Oedenburger Zeitung, 1880. Oktober (Jahrgang 13, nr. 118-131)
1880-10-01 / nr. 118
Tunis,Egypten 1 und Aden·via Malta oder Zante und nach Japan via Amur angenommen werden.Die Taxe für dringende Telegramme ist das Dreifache der Gebühr für ein gewöhnliches Telegramm und hat den Vorrang vor allen anderen Privat-Telegrammen in der Beförderung an den Bestimmungsort. Lokals. »Von unserer liberalen Parthei. Am letzten Dienstag fand unter Vorsitz deer Ik Advokaten Barty.v.Tom sich in den Speiselokalitäten des Kasinogebäudes eine leider schwankt besuchte Versammlung des großen Ausschusses der lberalen Parthei statt. Nachdem in einer früheren Konferenz die Mitglieder dieses Ausschusses beschlossen hatxem sich auch in der Zukunft unter Die Sahne, der liberalen Partei zu paaren, und zu deren eifrigsten Anhängern sich zu bekennen, wurde nunmehr darüber berathen, mit welchen Mitteln am wirksamsten dem in der eigenen BParthei eingerissenen Indifferentismus, und der allen politiscen Bewegungen gegenüber Seitens der Herren Wähler befundeten Apathie entgegengearbeitet werden könne. Beider — mit lebhaften Bedauern gestehen wir e8 — ist die Konstatirung dieser Thatsache nur allzu wahr. Zwei Jahre sind seit der legten Legislatur-Periode vorübergestrichen, ohne daß die liberale Parthei ein Lebenszeichen von fi gegeben, ohne daß sie die nöthigsten Mairegeln zur Bekämpfung der immer größere Sreije ziehenden ASer Parthei mit deren Oberhandgewinnen über Ungarn ein Nationalunglück von unabsehbarer Tragweite heraufbeschworen wird, veranlagt hätte. — Die Versammlung beschloß daher, um den oppositionellen Strömungen erfolgreich zu begegnen, zunäcst die Neuorganisation der liberalen Partei, die Neuwahl des großen Ausschusses, in welchen die hervorragendsten und angesehen often Bürger unserer Stadt berufen werden, die Neuwahl des Präsidiums, der Schriftführer und aller andern Funktionäre. Die zur Belegung der benannten Ehrenämter in Vorschlag gebragten Herren, werden somit zu der in der Zurnhale am 2. Oktober %. abzuhaltenden Generalversammlung der einberufenen Wähler zur endgültigen Genehmigung empfohlen. *-BomQTurn-Feuerwehrvereine Morgen Samstag den 2. Oktober findet um 8 Uhr Abends im Vereind » Lokale (Hestauration by im 1. Stod) ein „Vereind-Abend“ statt, wozu Die p. t. Mitglieder geladen sind. * Ertappter Wilddieb. Gestern wurde ein Wilddieb, welcher mittelst „Deaxen“ dem Wilde nachstellte, vom hiesigen Stadthauptmannamte zur Verantwortung gezogen, und mit einer Geldbuße von 100 fl., eventuell, bei etwaiger Zahlungsunfähigkeit, mit Kerkerhaft von 20 Tagen bestraft. * Die Eröffnung unserer Theatersaison erfolgte am vorigen Dienstag mit Paul Windau’s: „Johannistrieb‘ und die dabei beobachteten Erscheinungen lasfen nach Feiner Nichtung Hin einen sicheren Schluß auf den materiellen oder künstlerischen Erfolg der Unternehmung des Herrn Direktors Ber fi’l ziehen. Meateriell nicht, weil sofost die allererste Vorstellung, mit einer offenbar zu den besten Arbeiten Lindau’s zählenden Nopität, zwar ein recht gut besuchtes, aber keineswegs ein ausverfauftes Haus erzielte und die zweite Vorstellung sogar (Kostas, allerdings hier bereits stark abgespielte Poffe „Ihr Korporal") vor leeren Bänken aufgeführt wurde; und zünstlerisch sind aus dem Grunde wieder weder Berheigungen noch Befürchtungen auszusprechen, da die Aufführung beider genannten Stüde sichtlich unter dem Druck der Befangenheit und Unsicherheit, der Darsteller litt. Mit der Afustiz des Hauses, mit der eigenen Umgebung und der Beschaffenheit der momentanen Stimmung im Publitume so wenig vertraut, wie mit der Geschmadsrichtung im Allgemeinen, fanden die Mitwirkenden fast durchgehende nicht den Ton der Natürlichkeit und Lebenswahrheit, sondern überhafteten sich zum Theile, oder