Siebenbürgisch-Deutsches Tageblatt, 1884. Juni (Jahrgang 11, nr. 3181-3204)

1884-06-11 / nr. 3188

. Seite 578 Hermannstadt,Mittwoch Siebenbürgisch-Deutsches Tageblatt. 11.Juni 1884. Nr. 3188 deutsche Jugend von den sächsischen Lehranstalten abzulenken, und als rechtes Mittel die Anwendung von Feuer und Schwert empfahl, an Bela Grünwald, welcher, von dem Sache ausgehend: „Das Schicsal der magyarischen Nation ist ‚entweder die Herrschaft oder die Knechtschaft; eine dritte Eventualität giebt es nicht“, das Dogma von der Notwendigkeit der Magyarisierung der nichtmagyarischen Intelligenz aufstellte; an Raul Hoffmann, der die magyarisierenden Bestimmungen des Gesehes nur als einen ersten Schritt bezeichnete, bei welchem der ungarische „Staat gar nicht stehen bleiben darf“, da er „in kurzer Zeit den Unterricht magyarisch machen muß“. (Bewegung.) Selbst der Ministerpräsident Koloman Tisa gestand, als ich in der Spezial­­­debatte den Schulerhaltern, also auch den Munizipien und Gemeinden, Vereinen und Einzelpersonen das Recht der Bestimmung der Unterrichtssprache wahren wollte, dagegen der Abgeordnete Zosef Madaras die Einführung der magya­­­rischen Unterrichtssprache in den wenigen nichtmagyarischen konfessionellen Gymnasien beantragte, — selbst der M­inisterpräsident gestand die Durch­­­löcherung des Nationalitätengefeges durch das Mittelschulgefett zu, indem er sagte: „Die Vorlage will gerade vom magyarische nationalen Gesichts­­­punkte innerhalb der richtigen Grenzen, aber jedenfalls mehr thun, als bisher im Sinne unserer Gefäße zu Rechte bestand.“ (Bewegung.) Sit e3 besser geworden Hinsichtlich der Autonomie in Munizipium, Gemeinde und Korporation? Werden noch immer Aeußerungen von Minoritäten in den kommunalen und munizipalen Vertretungen durch die Regierung als Beischlüffe behandelt und bestätigt oder gar von ihr nach Guthaufen Verfügungen über kommunale und korporatives Eigentum getroffen? Eine schlagende Antwort erteilen hierauf die jüngsten Vorgänge in der sächsischen Universität. Das Recht der Verfügung der sächsischen Universität über das Nationalvermögen ist im Gefege anerkannt, ein natürlicher Ausflug des Eigentumsrechtes, wie auch­ das Gutachten einer der ersten Juristenfakultäten Deutschlands Dharmhur. Obwohl die sächsische Universität in ihrer legten Generalversammlung zur Herstellung eines pefjeglichen Zustandes, zur Anbahnung eines Friedens sich bis an die äußerste Grenze der Rechtsverteidigung zurückzog, hat der Minister des Innnern als Antwort hierauf in einem Extaffe vom 27. Februar d. h. das Recht positiver Verfügung über das sächsische Nationalvermögen fü­r die Regierung in Anspruch genommen, gegen das Gefecht gegen das Eigentums­­­recht! (So ist­). Ist es überhaupt um den Geist der Verwaltung besser geworden? It die Verwaltung twirklich das geworden, was sie sein soll: Die begehende Duelle der Gesamtheit, die Fördererin der Aufgaben, die über die Kraft des Einzelnen hinausgehen, die ihres hehren Amtes unparteiisch twaltende, von persönlicher Gunst oder Haß unnbestechliche Dienerin der allgemeinen Wohl­­­fahrt? Der bereits erwähnte magyarische Publizist, der Verfasser der Schrift: „A közsogi alap bukäsa‘“ schreibt: „Da Gefäßgebung und Zentralregierung mit gutem Beispiel verausgehen, wurde die moderne Moral der höheren Kreise für die Verwaltung von Munizipium und Gemeinde in der Provinz, ja auch für ihr viele öffentliche Institute des Landes anstehend und der Egoismus begann auch