Pester Lloyd, Mai 1867 (Jahrgang 14, nr. 103-128)

1867-05-04 / nr. 106

"7Ut Tagesgeschiehtes­. Pest,3.Mai. Mit Ausnahme des Telegraiij­is aus Barcellona, das den Ausbruch eines Aufstandes in Kat­a­lo­­nien meldet,ist heute keine Nach­richt eingetroffen,die irgen­d welche erhebliche Bedeutung beansprucht.Wie au­s jedeM Tele­­grafmchsichtlichs haben die Spanier den 1.Mai in ihrer Weise gefeiert;sie haben an diesem Tage die FahneVeV Re-­volution gegen die Königin und ihre Dynastie erhob 111.­Die Bewegung war längst angekü­ndigt und sorgfältig vorbereitet,­­letzteres nicht nur durch den General Prim und die Häup­­ter der Progressistent,sondern weit mehr du­rch das Regim­­e des Ministeriums Narvaez.Denn die Reaktion und der Des­­potismus,welche mit diesem Ministerium zur Herrschaft ge­­langt waren,m­ußten­ das ganze spanische Volk der Revolution an dieslrmetreibexn Narvaez hat sich gegen Alles versündigt, was­«ein­e anoiketheb­er sein kannz er hat nicht nur die Preß­­freiheit unterdrückt,er hat die Presse ü­berhaupt durch drako­­ni­sche Gesetze unmöglich gemacht.Er hat dich sehze n­ach Laune umgestoßen,die Im­miunität der Mitglieder des Kon­­gresses verleiht,jedchtvaltt hat begangen und sich schließlich Indemnität von einer ser­iim Versammlung ertheilen lassen, die unter der Schreckensherrschaft gewählt worden war­ und die keineswegs dana meit einer Volksvertretung verdient.Der aufgeklärte und unabhängige Theil des Volkes hatte sich der Sisahlen enthalt.Hmkaene machten die Posse bei der Wal­l­­mine mit,welche von der Regierung und der Geistlichkeit Etwas mi­­ fürchten oder zu hoffen hatten.Und dennoch ist Narvaez noch nicht an oder nicht nur die politische,auch die bü­rger­­liche Freiheit soll unterdrü­ckt werden.Der Resolutismus auf ultramontaner Grundlage soll Spanien vom Untergang eretten. Die Folgen­ zeigen­ sich n­unmeh­r.Während die vorjäh­­rige­­ Pronunciamentos noch unter dynastischem Programm­e in Szexte gesetzt wurden­ und sich nur gegen die regierenchartei zu richten schienen,erschallen diesmal aus den skwrcht Kata­­loniens diesjiufc:»Weder mit der Königin!Es lebe die Re­­publik!««—Es ist möglich und sogar wahrscheinlich,daß die Insurrektion unterliegt,daß Narvaez die gute Gelegenheit zu neuen Gewaltmaßregeln benutzt,daß er jetzt einen förmlichen Vernichtun­gskrieg gegen­ die liberalen Parteien führen wird. Aber was wird das Ende eines solche Rigimes sein.DKatm dich wastie sich davon eine wirkliche Stütze versprechen­?Die Thatsachen werden schließlich die Antwort an diese Frage1.in einer Weise geben,welche dem einzigen Ziveigedb­ourbo­­nen,der noch einen Thron besitzt,unmöglich a1fgenehm sein kann. Die allgemeine Situation ist­ unverändert dieselbe.Wohl gehen Friedensbotschaften durch die Welt,allein es fehlt der Glaube.Die»N.A.Ztg.«zeigt heute an,daß in Berlin beruhigende Erklärungen von Seiten Frankreichs eingetroffen­ feiert,daß aber Frankreich dennoch seine Rüstungen f fortsetze Derartige Widersprüche m­­üssen Jedem unerklärlich sein,der ernstlich die Aufrechterhaltung des Frieden­s erhofft.—Die eng­­lischen Blätter besprechen die telegraphisch signalisirte Erkläru­ng, welche Lord StaI­let­ in der Sitzung des Unterhauses vom 27.April bezüglich der Luxemburger Frage abgab.Diese Er­­klärung lautet: Ich habe Grundu glaube 11,daß der Konferenzvorschlag—erst nicht nur von England, den von allen in diesem Streit neutralen Mächten gemachter Berchlag — Sowohl von Frankreich wie von Preußen angenommen werden wird. (Cheers.) Mehr als dies , obgle ich e3.noch zu früh ist, mit unbedingter Zuversicht zu sprechen , habe ich 004 jeden Grund zu hoffen und selbst zu glauben, daß diese Luxembur­­ger Frage, die seit 14 Tagen ganz Europa beunruhigt, sich auf gutem Wege zu einer schleunigen und gütlichen Lösung befindet. (Cheers.) Ich fürchte , ich habe sein Recht, dem Haufe irgendwelche Details über den gegenwärtigen Stand der linterhandlungen mitzutheilen ; wenn wie gern ich dazu gewillt wäre, und ich bin immer gewillt, die von der Regierung beobachtete Bolität anzugeben , so liegt er doch auf der Hand, daß ich kein Recht habe, die Schritte anderer Negierungen , die mir in mehr oder weniger vertraulicher Meise mitgetheilt worden sind, ohne die Ein­willigung jener Negierungen zu enthüllen. (Hört!) Ich darf jedoch diese Gelegenheit ergreifen, dem Gerücht zu widersprechen, daß Ihre Majestät entschiedene Ansichten über die zwischen Frankreich und Preußen schmwe­­bende Streitsadhe ausgesprochen habe. Keine solche