Pester Lloyd - Abendblatt, Oktober 1858 (Jahrgang 5, nr. 224-249)

1858-10-18 / nr. 238

. Abendblatt des Pesters Lloyd.. Montag, 17. Oktober. Ar. 238. Pen, 1858. Politische Nundschau, 18. Oktober. Frank­reich hat nun mit einem Male wieder die Hände voll zu thun; in Lissabon, in Marosfo, in Brasi­­lien und in der Schweiz hat es Konflikte zu fehlichten. Mach Lifsabon ist das Ultimatum zwar abgegangen, allein ziemlich gleichzeitig ist der portugiesische Gesandte in Pa­­ris, Herr v. Hatva, dorthin geretft, um ein Ausgleichungs­­projekt vorzulegen, über das er sich mit dem Grafen Walewski geeinigt hat und zu dessen Annahme er seinen Hof nun persün­­t­ bewegen will. Das Schiff wird danach losgelassen , die Entschädigungsfrage dem Schiedsspruchh einer dritten Macht übergeben. Der Kaiser selbst sol den Schiedsspruch befürwor­­tet haben. Die marossanissche Angelegenheit wird eifrig be­rathen. Die französische Negierung möchte gern die Mitwirkung Spaniens und namentlich Englands vermeiden und wird daher sie leicht ihre Züchtigungsexpedition möglichst beschleunigen. Frankreich. Heißt es, wolle nicht allein für den soeben verübten Mord der beiden Konsuln Genugthuung verlangen, sondern gleichzeitig auch die Angelegenheit wegen der Räuber des Niffs erledigen. Man würde sich nun nicht mit den üblichen Ehren- und Geldentschädigungen begnügen, sondern als Unterpfand gewisse, Migerten zunächst liegende Küstenstriche beanspruchen. Lest Trankreich Kegter es dar, so wäre damit der erste Schritt zur Eroberung des festen mittelländischen Raubstaates gethan. Die Besignahme Maroffos wird seit Sah­­zen von den Tranzosen als eine nothwendige Konsequenz der Eroberung Algeriens betrachtet; neben dem unmittelbaren Ge­­biete zumachte faßt man auch ins Auge, daß nur der Mar­zoffo eine Verbindung zwischen Algerien und dem französischen Senegal zu bemwerfsteiligen ist. Jedenfalls ist durch die gegen­­wärtigen Vorfälle in Tetuan dem neuen Kolonialminister dem Prinzen Napoleon, Gelegenheit zum Handeln geboten. Die,,Patric««sagt:,.Vor einigen Jahren wurde ebenfalls zu Tetuan ein Franzose Herk Beo ermordet.Ein rasches schreckliches Gericht folgten diesem Verbrechen­ indem der Mörder,obgleich ein Rüchkomme des Propheten,hinge­­richtet­ wurde.Die diesmaligen Vorgänge«haben einen bei weitem ernsteren Charakter.Die Opfer sind diplomatische Agenten,durch deren Ermordung nicht blos ein Verbrechen bes gangen,sondern zugleich einer großen Nation ein offener Schlupf zugefügt worden ist.Die bloße Züchtlaung der­ Mör­­der wäre,das leuchtet ein,hierungenügend.Es bedarf hier Garantien gegen den Fanatismus,der diese wilden Ban­­den zu so blutigen Auftritten treibt.Es ist dies eine zulas­sende Orientfrage,weltgrößer,weit wichtiger als diejenige, die so glorreich unter den Mauern von Sebastopol ausgekämpft wurde.Es handelt sich nicht mehr um ein politische Inter­­esse,sondern um des­ Interesse,die Elite und die Sicherheit der Zivilisation.« Die Disserenz mit Brasilien besteht in Folgen­­dem.Ein in Fernambuco verstorbener französischer Kaufmann hat minderjährige Kinderhinterlassen,der französische Konsu­l, Graf Lemont,versiegelte die Hinterlassenschaft;die brasilia­­nische Regierung bestritt dem Konsul dieses Recht jedoch,weil die brasilianischen Gesetze jedes in Brasilien geborne Kind auss­ländischer Eltern als Brasilianer betrachten.Als Graf Lemont sein Recht behauptete,brach der Friedensrichter in Fernambuco die Siegel.Der Konsul naham­ er auf seine Flagge ab und erstattete Bericht an die französische Regierung. Inder­ Schweiz soll Frankreich,das sonst über die Lässigkeit der dortigen Polizei Klage führt,gegen die in Genf geübte Strenge einschreiten.Eingeach tritttfmvzbsischer Advos­kat,Herr Felix,war nämlich an einem Sonntag in Genf eingetroffen,und trug seinen sspaß svgleic­ ins fMUzZstsch SKVUni lat,um ihn zur Abreise für den nächsten Morgen visiren zu lassen. Die Bureaux waren jedoch,des Festtages wegeingeschlossen und er war versucht,den Paß dort zurückzulassen.Er b­at es und füllte schwer dafür büßen-Durch die Stadt promeniren­d, blickte er einen Fremden etwas näher an,s den zwei Agenten anzusprechen schienen.Allsogleichtritt einer der Agenten an ihn herum»Sie haben mit diesem Manne­ auf den Frem­­den deutend—gesprochen...wo ist ihr Paß?