hier zum Schaden des öffentlichen Interesses Geschäfte zu machen. So verdirbt allmälig vom Staate aus die Gesellsshaft, vom Ministerium aus das Munizipium, vom Reichstage aus die Wählerschaft. Wir leben in einem wahrhaft goldenen Reitalter! denn um Gold kannst du alles Kaufen: Wü­rden, Titel, Konzessionen und Unternehmungen, Orden und Ehre.” (Heiterfeit.) Meine geehrten Herren Wähler! Sie haben mich vor drei Jahren in den Reichstag entsendet, um ihre wirtschaftlichen Existenzbedingungen gegen die fiskalische Steuerpolitik, um das geringe Maß von Freiheit im Gebrauch unserer Sprache und der Autonomie in Munizipium und Gemeinde, Kirche und Schule gegen weitere Schmälerung zu verteidigen. Ich habe diese Aufgabe nach meinen Kräften zu erfüllen versucht. Aufhalten und zurückdrängen konnte ich die uns entgegenstürmende Flut nicht; das haben Sie auch von mir nicht erwarten können; das vermag überhaupt sein einzelner Sterbl­er. Ich habe es Ihnen übrigens selbst vor drei Jahren in meiner P­rogrammrede gesagt: „Was soll der Sohn eines durch die Magyarisierungsbestrebungen ver­ Testen Bolfsstammes als Abgeordneter zur Beseitigung der größten Gefahr, welche diesem Staate droht, tun? Er besitz nicht die Tat, um Abhilfe zu gewähren. Er kann daher nur, wie die erleuchtetsten Männer des Magyarenvolfes, warnen und soll nach seinen Kräften dieser Pflicht nac­k­­­­ommen, unbeirrt durch die schon vom Grafen Szecheny seinem Volke vorge­­haltene Untugend, „daß derjenige, der die Sache in dieser Gestalt sieht und auch mutig zu besprechen wagt, ausgefeßt ist, mit dem edelhaftesten Unrate schlechter und feiger Vaterlandsliebe, ja selbst des Hochverrates, in allen Ab­­­wechselungen durch Solche bejubelt werden, denen, wie sie behaupten, jeder Tropfen Blut für das Prinzip gegenseitiger Billigkeit und gänzlich freier Diskussion wallt und die jeder Verdächtigung gesch­worene Feinde sind.” Ich Hab’s gethan, ich habe gewarnt und Habe an mr selbst ge­­­nügsam erfahren die trauerige Wahrheit des Szecheny’schen Ausspruches. Mein Batriotismus wurde mir im Neid­dtage nicht nur einmal Schnöde abgesprochen; ich wurde der Staatsfeindlichkeit und des Hochverrates geziehen; selbst mein ehrlicher deutscher Name wurde angezweifelt. Und das geschah nicht blos von Abgeordneten, wie Blasins Orban, Otto Hermann, Ignaz Helfy und anderen, sondern auch der Ministerpräsident Ungarns verschmähte er nicht, am Schluße der vierwöchigen Mittelschuldebatte mir, der ich in der Rolle des Verteidigers aufgetreten, den magyarischen Bruderstamm in loyaler Weise vor Ueber­­­schreitungen gewarnt, den Konfessionellen und Nationalitätsfrieden gegen den Angriff verteidigt, den Vorwurf entgegenzuschleudern: „al dasjenige, zwas magyarisch ist, mit von der Galle der V­erleumdung überströmender Zunge verunglimpft und alles versucht zu haben, um im Schoße des Abge­­­ordnetenhauses und wenn möglich auch außerhalb des Hauses einen Tonfessio­­­nellen und Nationalitätskampf anzufachen.“ Meine geehrten Herren Wähler! Ich habe auf die Frage: ist es in den drei Iegten Jahren bessser geworden? mit einem entschiedenen Nein! geantwortet. Ich stehe nicht an, daraus die Konsequenz zu ziehen, die ein ehrlicher Mann ziehen muß: Das ist der Entschluß, weiter zu kämpfen,­­­ wenn e3 sein muß, biß zum rechten Atemzuge. (Bravo! Anhaltender Beifall.) Gerwiß, ich fühle e3 lebhaft genug, nach all’ dem lärmenden Streit, nach al’ den Aufregungen und Anstrengungen des Kampfes erfüllt tiefste Friedend­­­sehnsucht auch mein Herz, so tief, wie sie s­­chon unsere Väter vor S­ahr­­­hunderten in die Kirchenglocken eingegraben mit dem Spruche: „Komm, o König du der Ehren! Komm, mit deinem Frieden komm!