Pester Lloyd - Abendblatt, Oktober 1862 (Jahrgang 9, nr. 225-251)

1862-10-10 / nr. 233

wurde,von vornherein nicht baschoffen,was die Rathgeber Sr.Maiestii­de-Kaisere im Interesse der Konzentrirung ber Monarchie davorteit warteten.Sie mußten vielmehr ml­echten,daß er Reime enthielte,aus dener das Neue eine mit dem­ Fehlettt der früheren Regierungen behaftete Staatspolitik hervorgeben könnte.Aber dennoch b­aten sich dem ausgesprochenen Willen ihres Ratsers,Königs und Herrn treu gehorchend, ANes, was an ihnen war, um eine möglichst solzaplige Versammlung in Wien zu Stande zu ringen. Sie glaubten, die Stimme der Wahrheit, die Rechtsansprüche der Völker, die Anerkennung endlich jener Ioyalen Reaktion, der das System Bad­ gewichen war, wür­­den alsdann au in dem neuen Reichsrat he­rlegen. ? Statt­dessen erhob von Anfang an dort der fon ge­­kennzeichnete deutsche (Wiener) Liberalismus laut seine Stimme. Zu gleicher Zeit mußten sie zu Ihrem Schrecen, je länger je mehr bemerken, daß das schöne, überall unter den österreichischen Nationen verbreitete Bewußtsein von der Nothwendigkeit einer starren Reichseinheit wieder verhärtert würde, und bag Vieles, was unter der Beihilfe der Konser­­vativen in den legten fünfziger Jahren gegen eine falsche Zentralisation für Kaiser, Rei und Völker Oesterreichs in den Gesinnungen und Bestrebungen geklärt und befestigt worden war, fest wieder einer, wenn auch nur vorüberger­benden Mißstimmung zur Beute wurde, die in der so rasch und unmittelbar nach Bad angestrebten Zentralisation fast nur die Wiederaufnahme eines­ kurz vorher verworfenen Ne­gierungsprinzips sehen zu wollen fühlen. Es kam hinzu, daß ‚der­ Reichsrath mit den Befürchtungen, zu welchen in gewis­­sen, eben erwähnten Kreisen schon seine bloße Existenz An­­laß gab, durch die Art feiner Thätigket, Dur den Mangel an wirflich einigenden Thaten und durch den Ueberfluß anftarstenden stes Flingendben zentraltíttichen Gesin­nungsäußerungen gleichsam Schritt hielt und in demselben Mage ansprugsvoller wurde, als jene Befürchtun­­gen wuchsen und die Kundgebung offener Abneigung gegen ihn in den Königreichen und Ländern zur Folge hatten. — Von hohem Interesse, und nicht ohne bezeichnenden Charakter für die momentane Situation ist der Leader der zentralistischen „Breffe”. Unter der Usberfärift : „Ein Ka­­pitel aus Englands Geschichte” erzählt das Wiener Blatt an der Hand der Geschichte die Art und Weise, wie die Union von Schottland und England, welche die Basis zur späteren Größe Brittanniens legte, zu Stande gebracht wurde, um ein analoges Verfahren den österreichischen Sta­atsmän­­nern Ungarn gegenüber, andererseits aber auch den Ungarn das Beispiel der Schotten als nachahmenswerth zu empfeh­­len. Nach vorausgefihidter Historischer Skizze schließt Die „Dreife” : „Eine volständige Trennung Ungarns von Oesterreich it nach ihrer dreihundertjährigen Verbindung nicht mehr möglich. Was wäre Oesterreich ohne Ungarn, und wie Yange könnte ein unabhängiges Magyarenreich, von mächtigen und feindlichen Nachbarn umgeben, und mit einer flanischen Be­­völkerung, die den Magyaren an Zahl glei, wenn nicht über­­legen ft, bestehen? „Man müßte,” sagte Wesselengt, „das Haus Oesterreich auf den Thron Ungarns erheben, wenn es nicht schon vor 300 Jahren geslhehen wäre.” Wir sehen also Diese beiden Länder von der Natur zu einer Verbindung hingewie­­sen. Aber wir tönnen bei der bloßen P­ersonalunion, oder bei dem no­chlimmern Mittelding­steffchen dieser und voll­­kommener Bereinigung nicht flehen bleiben. Ein solcher Zu­­fand Yaßt fch nämlich nur auf drei Arten denken, und zwar : entweder beide Theile der Monarchie werden absolu­­tistisch, oder beide Fonstitutionell, oder der eine Shell Fonsti­­tutionell, der andere absolutistisch regiert. Eine Rückkehr zu dem absolutifischen Re­giment ist fest, Wo alle Staaten eine konstitutionelle Entwiclung anstreben, selbst in den deutschen und flautschen Provinzen Oesterreichs nicht mehr möglich; noch weniger ff­fie e&.in.Dem an seine Jahrhunderte alte Verfassung gewöhn­ Ungarn Allein frlbst wenn es möglich wäre, die Ber­­­ans und Oesterreichs zu vernichten