Oedenburger Zeitung, 1879. Dezember (Jahrgang 12, nr. 145-156)
1879-12-03 / nr. 145
Ausgleich vertheidigt wurden,beginnen wieder ungesahnt starke Wurzeln zu schlagen.Denn die trauri·gen·materiellen Verhältnisse des Landes,die sich ·in manchen Gegenden durch immer steigendes Elend und durch täglich wachsende Unsicherheit,beziehungsweise um sich greifenden Räuberunwesen dokumenisciren,die Korruption der parlamentarischen Kreise lasssen dem Volke jedweden,selbst einen in seinen Folgen unübersehbar gefährlichen Umschwung für wünschenswerther erscheinen,als die Fortdauer des heutigen ungesunden Systems. Ein Bli in die Zukunft Oedenburgs. Sieben Jahre werden bald im Strome der Zeit verschwinden, eine Epoche, welche für unsere Stadt wirklich eine bittere und sichr als schwere genannt werden muß, denn partizipirte früher die Stadt an dem farmosen (!) volfswirthschaftlichen materiellen Aufschwunge, so nahm sie auch gar bald darauf an der über Nadi hereingebrochenen finanziellen Deroute, an all’ den über die Nation gekommenen, wie immer Namen habenden Krisen, ehrlich Theil; Kleinmuth und Verzagtheit bemächtigten si während dieser bangenahre aller Gemüther, wie ein Alphrudh lagerte sich das Mißtrauen über unsere Stadt, wodurch jedes Unternehmen gleich im Embryo erfullt wurde, und jedes Beginnen bei Einzelnen sowal, als bei Korporationen lahm legte. In Folge dieses lethargischen Zustandes war eine förmliche Stagnation auf allen Gebieten eingetreten und die Befürchtung liegt nahe, in diesem trostlosen Zustande noch lange verharren zu müssen, sofern es ih ‚ nicht Zuversicht, Selbstvertauen und fühne Vormwärtsbewegung unter den Bewohnern dieser Stadt Bahn brechen sollte. Hat nun, wie wir gesehen haben, eine gewisse Erslaffung den Thätigkeitstrieb angetränfelt, so erklärt er sich von selbst, das in Folge beregter Ersceinung ein befragenswerther Stillstand in Handel und Wandel während der abgelaufenen sieben Jahre eintreten mußte. So begründet einerseits in dieser Periode der Schlummer jeder Spekulation auch war, so verwerflich ist “andererseits die weiters eingetretene Wirkung, daß in Folge erlittener Schicsalscchläge der Pessimismus al:gemein Plag griff und man den Kopf verlor, da man ihn erst recht anstrengen hätte müssen, um den Widerwärtigkeiten der Verhältnisse Stand zu halten. Vertrauend auf die Worte der Bibel: Nach den sieben mageren folgen sieben fette Sabre, sollen wir mit zäher Ausdauer den Kampf mit den feindlichen Gegenströmungen aufnehmen und hoffnungsvoll der Zukunft entgegenbilden; wir follen unerschütterlich und unentmuthigt den Geschehnissen Zrog bieten und und aus der bisherigen Lethargie aufraffend, den in der Stadt so reichlich vorhandenen schaffenden Geist wieder zu neuer Thätigkeit aufpornen, ihm nicht eher Rube gönnend, bis alles das geschehen ist, was unserer Stadt zu Nug und Frommen, zu deren Gedeihen und volkswirthschaftlichem Aufsgwunge dienen kann. Den Impuls zu dieser, erst zu schaffenden Thatkraft zu geben, ist in erster Reihe die Kommune selbst berufen, wie wir dies in allen Städten leben, die alsbald nach der argen Krise im Jahre 1873 der Bevölkerung mit gutem Beipiele vorangingen und im vorverstandenen Interesse der Bürgerschaft zur Realisirung aller jener Werke fortten, die nicht nur vielen fühlbaren Bedürfnissen abhelfen, sondern die auch zur Bierde, zur Verschönerung der Stadt dienen sollten. Ich möchte in dieser Beziehung, nicht so sehr auf unsere Schwesterstädte in Ungarn, als vielmehr auf jene Städte in der jenseitigen Reichshälfte hinweisen, wo, wie z. B. in Graz, Bruch an der Mur, Linz zc. die Erweiterungsarbeiten so umfangreiche Dimensionen angenommen haben. Gleichzeitig möchte i) auch die Art und Weise andeuten, wie die genannten Orte in die Lage kamen, die dießfälligen Kosten aufzus bringen. &8 geschah nämlich vermitteln Kommunalanlehen