“ Aber es muß ein ehrlicher Frieden sein, bei dem mir bestehen, ersprieß­­­lich arbeiten und uns entwickeln können. So lange er uns nicht gewährt wird, ist der Kampf unser 203, der Kampf um's Necht unsere heilige Pflicht, ohne die wir aufhören würden, Menschen, d. i. selbstbewußte Wesen zu sein. Wir können unsere heiligen Güter weder ganz, noch Stüd für Stüd, auch nicht tropfenweise fahren Lassen. (So ist's, Bravo!) Wir müssen sie um unserer Selbst und unserer Selbstachtung willen verteidigen; es giebt seine Wahl; wir können sie unter den gegebenen Verhältnissen unmöglich in den Reihen der Negierungspartei verteidigen. (So ists!) Deshalb empört es meinen graden Sinn, wenn ich sehe, daß auch jeßt, bei den Wahlen, Kandi­­­­daten der Negierungspartei mit den äußerlich erborgten Farben und der ‚Sahne der sächsischen Volkspartei sich Heranschleichen, nur um gewählt zu werden. 3 ist dies nicht nur ungereimter Unsinn, sondern auch im Krieg als völker­­­rechtswidrig verpönt und widerstrebt insbesondere dem germanischen Bolfs­­­charakter, dessen Gradheit die Hinterkift jederzeit als größte Schmach verab­­­scheut hat. (Lauter Beifall.) Am meisten bedauere ich die Wähler, die sich solches Doppelspiel bieten lassen. Dies ist mein politisches Glaubensbekenntnis. Bei Ihnen, meine geehrten Herren Wähler, steht die freie Entscheidung, es abzulehnen oder zu dem Ihrigen zu machen. Sind Sie der Ansicht, daß es während der Tehten drei Jahre im Lande besser ge­worden, daß die Gefahr, in der Ihre Lebensgüter stehen, nur eit­er Wahn und Hirngespinnst sei — nun dann, wählen Sie nicht mich, sondern schiden Sie einen anderen in den Reichstag. ch verspreche ohnehin nichts, was ich nicht erfüllen könnte; ich verspreche feinem irgend ein Remtchen oder einen Steuernachlaß oder gar eine Eisenbahn, welche andere bauen sollen. (Heiterkeit.) Ich gehe ebensowenig, wie mein Freund Kästner, gerne in den Reichstag und gehorche nur dem Rufe von Gesinnungsgenossen, dem zu folgen, mir eine Harte Pflicht ist. Ich bliebe lieber ungestört Hier unter Ihnen, in bescheidener Arbeit mittwirfend an den ernsten wirtschaftlichen und sozialen ee: dieses engeren Sreifes, die wir Lösen müssen, so wir weiter bestehen sollen. Sind Sie dagegen der Ueberzeugung, daß es unter der gegenwärtigen Negierung nicht besser im Lande getworden sei, sind Ihnen die Hohen Lebens­­­güter, die Sie vor drei Jahren fü­r verteidigungsbedürftig und verteidigungs­­­wert hielten, heute ebenso sehr ans Herz gewachsen — nun so weiß ich, daß Sie nicht in die Reihe derjenigen treten, die andere handeln, als sie denken, die sich anders zeigen, als sie gesinnt sind, die — wie soll ich es nur sagen, ich muß wieder den Berfaffer der Schrift „A közjogi alap bukäsa‘ zitieren — sich „auf den schredlichen Jahrmarkt begeben, wo bei einer materiell zurüc­­­gehenden Nation immer mehr zur Prostitution geneigte Seelen sich finden, wo die Ehre von Jahr zu Jahr ein mehrfeilerer Artikel wird und das­­­ Ver­­­hältnis von Angebot und Nachfrage sich fortwährend zum Vorteile der Macht verbessert.” Gott sei Dank! Noch­­­ ist der gute Schußgeist dieser alten Stadt lebendig, der Geist der Treue gegen Fürst und Vaterland, aber auch der Treue gegen si selbst, gegen die vielhundertjährige Kulturarbeit, aus