Pester Lloyd - Abendblatt, Juli 1856 (Jahrgang 3, nr. 150-176)

1856-07-22 / nr. 168

Die einzelne tuner Fortet 1 Er. EM, Abendblatt des Pefter Floyd. E Redaktiond. Dnrean, Do­­rotbeagaffe erften Stock, Dienstag , 22. Juli, Nro. 168. Welt, 1856. Telegraphische Depeschen der „Desterr. Eprresp.“ Maris, Montag. Zu Junguera ist der Aufstand ausgebrochen. Malta, 13. Juli. Die Dampfer „Shear­water“ und „City of London“ sind mit der Mannschaft des an der tunesischen Hüfte gescheiterten Dampfers „Spartan", Der kaum mehr zu retten ist, angenommen, R. Wien, 21. Suli. Die Ereignisse in Spanien beschäftigen auch hier Die politische Welt in einem hohen Grade. Hauptsächlich wohl, weil man die Besorgniß hegt, daß sie nicht ohne Einfluß auf den Nachbarstaat blei­­ben dürften, falls sie nicht bald zu einem den konsersativen Interessen günsti­­gen Abschluffe gelangen. Mieber Die Haltung der französischen Re­gierung gegenüber Dieser neuerten Revolution in Spanien kann ich Ihnen als bestimmt mittheilen, daß man sie in Paris jeder direkten Einmischung in die spanischen Angelegenheiten auf das Genaueste enthalten wird, obwohl man den Sieg der konsersativen Prinzipien lebhaft wünscht. Die Aufstellung eines Dichservationsforos an der spanischen Grenze darf nicht anders als eine Sicher­­heitsmaßregel angesehen werden, welche wohl sein Staat versümumen wird, an dessen Grenzen die Revolution ihr blutiges Banner aufgepflanzt hat. — Na­ Parts sind vorgestern von hier Depeschen abgegangen. Die Nachrichten, welche von einer Erhaltung der freundschaftlichen V­erhältnisse zwischen Oester­­reich und Frankreich flieh­en, müssen Kurchans mit Mißtennen aufgenommen werden, und Dürfen Sie mir es wohl glauben, wenn ich Ihnen sage, daß in Teuterer Zeit nicht das Geringste vorgefallen ist, wodurch eine Entfremdung der beiden Höfe Hätte veranlaßt werden können. Mit Rücsicht auf den Streit, welcher sich zwischen den dänischen offiziellen Blättern und der „Preuß. Korresp.” Darüber erhoben hat, ob Die deutschen Noten wegen der. h Holstein-Lauenburg Domänenangelegenheit bereits beantwortet seien, muß bemerkt werden, Daß die Noten, welche Anfangs Sunt nach Kopenhagen abgegangen sind, allerdings und zwar nach Ab­­lauf einer sehr kurzen Srift beantwortet wurden. Die Art und­­­eise aber, wie Dies geschah, hat hier, und wohl auch in Berlin zu wenig befriediget, daß man si zur Absendung einer zweiten in einem weit energischeren Tone ge­­haltenen Note veranlaßt sah, welche, wie ich Ihnen Dies seiner Zeit berichtet, vor ungefähr drei Wochen nach Kopenhagen abgegangen ist. Auf Diese zweite Note nun ist Die dänische Regierung Die Antwort noch schuldig, nd meiß man nur über die Aufnahme, melde sie seitens Derselben gefunden, Daß sie eine nicht geringe Bestürzung erregt haben soll, so Daß es allgemein hieß, Herr 9. Sckheele werde seine Entlassung einreichen. Bei dieser Gelegenheit fann ich nicht umhin, Ihnen zu melden, das in neuester Zeit abermals das Gerücht von­ der bevorstehenden Revision des Londoner Protofols auftaucht, und­ zwar wird — auffallend genug — die Hauptveranlassung Hierzu dem russischen Sabinete beigemessen. Ich will hier­­bei nur noch bemerken, daß diese Nachricht, so sonderbar sie auch klingt, doch, einer, in solchen Dingen sehr verläßlichen Duelle