Siebenbürgisch-Deutsches Tageblatt, 1898. Juni (Jahrgang 25, nr. 7434-7458)

1898-06-10 / nr. 7442

· Hermannstadt, Freitag Geite 602 Die ungarische Duotendeputation tritt nicht heute, sondern erst morgen zu ihrer Beratung zusammen. Samstag findet die erste und unwahr­­scheinlich auch leste Verhandlung mit den Mitgliedern der österreichhigen Deputation statt. Am österreichischen Reichsrate Haben ss in der Sigung vom 7. b. Mts. die Skandale, die aus der Babeni-Aera genügend bekannt sind, wiederholt. Wir werden morgen ausführlich auf diese zurückrmuen. Die Tumulte Haben zunächst zur Folge gehabt, daß die Beratungen des Reichsrates bis auf den nächsten Dienstag verschoben wurden. In Wiener Abgeordnetenkreisen glaubt man, die Sagung am Dienstag werde gar nicht mehr zustande kommen, sondern es werde vieleicht schon am Sonntag — nach Schluß der mündlichen Beratung der Duotendeputationen — die Vertagung des Reichsrates duch das Amtsblatt der „Wiener Zeitung“ erfolgen. De Dem widersprachen jedoch die scheinbar in die Absichten der Regierung Eingeweihten, welche behaupteten, die Vertagung des Hause werde erst un­­mittelbar oder kurz nach der Dienstagfigung erfolgen. Die Abgeordneten schieden mit dem Gefühle, daß die Vertagung des Reichsrates bi zum­­Herbst binnen fürzester Frist erfolgen werde. Für Dienstag steht die Beantwortung der Interpellationen über die Grazer Vorfälle wieder in Aussicht. Von einer dem Tichechenclub nahestehenden Seite liegt dem vor« gestrigen Tage folgende Mitteilung vor: ‚In An­wesenheit des Ministerpräsidenten Grafen Thun hat Heute vormittags eine Konferenz des Exekutivkomitees der Rechten stattgefunden, welcher nachmittags eine Beratung der parlamentarischen Kommission der Rechten folgte. Für die nächsten Tage ist eine öffentliche Kundgebung der gesamten Rechten geplant. Von polnischer Seite wird berichtet: Mit größter Spannung wurde der heutigen Sigung des Abgeordnetenhauses entgegengesehen. Die Rechte hatte für die heutige Sigung alle ihre Mitglieder einberufen. Das Präsidium des Botenclubs forderte telegraphisch mehrmals die polnischen Abgeordneten auf, in der heutigen Situng zu erscheinen. Man erwartete heute die Beantwortung der Interpellation wegen der Grazer Vorfälle und selbstverständlich den Antrag der Linken auf Eröffnung der Debatte über die Interpelationsbeantwortung, man erwartete auch die Antwort des Präsidiums auf die Anfrage des Professors Dr. Milewski und die Umwandlung dieser Anfrage in einen förmlichen Antrag. Beides unterblieb infolge der erregten Stimmung, welche sich gleich zu Be­­ginn der Sagung bemerkbar machte und welche bis zum Schluffe derselben anhielt. Die Rechte war bis zum Schluffe der Situng fast vollzählig im Hause; man rechnete darauf, daß es zu irgend einer entscheidenden Abstimmung kommen werde. Im Laufe der Sigung fanden Beratungen der einzelnen Klubs der Nechten und des Exekutivkomitees der Rechten statt. In der © iung de Yehteren wurde die politische und parlamentarische Lage eingehend besprochen und alle Eventualitäten, eine partielle, eine totale Ministerkrise, eine Vertagung und eine Auflösung des Hauses, in Erwägung gezogen. Schließlich einigte man sich dahin, daß die Nechte seine Initiative bezüglich der Flottmachung des Parlaments zu ergreifen habe. Ebenso über­­wog die Ansicht, daß das Parlament jett nicht zu vertagen sei, vielmehr solle dasselbe so lange beisammen sein, bis für die Regierung die Notwendigkeit eingetreten sein wird, das Budget auf Grund des Paragraph 14 zu verordnen. In den Kreisen der Rechten sprach man auch von einer Ministerkrise, und man nannte sogar bestimmte Namen der künftigen Kabinetschefs, und man kombinierte auch die künftige Majorität, welche aus allen deutschen oppositionellen Parteien, die Christlichsozialen inbegriffen, und aus dem Polenclub bestehen sol. (?) Nach einer Wiener Meldung, welche vorgestern telegraphisch den Lem­­berger Blättern zugegangen ist, hat man in dem Polenclub die Möglich­­keit