Oedenburger Zeitung, August 1933 (Jahrgang 66, nr. 172-197)

1933-08-01 / nr. 172

sk;s«««-«st«ss«M-ssisny«III-NEWTONMW-s":sk-:xss-.rssrsssssxssit-.­­ Seite 2, - Dienstag, Erbfönig Itto in Rauch. Paris, 31. Juli. Erbfönig Otto iit Samstag in Begleitung jeiner Brüder Robert, Thomas, Felix, Karl Ludwig, Audolf und jeiner Schweitern Adelheid, Charlotte und Elifabeth infognito in Nancy eingetroffen. Die Bejucher be­­gaben jich nach der Chapelle-Ronde, imo die Gebeine der SO Herzoge aus dem Haufe Lothringen ruhen, und vber­­tiehteten dort ein jtilles Gebet. E Borlehrungen gegen fommuniftiiche demon­­itrationsberjuche in Budapeft. Budapeit, 31. Juli. Der Polizei find vertrauliche Mitteilungen zugefom­­men, daß die Kommuniften Gamstag aus Anlag de3 Iahrestages der SHin­­rihtung der Kommunijten Cmmerid) Sallay und Mlerander Fürft eine Demonitration : beabfichtigten. Darauf­­bin hatte die Polizei alle öffentlichen Gebäude bejet und auch font : waren erhöhte <Sicherheitsporfehrungen ge troffen. 8 ilt aber nirgends zu De­­monftrationsverjuchen gefommen. Dedenburger Zeitung Staaten der Löjung des Problems nicht. nähergebradt. Wir müffen daher felbft zu Handlungen jchreiten.“ Nadt aus dem Fenfter auf die Gtraße geihrungen. Budapeit, 31. Juli. Aus dem erften Stof eines Haufes jtürgte gejtern vormit­­tags ein Mädchen nach Tauten Hilferufen volljtändig nadt auf die Straße, Sie brach füh beide Yühke und beide Arme, Von der Polizei verhört, jagte fie aus, fie jei das Modell Borista Wigväari und fei jeit einem Monat von dem Bildhauer Elemer Bih feitgehalten worden, der fe Hungern ließ und peinigte, weil fie feine Liebes­­anträge nicht erhörte, Als fie um Hilfe rief, habe er fie auf die Strake geworfen. Bik jeinerjeits erklärte, das Mädhen ei eine Hyiteriferin, fie ei jelbit aus dem Feniter geiprungen. Bi wurbe "in Ge­­wahrjam genommen. . 1. Auguft 1933. Nr..172. gür einen engen Kon: talt zwilchen Ungarn und Seiterreih. Aus Wien wird gemeldet: Der ölter­­reihiihe Staatsjetretär Neujtädter- Stürmer äußerte fi) über die Bezie- Hungen Dejterreichs zu Ungarn einem Re-. dafteur der „Univerjalforrejpondenz“ ge­­genüber unter anderem wie folgt: „die Bewegung, als deren Erponent in der Regierung ich mich betrachte, will, was Ungarn anlangt, eine weitgehende wirt­­ihaftlihe Annäherung, beziehungsweije die Vertiefung der Derzeit bejtehenden witt- Ihaftlichen Beziehungen herbeiführen. Wir überjehen dabei nicht, daß die öfterreichijche Landwirtihaft au weiterhin eines gemwij­­jen Schußes bedürfen wird, Aber bei al­­lem Schuß unjver Tandwirtichaftlichen Produften ijt und bleibt unjer Bedarf an agrariichen Artikeln jo groß, dak wir auf diejem Gebiete Ungarn über Das jeßige Mah hinaus wertoolfe Ronzejfionen ma­­hen innen. Daß wir, die der Heimwehr­­bewegung angehören, eine jolhe Löjung des mitteleuropäilchen Problems anitre­­ben, die vor allem zwijhen uns und Un­­garn einen engen Kontraft jhafft, brau­­he ich wohl nicht bejonders zu betonen. Mie weit diejes engere Verhältnis auszu­­geitalten jein