Ansicht it ausge­­sprochen worden. Wir allerdings sprachen eine sehr lebhafte Meinung zu Gunsten einer Lösung dieser Frage dur friedliche Mittel aus. (Hört ! Hört!) Ich darf an­sagen , daß ich von Anfang an allen Betheiligten gegenüber folgende Sprache geführt habe, daß, wenn unglück­her­weise Die­ Dinge eine andere Wendung, als die­ser wahrscheinlich it, nehmen, und wenn eine Seligkeiten ausbrechen sollten, England die Haltung einer strengen und unparteiischen Neutralität beobachten würde. (Hört ! Hört ! und Cheers.) Die „Times“ begleitet diese Erklärung mit einem Nach­­blick auf die Luxemburger Affaire, der übrigens nichts Neues enthält. Sie beweist, daß die vermittelnden Mächte neutral ge­blieben seien und nicht Partei gegen Preußen ergriffen hätten. Andersen wird­ die Argumentation der , Times" wohl schwer­­lich die T­hatsache auslöschen,, daß Preußen isolirt war und nur deshalb nachgegeben hat. „Star" und "Daily News" sind erfreut über die Neu­­und Scheine ebenfalls den Frieden file­nes sichert zu hab­en. “ Nur der „Advertiser" spottet Derjenigen, welche mit Luxemburgs Neutralisirung die Kriegsgefahr gebannt glauben. Luxemburg sei nur, der Strohhahn, der die Richtung des Mindes verrätl. Was Frankreich wolle, nebst Heinen Sü­den von Belgien und Holland, sei der Rhein Dies Geliste werde ihm seine Konferenz anstreichen Der»K.Z.«schreibt man aus Pa­ris,30.April: Es werden fortwährend alarmirende Gerüchte in Umlauf ge­­setzt.Selbst die»5.D«eoniteur«-Note macht nicht den Eindruck, den man sich hohem Orts davon­ versprochen­ zu haben scheint, indem im»Avenir National«daran erinnert wird,daß das amtliche Blatt auch im Jahre 1859 einige Wochen­ vor dem­ Ausbruch des Krieges alle auf diesen bezü­glichen Gerüchte als Einbildungen,Wahnsinn und Lüge bezeichnet,habe.—Das »Journal de Paris«willt wissen,die·Kön·igin­·,v»on England habe zuerst an den Kaiser Napoleon geschrieben­.­N­apoleon 111. habe in seiner Antwort gegen die ihm­ zugeschriebenen Vergrö­­­ßerungsprojekte protestirt und in gehobener Sprache die Un­­eigennützigkeit seiner Politik auseinandergesetzt;die Frage habe eine Wendung genommen,welche Frankreichs Ehre engagirt, doch gab der kaiserliche Briefsteller schon­ in diesem Briefe zu verstehen,daß die Räumung Schestnng hinreichen würde, Frankreichs Ansprü­che zu befriedigen.Erst nachdem die Köni­­gin Viktoria im Besitze dieses Briefes gewesen,habe sie sich an den König von Preußen gewandt. Oralität Englands ' nämlich durch den Bars, die Bischöfe, die Magr­aten Deputirten der Komitate, zum Mutterlande nur eine Partei, nur eine Gesinnung, und wir hoffen, daß der königl. Kommissär, Herr Eduard E 3­c­h, der durch­ sein tattoolles Auftreten fi vafh das D Vertrauen der hiesigen Bevölkerung erworben hat, bietes Vertrauen bald auf der sie stehen Diese Hoffnung durch erfreuliche it um so berechtigter, Sgarbelli, Randih, Martini, ist, mit Shhatfachen er­­da Herr Kommissär bis jebt fi) nur mit jenen Führern der hiesigen Bürgerschaft in Berührung gefegt hat, deren Treue bewährt jenen Führern, welche durch ihre warmes Interesse und ihre standhafte Anhänglichkeit für die gute Sache auf die Stufe der allgemeinen Achtung erhoben wurden, die Herren Marcovich, Scarpa, Verneda, Gia­­ih, Ballufhnige |­­ie. widern werde. mb Hier gibt es in Bezug auf das , wir nennen : dur die Verhältniß der bat anberd nt fie... eg es stünde vielleicht auch anders an das Reich ! MFiume,30.April.Noch ehe der lang erwartete königliche Kommissar den Boden Fiume’s betreten,waren hier die Meinungen über den Wirkungskreis desselben getheilt.Herry Smaic hatte sich beeilt,die Version in Unilauszubringen,dass die von dem königlichen Kommissar übernommene Aufgabe sich lediglich auf die Untersuchung der Angelegenheit unserer verhaftet gewesenen Mitbürger auszudehnen h­abe,und daß er,­5err v.Smaic,sich dem nach einem Eingreifen in jede weitere Frage widersetzen werde Unter diesem Vorwan­de verstand es auch der schlaue Zivilkapitän jede Vorkehrung für einen festlichen­ Empfang zu vereiteln,und wir Fiumaner waren nicht weniger stamil, als wir sahen,dass der königliche Kommissär denissiften Besuch bei Herrn Smaic machen musste Trotzdem hatte Herr HofrathwEsch nur zn bald Gelegenheit,bestimmen­d auf politische Fragen­ von grösse­­rem Belange einzuwirken.