Neppendorfer Blätter, 1928 (Jahrgang 26, nr. 1-52)

1928-07-22 / nr. 30

­­a Wochenschrift für Humor und Haa­re des Gesanges. Fräulein: Nun, gute Frau, mein Gesang scheint Ihnen, recht gefallen zu haben, weil sie so gerührt sind ? — D­rei, schauen’s, vorigen Monat is mir ein Esel krepiert, und der hat grad’ jo a Stimm’ g’habt — wie Ds — grad’ a fo! Der richtige Zeitpunkt. Bater hat eine Auseinanderlegung mit seinem jungen Sohn, der heiraten möchte und den Vater um seine Zustimmung­ bitte. „Nein, mein unge,“ sagt der Dealer, „das mußt du dir aus dem Kopf schlagen. Zum Heiraten bist du noch nicht klug genug.“ „Und wann werde ich klug genug sein?“ fragt der Sohn. — „Wenn du den Gedanken ans Heiraten aufgegeben hast“, erklärt der Vater einleuchtend.” Sein legter Wunsch. „Morgen früh ist die Hinrichtung. Haben Sie noch einen feßten Wunsch ?* — „Sa. Ich möchte den­­ Kometen sehen.“ — „der, der kommt doch erf in zwei Jahren!*“ — „Na schön — ichh werde eben so­­lange warten !* Moulin Rouge, Großstadtskizze von D. ©. Annemarie Seidler war zum erstenmal in Wien. Als herziger Backfisch, von noch unberührter Unschuld, war es seit lange schon der sehnlichste Wunsch ihres jungen Lebens gewesen, einmal Wien zu sehen, einmal G­roßstadt zu fühlen. Nun war es Wirklichkeit gewor­­den. In Begleitung ihrer Eltern, wie 85 doch der Ab­­­fand erfordert, eilte sie zuerst von Museum zu Museum, von Sehenswürdigkeit zu Sehenswürdigkeit,­­ hungrig ,alles verschlingend, ungeachtet dessen, daß si der­ Magen dabei überladen könnte. Erst Nachmittag machte man eine Erholungspause im Prater. Als Annemarie an­ der Seite ihres Papas auf der Hochlchaubahn fuhr, fühlte sie sich wie auf einem Fluge durch die Welt und ein prickelndes Gefühl in ihrem Herzen sagte ihr, daß das Beben noch manche unbekannten N Reize vor ihr verborgen halte. Die Mama mußten sie­ unten lassen, da sie befürchtet hatte, sie könnte durch den raschen Luftzug wieder ihr altes Dohrenreißen bekommen. Bekannte,denen viel daran lag,der Familie Seidler auch das heutige mo­ndäne Wien"zu zeigen,,­ luden sie für abends zu einem Besuch der Moulin, Range-Baum Sie wollten sich jedenfalls an dem selig verzückten­,strahlenden Gesechtchen Annemaries weiden,welche so viel Schönes und Neues in Erstaunen setzen mußte. Annemarie zog ihr neuesSeidenkleid an und auch ihre Eltern putzten sich fein heraus.Darin kamen die Bekannten und um zehn Uhr abends fuhr man per Auto beim Moulin Rouge-Gebäude vor. Diener im Lipree rissen die Türen auf und als sie in die Garde­robe schritten und Annemarie sich von allen Seiten mit Spiegeln umgeben sah, da wurde ihr anfangs ganz bange zu Muse. Auch­ nur langsam gewöhnte sie­ sich an die feenhafte Beleuchtung, fie Ram ji wie eine berühmte Filmschauspielerin vor dem Aufnahmeapparat vor. Über erst die eigentliche Bar! Wunderbar Schön —

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