entnommen ist. Die Zukunft wird und wohl zeigen, in mie weit bieselbe richtig ist. Aus Montenegro ist der Adjutant des Fürsten Danilo, Herr von Butovich, Hier angenommen, um im Interesse desterben zu wirken. Der Fürst hat, wie es scheint, seine auf Die Vergrößerung des Fürstenthums abzie­­enden Pläne noch nicht aufgegeben, und nimmt ungeachtet der in dieser Hin­­sicht zu wiederholten Malen gemachten ungünstigen Erfahrungen, den Berfuch immer wieder auf, Den Diesseitigen Hof für diese Pläne zu gewinnen. Als Kuriosum verdient bemerkt zu werden, daß sowohl Fürst Stichbey als auch Fürst GHtta Denfschriften über die Lage der Fürstenthümer an den Höfen der Großmächte, sowie in Konstantinopel haben übersehen Iassen, Erste­­rer spricht sich Darin gegen das Unionsprojekt, lebterer für dasselbe aus. Fürst Getta beabsichtiget übrigens Diese Ansicht auch persönlich in Paris zu ver­­treten.­­ X Meft, 22. Suli. Der politische Horizont erhält Durch die heutige Hoft­e eine weitere Aufklärung, unsere obige R-Korrespondenz liefert noch Das wichtigste Materiale. Was mir sonst erfahren, beschränkt sich auf Folgendes : Marquis Normandy hat, wie die „Aachner, Korrespondenz” meldet, Parma verlassen; das Resultat seiner Mission ist für Oesterreich günstig. Dem gegen­­über kann man die Lulubrationen des Londoner Korrespondenten Der „Bril. Zig.“, denen zufolge es Lord Palmerston,in der italienischen Stage eigent­­lich­ darauf abgesehen habe, in Sizilien zu landen, um neben Franz­reich und Oesterreich gleichfalls an der Okkupation Italiens Theil zu nehmen, als Ieeres Hiengespinnst betrachten. Nach Ddeffa ist am 16. b. von St. Petersburg Befehl eingetroffen, daß die vor Kurzem provisorisch aufgehobene Quarantäne noch vor Ende dieses Monats mit je viertägiger Dauer in den russischen Häfen des schwarzen Meeres und zwar an für Provenienzen von ©nlab wieder ins Le­ben zu treten hat. Sn Kew York ward am 4. b. der Gedenktag Der Unabhängigkeits­­erklärung (Independence day) wie üblich mit Milizparade am Morgen und Feuers­werk am Abend begangen. Alle Geschäftslokale waren gefehloffen. — : Von den drei Präsidentskandidaten Buchanan, Fillmore und Piemont scheint Der Yecht­­genannte die größte Aussicht bei der Gesammtwahl zu haben. Das Programm Buchanan’s, schreibt man, ist farblos, es hat ihm einen Theil der Demokratie entfremdet, ohne Die Konservativen zu gewinnen. Andererseits hat si auch die konservative Partei gespalten, ist zum Theil von Fillmore abgefallen und wird ihre Stimmen zersplittern. Die einzige Partei, welche eine solide D Organisation bessst, ist die republikanische: ihr Kandidat, der Oberst 3 x­ez­mont, wird nicht blos eine ungeheure Anzahl von Boten auf sich vereini­­gen, sondern auch durch den Enthusiasmus, mit welchem er auf den Schild erhoben worden, eine beherrschende Position gewinnen. Unter solchen Verhält­­­ I­niffen wird man die Biographie Siemonts mit Interesse lesen, die mir weiter unten, nach der „U. A. 3tg.", ausführlich folgen lassen. Der Aufstand in Arabien hat eine für die Pforte glückliche Wendung genommen. Den rechten Berichten aus Mierandrien zufolge wurde der in­berspenstige Sheriff von Mekka gefangen genommen und nach Sonflanti­­ngel gesdidt.