­So hörte er,dass die zu Ersatzwahlen für den Agramer Landtag aufgeforderte Bevölkerung keine Deputirten ab­­senden wolle.Sofort setzte der Herr Hofrath sich mit Matkovich und dessen Gesinnungsgenossen in Verbindung.Matkovich wollte jedoch in die Absendung der Deputirten nur unter der Bedingung einwilligen, daß dies auf den ausdrücklicheannsch des Ministerpräsidenten Graf Andrássy geschehe.Ein kurzer Depeschenwechsel brachte aus Pest einen zusammen den Bescheid,und die Wahlen gingen ohne jeden Anstand vor si. Wie wir hören, ist auch ber Banus Sofesevich im Interesse der Union thätig.. Sein Wirken ist aber insoferne von einem verhältni­s­mäßig geringen Erfolge begleitet, daß er bis jett fediglich bemüht war, der Union aus den Reihen der f. a. unabhängigen nationalen Partei Angehörige zu gewinnen, und seine Bemühungen auf die bureaufrat­s­­che Partei, bei der er doch den größten Einfluß befikt, nicht ausdehnte. Aus sicherer Duelle erfahren wir , daß im benachbarten Kroatien Nie­­mand auf das Grscheinen der Fiumaner Deputirten zählte; aber wir wissen auch, daß nach der beim Banus entworfenen Liste zur Sicherung der Majorität der Unionspartei zufällig , gerade, w­er Mitglieder fehlten. Wir glauben uns daher nicht zu täuschen , wenn wir das Motiv der Ab­­sendung der Fiumaner Deputirten in diesem Umstand suchen. — Meh­­rere Mitglieder der Unionspartei des Kroatischen Landtages nehmen es dem ungarischen Ministerium geradezu übel, dab es nicht die Auflösung des Agramer Landtages bewirkt ; über das eines besseren Schicsalw­ür­­dige Vaterland, sagen sie, werden die dur künstliche Mittel emporge­­tauchte Schmerling-Mazuranicschen Elemente entscheiden. Jedes Kind weiß hier, das z. B. die über­wiegende Mehrheit der Bevölkerung des Nersegner Komitates die Einverleibung desselben in Ungarn wünscht ; und dennoch fit — wer sollte es glauben — unter den Vertretern dieses Komitates Fein einziger Freund der Union im Agramer Lan­­ta. Rudbof Stroßmayer und der Obergespan S­pun hatten 3. seinerzeit Leicht, alle Hebel in Bewegung zu fegen, welche der Mazus tanicsischen Bartei den Triumph sicherten, — während man, wenn eine Steamwahl vorgenommen und wenn die unionsfreundlichen Obergespane hier zur Zeit des Grafen Julius Jankovich ernannt worden wäre, im ganzen Komitat seinen einzigen unionsfeindlichen Deputirten gefun­­den hätte, und jeßt ausfäliglich solche Patrioten im Eroatischen Landtag essen würden, welche mindestens die Realunion wüníden und die Kon­­fessionen des von der Majorität des ungarischen Reichstages angenomme­­nen Beichlußentwurfes für zu weit gehend, und dem wohlverstandenen Interesse Kroatiens zum widerlaufend betrachten würden. 63 ist sein Geheimnis mehr, daß die Unionspartei, auch ohne das Hinzukommen der Fiumaner Deputirten, in der Majorität gewesen wäre, — jedoch nur unter der Bedingung, daß die nach Belt zu entsen­denden kroatischen Abgeordneten mit Instruktionen versehen werden. — Zur Krönung werden also die Agramer Deputirten jedenfalls nach Wert kommen, da sie wissen, daß Kroatien auch ohne­ sie vertreten sein wird. Der Leer möge es nicht für Aronie halten, wenn wir der eben in Agram tagenden BVBolfsvertretung die Lettu­re eines Artikels in der alten "Presse" empfehlen. Allerdings klingt es sonderbar, wenn wir Semandent den Rath ertheilen, politische Belehrung aus einem Blatte zu schöpfen, in welchem noch bei wenigen Wochen ein Luftfandl geleitartikelt hat. Aber die , Alte" hat auf den Gebiete politischer Wandelungen so Riesi­­ges geleistet, daß wir auch über ihren jüngsten Umgestaltungs­­prozeß nicht staunen dürfen und nur den MWunsch ausprüfen wollen, daß das durch den Wechsel seines Eigenthümers auf neue Bahnen geleitete Blatt auf dem Wege, den ef jekt be­­treten, lange ausharren möge. Doch hören wir den Matn, wen die „Presse“ der Kroatischen Nation ertheilt : Unsere 3. Erachtens — sagt das Wiener Blatt — würde der Kroa­­tische Landtag nicht wohlthun, in den Fehler des böhmischen zu ver­­fallen und von Montblanc unserer staatsrechtlichen Verm­irrun­gen noch um etliche hundert Klafter zu erhöhen. Da­ Ungarn so große Gewäh­­rungen erhielt, hat er schwerlich allein der Güte seiner konstitutionellen Rechte zu danten. 