der Hermannstadt in der einstigen Waldwironis durch Art und Schwert, duch den Pflug und den Gewerbefleiß des Bürger hervorgegangen. Dieser Geist der Treue ist auch­ die Bürgschaft der V­erläßlichkeit für Fürst und Vaterland. Er hat diese Stadt, diesen Anker und Stübkpunkt der deutschen Siedelungen im Lande, in schweren Rettläuften, in Sturm und Not erhalten. Ir Hoher Sinn und Bürgermut hat sie gar oft inmitten schwerster Bedrängnis vor dem Untergange gerettet. Sie ist dem Erlöschen nur dann nahe gewesen, wenn vorübergehend Schwac­h­­­heit an ihr gefrevelt und den Gegner zu entwaffnen geglaubt. Die Beispiele finden Sie in der sturmbewegten Geschichte dieser Stadt. In ihrer Treue gegen den rechtmäßigen König hatte sie unter Pempfflinger sieben Jahre lang die Belagerung Zapolya’s und feiner Scharen ausgehalten­­ero Not und Elend, in welchem sie an König Ferdinand wiederholt um Hilfe schrieb: „Wir thun Euer königlicher Majestät zu wissen, daß unser Sad gar übel steht. Wir sind mit trefflichem Boll und Geschüb belagert... Ew. Majestät geruhe um­ in diesen legten Nöten zu Hilfe zu kommen, mit einer trefflichen Stärf, sonst sind wir mit Hermannstadt gar verloren.” Aber sie war nicht verloren, obwohl König Ferdinand ihr nicht zu Hilfe kam. Ihr mannhafter Widerstand hatte, auch als sie Frieden schloß, die Bewunderung der Gegner errungen, ihr die Selbstachtung, die Zähigkeit der Weiterarbeit und damit die Zukunft gerettet. Nach den furchtbaren Leiden der Belagerung, der Reit und Hungers­­­not konnte sie schon 1541 ein neues Haus für die Schule kaufen, 1551 ihre Befestigung verstärken, konnte der Schmud der Renaissance in den Bürgerhäusern Eingang finden, konnten die wunderbaren Kelche und Kannen gefertigt werden, welche nur jüngst auf der Goldschmiedeausstellung in Pet die Bewunderung der Beschauer erregt haben. Wie anders war es, ab 1610 die Schwachheit und Vertrauenzseligkeit des Stadtrates dem Fürsten Gabriel Bathori, dem „Wintherich“, wie ihn seine Beitgenossen nannten, an der Spibe eines Heeres den Einlaß in die Stadt gewährte, während das Vort, Schreckliches ahnend, das Thor sperren wollte, aber von den Amtleuten daran gehindert wurde, und all darauf die Bürger aus ihrer eigenen Stadt, aus ihren eigenen Häusern mit Gewalt und mit dem Bettelstab in der Hand getrieben wurden und Gras und Hirsefelder in den Straßen der durch Landtagsbeschluß dem Fürsten als Residenz geschenkten Stadt wuchsen, während die Pferde der zügellosen Soldatessa des Fürsten ihre Köpfe aus den Fenstern der Bürgerhäuser herausstrebten. Der Geist der Treue und Seftigkeit, der in der langen Kette der Jahr­­­hunderte die Bürger dieser Stadt fast immer beseelt hat, giebt dem Dichter der „Slandrer am Alt” die Zuversicht: „Hier stirbt der Deutsche nicht, darauf vertraut.” Aber daß er nicht gestorben und wohl auch nicht sterben wird, dafür birgt nur jener Geist, der aus den Worten Hermann’s, des Grinders dieser Stadt, Sprit: Was ich erzwingen muß, das ist das Recht, Das Recht, das Recht! — die edelste der Pflanzen, Die hier wir in die Wildnis feßen müssen. Das Höchste gilt’s. — Wer seid ihr, wer bin ich? Eintagsgeschöpfe, flücht’ge Einzelwesen. Ein Volk ist mehr; ein Volk nur Hat Bestand; Und in dem Bolt die fernste Zukunft Teben, Sit uns'rer Thaten Sporn, des Daseins Kern; Doch wollt ein Volk ihr in der Wurzel töten, Nehmt den lebend’gen Sinn ihm für das Recht. Meine Herren Wähler! Es war‘ mir eine Ehre, diese Stadt zu vertreten, und ich danke Ihnen für das Vertrauen, daß Sie mir geschenkt haben.