im größten Diaßstabe. Dadurch eben wurde die Möglichkeit geschaffen, mit billigem Gelde Großes und Erspriegliches zu leisten. Wir stehen also vor Allem angesichts der Nothwendigkeit des Baus eines NRathhauses, oder Ankaufes eines Hauses zu diesem Zweckk; ferner der Errichtung einer oder zweier Kasernen. Viele meiner Mitbürger schreden ihn zurück vor den Auslagen, welche diese unumgänglich herzustellenden Gebäude verursachen werden ; viele gehen aber noch weiter und jagen nit nur die abbezogenen Bauten müssen und sollen in Angriff genommen werden, sondern noch ganz andere Dinge seien in’8 Leben zu rufen, soll Dedenburg auf’8 Neue prosperiren, soll wieder Verkehr und Wohlstand in unseren Mauern einführen. Zuchiesen und Auge gefaßten Protesten gehört zunächst die vollständige Adaptirung des der Kommune gehörigen Gasthofes „zum goldenen Hirschen“ in ein den modernen Anforderungen entsprechendes, komfortables Hotel. Ferner die Instandlegung der ebenfalls der Stadtkommune gehörigen Heilquelle Wolfs, resp. die Umwandlung dieses Bades in einen, dem vielseitigen Bedürfnissen der Besucer entsprechenden, fascionablen Kurort ; ferner die gänzliche Durchführung der Kanalierung des Langenzeiler-Grabens und der projektirten aeam Deafplage, denn auf halbem Wege süilfe stehen, bewährt fi nie. Endlich möchte Kan die Aufmerksamkeit darauf lenken, bei dem hohen Ministerium für Kultus und Unterricht, vespettive dessen uns nahestehenden, dermaligen Leiter dahin zu wirken, daß auch Oedenburg, welches mehr wie manche andere Stadt im Baterlande berufen wäre, Hochscchulen zu befigen, entweder eine Rechtsakademie oder selbst eine Universität erhalte, deren Befig natürlich auch Geldopfer der Kommune auferlegen würde, die aber reichliche Zinsen trügen. Dies wäre so ein Bild der Zukunft unserer schönen Vaterstadt und dies zu erreichen, steht wahrlich in unserer Macht, wenn der schon so oft bewährte Bürgersinn einträchtig zusammenhält, wenn die nichtssagenden Fleinichen Streitigkeiten beiseite gesetzt werden und wieder das Bewußtsein der eigenen Kraft in uns erwacht, auf daß wir, eingedent der riesigen Vortheile, womit das Emporblühen unserer Stadt gewährleistet werden könnte, mit Energie an die Werke schreiten, die wir vorhin angedeutet haben und deren Ausführbarkeit feine Utopie, sondern vielmehr das einzige würdige Ziel für unsern Schaffungsdrang bildet. Um alle diese Pläne auf einmal durchzuführen, ist Geld, viel Geld unathwendig; dieses wird aber herbeigeschafft wie ich oben erwähnte, dur ein Ansehen und selbst, wenn es sein müßte, von 1—2 Millionen. Der Gewinn, der dur diese Bauten geschafft würde, ist ein derartig reichlicher, daß die Rückzahlung dieses kontrahirten Darlehens in den bekamtlich langen Amortisationsraten mit gar feinen Schwierigkeiten verbunden wäre. Diese Gedanken werden Vielen, insbesondere Solchen, die gewohnt sind, nur in Eleiner Münze zu rechnen, als Ausgeburt einer fransen Phantasie, wie ein Phantom erscheinen; mir jedoch und vielleicht einem großen Theile meiner Mitbürger, die wir auch nur in meiner Münze zu rechnen pflegen, erachten dieselben dennoch für ausführbar und insbesondere wenn wir uns erinnern, was Dedenburg bei der Errichtung von Banken geleistet und dabei Summen verloren hat, die weit die projektirte Anleihe von 1—2 Millionen überragten und wenn wir auch an dem Gedanken festhalten, der hier überall gang und gäbe ist, daß an unsere Nachkommen, die eigentlich das von uns Geschaffene in erhöhten Maße geniegen werden, an eine kleine Schuldenlast übernehmen können, dann gelangt an der ängstlichste Zauderer zur Parole: „Also vorwärts!denn audacem fortuna, juvat!" 2. SER ET re R Lokales, * Allerhöchste Spenden Ge Meajestät der Kaiser und König hat der röm.-lath. Kirchengemeinde Monostor zur Wiederherstellung ihrer Kirche 100 fl. der röm.