Pester Lloyd - esti kiadás, 1943. július (90. évfolyam, 145-171. szám)
1943-07-01 / 145. szám
Press 12 Fillér ! f ) ''■-i .Mx JSki 1 90. Jahrgang Budapest, Donnerstag, I. Juli 1948_____________________________|Vr. 145 ABENDBLATT AUSLANDSCHAU - 1. JULI................. SowjetdípSomatie Vor kurzem hat Moskau in der Leitung der Diplomatie gewisse Änderungen vorgenommen, die sich dem Anschein nach nur in Äußerlichkeiten auswirken, in Wirklichkeit aber vielleicht doch etwas durchgreifendereReformen bedeuten. So wurden die Diplomaten in verschiedene Klassen eineeteilt, wobei einige wichtige Persönlichketen den Titel eines außerordentlichen Botschafters, die anderen den einesGesandten erster oder zweiter Klasse erhielten. Litwinow wurde zusammen mit Molotow, Wischinski und Majski zum außerordentlichen Botschafter ernannt, und erhielt dazu auch die Ernennung zum Vizekommissar der auswärtigen Angelegenheiten, offenbar um die Wichtigkeit seiner Stellung in der Sowjetdiplomatie zu unterstreichen. Die Diplomaten der Sowjetunion sind ausführende Organe der zentralen Direktiven, und nehmen an der Gestaltung der Außenpolitik nur dann Teil, wenn sie als Mitglieder der beiden Kommissionen Sownarkom (Rat der Volkskommissare) und Politbüro ein Recht dazu haben. Wer also kein Mitglied dieser beiden Körperschaften ist, kann sich nur als Werkzeug eines höheren Willens betätigen. Stalin selbst nimmt an der Ausarbeitung der diplomatischen Aufgaben und Pläne einen lebhaften Anteil; neben ihm haben noch der Leiter der auswärtigen Angelegenheiten Molotow und sein Vertreter Wischinski, ferner Woroschillow, Mikojan und Kaganowitsch ein Wort mitzureden, von denen aber der letzte seit einiger Zeit scheinbar in den Hintergrund gestellt wurde. Von der Parteileitung werden mitunter auch der ehemalige Führer der Gottlosenbewegung Jaroslawski, sowie Schdanow und Mechlis in die Besprechungen einbezogen. Die Berufsdiplomaten nehmen also eigentlich nur an der Durchführung teil. Der Einfluß der einzelnen diplomatischen Persönlichkeiten ist jähen Wandlungen unterworfen; allein Molotow ist es gelungen, ungeachtet der verschiedenen Änderungen des außenpolitischen Kurses in den letzten Jah-' ren unverändert am Ruder zu bleiben. Die Ernennung Litwinows zum stellvertretenden Kommissar der Auswärtigen Angelegenheiten kann nach der offenen Rückkehr Moskaus zur deutschfeindlichen Politik keine Überraschung bedeuten. In seiner Jugend (mit seinem Familiennamen heißt er Wallach und nicht, wie man allgemein annimmt, Finkeistein) war er in einen Bankraub verwickelt, den er angeblich im Interesse der kommunistischen Partei verübt hatte, und wurde dafür in London vor Gericht gestellt. Er verbrachte mehrere Jahre in der Schweiz und rechnete somit zu den erfahrensten Mitgliedern der jungen kommunistischen Kreise. In Enggland gelang es ihm später durch seine Ehe mit einem bedeutenden Finanzmann in enge Beziehungen zu treten, so daß er nunmehr auch die nötigen Geldmittel besaß, um seine Tätigkeit fortführen zu können. Gleich nach der Revolution von 1917 trat er in den diplomatischen Dienst, in dem er allmählich bis zum Rang des Volkskommissars für Auswärtige Angelegenheiten stieg. Nach seinem Sturz im Jahre 1939 lebte er zurückgezogen bis 1941, als er zum Botschafter in Washington ernannt wurde. Von den anderen führenden Persönlichkeiten der Sowjetunion stammt Molotow aus einer russischen Biirgers-familie, ist eine sehr biedere Erscheinung, und