wird, fünnen nur die fon­­freten Verhandlungen enticheiden. Schlag- Salzburg, 31. Juli. Samstag | vormittags erjchienen über" Salzburg in worte, wie wittjhaftlidhe Union, find mei! Staffel vier deutiche Flugzeuge Und eine ner Meinung nad zu perhorreszieren, weil fie Anlak zu gewollten und unge­­wollten Mikveritändnilien geben. Das Gewidt liegt auf den anzuftwebenden Tatjahen einer Kooperation, die auch in den internationalen Beziehungen den bei­­den Staaten zugute fommen würde, Sedenfalls ijt die Zeit des tajhen Handelns gefommen. Die internationalen Viertelftunde jpäter drei deutiche Flug­­zeuge, al3 denen abermals eine größere Anzahl von. Flugzetteln abaeimorfen wurde. In den Slugzetteln wird zum Steuerjtreif und zum Abheben der Spar­­einlagen aufgefordert. Die öfterreichifche Gefandtihaft in Berlin wurde angewiefen, auch in diefem Fall ichärfiten Broteft einzulegen. Konferenzen haben uns mitteleuropäijche Der öfterreichiiche Handelsminifter in Bupdapelt. Budapeft, 31. Juli. Der öfterreihi- Ihe Handelsminijter Yranz Stodinger it mit dem Herren jeiner Begleitung ge­­tern um 12 Uhr 42 Minuten in Budapejt zur Kortführung der öfterreihiih-ungari­­jchen Verhandlungen eingetroffen. Um 2 Uhr nachmittags gab der öfterreichiiche Gejandte Hennet den Gäjften ein Di­­ner. Die öfterreichiiche Delegation hat be= reits im Laufe des Nachmittags Die meri­­torijhen Verhandlungen im ungariichen Handelsminiiterium aufgenommen. Bor Prefjevertretern erklärte Bundes­­minifter Stweinger nah feiner An- Zunft, die beiden Delegationen würden die Deiterreih und Ungarn gemeinjam inte­­refierenden Kragen beiprehen, und zwar in eriter Linie die Yrage der ölterreichi­­chen Holzausfuhr nad Ungarn jowie die Eleftrifizierung der Eijenbahnlinie He= syeshalom— Wien. Bon ungariiher Seite wird, wie Han­­delsminiiter Yabinyi jeinerjeits erklärte, voor allem die Frage des Weizenerportes und die enge Zujammenarbeit auf dem Gebiete des Fremdenverfehrs zur Sprache gebracht werden. Dentjche Slugzenge über Galzburg. gung (Fahrt, Bad, Mittagessen u. Nacht­­mahl) P 2.50 bis 3.50. Pensionspreise in der Vor- u. Nach­­saison, vier Mahlzei­­ten und Bad P 5.—, in den Monaten Jul und August P 6.—. Weekend, von Samstag-Jause bis Montag-Frübstück P 8. Aut die Frage: — Wo verbringt man die Tage am besten in Lust und Freud ? — Ist die Antwort: — Der schönste Ort ist die Ceichmühle ) Menüsystem erweitert, schon von P 1.20 an. Autobustahrt, kombiniert mit Bad für Ys Tag P I. Bei Dichtinanspruch­­nahme des Bades wird die Badekarte beim Speisen rückgelöst. Ganztägige Verprfle­­­­ % Schwierigfeiten beim ananriihen Weinerport nach Bolen Aus Budapeit wird gemeldet: Bis zum Herbit des Vorjahres konnte die un­­garühe Weinausfuhr nah, Polen gegen Marenpengö vor fir gehen. Geit diejer Zeit war aber die polnifche Regierung beitrebt, den Export in den Rahmen des KRompenjationsperfehrs einzugwängen und hat dementiprechend die Einfuhrver­­bote Hödjit rigoros gehandhabt. Der Er­­port jchrumpfte daher im Testen Quartal 1932 arg zufammen, jeit