­­­Langanhaltender Beifall.­ seine Verhaftung. „Die Herrenleute“, sagte er, „fürchten sich, man mu das Eisen schmieden, so lange es heiß­­ee Schlagen wir Als, die leute tot"! Dieser Rat sollte sofort befolgt werden. Unter unbeschreib­­­lichem Toben fiel ein Hagel von Stöden, Mistgabeln, Riegelsteinen auf die Säfte aus Kalocfa und Kiskörds, die in wilder Flucht sich ins Sreie retteten.­­­Die Frauen und Mädchen goben aus den Fenstern Unrat auf die vorbeieilenden Wagen und deren Insassen; viele wurden verwundet. Der Kandidat mußte mit seiner Begleitung flüchten. Aus Dedenburg wird unterm 8. d. M. gemeldet: Die 9. Kom­­­pagnie unseres Hausregiments Baron Knebel ist nachmittags unter Kom­­­mando des Oberlieutenants Bi­tger wegen der Wählerreite nach Grüffing abmarschiert. Morgen begiebt sich die 12. Kompagnie unter Kommando des Hauptmanns Bittner nach Kapuvar, wo auf den Regierungskandidaten Simon geschoffen worden sein soll. Die Ausschüsse des deutschen Bundesrates haben den von Preußen eingebrachten Entwurf eines deutschen Börsensteuergesäßes durchberaten, und wird derselbe mit einigen Abänderungen, die aber nicht prinzipieller Natur sind, beim Plenum des Bundesrates zur Annahme beantragt werden, die seitens desselben nicht bezweifelt wird. Im Neidig­­­tage dürfte die Vorlage indes einem heftigen Widerstande begegnen ; die liberale Presse, welche freilich mit der Börse stark zusammenhängt, hat in Bekämpfung des Entwurfes das ihrige schon geleistet. Die „Haute finance“ in Deutschland ist ebenfalls selbstverständlich eine Gegnerin und hat erklärt, so lange das Versengefäß auf der Tagesordnung stehe, ihre Beteiligung an der iberseeischen Bank zur filtieren, wozu die „Norddeutsche Allg. Btg.“ bemerkt, ‚dieser Versuch einer Pression auf die Faktoren der Gefeßgebung könnte eine den Wünschen der Finanziers entgegengefegte Wirkung haben. In Oesterreich-Ungarn hat die Einbringung dieses Gejegentwurfes auf den Börsen die Geschäfte stark gelähmt. Die Abgesandten des transvaalischen Freistaates, welche ge­­­nommen sind, um die handelspolitischen Beziehungen ihres Vaterlandes mit Deutschland zu ordnen, erfreuen sich in der deutschen Reichshauptstadt einer höchst schmeichelhaften Auszeichnung. Die Unerschrocenheit und der Mannesmut, womit die tapferen Boers ihre Freiheit gegen die englische Weltmacht verteidigt haben, hat ihnen überall die ungeteilten Sympathien erworben. Wir können uns davan fir alle Zeiten num weiter auch ein Beispiel nehmen. Von allen Seiten wird bestätigt, daß zwischen der englischen und der französischen Regierung in der egyptischen Konferenzfrage ein Ein­­­verständnis erzielt worden ist. Dasselbe wird noch dem englischen Parlamente zur endgültigen Genehmigung vorgelegt werden, die indes kaum verjagt werde dürfte. Authentisch ist noch von dem Pakt nichts bekannt, aber was man davon weiß, wird im der englischen Presse s­­charf verurteilt. Die „Times“ nennt die Konvention eine Schmac und Schande Englands, und meint, umsonst hätte Englands Wolf seine Freiheit der Krone und der Aristokratie entrungen, wenn der P­remier-Minister unter dem Schube der konstitutionellen Tradition eine vom Lande und gerichtweise selbst von der Majorität seiner Kollegen mißbilligte Politik treiben dürfte. ‚m einer an die Pforte gerichteten Note fordert Lord Granville dieselbe amtlich und in aller Form auf, die egyptischen Häfen des Roten Meeres, sowie den