verrät keineswegs den Diplomaten, da er außer einem gebrochenen Deutsch, gar keine Fremdsprache beherrscht. Dafür ist er aber eip treuer Anhänger Stalins und ein ergebenes Werkzeug seiner Politik. Als Nachfolger bedeutender Talente wie Tschitscherin und Litwinow, ist Molotow gezwungen, in jeder Hinsicht die Iiilfc und Ratschläge seiner Mitarbeiter in Anspruch zu nehmen, und daher haben seine Vertreter und sonstige Ratgeber einen bedeutenden Einfluß. Von diesen seien hier der Leiter der angelsächsischen Angelegenheiten Smirnow, der Referent für Westeuropa Kusnezow und der für den Nahen Osten Nowikow erwähnt. Eine wichtige Persönlichkeit ist noch der Generalsekretär Sobolew, der als ehemaliger Diplomat und bekannt eleganter Mann die westliche Etikette vertritt. Die bedeutendsten Mitarbeiter bleiben aber die vier stellvertretenden Volkskommissare Dckanosow, Wischinski, Losowski und der wegen seiner polenfeindlichen Einstellung in den Vordergrund geruckte Korneitschuk, zu denen sich jetzt als fünfter Litwinow gesellte. Wischinski ist der ausgesprochene Vertreter der Partei in der Außenpolitik. Er war früher als Jurist Oberster Staatsanwalt der Sowjetunion und hat sich in verschiedenen Prozessen einen berüchtigten Namen verschafft. Auch heute ist er der Wortführer, wenn es sich um energische Forderungen oder um scharfe Worte handelt. Seiner Abstammung nach ist er Pole. Dekanosow ist Leiter der Bürokratie und als eine bedeutungslose unt unauffällige Erscheinung den fremden Missionen in Moskau zugeteilt. Losowski ist der oberste Leiter der Propaganda und der Auslandspresse und verfaßt die amtlichen Verlautbarungen. Der jüngste von allen ist der Ukrainer Korneitschuk, der in den vierziger Jahren steht und von Beruf Schriftsteller und Journalist war. Er ist mit Wischinski der Vertreter der entschlossensten Politik den Randslaaten gegenüber und somit ein Mann, der Osteuropa hauptsächlich interessieren muß. Zum Schluß sei hier noch Maiski erwähnt, der als Botschafter in London seit langer Zeit eine wichtige Rolle spielt. Als alter Bolschewist hatte er auch die Entbehrungen und Verfolgungen aus eigener Erfahrung kennengelernt, mußte sich aber in der Sowjetkarriere als Menschewik mit einem langsameren Aufstieg begnügen. Er verbrachte lange Jahre in verschiedenen kleineren Posten, bis er endlich den Rang eines Botschafters erhielt und vorerst nach Finnland gesandt wurde. In London gelang es ihm dann, seine Fähigkeiten voll zu entfalten und er wurde bald ein geschätztes Mitglied der Londoner höheren Gesellschaft und auch seitens der nicht bolschewistischfreundlichen Persönlichkeiten gut aufgenommen. Das ist die Garde, die die Sowjetpolitik heute- leitet; es handelt sich um alte Namen, doch neu ist die Tendenz, die Äußerlichkeiten von Rang und Würden in der Sowjetdiplomatie stärker hervortreten zu lassen. Diese Tendenz entspricht einer ähnlichen Wandlung, wie sie in der Roten Armee statgefunden hat, wo die Rangabzeichen der zaristischen Zeit wieder eingeführt wurden. Vielleicht handelt es sich dabei um einen Wunsch des diplomatischen Personals, Rang und Titel zu genießen, ein Wunsch, der bei einer bürokratischen Körperschaft nicht unnatürlich ist; aber noch näher liegt die Annahme, daß die Sowjetregierung durch diese Änderungen die neue „bürgerliche“ Linie ihrer Politik zu betonen wünscht. Die günstigen Erfahrungen, die in England und Amerika mit der Komintern-Auflösung gemacht wurden, dürften