«Vergebens die Erklärung,daß F.den Fremden nicht kennt,daß er seinen spaß an dem Konsulat zurücgelasfen, umsonst seine Forderung zum französischgen Konsul geführt zu werden. — Er ward, ber­gleitet von 2 Agenten, durch die Stadt nach einem engen, un­­terirdischen, von üblem Geruch gespwängerten Polizeigefängnis geführt, von jedem Luft- und Lichtzutritt abgesperrt. So brachte er 18 Stunden zu, nach deren Ablauf sich die Polizei vom That­­bestande überzeugte. Der Advokat hat an den Grf. Walewaty ein Erpose seiner erfahrenen Verationen eingereicht und fordert von der Genfer Regierung eine Entschädigung von 10.000 Fres. Von den weiteren Konflikten der französischen Re­­gierung sei hier nur noch erwähnt, daß sie, Meldungen aus Paris zu Folge, geneigt wäre. Das angesprochene Medt der Kabotage auf der Donau in Betreff M Württembergs und Baierns fallen zu Jaffen, nicht so je­­doch bezüglich der Türkei und Oesterreichs, die auf dem Pariser Kongresse­­ mindestens für sie bindende Betz­pflichtungen eingingen (12), — so wie daß, nach Bel­grader Gerüchten, das französische Konsulat vaselbst offen für die Skuptfähina agitirt. — Gleichzeitig erfahren wir jedoch, daß die serbische Generalversammlung durch die Ministerfrise einen Aufschub erfahren hat. Zu den Berichten aus der Levante übergehend, müssen wir Folgendes anführen : In Konsttantinopel sol es Lord Nebeliffe bes­reits gelungen sein, von der Regierung des Sultans eine Kriegssu­ation im rothen Meere und zwar von fünf Kriegsschiffen für England zu erlangen. Eine Sartfer Korrespondenz fügt noch Hinzu , daß Lord Redeliffe mit Herrn 9. Thouvenel zu Konstantinopel eine Unterredung über diesen Gegenstand gehabt und hat Frankreich nicht die Leifeste Ein­­wendung gegen das Zugeständnis gemacht, welches England von der Pforte zu erlangen suchte. — In der Nacht zum A. wehte die türkische Bevölkerung den Gouverneur von Candia mit dem Geschrei, das die Christen eine allgemeine Ermordung der Türken vorhätten. — Die lette Karawane, die nach Jeru­­salem abgehen sollte, war von den Konsuln aufgelöst worden, weil sie das Iinnere des Landes für zu unsicher für den Durchs­zug hielten. — Die Pilgrime, welche von Meffa zurück­­kehren, melden, daß die Zahl der Wallfahrer in diesem Jahre 45.000 betragen habe. Die Cholera ist in der heiligen Stadt ausgebrochen. Das „Morning Chronicle” berichtet nach dem „Na­tal Mercury” über Die bereits bekannte Wegnahme des britischen Schiffes "Herald" Durch porr­tugiesische Behörden Folgendes : „Endlich haben wir Nachrichten von dem Schiffe „He­­rald”, das mit feinen Passagieren und mit feiner Mannschaft von den portugiesischen Behörden in der Delagvabucht wegen angeblicher Betreibung von Schmuggelhandel aufgebracht und­ faisert worden is. Der Marinedampfer „Lyra“ hat die Mann­­schaft des „Herald”, mit Ausnahme des Chefs der Expedition, Duncan, der am 5. März in Mozambique am Klimafieber ge­­storben ist, zurückgebracht. Der „Herald” war im vorigen No­vember vom Hafen Urban abgesegelt, um den Berfud zu machen, mit den Eingeborenen am König-Georgskanal, der in die Bucht­­ von Delagoa mündet, Handelsbeziehungen zu eröffnen. M’Lran, einer der T­eilnehmer der Expedition, fand den Stammhäupt­ Ung Mofdadjoupa bereit, mit dem „Herald“ in Handelsver­­kehr zu treten. Dieser sandte einen Boten an Monafufa, der eine Art Oberherrlichkeit über die dortigen Stämme ausübt,

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