacht hat, ist eine Annäherung der ständischen Verhältnisse an diejenigen des Komitatsbodens ein charakteristisches Moment dieser ganzen Periode der Rechtsentwicklung der Szekler. Diese Umgestaltung der Rechtslage des Szekler Volkes ist nicht als eine glückliche Entwicklung, sondern als krankhafte Umbildung zu be­zeichnen. Jedoch sind dafür weder König Johann II noch die beiden andern Nationen ver­antwortlich zu machen, sondern sie ist vor allen Dingen als eine Folge der sich immer mehr steigernden Ansprüche des Staates an die einzelnen Nationen zu bezeichnen. Die Kriegsdienstpflicht wurde nämlich für den armen Bauern eine um so drückendere Last, je höher die Anforderungen

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