des Nach­trittes des Kabinets Thun, einer neuen P­arteigruppierung und der Bildung eines Kabinets Chlumeckty ohne Beteiligung der Tschechen ernst­­haft in Betracht gezogen. Der Korespondent des „Kurjer­ Lmowski” teilt seinem Blatte mit, daß mehrere hervorragende Mitglieder des Polenklubs Hiebei er­­härten, sie würden ihre Mandate niederlegen, wenn der Klub seine Solidarität mit den Tschechen aufgeben sollte. Ueber das Verhältnis der katholischen Volkspartei zur Majorität Lassen sich die „Neuen Tiroler Stimmen“ in folgender Weise aus: „Sol die Aufhebung der neuen Sprachenverordnungen der in ihrem innersten Kerne gegen die Existenz Oesterreichs gerichteten alldeutschen Agitation als Brämie in den Schoß fallen, in der Hoffnung, ihr die Spike abzubrechen Wir fürchten sehr, das Opfer wäre ein fruchtloses. Das sichere Ergebnis wäre die gefährlichste Erschütterung der Staatsautorität, abgesehen von der gleich­­zeitigen Entfesselung des gleichen Oppositionssturmes auf flavischer Seite. Ein frommer Wunsch bliebe die Beschwichtigung der radikal verführten deutschen Bevölkerungstreife, denn unüberbrühbare Gegenzüge wie Desterreich und „Alldeutschland“ Lassen sich eben nicht versühnen. Unverfühnbare Gegner, denen nur mit unserer Vernichtung gedient ist, beschwichtigt man nicht — man Hält sie nieder. Was uns vor allem notthut, ist, daß der Glaube an Oesterreich wieder mwachle durch kraftvolle Wahrung des Staats gedankend, durch energischen Zusammenschluß der Regierung und der Völker, die eine Zukunft Oesterreichs ihre Weise gerächt. Daß Graf Hohenau in der ihm angeborenen, ein wenig quigoteartigen Nitterlichkeit für mich eintrat, vermehrte das Uebel nur. Man erfand einen Grund dafür, der meinem für Frau von Leist entworfenen Charakterbilde entsprach. Man verstieß mich, weil ich gewagt hatte, meinem natürlichen Nechtegefühl zu folgen und der Hergebrachten Heuchelei ins Gesicht zu schlagen. Nach dem, was ich fon erduldete, konnten diese Nadelstiche nicht mehr schmerzen. Ich bezog eine einfache Wohnung in einer Vorstadt, machte seine Besuche mehr und wies diejenigen, die zu mir kamen, ab. Er trieb sie da nur die Neugierde und Klatschjugt. Auraz antwortete:Er danke mir für die Uebersendung des wertvollen Dokumentes,welches ihm die Gewißheit gebe,daß die Ehre seiner Eltern un­verlebt gebliebe.Den von mir angedeuteten Gebrauch davon werde er jedoch auf keinen Fall machen.Seine jetzige Lebensstellung entspreche so sehr seinen Neigungen,daß ihm der Wildenhof’sche Name,Rang und Besitz nur als eine unerquickliche Last erscheinen könne.Auch würde es ihm nicht minder als mir fatalfeim diese zweideutige Familiengeschichte durch den Klatsch breits getreten zu sehe.Er verzichte demnach ausdrücklich auf jeden Anspruch und ersuche mich,auch fernerhin mich als Repräsentantin des Geschlechtes und Bes­sicherin des Erbes Wildenhof zu betrachten- Ein sehr formeller Brief und doch ein treuer Charakterbilde des Mannes, der mir als Verwandter ebenso nahesteht als Viktor. Dssen gestanden—ich hatte es kaum anders erwartet.Eine innere Stimme prophezeite«xair,das Auras so handeln werde.Eigentlich konnte es mir gleichgiltig sein,denn seine Großmuter schien mir unsnnehmbar. In diesem Sinne antwortete ich ihm, daß ich mich unfähig fühlte, die Früchte eines Verbrechens zu genießen, wenn ich ihm auch herzlich dafür danke, daß er m wenigstens vor der Welt die Ehre meines Vater s schone. Da ich, wie ich durch meinen Rechtsanwalt erfahren, sei zu einem entscheidenden Schritt wo nicht bereitigt sei, werde ich sofort nach meiner Mündigkeits­­erklärung den Befich von Wildenhof durch notariellen At an ihn abtreten. Darauf erhielt ich seine weitere Antwort. Ich fürchte, er glaubt nicht an die Dauer dieser Bereitwilligkeit. (Sorsiehung folgt.) ; wollen. Auch in den Reihen der katholischen Volkspartei wird man den ernsten Reichen der Beit­er nicht verschließen.