683 ist eben Ungarn. Ein großes, weitgestrebtes Land, bevölkert von nahezu zwölf Millionen Seelen, verstärkt der Siebenbürgen, kann seine Stimme weit mehr geltend machen, als das verhältnißmäßig kleine dreieinige Königreich, welches von der Natur und Geschichte darauf angewiesen ist, einem großen Zentrum zu folgen, heiße dasselbe Wien oder Belt. Was wir also nicht wünschen können, ist, das staatsrechtliche Danaidenfaß von Neuem füllen zu sehen. Uns fehlt die Geduld und die Stimmung, um uns mit Luftfandl­­ 16 ein Behagen in die feinen Unterschiede zwischen dem Teror des Artikels 42, der legten Landtagsadresse und anderweitigen Staatsschrif­­ten dieser Art zu vertiefen. Genug der Morte sind gewechselt. Die bis­ ber eingehaltene, prozessualische Form der Nepliten und Dupliten, der wechselseitigen Negationen ohne Ende hat zu nichts geführt, und würde si­au in Zukunft unfruchtbar zeigen. Die Mahnung zu einer posi­tiven Gntleidung tritt unabweislich an Kroatien heran, und da es , vernünftigermweise nur die Wahl zwischen Oesterreich oder Ungarn übrig in IEN e3 si­eben jekt für den einen oder anderen Schwerpunkt entscheiden. · Stimmen über Kroatien. Wir haben das Sü­dslaventhum­ bei mancher Gelegenheit ein wich­­­tigesanunftselem­ent Oesterreichs genannt.Allein wir möchten darum nicht nur­ verstan­den sein­;keineswegs haben­ wir die Sache so gemeint, als hielten wir Kroatien­ allein für befähi­gt und berechtigt,sich eine Bahn nach dem Oriente zu brechen.Dazu bedarf es eines starken­ Bei­­standes,eines festen Rückhaltes;dabei müssen Oesterreich oder Ungarn, am besten beide, mitwirken. Losgetrennt von diesen wesentlich bestimmen­­den Faktoren erscheint und die großillyrische Idee als eine leere Träus­merei und d­ünft uns in legter Analyse sogar bedenklich für den Ge­­sammtbestand des Neiches. Voransichtlich wird sich der Kroatische Landtag für den Anschluß an den Wiener Reichsrath nicht erklären. 63 wäre dies ein Schritt, der neben weittragenden Konsequenzen auch große Verzögerungen des endlichen Ausgleiches im Gef­olge hätte Der Landtag muß fi wenigstens im Prinzipe entscheiden , wohin das dreieinige Königreich von jecht ab gehören soll. Dravitiit &8 in Folge der jahrhundertalten Gewohnheit und seiner geo­­graphischen Lage mehr nach Ungarn, als nach der zisleithanischen Hälfte der Monarchie , so sehen wir wahrlich nicht ein, weshalb der Landtag nicht, wie üblich, an dem Krönungs­­afte theilnehmen Sollte Wenn Kroatien­ Vertreter von dem Anschluffe an unseren Reichsrath nichts wissen wollen, so gebieten ihnen Bortheile und politische Pflicht, den Bester Landtag zu besoiden. Dem Landtage und dem Ministerium Ungarns empfehlen wir in Betreff Kroatiens die größtmögliche Umsicht. Es kann dort so viel ver­­dorben und andererseits wieder gewonnen werden, daß Ungarn den be­­quemen, ek­lusiv magyarischen Standpunkt aufgeben muß, wenn er eine überzeugende Probe höheren, politischen Berufes ablegen will. Die unge­rische Krone von ehedem war ein materiell­ erwerbender Valtor ; sie be­­diente sich hiebei der im Mittelalter üblichen Wege und Mittel. Auch diese Krone muß sich heutzutage angemessen DEREN: Die Schwin­­gung des königlichen Schwertes nach allen vier­­ Weltgegenden ist eine bloße Zeremonie. Was zur ungarischen­ Krone fortan gehören sol, muß dur­ ein mächtige? Spatereffe verbunden sein, und in dieser Beziehung hat Ungarn in den süßflaviichen Verhältnissen höhere Gesichtspunkte zu erfassen, als diejenigen sind, welche der tedte Buchstabe des corpus juris tripartitum und der 1848er Gesehe darbietet. Die»N.Fr.Presse«,welche jede dualistische Wendung der»Alten«dazu benutzt,u­n recht vernehmlich in’s zentrali­­stische Horn zu stoßen,benutzt auch diesen Anlaß,um den Kroaten dafür eine Strafpredigt zu halten­,daß sie sich nicht beeilt haben, „das vollgerüttelte und vollgeschüttelte Maß proz­­inzierter Selbstständigkeit , das ihnen die Epoche Schmerling berliehen, rechtzeitig unter Dach und Fach zu bringen , indem sie es einer jebüßenden Reichsverfassung einfügten" ; er stünde zur Wahlbewegung. Bet. 3. Mai. Sun Szegedin hat die Beamtenrestauration , wie „Szegedi Hiradó­ angibt, zu einer Niederlage Der Intelligenz geführt, indem die unteren Wolfsfraffen durch ihr numerisches Ueberger­icht die Wahl ihrer Kandidaten durchseßten. Gemwänzt wurden : ·· Zum Bürgermeister Johann Rehmütll sö ge gen sZO Stim­­men,die auf den Kandidaten der Intelligenz,Joseph­ Oßtr­vßki­,stehenz ferner zum­ Stadtrichter Daniel Ligeti-UUVZUM StAdtbarthman Zohcmn Szremoscz;zu Magistratsräthen Joseph Taschlek,Basil­e Belinovics,Stephaji Korda und Joseph LeI­gyer; zu Gerichtsräthen:Ludwig0rhalmy-AIMM Kolb­,Vinedikt Szluha,Georg Georgievics und Frenz Kutasi. Die aus den ü­brigen Munizipien vorliegenden Restaura­­tionsresultate reihen wir nachstehend aneinander: · · NaaberKomitat.Erster Vizegespan:Koloman Szab0;·z­wei­­ter Vizegespan:Dionys Gyapat):Obernotär:Alexanderfu­ss( Vizenotäre:Koloman Enessey,Franz Vireighalmi und Julius