eine äußerliche Anlehnung an die bürgerliche Welt begünstigen, hat man ja in Moskau die Erfahrung, daß diese Äußerlichkeiten in London und Washington günstig wirken. Die englischen Blätter haben z. B. ein besonderes Vergnügen daran, Stalin seit seiner militärischen Ernennung nicht mehr Premier Stalin, sondern „Marschall Stalin“ zu nennen.x g Neuregelung der Löhne und Gehälter Anpassung der Steuern, Gebühren, Tarife und sonstiger Abgaben an das neue Preisniveau Die Ausgabe des Amtsblattes vom 1. Juli ist fast in ihrer Gänze durch Verordnungen in Anspruch genommen, die einerseits die Gehälter und sonstige Entlohnung der öffentlichen Beamten, der Angestellten der Privatwirtschaft, sowie die Löhne der Arbeiterschaft erhöhen und gleichzeitig durch eine entsprechende Neuregelung, die Steuern, Gebühren, Tarifen und sonstigen öffentlichen Abgaben dem neuen Preisniveau anpassen. Nachstehend veröffentlichen wir die wesentlichen Bestimmungen dieser Regierungsverordnungen, nach dem Berichte des MTI: Die lange Reihe der in der Donnerstag- Ausgabe des Amtsblattes herausgegebenen Verordnungen wurden von der Regierung aus dein Grunde gleichzeitig veröffentlicht, um in der Gestaltung des neuen Preis-, Lohn- und Gehaltsniveaus den Einklang und die Gleichmäßigkeit zu sichern und in entsprechender Weise auch zum Ausdruck zu bringen, denn nur auf diesem Wege besteht eine Möglichkeit für die Stabilisiereung des neuen Preisniveaus. Öffentliche Angestellte Im Rahmen dieser Neuregelung wurden die Gehälter und Familienzuschläge der öffentlichen Angestellten, sowie der Pensionisten, Witwen und Waisen neu bestimmt. Der mit der Sonderkriegspauschale vereinigte Gehalt der öffentlichen Angestellten wurde um 20 Prozent erhöht, auch der Fcmilienzuschlag wurde in demselben Maße ergänzt. Die diesbezügliche Verordnung hält auch die bisherige Bestimmung aufrecht, haut der nach dem ersten Neugeborenen der fünffache Betrag des erhöhten Familienzuschlags anzuweisen ist. Künftighin érhalt der öffentliche Angestellte oder Pensionist, der einen Kriegswaisen adoptiert oder für die Erziehung eines Kriegswaisen in eigenen Haushalte sorgt, den Familienzuschlag erhält bzw. ist dieser Familienzuschlag auch dann zulässig, wenn der Betreffende in keiner Blutsverwandtschaft mit dem Kinde steht. Für den Familienschutz ist die Maßnahme von hoher Wichtigkeit, laut der der Erziehungszuschlag nach dem vaterlosen Waisen nicht weniger als der Familienzuschlag betragen kann. Dieser Betrag wird für den Waisen eines Vaters, der auf dem Felde der Ehre fiel, auf das Anderthalbfache, hei einem elternlosen Waisen aber auf das Zweifache des Familienzuschlags erhöht. Was die Pensionen anbelangt, enthält die diesbezügliche Verordnung die wesentliche Neuerung, daß der neubestimmte Betrag des Gehaltes für öffentliche Beamte die Grundlage der Berechnung des Ruhegehaltes bildet und gleichzeitig auch der Familienzuschlag der Pensionisten erhöht wild. Angestellte der Privatwirtschaft Die Regierungsverordnung über die Neuregelung 'der Gehälter der Privatangestellten ist für alle Privatbeamten gültig, die in industriellen (Handels-), in Bergwerksoder Montanhetrklben, Geschäften oder anderen in der Verordnung angeführten Unnehmungen, sowie im allgemeinen in allen erwerbsmäßig betriebenen Unternehmungen, Berufen und Büros angestellt sind. Die Verordnung erhöht und stabilisiert auch die Bezüge der Privatangestellten. Die Arbeitgeber sind verpflichtet, die