“ — Soll das eine Wendung in der Haltung dieser Partei bedeuten? Der „Vorwärts“ teilt ein im einer geheimen Druderei hergestelltes Manifest der neugegründeten russischen demokratischen Arbeiterpartei mit, und erklärt, daß er aus dem Manifeste und den Beschlüfsen des geheimen russischen P­arteitages nur dasjenige mitteile, was unter Berücsichtigung der politischen Verhältnisse Rußlands veröffentlicht werden könne. Danach erscheint eine Wiederaufnahme nihilistischer Tendenzen durch eine neue Organisation nicht ausgeschlossen. Der deutsche Kaiser wird im nächsten Monate wieder eine Nordlandsreife unternehmen. Die Einberufung der italienischen Kammer steht bevor. Wie ein hervorragender italienischer Staatsmann erklärt hat, würde eine Niederlage des Kabinets in diesem Augenblickk nur zur Kammerauflösung führen, da aus der Koalition der Oppositionsgruppen sein lebensfähiges Kabinet hervorgehen könnte. Die Auflösung der Kammer sol für diesen Fall thatsächlich be­­schlossen sein. Das französische Ministerium hat, wie „Figaro” erzählt, im festen Konteil die parlamentarische Situation und die von dem Kabinet zu beobachtende Haltung in Erwägung gezogen. Das Ministerium legte sich die Lage vor, ob es sofort zurücktreten oder ob es erst unmittelbar vor der politischen Entscheidung sich nicht demissionieren solle, wie Ferry im Jahre 1881 es gethan. Das Ministerium zieht vor, seine Politik, die es als republikanisch bezeichnet, vor der Kammer zu vertreten. Nach dem Kammerdotum wolle Meline an die Rekonstruktion sein­er Majorität schreiten und, falls er ein Vertrauensvotum erhalte, ein „Ministerium der Union“ schaffen, d. h. ein Kabinet der Konzentration, von welchem alle Welt spricht, gegen welches aber alle Welt sich verwahrt. > i ? Siebenbürgisch-Deutsches Tageblatt. Ne. 7442 10 $uni 1898, $ 3 de8 20. Gejegartikel ® vom Jahre 1848 zugesagten staatlichen Dotierung der Konfessionen durch die Vorlage nur vereitelt wird. Da Nebner nicht hoffen kann, daß seine Mo­dlifikationen angenommen werden, lehnt er den Entwurf im allgemeinen ab. Der evangelische Bischof Baltis nimmt den Entwurf in seiner gegen­­wärtigen Zaf­lung nicht an. Für die Vorlage traten ein Baron Solymoffy, Klem, Eraußt, sowie der Kultusminister Wlaffics. Lebterer bezeichnet als einzigen Bwed der Vorlage die Unterfrügung der dürftigen Seelsorger, welche der Staat nur an die Bedingung knüpfe, daß der betreffende Geistliche sich der Unterfrügung nut unwürdig er­weife.­­ Graf Morig Nikolaus Esterhazy erblickt in dem Entwurf Josefie­nische Bestrebungen, welche hier jede Konfession perhorresziere und die eigentlich nur mit Rücksicht auf die Nationalitätenfrage gepflegt werden, ohne aber geeignet zu sein, ein ersprießliches Resultat herbeizuführen. Die Regierung kämpfe gegen den Nationalismus nicht offen, sondern mit Hinterlistiger Gewalt und mit Geld. Und doch konnten die Nationalitäten nur auf diese Weise für die ungarische Staatsidee gewonnen werden, wenn die Regierung im Stande ist, Achtung und Vertrauen für si zu erwecken. Die Vorlage be­­deute eine Zetfel für die protestantische Kirche und er fürchtet, daß die Regierung eine noch grausamere Fessel für die katholischen Seelsorger schmiede. Das wolle er nicht unterstoßen, weshalb er die Vorlage ablehnt. Graf Ferdinand Zichy sagt, der Minister leugne die staatliche Omni­­potenz, während Rebner auf jedem Gebiete die größten Machtübergriffe aus politischem­­ Interesse erblicht. Die Vorlage nimmt er nit an. Erzbischof Bil­or Mihalyi nimmt die Vorlage nicht einmal im all­­gemeinen an. Er betont, daß, während die katholischen Kirchen und Seel­­sorger gegen eine bestimmte Subvention in eine unabhängige Lage geraten, die griechisch-katholischen Seelsorger wegen einer unbestimmten Unterfrügung in eine solche Situation geraten. Will der Minister bei den griechisch-katholischen Geistlichen vielleicht das Minimum von 315 fl. ergänzen? Nedner klagt über das Verfahren der Regierung gegenüber den griechisch-katholischen Seel­­sorgern bei Verteilung der staatlichen Dotation. Die Gegebvorlage