Bodrogl­y; Oberfiska­l:Alexander Kovács;Vizefiskal:Julius CzigmU Präsident des Komitatsgerichtes:Ludwig Goda;Beisitzer:Illexandea Skeskaj, Andreas Howiith Ludwig Szöcs,Karl­ Harczi,KollomanZ-111:1­0, Adolph Petz und Lud­vig Lefebre;Archivar:­K­arlsiod­);Kajfaperzen­tor:Peter Csemer;Rechnungführer:Paul Noplopy;Komitatsober­­arzt Ludwig Lazár;Waisenurator:Alexan­der Len­gt­·e·l;·Ingenie11·r: Benjam­in Kern;Oberstuhlrichter:Alexander Knesser), Ladislaus Lipxes und Stephan Tako;Stuhlrichter:Koloman Pszman,Gezaåxfiatkovics und Nikolaus Sääry;Jurassoren:Paul Mesterlxizy«,Eugen KisS,Ste­­pha Udigha,Andreal­lös,Nikolau­s Matkovics,Anton Matusek, Alexander Kozma,Juliu­s Blaskovics,Gedeon Nagy,Graf Rudolp Laßberg,Alexander Nagy und Karl Komondy. ·« Heverer Komitat.(Vervollständigtes Verzeichnisz.)Erste-IMM- gespan:Nikolaus Puky;ziweite Vizegespane:Ladislaustaak (mit dem Amtssitz in Erlau),Kaspar Halassi­(mit dems.­amts·sitz·in Solnok),Obernotär:Joseph Erdöl­­i;Vizenotäre:Joseph Zalar, Tomas Lipcsei und Ferdinand GSzedertényi; Oberfiskal: Franz Bes­vecz ; Vijefiskale : Karl Nasvary und Andreas Adamı ; Oberkaffaperzep­­tor : Joseph Dokoliczányi ; Vizefaffaperzeptor : Joseph Bozlit ; HYentral- Stuhlrichter : Franz Kürthy ; Oberrechnungsführer : Karl Lenkey ; Vize­­rechnungsführer : Georg Babscsay und Serend Beges ; Archivare : Blafius Szabó, Ladislaus Dombrady und Johann Horanky ;_ Ober­ärzte : Alois Franz und Johann Becsy ; Komitatsingenieure : Emeri­ Szabó. und Bartholomäus Timon; Skaftellan : Alois Bétefy. — Am Gyöngyőser Bezirk: Oberstuhlrichter : Anton Kürthy ; Stuhlrichter : Bartholomäus Kabab, Daniel Borhy und Alois Fehér; Yurafjoren : Koloman Fehér, Johann Réfefíy , Joseph Sal und Narl Bárány ; Sicherheitskommissär : Janız Szabó. — Im Tarna-Beruf : DOberstuhl­­richter : Viktor Majzik ; Stuhlrichter : Julius Almasiy, Mathias Nagy: Jejed und Nikolaus Puky jun. ; Quraftoren : Michael Ferenczy, LYurding Hortay, Koloman Csernyus, Nikolaus Szalay, Joseph Kovács; Sicher­­heitskommissäre : Friedrich Szabó und Wilhelm Göth. — Im Theißz Bezirk: Oberstuhlrichter : Peter Lipesey ; Stuhlrichter : Albert Benkö, Julius Borgzay, August Bogyó, Anton Lorongzy und Johann Helles­branth ; Quraftoren : Julius Kovács, Bela Für, Cadislaus Recsty, Andreas Szombathelyi, Bela Báptor und Julius Cörddy ; Sicherheits­­kommissäre : Ludwig Seterfa, Cmelik Sarközy und Mirel Kovács. — Am Mätraer Bezirke : Oberstuhlrichter : Nikolaus Jvndy ; Stuhlrichter : Paul Beniczty und Joseph Kovács ; Jurafforen : Joseph Ferenc, Mat­thias Kiss und Ferdinand Kovács ; Sicherheitsfommiliär : Georg Mario ; Reisiger des Komitatsgerichts in Orlau: Joseph Füley, Johann Sza­­bányi, Johann Markovics, Alexander Szabó, Julius Boppet, Wilhelm Bedetovics und Ladislaus­­ Écsepy­­­in KR Johann Andrásfy, Joseph Szentmártony, Franz Hubay und Albert Bogany. Edongrader Komitat. 1. Vizegespan : Valentin Törő E: 2. Bizegespan : Franz Ko­vá­c 8­­. Obernotär : Michael G­r­abe: Bizez notáre : Moriz Molnár,­udwig Jeney und Ladislaus Barth ; Oberfisz­­al : Ludwig Szomor ; Bizefistale : Johann­­ Bartha und Koloman Bo­­totvás ; Kaflaperzeptor : Ludwig Dobosli ; DBizeperzeptor : Michael Ka­mocsay ; Oberrechnungsführer : Heinrich Kädar; Vizerechnungsführer : Emerichh Marfonsky ; Präsident Des Komitatsgerichtes mit Vizegespanst­rang : Karl Kovacs ; Beil­er : Ladislaus Kofla, Agnaz Lubinksy, Stephan Kösay, Cmerih Szomor, Daniel Papy, Lavislaus Kerteß und Johan Knauz ; Stuhlrichter : Theodor Antonovics, Franz Miteez , 30 ° fepb Geht: Emeric) Vidovich und Anton­ Bidovich ; Juraflorenz: Stephan Szabó, Alerius Szabó, Cmevic Botománoy, Alexander Berebe­tes,­Nagy, Emerid Shladta , Martin Bläzfif, Johany Grestovics, „su­­ius Bene und Ludwig Fanyar ; Sicherheitsfommiliäre : Bfiofovics, Koloman Bete, Mathias Szarka, Karl Rözsa und Nikolaus Szathmáry ; Oberarzt : Franz Schönwiesner ; Molhivar : Stephan Pity ; Kastellane : Ladislaus Kamocsay und Gmerich elete. ·· Gemistersivmim(Veranständigtes Vorzeichniß.)1.Vizege­­span:Gustav Fa­y;2.Vizegespk111:Abraham Bodonz Obernotan Bartholomäus Szontiigh:Bisenotäre:Panlsiath,Zoiks11·.Ga111- vay,Ladislaus Bornemissza;Oberficki11;Johannsin­olitorcß;Vizefiskale: Ladislaus C Hider und Thomas Lochererztrassaperzeptor—; Ludwig Szep­­laky;Nechnung­sfüh­ rer:Ladislau­­s Török;­Arch­lvare: Josefzh ·Lubik und Johann Abonyi;Kom­itat­särzte:Rudolph­ Madaritsz und Mioriz Pa­­czek;Ingenieur:­i­arl Somoskövy;Beisitzer de­s Komitatsgerichtes : Dios ans Holló, Abraham