trugen ein wenig zu grell auf, oder blieben endlich hinter den Forderungen der vom Dichter vorgeschriebenen Charakteristif zurück. Eine löbliche Ausnahme bildeten (wir sprechen vom „S Johannistrieb‘) nur Herr Weinmüller, der mit großer physischer Wahrheit, mit ungefünftelten Bewegungen und mehltönenden Organe seine Rolle darführte ; — und das Direktorpaar, welches große Routine zeigte und ohne die Schönheitslinie zu überschreiten, ein wenig Leben in das bei mit ganz außerordentlich gelungener Darstellung etwas langweilige Schauspiel braten. Der Eindruck, den das Auditorium im Großen und Ganzen von der ersten Vorstellung mit sich davon trug, war Übrigens ein entschieden günstiger, was durch die tadellose mise en scene erreicht worden sein mochte. Wir sind nun schon sehr gespannt auf die erste Operetten » Aufführung: Suppe’s hier freilich schon vorzüglich gut gesehene „Satiniga.“ E.M. “ Die feierliche Wieder-Eröffnung der restaurirten Siegendorfer Pfarrkirche, wurde am 26. September, legten Sonntag, von schönem Wetter begünstigt, inmitten einer sehr großen Menge Bolfes, der Geistlichkeit und Honoratioren der Umgebung, abgehalten. Die prächtige Landkapelle von Donnerskirchen stellte ihr Kontingent einer sehr schönen Musik auf Blechinstrumenten, sowohl bei der kirchlichen Weihe, als au während der splendiden Tafel, die in den herrlichen Räumen des Fastellartigen schönen Siegendorfer Pfarrhauses, nach dem Amte folgte. Die Kirche ist wirklich sehr sehtön deformt, und bereits findet das Beginnen eine eifrige Nachahmung. Herr Kraus wird demnächst die Nestaurirung der ehrwürdigen Korettiner Wohlfahrtsfirche bekommen. — Herr Pfarrer A. Kölly ist ganz entzückt über die gut gelungenen Altarbilder und sonstigen alten Dehlgemälde in Siegendorf. Auch in Sigles soll demnächst die Kirche innerlich deforirt werden. Es ist dies ein erfreuliches Zeugniß vom wiedererwachten religiösen Leben, das binnen zehn Jahren nur im Naaber Bisthume, über sechzig Kirchen, theils neugebaut und vergrößert, theils gänzlich restaurirt und deforirt wurden. Tagesneuigkeiten. + Die Meßapparate in den Zuderfabriken. Vor einigen Tagen kam die Nachricht, das eine Anzahl öfterr. Zuder-Fabriken, welche eben die Kampagne begonnen hatten, in Folge der Unbrauchbarkeit der zur Steuerkontrolle verwendeten Weeßapparate den Betrieb eingestellt haben. Das österr. Finanzministerium hat zwar die Petition von 105 böhmischen und mährischen Zuderfabriken, da die Fabriken, wenn eine Störung in der Funktion des Zählwerkes eintritt, unter amtlicher Beaufsichtigung weiter arbeiten dürfen, bis wieder die richtige Funktion amtlich konstatirt sei, abschlägig beschieden, weil die Arbeit vorschriftsgemäß nur drei Zage fortgejagt werden dürfe und „Seine Thatsache vorliege, daß bei den Divis-Öropjden Zählapparaten dersartige Störungen eintreten und daß die gegenwärtigen Bestimmungen ungenügend seien”, nichtSdestoweniger sind aber derartige Störungen in der That eingetreten und steht, wie gesagt, infolge des obigen Bescheides eine große Anzahl von Fabriken, die den Betrieb eben begonnen haben, wieder still. + Defraudation und sein Ende in der Gemeinde Szafes des Tolnaer Komitats hat der vor drei Jahren gewählte Gemeindefasjier erst im vorigen Weonate die Schlagrechnungen für die legten drei Jahre zur Vorlage geblagt. Bei der Revision der Nehnungen wurde ein Abgang von 5800 fl. konstatirt, welches der unredliche Beamte blos zum Theile zu erliegen im Stande it. 8 wurde bereit die Untersuchung eingeleitet. + Ein blutdürftiger Stationschef. Dieser Tage lieg, wie „Szabolcsm. Hirlap‘‘ meldet, der Stationschef von Nyireghháza (Theigbahn) einen dortigen Bürger aus bisher unbekannten Gründen, doch seine untergebenen Organe blutig schlagen. Der Betreffende liegt verwundet zu