und da­­­durch die Einheit der Monarchie unter ersterm unumschränkten Souverän zu schaffen, so wäre die Freiheit ein zu theurer Preis für Die Einheit, und selbst diese so theuer erfaufte Einheit könnte nit Yange bestehen, wie das Beispiel von Bromwel’s Regiment in Britannien lehrt. Würde nun ein The Konstitutionell, der andere absolutist ist regiert, so hätte lebter er allen Druck des Absolutismus zu­ leiden und würde mit Neid auf die glücklichere Nachbarprovinz bliden, während ersterer in beständiger Furt schweben würde, den anderen Theil in ein Werkzeug verwandelt zu sehen, um auch ihn seiner Frei­­heit zu berauben. An beständigen Zänfereien, Eifersüchte­­leien und Uebergriffen nach der einen oder anderen Seste würde es­ daher nicht fehlen. Ich habe, um ein Beispiel zu geben, nur an die Verhältnisse in Oesterreich von 1815 bis 1848 zu erinnern. 8 Manche glauben nun in der dritten Verbindungsart, nämlich in zwei Konstitutionen für Die beiden Theile der Monarchie, das beste Auskunftsmittel gefunden zu haben. Sie wollen Ungarn im Besitz seiner alten Berfaffung lasfen und die anderen Provinzen mit einer modernen Kon­­trution beschenken. Beide Theile sollen dann unter einem Herrscher friedlich zusammenleben und ein herrliches Gespann wie Pegasus und der Stier, abgeben. Aber wie sollen szivet Reichstage, nur wenige Stunden von­einander entfernt, mit gleichen Rechten tagen? Würden sie bei jeder Angelegen­­heit, die das Steresse beider Theile der Monarchie berührt, erst eine Kommission ernennen müssen, um darüber zu verhandeln, oder würde ein ungarischer Gesandter in Wien, ein österreichischer in Pest refldiren? Würden nit die Folli­­direnden Interessen Dieser zwei Körper bald Streitigkeiten hervorrufen ? Dieselbden Schwierigkeiten und Eifersüchteleien, die wir beim Bestand des schottischen und englischen Parla­­ments gesehen, würden unserer jungen Konstitution viel ge­fährlicher sein. Die Parlamente würden entweder, um die Gunst des Monarchen buhlend,, sich im Gehorsam und Opfe­­rung der konstitutionellen Nechte zu überbieten sucjen, oder in stürmischen Betten , den Rolfsleidenschaften fröhnend , sich in Angriffen auf die Rechte des Monarchen, in überflür­gen­­den Konzessionen an die Revolution zu übertreffen sucten. Ein zweiter Debrecziner Reichstag würde einen Konvent in Wien hervorrufen. Auf eine chambre introuvable in Wien müßte eine noch royalistischere in Pest folgen. Beide Reichs­­tage, bald in Loyalität, bald in Safobinismus mettelfeind, würden die Zustände von 1687 oder 1849 wieder heraufbe­­schwören, 5 Ä i Es bleibt also nur der eine Weg der vollständigen Bereinigung, auf das Freie Webereinkommen aller Betheiligten dafert. Um dahin zu gelangen, müssen wir das Beispiel ® Grufßbritanniens be­­folgen. Betrachten wir daher nochmals genau die Haupt­­momente der Großbritannischen Union, um sie, den verschiede­­nen Verhältnissen angepaßt, als Lehre und Beispiel benügen zu können : » Wir sehen erstens die finanzielle Begünstigung des ärmeren Schottland,zweitens das strenge Fests haltens am Gesetzmäßigen.Es­ wurde nicht e oktrionirt,nichts gewaltsam zu Stande gebracht.In der Kommission waren England und Schott­­land gleichmäßig vertreten,der Vertrag ging wie jedes andere Gefeth durch das scottische Parlament und durch beide Häuser des englischen Par­­laments, und wurde schließlich von der Königin sanktionirt. Das schottische Parlament also, die einzige Vertretung Schottlands, gab die Sonderstellung dieses Landes auf, in­ dem­ er in den Verband des großbritannischen Reis ein­­trat, und Parlament und Königin von England gaben­­ ebenso die Sonderstellung dieses Landes auf. Weder wurde Schottland an England, noch England an Schottland an nert, beide Länder gingen nach dem Bit­ten der Majoritäten ihrer Parlamente unter Sanftion ihrer Königin der auf Drittens ínet­an wir’ die weite Besdtűne­tung in der Bereinigung nachahmen. Nur Par­­lament, Auslande wurden vereinigt, blieben in beiden Rändern unverändert, Heer, muffen Finanzen, Handel und die Vertretung im aber die anderen Einrichtungen Presbyteriaiierfaf-

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