-lath. Gemeinde in Rumpoch ebenfalls 100 fl., der freiwilligen Feuerwehr in Giesbühl, im Amtsbezirke Neustadt zur Aufhaftung von Leihrequisiten 60 fl. ferner dem freiwilligen Feuerwehrvereine zu Lana 50 fl. und den duch Viehseuche und Mißernte schwer geschädigten Bewohnern von Cernizza im Görzer Bezirke 200 fl. gespendet. * Alerhöchste Auszeichungen „Se. faiserliche und apost. königliche Majestät hat mit a. 5 Entschiegung vom 26. November d. % die eingereichte Demission des f. u. k. Botschafters in Konstantinopel Grafen Franz Zichy allergnädigst anzunehmen und dem Genannten das Groskreuz des fünfgl. ungarischen St. Stefan-Ordens tarfrei zu verleihen geruht.* Ferner ist der Reichstags-Abgeordnete vom Mattersdorfer Wahlbezirke Sr Hochwürden Herr Jakob Mich, Priester und Titular- Domherr der Haaber Diözese, — wie wir vernehmen — zum wirklichen Domherrn am Stuhlweißenburger Domkapitel ernannt worden. Wir beglückwünschen den verdienstvollen Priester, ausgezeichneten Redner, und von wärmsten Patriotismus beseelten treuen Skämpen der liberalen Partei zur erlangten Allerhöchsten Anerkennung, und wünsten, daß der beredte Vertreter seines Wahlkörpers, noch lange seine erspriegliche Thätigkeit im Neidstage ausüben möge. * Heistliche Promotionen. Le Majestät bat dem Ehrendomherrn des Agramer Metropolitan- Kapitels, Vize-Dechanten und Nedelischer Pfarrer Karl Novak zum Magister Kanonicus beim zäzmaer Kollegiat-Kapitel, den Vize-Dechanten und Promorjeer Pfarrer Ygnag Szele aber zum Ehren-Domperry beim Agramer Metropolitanskapitel ernannt, und dem Vize-Dechanten und Bozsegaer Pfarrer Johann Bosnjat die nach der hl. Helena ernannte Podgorjeer Abtei verliehen. * Neue Stempelmarkten. Eine finanzministerielle Kundmachung gibt bekannt, daß statt der seit 1. August 1868 auf dem ungarischen Krongebiete im Umlaufe befindlichen, mit grünem Unterdrud versehenen ungarischen Stempelmarken vom 1. Jänner 1880 an Marken mit andersfarbigem Drud, aber unveränderter Form werden in Verkehr gebracht werden, wobei bemerkt wird, daß der Unterdrud der Gulden-Stempel rosafarbig, der der Kreuzer-Stempel aber braun sein wird. Die gegenwärtig im Gebrauche stehenden Stempelmarken werden mit dem 31. Dezember 1880 außer Gebrauch gefegt, nach welchem Termine die Anwendung der außer Gebrauch gefegten Stempelmarten als gleichbedeutend mit der Nichterfüllung der gefeglichen Stempelpflicht betrauptet werden und die hiemit nach dem Gebührengejege verbundenen nachtheiligen yolgen nach sic henzie wird. Für den unter Beobachtung der gefeglichen Bestimmung bei den Stempelmagazinen und E. Steuerämtern gratis zu erfolgenden Austausch der außer Verkehr gefegten unbenügten Stempelmarten wird eine vom 1. $eber 1880 Bis zum 30. April 1880 sich erstreifende Frist anberaumt, nach welchen Termine die aus dem Verkehr gezogenen Stempelmarten weder umgetauscht, noch erfett werden. — Gewerbe und Handelsbücher, desgleichen sollte Blankette, Kontile, für welche so die bisherigen Stempelmarken durch die vor dem 31. Jänner 1880 bewerkstelligte vorschriftsmäßige amtliche Heberstempelung angewendet wurden, können an über diesen Zeitpunkt hinaus anstandslos in Gebrauch genommen werden. * Komitatskongregation Die am jüngsten Freitag unter Vorfig des Heren Obergespans Sr. Durchlaucht des Fürsten Raul Esterházy abgehaltene Komitatsversammlung erfreute sich seitens der Herren Komitatenser eines zahlreichen Besuches. Der, Herr Obergespan, beim Erschinen mit stürmigen Elfen’8 begrüßt, eröffnete die Sigung mit dem Wunsche, si lebhaft an dem Vorschlage zu betheiligen, der dahin abzielt, in Eisenstadt eine Kavallerielaterne zu errichten. An dem ausführlichen, die beregte Angelegenheit sehr gründlich erläuternden Berichte, den der Herr Bizegespan vorlegte, betheiligten sich mehrere Herren Nedner besonders Lebhaft und wurde der Vorschlag des Antragstellers, vesp. des