Bette. Die gerichtliche Untersagung wurde eingeleitet. + Akiengesellschaft zur Errichtung von Drogschlädtereien Der öfter, Deiiter-Präsident als Leiter des Ministeriums des Sunern hat im Einvernehmen mit den betheiligten anderen 1. . Ministerien und dem Herrn Dr. ©. Kris, Hof- und Gerichts-Advokaten in Wien die Bewilligung zur Errichtung einer Aktiengesellschaft unter der Firma „Aktiengesellschaft zur Errichtung von Großschlächtereien" mit dem Sige in Wien ertheilt und deren Statuten genehmigt. + Irrsinn oder Defraudation. Friedrich Negensburski, Kaffier der Wiener Filiale der Neugedeiner Spinnfabrik, der vor einigen Tagen aus Wien verschwunden ist, teilte sich dem Landesgerichte mit der Selbstanzeige, daß er zum Nachteile genannter Aktiengesellschaft einen Betrag von zirka 4000 fl. veruntreut habe. Da indes die gleich nach R.’s Unsichtbarwerden vorgenommene Bücher- und Kaffenrevision keinerlei Unregelmäßigkeit ergeben hat, so bleibt vorläufig offen, ob man es nicht etwa mit einem von ihren Ideen beherrschten Geistesverwirrten zu thun habe. + Mutterherz. Kürzlich hat sich auf der Strece zwischen Clarathurn und Kraljevec der bedauernswerthe Unfall ereignet, da das achtjährige Kind der Frau Baronin Jusey aus dem Eisenbahnwaggon gestürzt und die Mutter dem Kinde nachgesprungen it. Den Verwundeten wurde gleich ärztliche Hilfe zu Theil und wurden dieselben mit einer Hilfsmaschine in einem Personenwagen nach Kanisza, dem Ziele ihrer Reife, gebrapt. Wie versichert wird, sind die Berlegungen nicht als schwere zu befragten. Der Unfall soll dadurch herbeigeführt worden sein, daß das Kind mit der Schnalle der Waggonthür gespielt und diese sich geöffnet habe. + Der gefährliche Pferdediehb um Schreden aller Gutsbesiger der Komitate Somogy, Zolna und Besprim, Josef Majer, ist dieser Tage ges vade in dem Momente eingefangen worden, als er mit einem Zweispänner, dessen Eigenthümer zufällig nicht am Wagen war, duchbrennen wollte. + Die Bilczefsche Nordpols Expedition. Wie die „Academy“ erfährt, hat Graf Wilczef beschlossen, die Absendung seiner Expedition nach Nowaja Semlja bis 1882 zu verschieben, um den Expeditionen, die mit ihm kooperiren sollen, zu wissenshaftlichen Beobachtungen in den arktischen Regionen Zeit zu lasfen. Der Zweck der Wilcze’schen Expedition, die sich unter der Leitung des wohlbekannten Forschers, Lieutenant Weyprech, befinden wird, ist der, zur Aufstellung meteorologischer und anderer Beobachtungen eine Station zu gründen, von den Diamantenfeldern. Den neuesten Nachrichten aus Kimberley zufolge hat die durch die Entdefung von Diamanten im Freistaate verursachte Aufregung an Intensität nichts verloren. Zu den Gräbereien zu Jagersfontain wurde ein prächtiger Diamant vom reinsten Wasser, 50 Karat wiegend und im Werthe von 600 Pfund Sterling zu Tage gefördert. + Giftmord. Aus Prag, 27. d. M., berichtet das „Prager Tagblatt”: „Ein empörender Giftmord hat sich in einem Orte der Pfarrei Tweras zugetragen. Der Grundbefiger Johann Prosclo in ALhing ist der Arsenis vergiftet worden und am 19. d. M. unter den verdächtigsten Krankheitssymptomen gestorben, während das Weib mit einer Prozession nach Rimauwallfahrten gezogen war. Als der That verdächtig wurde die Gattin des Ermordeten und ihr Schwager verhaftet und nach Krummau eingeliefert. An Weitzwoh begab sich eine gerichtsärztliche Kommission zur Untersuchung der Leiche nach Misching, und diese fand in den Eingeweiden und dem Magen des Mannes arsenikhaltige Kügelchen, welche ein begangenes Derbrechen außer Zweifel stellen. Die betreffenden Theile wurden bereit der medizinischen Fakultät nach Prag zur Analisirung übersendet. 2 ee wi br --.-· » »-«. ·-.».