vem März dv. 9. fam dann der Abjak auf Grund privater Kompenjationen wieder etwas in Gang. Der polnische Marft wurde übrigens auch duch die Wirtjchaftsfrife jtarf ge­­ihwädt. Eine große Anzahl von Wein­­händlern war materiell erichüttert, jo daß fh die ungarichen Erportfirmen gezwun­­gen jahen, unmittelbaren Kontaft mit den Verbrauhern zu juhen. Hiezw ijt aber die Einrichtung von Lagern an Ort und Stelle erforderlih. Um dies zu erleich­­tern, Hat Das fön. ung. Aderbauminiite­­zium Frachtbegünitigungen au für Stüd­­gutiendungen aus dem Tokajhegyaljaer geihlojfenen Gebiet bewilligt, Das unga­­riihe Aupenhandelsamt Hat übrigens durhgejekt, Daß die Mufterziehfung bei folchen GStüdgutjendungen, jofern ihr Bruttogewiht 10 Doppelgentner nicht überjteigt, gebührenfrei erholge. Her Feldzug Nooievelts. Wafjbhington, 31. Juli. Die Kampagne KHoojeveltS zur Erhöhung der Löhne und zur Herabjegung der Arbeit3zeit, die einen Monat dauern fol, ift bereit eingeleitet worden. Der Attorney-General hat verfügt, daß alles Gold, das in den Vereinigten Staaten geivonnen oder eingefehmolzen wird, nicht eusgeführt werden darf. * Bräfident Roosevelt, hat die Nachricht erhalten, daß die Kaufhäufer und La­­denbefißer beihloffen hätten, den Re­­gierungsplan anzunehmen, der eine Herabjegung der Arbeitszeit und eine Erhöhung der Gehalte vorjieht. Durd dDieie Mabnahmen würden 500.000 Ir­­beiter neu eingejtellt werden Fonnen. %* Yutobus nah Wien, Täglich ab Sopron (Hotel ‚VBannonia“ 7.20 Uhr, ab Wien l., Schwargenbergplag 1. täglich 19 Uhr. Ub Wien Sonn- und Feiertags 21 Uhr. Rahrfarten und ermäßigte Tour-Retour­­tarten bei der Fuemdenwerfehrstanglet, Grabenvinde 44, beim Bortier des Hotels „PBannonia“ und in der Papierhandlung Blum. MUTTERLIEBE 18 Copyright by Martin Feuchtwanger, Halle (Saale) Und war fie nicht foeben auf dem beiten Wege, Diejes vertrauende Men­­fchenherz, daS nach Liebe verlangte, zu bintergehen? Heute war e8 ihr zum eriten Male flar geivorden, daß ihr Be­­mühen um den Bauern nicht umfonjt gewejen war. Sie brauchte nur noch ein paar Wochen fo fortzufahren, dann war er ihr ficher. Nedesmal, wenn er ihr von feiner Therefe oder von Franz jpradı, fühlte fie, wie fie feinem Herzen näher rücte. Vertrauen und Liebe, danach ver­­langte Bertold Kloje. Konnte fie ihm beides, fonnte fie ihm mur eines entge­­genbringen? Lieben? Diefen äußerlich fo wenig anziehenden Mann, der die Höhe de3 Lebens fchon überichritten hatte? Nein, lieben Eonnte fie den nicht. Aber wer fragte danad. War ihre Liebe zu ihrem verftorbenen Manne nicht von dem folgerichtig zertreten worden? Und doch hatte fie nach Jahren bindurdh an feiner Seite ausgehalten. Wieder hieß eS für fie, ihr Herz in beide Hände nehmen. Für ihre Kinder würde fie auch diejes Opfer bringen. Wer weiß, was in den näditen Jahren alles eintreten £onnte; vielleicht wurde Sranz nicht alt. Schwädlich genug war er, und dann — dann würde, wenn ihre zweite Ehe finderlos blieb, Robert mohl al3 nächiter männlicher Erbe in Betracht fommen. „Selma, wir werden diefen SHerbit a paar NRojenitöcdel pflanzen, die alten fein nid mehr bibihd genug! Was meinte, jullen’3 weiße oder rute fein?” Der Bauer Jette fich feinen Filz wieder auf und blidte der CSchmägerin mit jchimmernden Augen ins Geficht, das vom Bücden beim Säten gerötet ivar. Sie jah fait jugendlih aus. „Weiße Rofen blühen ja genug bier, Schwager! Nimm doch rote”, entgegnete fie. „Not ift die Rarbe der Liebe.