Grundgehälter ihrer Angestellten festzustellen, die unter die Geltung der Verordnung fallen. Der Gehaltszuschlag ist nach den Bezügen zu entrichten, die nach dem Grundgehalt errechnet worden sind, ferner nach den Überstuncengebühren, sowie nach der etwaigen zusätzlichen Sonntagsentlohnung. Das Maß des Gehaltszuschlages wurde entsprechend dem Grundgehalte für das ganze Landesgebiet einheitlich festgestellt. Der Gehaltszuschlag kann mit Berücksichtigung der in früh ,ren Verordnungen bereits festgesetzten etwa 30 Prozent nach Grundgehältern bis 4000 Pengő 60, nach Grundgehältern bis 8000 Pengő höchstens 55 Prozent im Jahre betragen. Bei den Gehaltsgruppen zwischen 8000 und 24.000 Pengő im Jahre kann der Gehaltszuschlag höchstens 4400 Pengő betragen. Wer einen Grundgehalt von mehr als 24.000 Pengő, aber weniger als 28.400 Pengő im Jahre bezieht, dessen Gehaltszuschlag muß dermaßen festgestellt werden, daß der Zuschlag den Grundgehalt auf 28.400 ergänzt. Gemäß der Regierungsverordnung über die Neuregelung der Löhne der in industriellen (Handels-) und Montanbetrieben, Geschäften und in übrigen, in der Verordnung angeführten Unternehmungen beschäftigten Handwerks- und Handelsigehilfen, Arbeiter, Lehrlinge und ähnlicher Arbeitsnehmer hat der Arbeitgeber den sogenannten Grundlohn des Arbeitsnehmers festzustellen. Der Grundlohn beträgt 77 Prozent der am 30. Juni gültigen Bezüge, die auch den bisherigen gesetzlichen Lohnzuschlag (im allgemeinen 30 Prozent) enthalten. Nach diesen auf Grund des Grundgehaltes errechneten Bezügen, sowie nach den Überstundenlöhnen, sowie dem etwaigen Sonntagslohn, ist ein Lohnzuschlag zu bezahlen. Der Lohnzuschlag beträgt in kriegswichtigen, sowie in jenen Betrieben, die auf Grund des Wehrgesetzes zu Bereitschaftsmaßnahmen verpflichtet sind, 60 Prozent. In den übrigen Betrieben kann der Arbeitgeber den Lohnzuschlag bis zu 50 Prozent erhöhen. Im Zusammenhang mit der allgemeinen Regelung der Arbeitslöhne, werden natürlich auch die landwirtschaftlichen Arbeitslöhne neugeregelf. Die Verordnungen über die Ruhegehälter der Privatangestellten, sowie der Arbeiter, werden demnächst ebenfalls veröffentlicht werden. Anpassuog der Steuern, Gebühren, Tarife und sonstigen Einnahmen an das neue Preisniveau MTI meldet: In der Donnerstagausgabe des Amtsblattes wurden Verordnungen veröffentlicht, die Maßnahmen darüber enthalten, daß jene Steuern, die satzmäßig, also nicht prozentuell festgestellt werden, sowie die Gebühren und Tarife nach staatlichen Dienstleistungen, sowie einzelne andere staatliche bzw. öffentliche Einnahmen mit dem neuen Preisniveau in Einklang gebracht werden. Die Gestaltung des neuen Preisniveaus geschah mit Berücksichtigung dieser Neuregelung der öffentlichen Einnahmen. Bei der Erhöhung der Einnahmen wünschte die Regierung in erster Reihe den Luxus bezw. die Genußartikel zu besteuern. Es, versteht sich von selbst, daß unter Kriegsverhältnissen, • da jedermann Opfer zu bringen hat, der Begriff d«s Verbrauchs für Bequemlichkeit und Luxus in viel breiterem Sinne ansgelegt werden muß, als im Frieden. Demgemäß erhöht sich die Steuerlast für Lichtspieltheaterkarten. der Verkaufspreis von Spiritus, demzufolge des Essigs, der Essigsäure, der Hefe und der Tabaksorten. Die Preiserhöhung für billigere Taibaksorten ist geringer als für Sorten besserer Qualität. Auch die Verbrauchssteuer für Mineralöl, Glühlampen und Zigarettenpapier wurde erhöht. Künftighin wird auch nach Propan