Balóczy, Zoltan Ján, Raul Abonyi, Johann Fe­­jérváry, Javislaus Kubinyi, Johann Tördt und Eugen Fornet ; Ober­stuhlrichter : Johann Gál, Nabolair Latinat, Andreas Bartöffn, Balenz­tin Tördt und Paul Dapig; Stuhlrichter : Koloman Mariaffy, Raul Seböt, Franz Feledy, Eduard Maleter, Nikolaus Szentmitlejy, Gustav Rubinyi, Karl Ethey, Paul Szentmitlejy, Georg Yaborkiy, Béla San­­dor, Sigmund Dießenhp, Benevitt Hevefsy und Barnabas Fay; Fura­­toren : Karl Benedit­t, Thomas Rajtor, Anton Grzeczkay, Gustan Baz­filideß, Karl Brelopa, Julius Czerva, Ludwig Élet, Desider Somor, Kaspar Ofolicsányi, Georg Bozáry, Defiver Madarak­y, Julius Dfolsz­csányi, Merander Szentmitlály, Michael Nagy, Samuel Batta, Karl Kalas, Gmerich Monyorösfy und Peter Esifär ; Sicherheitsfommiliäre : Karl Somogyi, Albert Markus, Karl Badinyi, Georg Kriston und An­dreas Töröl. Die Restauration ist entschieden im Sinne der Dedi-Bar­­tei ausgefallen. PIZETYJL RESERETTL VGA zért EB za me SZETA CME u Nuffische Geschichten. (Die russische Verfassung von 1613 und die Fälschung derselben —­Wie das Haus Nomanow auf den Thron kam — Wie Rußland die Ostsee­provinzen gewann — Vom Stall zum Thron.) Man kann nicht sagen, daß die Memoiren des Fürsten Peter Dolgorufow , welche in diesem Augenblick viel Aufsehen machen, zu dem eigentlich amüsanten Büchern gehören. Er ist ein lebendiges Magazin der russischen Geschichte, aber er ist auch nicht im Stande, irgendetwas­ von seinem Wissen für sich zu behalten. Ein wahres Prochter empfar jener Erzähler, welche stets vom Him­bertsten auf’8 Tausendste kommen, unterbricht er fortwährend sich selbst , um vor- oder zurüczugreifen oder Dinge einzuschalten, welche andere Autoren in Anmerkungen verweilen w­ürden. Er schildert irgend­eine Szene , bei welcher Hinz, Kunz und Peter betheiligt waren. Nun werden zuerst diese drei Personen beschrie­­ben, dann ihr Stammbaum bis an die Wurzel und bis in die meitesten V­erzweigungen verfolgt und Alles vorgebracht, was von deren Vorfahren, Nachkom­en, Rettern und Schwägern zu berich­ten ist. Ein entfernter Verwandter von Hinz war aber mit jenem­ Baul genau befreundet, meldet u. s. w. Natürlich­ miüssen nun fünmmtliche Pauls Nevue paffiren. Ein Abenteuer eines von Keen erinnert den Derfaffer an ein ähnliches Erlebniß eines gewissen Johann , und so gehts fort ohne Ende. Der Leser hört eine Menge interessanter geschichtlicher Daten und Anekdoten, muß aber auch eine Unzahl von Geschichten mit in Kauf neh­­men von Familien , deren Namen er nie vernommen hat und nicht aussprechen kanır und an denen nichts Merkwiürdiges ist , und trimmt der Erzähler endlich, den Faden wieder auf, so weiß Sener längst nicht mehr, wovon eigentlich Die Nee gewesen. Um Dol­gorufow folgen zu können, müßte man vor. Allem jenen Sinn für Genealogie besigen, welcher gewöhnlich nur Frauen und Hof­­herren zu Theil wird. Wer sich indessen mit etwas Gebulo durcharbeitet, der wird auch Durch allerlei Ausbeute zur Charakte­­ristiz Des nordischen Reic­es belohnt , werfen intime Geschichte bis in die jüngste Zeit durch die seltsame Mischung von asiatiss­hen und europäischen Elementen und durch die wichtige Rolle, welche namentlich seit Peter dem Großen Abenteurer jeder Art und Abstammung darin spielten,, etwas Romanhaftes behalten hat. Was bewarf es mehr, um Dolgori­kow’s Dianier zu fenn­zeichnen, also daß wir erwähnen, dak der erste, 33 Bogen starre Band der „Memoiren“ eines Mannes, welcher seinen Andeutun­­gen zufolge etwa um die Zeit der französischen Invasion geboren sei muß, hundert Jahre frü­her anhebt, nicht über die Kaiserin Elisabeth hinausformt, und innerhalb dieses Zeitraumes noch Gelegenheit nimmt, nicht allein Beter ven Großen und sein gan­ 308" Haus abzusonterfeien, sondern sogar bis auf die Zeit m­it­telbar nach den falschen Dimitri’ zurückzugehen. Hier treffen wir allerdings glei auf eine interessante Erzählung. Al die Neffen ich von der polnischen Herrschaft befreit hatten, wollten­ sie den alten Despotismus­ nicht wieder­­herstellen. Die Reiches­­stände versammelten sich in Moskau, entwarfen eine Berfaffung und suchten nun einen Monarchen, von welchen sie die Beobach­­tung derselben erwarten konnten. Der Bojar Fedor Imanowitsch Scheremetew lenkte die Aufmerksamkeit auf seinen Retter, den schzehnjährigen Michael Nomanow, und legte einen Brief von dem Pater des Lekteren, dem in Polen gefangenen Philaret No­­manow, vor, in welchen den Ständen anempfohlen wurde, die echte des kü­nftigen Herrschers einzuschränken. Der