“ „Meine Liebe Tiegt durte unten.” Der Bauer deutete mit feiner Fnodhigen Hand nah dem Grabhügel. Wieder bebte durcch feine rauhe Stimme ein Teijes Zittern. „ar, eine Liebe ilt dir noch geblieben, Schwager!” antwortete Selma. Sie jah ihm voll ins Geficht. AS fie feine Blicke fragend auf fich gerichtet jah, fuhr fie mit bewußter Wärme fort: ,‚Dent doch an Franz!” Da jeufzte der Starfe Mann jchwer auf. „Recht hafte, Selma — aber die Xiebe mein id nich!” „elche denn?” Gelma Kloje tat, al$ verftände fie ihren Schwager nicht. „u, ma: medht halt manchmal an Menichen haben, mit dem man —“” Der Bauer brah ab und fuhr fich mit der Hand über die Stirne, al3 miülje er einen Gedanfen fortiwiichen.. „LXaffen merjch, daS ih3 nır amal vorbei, dazume bin ich zu alt. Kumm, mer mulln zu Haufe giehn; mer haben jo jjunt lange gemahrt!” Schmweigend jchritten fie von der An­­höhe hinab dem Lindenhof zu. Die unter­­gehende Sonne ftand wie ein riefiger Teuerball tief am Horizont. Nur wenige Minuten no, dann mußte fie hinab- Itauchen. Das Teuchtende Goldrot ihres Unterganges verfprah einen jhönen Tag. Und eg mußte ja jchönes Wetter hleiben. Die Ernte follte morgen be­­ginnen — die Ernte! Selma Klofe jah im G®eiite die Hoch­­aetürmten Leitermagen voll des goldenen Segen? zum Hoftor hineinfchwanfen. Und nod an eine andere Ernte dachte fie: da würde fie die Schnitterin jein. Noch war die Saat nit ganz reif, aber auch hier würde eS nicht mehr lange Währen. Nur Geduld. Was bedeuteten für fie ein paar Wochen oder Monate. Ihre Ernte war vom Wetter nicht abhängie. Note Roien — die Tarbe der Liebe... Emma Kloje war mit ihrem fchmad)­­finnigen Better nad) anderthalbitündiger Fahrt in der Kreisitadt eingetroffen. In einem Gejchäft, das ihr der Bauer ge­­nannt hatte, bejorgte fie den Anzug für Franz. Er vaßte zwar nicht jo ganz, denn der. Körper - des: zmolfjährigen Knaben war für die Durhichnitt3maße zu Ichmächtig. Aber -Schlieglich Tießen ich ja die zu langen Mermel und Hofen­­beine einnähen. Mit Rührung bemerfte fie, wie un­­bändig fi der Knabe über den neuen Anzug freute. Er Strih immer ipieder über den Stoff und lachte gludfend. Mit Emma’ verjtand er fich porzüg­­lich. Er hatte ja bisher.außer der etwas rauhen Zärtlichkeit feines WVaters- feine ‘weichere Hand Fennengelertt. Die Wirt­­fchafterinnen, deren der Bauer in den 3mölf Sahren jeines Witiverftandes ein gutes halbes Dutend gehabt hatte, taren nach längerer oder fürzerer Zeit immer tpieder gegangen. Die lebte ge­­radezır Franz’ wegen. (Rorrfegung folgt.) VON KURT FELSCHER ie NE EN

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