·s«—O-«-... - » «»"-- von Less Suenet Ein Monstre-Bergiftungsprozeß, Unsere geehrten Leser erinnern sich vielleicht noch unserer Mittheilung im verfroffenen Frühling, welche den im Orte Szerdahely, (bei Güns) verübten Giftmord durch Arsenis zum Gegenstande hatte. Am 23. und 24. September wurde zu Steinamanger die Schlafverhandlung über diese sensationelle Affaire gepflogen. Der Verhandlungssaal des fün. Gerichtshofes war an beiden Tagen gedrängt voll und das Auditorium folgte der Verhandlung mit gespanntester Aufmerksamkeit. Auf der Anklagebank befanden ss folgende zehn Personen, mit einer einzigen Ausnahme lauter Frauen : Witwe Stephan Horváth, geb. Anna Nagy (gewöhnlich „Lyukas Kati“ genannt), Frau Ludwig Pepics, geb. Julie Lagler, Frau Stephan Fekete, geb. Katharina Bencze, Stephan Blassovics Nämmrich aus Szerdahely und Frau Johann Horváth, geb. Therese Molnár aus BVelem, alle Fünf des Verbrechens des Giftmordes, beziehungsweise der Z Theilnahme an demselben beinsichtigt ; ferner Frau Georg Oisi, geb. Katharine Nagy aus Kis-Pere, des Versuches des Giftmordes, Rosalie Tengelics und Agnes Horváth aus Bozjos der Kindesabtreibung, endlich Elisabeth Horváth und Witwe Johann Horváth sen. des Giftmordes angeklagt. Der Thatbestand ist in möglichster Kürze folgender: Die Witwefrau Stephan Horváth, geb. Anna Nagy, hatte zum Beginn des Jahres 1879 in Szerdahely Frau Ludwig BPepics, damalige Frau Joseph Horváth, kennen gelernt, welche Lettere ihren Mann um jeden Preis los sein wollte. Die Horváth versprach ihr Hilfe, ließ sich von ihr 1 fl. 50 fl. geben und begab sich im die Apotheke nach Güns, wo sie Arsenis verlangte. Als man ihr feines geben wollte, kaufte sie um 1 fl. Birnen, ging zu dem Arzte Mar Berger nach Neding und klagte ihm, daß die Ratten ihr alles auftresjen, weshalb sie ihn um etwas Arsenit bitte, als Gegendienst schenkte sie ihm die Birnen. Dr. Berger gab ihr eine Anweisung, auf Grund welcher sie etwa 150 Gramın Arsenik erhielt. Hievon gab sie die Hälfte der Frau SYoseph Horváth, die andere Hälfte behielt sie sich. Frau Horváth treute das Arsenik ihrem Gatten auf ein Stüd Badwerk, wovon er binnen einigen Stunden starb. Frau Horváth aber heirathete nun ihren Liebhaber Pepics, dessen rau sie auch gegenwärtig ist. — Kurze Zeit darauf übernahm die Nagy über Aufforderung der Katharina Böonya die Pflege des Schwiegervaters der Legieren, Martin Horvath. Sie war jedoch der Krankenpflege bald überdrüssig und gab dem Patienten Arsenit in die Suppe, wovon derselbe starb. Hierauf verabreichte sie dasselbe Mittel unter Mitwirkung der Frau Johann Horvath sen. dem Franken 7ejährigen Sohne der Elisabeth Horpäth, der das Arsenif zwar ausbrach, am darauffolgenden Zänge aber dennoch den Geist aufgab. — Frau Katharina Hekete wollte ihren trunk und zanksüchtigen Mann [os werden — und Stephan Blassovics Frau werden. Sie wandte sich daher an die Nagy die fi bei der Fekete einquartirte, wo sie deren Manne zuerst in den Kaffee, dann in den Wein, dann im eine Eierspeise Arsenit gab; als all’ dies nichts müßte, buf sie ihm arsenithaltige Bogatien, welche die gewünschte Wirkung hervorriefen, indem Helete einige Tage darauf starb. — Ferner tödtete die Nagy die Witwe Stephan Legeths, die sie hätte pflegen sollen, und die franke Mutter Yohann Molnar’s, Frau Eva Molnar. Der Versuch, ihre eigene Schwester, Katharine Nagy, zu tödten, miglang, da diese das Gift ihrem Hunde verabreichte, zum Theile aber ihrer Feindin, Katharine Gergelpi, jedoch erfolglos. Der Agnes Horváth und der Rosa Zengelics wollte sie auf deren eigenen Wunsch die Leibesfrucht abtreiben, der Berfuch hatte imder seinen Erfolg. Frau Stephan Horváth bekannte, die ihr zur Last gelegten Verbrechen begangen zu haben ; die übrigen Angeklagten leugneten zum Theil, theilweise legten sie gleichfalls ein Geständniß ab, 2 Yrasseilifei a er am ae RE I Bis AS BETT ’ ee ee