Brief erregte Begeisterung ; die Gesinnung des Vaters und die Jugend des Sohnes schienen den Bojaren Bürgschaft genug für die Erfüllung ihrer Wünsche. Sie wählten Michael. Aber der­ Brief war er­funden , Bhilaret weit entfernt von konstitutionellen Gesinnuun­­gen, und das sollten die Auffen erfahren, sobald er aus der Gefangenschaft zurückehrte. Boris Godunoniw, der große, unserer Ansicht nach durchaus nicht nach Verdienst gewirdigte, weil nun glü­kliche Vorläufer Peters I., hatte bekanntlich den russischen Bauern an die Scholle gefesselt. — Dolgorufow sagt, um den kleinen Grundbefig gegen den Boris feindlichen großen fid­ zu verbinden. Diese politische Nachsicht mag mit Dabei abgemaltet haben , aber der Hauptgrund war doch offenbar der, dem nong­­olischen Leben ein Ende zu machen , bei welchem die Kultur des Bodens und des Bolfes selbst niemals gedeihen konnte. Anders als der Zwang ließen sich die Russen von ihrer alten Gewohnheit nicht abbringen, am 26. November eines jeden Jah­­res von einer Befibung nach einer anderen zu wandern, eine Gewohnheit , deren Schädlichkeit Dolgorufow selbst zur Sonsta­­tirung der Thatsache anerkennt, daß die Landleute natürlich am Tiefsten zu den großen Grundbefigern gingen, wo es aus dem Boten ging, mit der Arbeit weniger genau genommen wurde, während die kleineren Befisthümer ohne Arbeiter blieben. Auch wirken erst unritter Peter, dem Großen die Hörigen zu wirklichen Leibeigenen gemacht. Während der Molenherrschaft war das Boris’sche Gefäß außer Kraft gekommen, und da auf dem Reiche­­tage von 1613 der große und der kleine Grund besiß sich über die Frage nicht zu einigen vermochten, blieb die Sache in der Schwebe. Nun erfaufte Philaret die Unterfragung der Reinen beim Umsturz der Verfassung mit dem Zugeständnis der Wieder­­einführung­ des Wanderverbots. Cedh8 Jahre hatte die, wenn man so sagen darf, konstitutionelle Periode Rußlands gewährt, und das Haus Nowanow , welches auf den Thron berufen wor­­den war, um die Berfaffung zu blüten, begann seine Herrschaft mit Befeitigung derselben. Das Wort Befeitigung ist ganz mört­ Tidy zu nehmen ; die Berfaffungsurkunde selbst verschwand , und was jet in Moskau als solche aufbewahrt und gezeigt wird, ers meist sich dad als falsche, dab das Schriftstück von Bojaren als solchen unterzeichnet ist, welche erst nach 1613 zu dieser Wide erhoben wurden, während die Namen solcher Bojaren fehlen, welche in der Zwischenzeit gestorben waren. Eine andere interessante und­ lehrreiche Partie des Merktes ist diejenige, welche die Er­werbung von Livland und Esthland be­­handelt. Karl XI. von Schweden hatte für sein ganzes Heid, eine „commission de reduction” eingefeßt, deren Aufgabe es war, alle Befistitel zu prüfen, und diejenigen Domänen für die Krone einzuziehen, deren Inhaber ihr Besitrecht nicht nachweisen konnten. Diese Mafßregel traf besonders schwer und erbitterte die Grundbefiger in Lifland und Esthland, wo dreihundertjährige, fast ununterbrochene Kriege viele Schlösfer und mit denselben alle Dokumente zerstört hatten. Karl XII. war nur der Mann, um zu begreifen, wie gefährlich eine solche Bereicherung des Staats- Ichates sei, er erhielt die Verfügung aufrecht, und als Peter diese Länder lieferze, gaben der Marschall Scheremeteff der die Eroberung vollendet hatte, und der Marschall Nepnin , der die Provinzen für Rußland verwaltete, dem Czaren den weisen Rath, allen Evellenten welche ihm den Eid der Treue ihm waren, Die tonfiszirten Güter wiederzuerstatten. Das entschied die Annexion. Der gesammte Adel ging zu Rußland über; nach dem Kriege führten auch die während desselben nach Schmeren Geflüchte­­ten zurü­d und die Offiziere verließen die Reihen des fchmwerischen Heeres, in welchen sie gegen N­ußland gesimpft hatten. Daher datirt die Anhänglichkeit der deutschen Provinzen an Nußland und mit der Zeit beginnt auch die wichtige Rolle, melde der Adel der OOstseeprovinzen fortan in der Geschichte Rußlands spielt. Mit ganz besonderer Aufmerksamkeit behandelt Dolgorutow den berühmten Herzog Biron von Kurland. Es ist offenbar, den demokratischen Fürsten ärgert heute noch die Einschmuggeluug des Plebejers in die Aristokratie, ein Prozeß, gegen den ihn seine ausgebreiteten Studien in der russischen Genealogie doch, eigent­­lich unempfindlich gemacht haben sollten. So gibt er ihm mier­mals den Namen, welchen die Familie des Emporsümmlings bis auf den heutigen Tag unangefochten trägt, sondern nennt ihn konsequent Bieren, wie er eigentlich