­­ Aus Paris wird geschrieben:Es ist die Rede davon,ein europäisches Komité zu grü­nden,das du­rch Geldbeiträge aus allen Ländern in den Stand gesetzt werden soll,die Interessen des Katholizismus zu vertreten­.Die Idee geht von­ Montalem­bertatts,und eine der Aufgaben des Komitåt und der Mitglieder der zu gründenden Gesellschaft wird es sein,den Papst gegen die Angriffe auf seine zeitliche Souveränität zu unterstützen.Manschmeichelt fiel­ sogar­ 111 it der Hoffnung,daß eine gehörig betriebene Propaganda dem Hei­­ligen Vater die Mittel zur Beschaffung einer selbstständigen Arm­ee liefern könnte. Diese katholische Partei,welche die liberalen Kath­oliken­ an sich zu ziehen sucht,hasst in dieser Weise dem»Univers«allen Boden in Rom zu benehmen. Hr.Falloux ist ebenfalls für diese Idee gewonnen,und man hat dieselbe vor­­läufig in einem Provinzjournal angeregt,das von einem ehemaligen Sekretär Montalemb­rPs redigirt wir­d.Die legitimistischen Blätter­ von Paris werden nicht ermangeln,dm Artikel abzudrucken und auf diese Weise die Diskussion zu eröffnen. Der in mehreren Blättern erschienene Bericht des Handelstribu­­nals über seine W­irksamkeit im rechten Gerichtsjahre Ch. Juli 1855 bis 1. Juli 1856­ enthält manches statistische Material, das auch weitere Kreise in­­teressiven dürfte. Es wurden im­ genannten Jahre beim hiesigen Handelstribu­­nal nicht weniger als 1406 neue Gesellschaften eingetragen mit einem Stamm­­fagital von beinahe 2 Milliarden C1,994,294,000 $r.); im Vorjahre nur 1258 Gesellschaften mit nur wenig über eine Milliarde, also für sechtes Jahr eine Zunahme von 148 Gesellschaften und nahe 1 Milliarde Kapital. Und das trob Der Beschränkungen, welche Die Regierung in den lebten 6—8 Monaten der Bildung neuer Gesellschaften aufgelegt. Die Massenhaftigkeit Dieser Schöpfungen und Der ungeheuren Kapitalien, die sie beanspruchen, erklärt zum Theil Die Bewegung, in Der die hiesige Bör­sen und Finanzwelt sich seit mehreren Monaten befindet. Diese spricht sich übrigens an in der Zunahme der Banferotte aus, welche gegen voriges Jahr von 776 auf 947 gestiegen. Aus Wien wird ung. geschrieben : Mebermorgen ist in der Hofburge­pfarrkirche 11 Uhr Vormittags öffentlicher Kirchengang. Ser. Maj. der Kai­­ser werden nach dem Hochamte Dem zur Kardinalwürde gelangten Herrn Erz­­bischof von Agram, Georg Haulit 9. Barallya, Das Stardinalsbarret feierlich auflesen. Der ET. Hofflaat erscheint in Gallauniform, Teistet die Begleitung in Die Kirche, wird der Feierlichkeit beimwahnen, und Se. M. den Saiser for nad wieder in die Appartements zurückegleiten. In Betreff der Uebergabe des Barrets­ an den gleichfalls zur Kardinalswürde gelangten in Lemberg ber findlichen Herrn Erzbischof 9. Lemberg werden die Anordnungen noch er­­wartet, N­net Sherff Sohn EC. Fremont, Präsidentschaftskandinat der Republikanerpartei in den Vereinigten Staaten. Selten kam in Amerika eine Konvention zusammen, welche von den ausgezeichne­­ten Staatsmännern des Landes so viele, und gerade vorzugs­weise die redlichsten in ihrer Mitte zählte, als jüngst Die Bersammlung der „Republikaner“ in Philadelphia. Diese neue große Partei will dem selbstlschen Gebahren der alten Parteien einen Damm feßen, und unverbrüchlich nur des Landes Bettes zum Ziele nehmen, der politischen Ober­­herrfehaft der Sklavenhalter will sie ein Ende