Sudan mit ihren Truppen zu bejegen. Granville fragt sich bei dieser Aufforderung auf die Souveränitätsrechte des Sultans über Egypten und erklärt, daß der Sudan für Egypten seine Wichtigkeit habe. Die Schwenk­ung zur Anerkennung der Souveränitätsrechte de Sultans über Egypten ist Höchst bemerkenswert, da man sich diesbezüglich in London eine zeitlang sehr absprechend gezeigt hatte, . .. politische Nebensicht. Hermannstadt, 10. Juni. Auf der ganzen Wahllinie tobt der Kampf, nicht der Nedekampf, sondern der Kampf mit der braufen Waffe, dem manche Meenschenleben zum Opfer fielen, die eingeschlagenen Köpfe und gebrochenen Glieder nicht ge­­­rechnet. Wir beginnen die fernere Erzählung dieser Ereignisse mit den Vorgängen in Mindpent. Hier wollte am 8. d. M. der Regierungs­­­kommissär Julius Horvath zu Gunsten des Regierungskandidaten Mark­­­graf Balavicini eine Rede halten, als die Gegenpartei mit Steinen den Angriff begann. Die Gendarmerie mußte einschreiten und von der Schußwaffe Gebrauch machen. Die Angaben über die auf dem Plaße tot gebliebenen wariiren zwischen drei und acht Personen, die Zahl der Ver­­­wundeten ist unbekannt. Die Gendarmen und die Mitglieder der Re­­­gierungspartei wurden in den Hof des Stuhlrichteramtes zurk­gedrängt. Aus Szegedin wurde vom Obergespan M­ilitär requiriert. In Vadfert wurde der liberale Kandidat und sein Anhang von den Antisemiten förmlich aus dem Orte hinausgeprügelt. Darüber wird aus Kaloeja nachstehendes gemeldet: Am 8. d. M. zog Edmund Gajari, der Kandidat der Libe­­­ralen Partei, von Kalocfa mit mehr als 500 Wählern auf 140 Wagen nach Kiskörds, um daselbst seine Programmrede zu halten. Der Zug wurde von 60 Berittenen eröffnet. An der Grenze des Kiskördser HattertS wurde der Zug von den dortigen Insassen begrüßt. ajari begann sodann seine Programmrede, die jedoch von den anwesenden Antisemiten vielfach unter­­­brochen wurde. Es entstand eine große Rauferei, indessen gelang es, als­­­bald die Ruhe herzustellen. Bon Kisterds zog die Partei Gijari’3 sodann nach Vadfert, wo gleichfalls eine Programmrede gehalten werden sollte. Der Kandidat gelangte jedoch nicht zum Worte. Die Menge schrie fort­­während, und der Lärm­ wuchs so starf an, daß die Nede des Kandidaten ungehört verhallte. Der Stuhlrichter mahnte die Ercedenten zur Ruhe, was mit Geschrei beantwortet wurde. Der Nadelsführer der Lärmenden wurde sodann verhaftet, und dies gab das Signal zu einem förmlichen Aufruhr. Die Menge stürmte das Gemeindehaus und zertrrümmerte das Thor, um den Gefangenen zu befreien. Da die Massen eine sehr drohende Haltung annahmen, ordnete der Gemeinderichter die Freilassung des Gefangenen an, was sofort ins Werk gesegt wurde. Der Befreite mengte sich schreiend unter seine Genossen und daran quirte die Mafft, daß sie Rache nehme für Zur Wahlbewegung. --,%81003, 9. Juni. (Orig.-Korr.) Die Wahlbewegung gerät auch­ hier in Fluß. Heute sind drei Kompagnien umnserer Garnison unter dem Kommando de Major Krajac nach Köröschbanya abmarschiert, um mit der dort stationierten Kompagnie einer etwaigen Nähestörung vorzubeugen. Seit Mittag prangen an den Eden die Worte „Vivat Emmich Gustav!" (Kan­­­didat der Regierungspartei). Heute 5 Uhr nachmittags hält die sächsische Volkspartei eine Wählerversammlung ab. B1008, 10. Juni. (Orig.-Tel.) Gestern hat die sächsische Wähler­­­versammlung den Beschluß gefaßt, auf Georg Luka (Opposition) zu stimmen, Nep3, 9. Juni. (Orig.