hieß, und betont gern, daß der Großvater des Herzogs Stallinecht bei dem rechten Herzog von Kurland gewesen, und der Vater seine Laufbahn ebenfalls im Stalle begonnen habe. Hören wir nun, was er non dem­ Sohne des Veiteren erzählt. Johann Ernst Bieren, 1690 gebo­­ren, wurde auf die Universität Königsberg gerichtet, bummelte, an­statt zur studiren, wurde wegen falschen Spieles davongejagt, be­kleidete eine Zeit lang in Kurland die Stelle eines Haushofmei­­sters bei einem reichen Grundbesiger und suchte 1714 um eine Ab ftelung am Hofe der Gemahlin des Czarewitsch Aleris nach. Die brusque Abweisung seines Gesuches sol ihn mit unauslöschlichen Haffe gegen alles Kauffische erfüllt haben. Durch die Gunst des Grafen Bestushew-Rim­in kam er 1718 an den Hof der ver­witweten Herzogin von Kurland, Anna Iwanowna, zog deren Blide auf sich und war bald ihr erklärter Günstling. Dolgoru­­fow gibt ihm Schuld, vor allen Dingen seinen Gönner Bestu­­sdjew gestürzt zu haben. Er selbst stieg auch äußerlich von Stufe zu Stufe, und die Herzogin blieb taub gegen alle Beichswerden gegen ihren Liebling. Das häusliche Leben der Fürstin wird mit lebhafteren Farben gemalt, als wir hier wiedergeben können. Genug, wie Fürsten gewisse Damen gern an Hofbeamte verheira­­then zur Wahrung des Anstandes, so gab Anna ihrem Sekretär und Kammerheren eine ihrer Ehrendamen zur Frau, Fräulein Trotty von Treyden, welche, selbst außer Gefahr, Freuden und Unbequemlichkeiten des Cheslandes in vollem Umfange zu erfah­­ren, wenigstens die Rolle einer glücklichen Mutter für eine Ant­iere spielen­ konnte. Siebzehn Jahre währte die­ Ehe zu Dreien, und zwei Söhne und eine Tochter kamen zur Welt, deren Vater Dieren war, für deren Mutter Frau Dieren galt. Der furländische Adel sperrte sich lange Zeit dagegen, Die­­ren Mann in seinen Kreis aufzunehmen ; dafür mußte er sich bequemen, ih nach dem Aussterben des herzoglichen Hauses 1737 den vielummorbenen Thron selbst besteigen zu sehen. General­major v. Bismard, Bieren’s Schwager, bemächtigte sich Mita’, und den zur Wahl einer neuen Dimastie versammelten Epfen wu­rde angekündigt, daß sie volle Wahlfreiheit genössen, daß aber die Kaiserin von Bırland ( was Anna inzwischen gemordeit war sich erlauben werde, Heden, der nicht für den „Grafen von Biron“ stimme, nach Sibirien zu fchiefen. Die zu solcher Reife geeigneten Kibitfen habe­ die Herrin bereits im genügender An­zahl aufgefahren. Und siehe da, die Kaiserin Hatte nicht möthig, einen Einzigen die Fahrt antreten zu lasfen ! — Der neue Her­zog bat brieflich den französischen Marschall Duc de Biron, ihm zu bestätigen, daß ein Glied der Familie, von welchen der Brief- Schreiber abzustammen behauptete, nach Deutschland ausgewandert sei.. Der Marschall antwortete, davon sei ihm allerdings nichts bekannt, aber wenn ein regierender Herr mit ihm verwandt sein wolle, so könne ihm das mir zur Ehre geweichen. Gleichzeitig wurde bekannt, daß ein Apotheker in Lothringen sich den Namen Biron beigelegt hatte, und man wevete dem Marshall zu , die Hilfe des Gefeges gegen die Usurpation in Anspruch zu nehmen ; aber er entgegnete lachend, es könne ihm ja nun schmeichelhaft sein, daß ein gefrönter Abenteurer im Norden Europa’s und ein arm­er Teufel in Lothringen seinen schöneren Namen zu finden müßten, als den feinigen. Mit den Jiutgen streichen der Söhne Birons von­ Kurland, welche Dolgorutow gemissenhaft aufzählt, wollen wir unsere Veser nicht behelligen und die ferneren Schicsale des Herzogs, seine Tante in Rußland, sein Sturz Dvd­ Münnich, seine Verban­­nung nach Sibirien und seine­ Restitution sind allbekannt. Das erlaub­te Haus fan auf ganz Ähnliche Weise um die Herrschaft, wie es zu derselben gekommen war. Herzog Peter, der Sohn von Johann Ernst, feierte den Karneval 1795 in Petersburg auf seine Manier. Unterdessen ließ Katharina dem Furland’schen Adel jagen, sie möchten um Einverleibung ihres Landes in Juh­land nachjuchten, widrigenfalls sie die Ämterton gegen ihren Wil­­len vollziehen würde. Man fand die Wahl um so weniger schwer, als für den ersteren Fall Aemter, Pensionen und Orden in Aue­­sicht gestellt wurden, und als Herzog Peter eines Morgens aus seinen Rausche erwachte, fand er sich abgefegt. Er resignirte, wahrte aber, zum allgemeinen Gespötte, sich und seinen Nachkom­­men alle Ehrenrechte souveräner Familien und nahm zum Trost die Summe von 500,000 Dukaten und eine Jahresrente von 100,000 Thelern an. 1 — u

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