machen. Ihre Abgeordneten versammel­­ten sich in Philadelphia, um vorläufig einen­ Mann zum Präsidenten zu wählen, der mit Ehren ihr Banner trage, und dem ganzen Bolfe befunde, daß diese Partei eine neue Vera für das Land wolle — eine era wo im Innern das Recht und der Friede herrfche, und Sicherheit und Gerechtigkeit in den Beziehungen nach außen. Von einer folgen Konvention zum Präsidenten gewählt zu werden, war schon für sich ein hoher Gewinn, aug für den Tall daß die Gesammtewahl des Bolfes einen andern auf den Präsidentenstuhl heben sollte. Ge­wöhnlich tauchen nun in solchen Konventio­­nen mehrere Kandidaten auf, und erst durch w­iederholte Unterhandlungen und Abstim­­mungen stellt sich für einen einzigen Die Majorität heraus. Ehe dieses Resultat ver­­sündigt­ werden kann, vergehen manchmal mehrere Tage der größten Aufregung in der Versammlung, der Unruhe und Spannung unter den Parteigenossen. Die­­ Republika­­nerkonvention wählte nur zweimal, bei der ersten Abstimmung Hatte Oberst Fr­e­­mont zwei Drittel der Stimmen, bei der zweiten alle. Ein solch einmüthiges Ver­trauen der ganzen Farte auf einen Mann, eine solche ungetheilte Begeisterung für ihn ist unerhört in den politischen Annalen der Vereinigten Staaten. Noch unerhörter aber ist, daß der künfzige Präsident in das weiße Haus zu Washington einziehen soi als ein fast noch jugendlicher Mann, denn alle seine Vorgänger dort waren greife. Häupter, er selbst ist erst 43 Jahre alt. Mas, fragt man, hat denn Bremont in die Wagschale zu werfen, dad ih­n so ungewöhnliche Ehren swiderfahren ? Allerdings ist sein Name bekannt in jeder Stadt, in jeder Blodhütte der Vereinigten Staaten — hat er aber schon „politische Thaten verrichtet, welche zur Hoffnung berechtigen, er werde in stürmischer Zeit das Staats­­schiff rensen als ein gewandter und energischer Steuermann? Noch weiß die Geschichte des Parteikampfes und des Kongresses wenig von hit; Tremont hat auf dem Felde der Politik seine Spuren verdient, jedoch noch sein Heldenstil verrichtet. Was ist es denn, das so viele Stimmen, so viele Hoffnungen auf seinen Namen häuft? Es ist der Zau­­ber seiner Persönlichkeit. Leicht ft es möglich, daß Fremont in diesem Jahr nicht durchdringt. Er hat wider sich die Massenkraft und die Interessen der alten Parteien, insbesondere die ge­fehloffene Organisation und die großen Agitationsmittel der Partei der Sklavenhalter. Diese stellen ihm Männer entgegen, welche nun an politischer Größe und gewigter Er­­fahrung vielfach Überragen. Immerhin ist Siemont fest als ein aufgehendes Gestirn zu betrachten, wohl werth daß man seine früheren Bahnen näher ins Auge faßt. Er hat bereits Unge­wöhnliches geleistet, er ist in der That der rechte Repräsentant des jungen Amerika mit der feurigen, trogigen Unternehmungsluft, welches im Sturmschritt Ruhm, Macht und Reichtum an sich reifen möchte. Wir geben einen kurzen Abriß des Lebens und der bisherigen Thätigfett dieses Mannes. Fremont wurde im Jahre 1813 in Charleston in Südkarolina,der zweitgrößten Handelsstadt des Südens,geboren.Sein Vater war von französischer Abkunft­­leicht möglich ist das Ungestüm der Tapferkeit,welches Fremont befeelt,ein französisches Ekbstück VDM Vater her.Nicht minderen Einfluß als derBater hatte auf ihn die vir-

Next