-Korr.) Hier kursiert mit größter Bestimmt­­­heit und ganz offen das Gerücht, der Reichstagskandidat der Regierungs­­­partei Graf Betty aus Kiralyhalına Habe zu Wahlzwecken 5000 fl. erhalten. Ferner weiß Dieses Gerücht, er je unser Stuhlrichter insgeheim in Schäß­­­burg gewesen, habe über die Stimmung in diesem Wahlkreise Bericht er­­­stattet und Instruktionen mitgebracht, denen zufolge Stuhlrichter und Stuhlrichteradjunkt sich den Wahlkreis zur Bearbeitung aufgeteilt hätten. Der Adjunkt zieht, so heißt es, nach Waldorf und Moha, um dem dortigen Bundschuhadel die Mittel für einen oder zwei frühe Tage zu bieten und ihn für den Regierungskandidaten zu gewinnen, während der Stuhlrichter die am Alt gelegenen magyarischen und rumänischen Ortschaften und den größten Teil der sächstichen Wähler zu bearbeiten übernommen hat. Das legtere klingt von einem Stuhlrichter sächsticher Nationalität, der die Ge­­­sinnung seines Wolfes rennt und von dem man annehmen zu können glaubt, daß er seine Nationsgenossen mindestens nicht zu ehrlosem Abfall von ihrem Wolfe zu verleiten fähig sein dürfte, Höchst un­wahrscheinlich. Trogdem sind viele geneigt, dem Gerüchte Glauben zu scheiken, meinend, er werde eben, falls er dem seinen eigenen Worten nach in gewisen Fällen Schonungs­­­-08 vorgehenden Obergespan nicht eifrig zu willen sein sollte, fürchten, seine Stelle zu verlieren. Vom Vorgehen des Obergespans selbst spricht man hier seit dem Bekanntwerden seines famosen Briefe an den verstorbenen Stuhlrichter Gooß nur mit Entrüstung und Abscheu. ‚Wiüh­ung, 8. Juni. (Orig.-Kore.) Im Vordergrund der Ereignisse sind die bevorstehenden Reichstagswahlen. Zwei Parteien stehen einander gegenüber ; die eine Partei faßt in sich die Männer der unabhängigen Stel­­­lung, welche die Zukunft des Sachsenwolfes noch nicht verloren geben, die Männer, welche ohne Rücsicht auf materielle Vorteile ihrer eigenen Ueber­­­zeugung folgen; die andere Partei faßt in sich die Männer der Abhängig­­­keit von der Regierung, von der Distriktssparkasse und ihren leitenden Kreisen, und die Verfechter kleinlicher Familieninteressen. Beide Parteien rüften zum Stampfe, der leider­­­ wieder jene Spaltung in unserer Bevölkerung mit sich bringen wird, die, durch die Reichstagswahlen vom Jahre 1878 hervor­­­gerufen, so lange nachwirkte. Beide P­arteien haben Wahlaufrufe erlassen: Die­ sächsische Volfspartei, welche zu ihrem Kandidaten, wie das „Tageblatt“ bereit berichtet hat, den Pfarrer von Heidendorf, Friedrich Kramer, einen Man­ı von eisernem Charakter, tiefem Wissen, scharfem Verstande und glühender Begeisterung für sein Vort aufgestellt, Hat zu Parteihäuptern Gottlieb Budaker und Dr. Theodor Filkent, die andere Partei, welche den s. u. Bezirksrichter Karl Fluger, der an dem nationalen Leben seines Volkes niemals auch nur den geringsten Anteil genommen hat, somit auch nicht den Glauben erweden kann, daß er als Vorkämpfer für die Nechte der Sachsen und damit der anderen nichtmagyarischen Nationalitäten auftreten werde, aufgestellt. Hat zu P­arteihäuptern den Aodvofaten und Direktor der Distriktziparfaffe Georg Löw, den Kaufmann Karl Nußbächer, den Kupfer­­­schmied Traugott Miller, den gewesenen Komitatsphysicus Dr. Gottfried Haupt, den Kaufmann Eduard Lani, den Mihlenbefiger Oswald Kirch und den Zichismenmacher Gottfried Schobel. Auch diese Bartei hat auf ihre Fahne geschrieben das sächsische Programm vom Jahre 1881 in seinen beiden ‚.

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