ständigen Ausschusses mit 112 gegen 25 Stimmen angenommen. ‚Auf Antrag des Herrn Mathias Lajdober, Advokat in Eisenstadt, wurde dem Herrn Vize gespan v. Simon für die entwickelte Energie und den hingebenden Eifer im Interesse Eisenstadt’8_ prostofolifarish der Ausbruch der Anerkennung ausgesprochen. — Zur Linderung des im Komitate herrschenden Elends, beziehungsweise zur Aufhaftung des nöthigen Samens, wurden 15000 fl. angewiesen, deren Vertheilung Sr. Durchlaudt dem Herrn Obergespan in Gemeinsgaft mit dem Herrn Vizegespan, nach ihrem persönlichen Gutdürfen anheimgestellt wurden. * Armentheatervorstellung. Im hier städt. Theater wird die von und bereit einmal gemeldete Wohlthätigkeitsvorstellung zum Beten des städtischen Armenversorgungshauses morgen Donnerstag stattfinden. Das von der erst 19jährigen Budapester Schriftstellerin verfaßte, reizende Qufzspiel „Mit dem Strome“ gelangt hiebei zur erstmaligen Aufführung. Diese Novität hat in Wien sensationellen Erfolg erzielt und verdient schon des humanen Zweckks willen, deren Besuch ein sehr zahlreicher zu werden. Die Vormerzungen auf Logen und Sperrfige übernimmt Herr Ludwig Bahhhofer, Grabenrunde Nr. 105, wobei bemerkt wird, daß den p. t. Abonnenten bis Donnerstag Mittags 11 Uhr das Bezugsrecht gewahrt bleibt. Für möglichst entsprechende Bewegung der Novität wird durch Verwendung unserer vorzüglichen Bühnenkräfte bestens Sorge getragen werden. * Ein scharfsinniger Dieb. Was thut man, um den Folgen nach dem Grtapptwerden bei einem Diebstahle zu entgehen ? Man entschädigt einfach denjenigen, den man zu bestehlen sich auserkoren hat, mit der Frucht einer zweiten Daunerei. So wenigstens glaubte jener Strolch, der dem Wirthe vom Gasthaufe „zum legten Groschen“ eine Gans entwendete, und dabei ergriffen wurde, das beleidigte Geieg verführen zu können. Er bat den ihn festhaltenden Wirth um Erlangung der Freiheit, wofür er ihm eine anderwärts zu ruhigende Gans bringen wolle. Wirklich brachte noch am selben Tage der Vagabund eine fette Gans, die er in Nebenmarkt mit gewohnter Routine anneftirt hatte, dem „Stofhen“wirth, der aber, weit entfernt von diesem Beweise der Dankbarkeit gerührt zu sein, das abgefeimte eigenthumsgefährlige Individuum dem Stadthauptmannamte übergab. *VBomWBetter. Seit Sonntag hat Boreas’ mit alten feinen Schrecen unsere Stadt überfallen. Schneewehen machen den Aufenthalt in den Straßen so unangenehm, als nur möglich, und die Straßenkehrer sind trog größter Anstrengung kaum im Stande die Zrottoird praftitabel zu erhalten. Die Flora des Winters zaubert ihre vielgestaltigen, kahngeschwungenen Arabeöfen und Blumen auf die Fensterscheiben, und die Dächer snarren unter der Last des auf ihnen lagernden Schnees. Das Quedfilder im Thermometer macht es wie Schreiber dieser Zeilen, es schrumpft vor ‚Kälte für mich in sich zusammen, und die liebte Mufik trug Konzert der Philippine v. Edelsberg und Operettensammelsurium, ist uns das Summen der Flammen duch die Klaffende Ofenthüre. Mehrere Zoll dices Eis bedeckt bereits die Wasserflächen, und dient den zahlreichen Freunden des „geflügelten Halifax‘ zu weiblichem Ergegen, denn Männlein und Weiblein pilgern hinaus die Schlittschuhe am Riemen, um in graziösen Evolutionen ihre Fertigkeit auf schlüpfrigem Boden das Gleichgewicht zu behaupten, zu erweisen. Die unliebsamen Folgen dieser winterlichen Grasfage unserer Natur begräfen sich bis jegt auf den in’s Stoden gerathenen Wagenverkehr längs der Dedenburgs-Presburger Straße unweit von Steinambrühl. Daselbst mußten 2 Frafer und 2 andere mit Steinen beladene Zuhrwerfe des undurdringlichen Schneegestöbers wegen ihre Pferde ausspannen, dieselben in den zunächst gelegenen Stallungen unterbringen und die Fortlegung ihrer Jahrt bis zum Eintritte besserer Zeiten verschieben. Unter folgen Umständen kann es uns auf ER > n.