wurde unverändert in der­eneral- und Spezial­­debatte angenommen. Aus dem ungarischen Reichstag. Am 7. d. hielten beide Häuser des Neichdtages Sibungen ab. Im A­bgeordnetenhause gelangte die Gefegvorlage über die Krantenverpflegstoften zur Verhandlung. Bericterstatter über den Gefegentwurf war der Abgeordnete Stefan Kraus. Derselbe schilderte vorerst in dunkel gehaltener Farbe die auf dem Gebiete der Krank­enverpflegung vorkommenden Weberstände, nahm dann eine lote Farbe von der Palette, malte bestechend die Vorteile der Vorlage aus, um zum Schluffe dieselbe dem Hause zur Annahme zu empfehlen, mit der Bereicherung, daß die finanzielle und administrative Reform, welche dur dieselbe verwirklicht werden solle, für den Staat seine neue Last bedeute. Diese Botschaft hört man gerne, aber nach den gemachten Erfahrungen be­­ginnen Ameifel an solchen Botschaften aufzusteigen. Sodann nahm Karl Edmond­ das Wort, um Hauptsächlich den S 14 der Vorlage zu bemängeln, der dem Minister das Recht einräumt, behufs­vollzuges des Gesethes Verordnungen zu erlassen. Dies sei geeignet, die Vorlage auch in den Augen jener herabzufegen, die sonst mit deren Inten­­tionen einverstanden­­ wären, da in letterer Zeit auch unsere besten Gesete dur die verwerfliche Art ihres Vorzuges ihrer Heilsamen Wirkung verlustig werden. (Beifall Iintz.) Am bedenklichsten scheine dem Nenner, daß die Vorlage nur Prinzipien, aber keine Institutionen schafft und Hinsichtlich der leiteren die bisfretionäre Gewalt der Regierung erweitert. Das Wenigste, was das Haus fordern dürfe, sei die Kenntnis der Pläne, die die Regierung im Verordnungs­wege zu regeln gedenkt. Zu diesem Behufe beantragte er schließlich, die Vorlage von der Tagesordnung abzulegen und erst dann wieder einzureichen, wenn die Regierung in der Lage sein wird, auch die erforder­­lichen Verordnungen dem Hause zu unterbreiten. Abgeordneter Buzath lehnte­ die Vorlage ab. Nach ihm sprach Bela Romjathi und führte aus, nachdem er an der Hand von statistischen Daten auch ein düsteres Bild unseres Sanitätswesens entworfen hatte, daß der Staat sein Geld zur Sanierung der Mängel erübrige. Johann Toth: Aber dreißig Millionen haben wir auf neue Gewehre! Bela Romjathy: Ja, wenn es sich um das Militär handelt, ist Geld in Hülle und Fülle vorhanden, aber wenn man die armen Kranken heilen so, pocht man vergebens an die Staatsrate. Das öffentliche Kranken­­verpflegswesen wird in einer Unmasse von Zuständigkeitsstreitigkeiten erfu­llt, Falle ein armer Arbeiter vom Gerüste, wird jahre lang um seine Zustän­­digkeit gestritten und während dieser Zeit geht auch die Hinterlassene Familie des Unglück­chen zugrunde. Zu gleicher Zeit mit der Einbringung der unter Verhandlung stehenden Vorlage hätte die Regierung auch an die Regelung des Armenwesens schreiten sollen. Mämiich sei es, wenn der Minister des Innern jeden Notschrei mit der Ausflucht abmehrt, man könne nicht willen, wo die Armen sind. Die Gemeinden müssen um sechs Millionen mehr für ihren Haushalt ausgeben, als ihr Vermögen beträgt, demzufolge steigen die Steuerzuschläge rapid. Dies bedeute den bevorstehenden Konkurs der Ge­­meindehaushaltung. Und bei dieser traurigen Lage der Dinge komme die Regierung mit einer Vorlage, die einen neuen Steuerzuschlag in Aussicht stellt. Redner ehe sich deshalb gezwungen, gegen die Vorlage zu flimmen. (Lebhafter Beifall äußert linke.) Den Beschluß mache für heute Geza Bolonyi, der ausführte, die Unabhängigkeitspartei würde ein Verbrechen wider eines der Karbinalpunkte ihres Programmes, wider die Autonomie begehen, wollte sie auch das Kranken­­verpflegsmesen versichtlichen helfen. Redner hat nichts gegen die staatliche Hilfe einzuwenden, da müsse das Exrefativrecht der Autonomie belassen bleiben. Sollte die Vorlage Geieteskraft erlangen, kämen diejenigen Arbeit­­geber, die auch Mitglieder einer Bezirkstrantenkasse sind, in die sonderbare Lage, unter zwei Titeln Aranten-Verpflegskosten zu zahlen. So will denn die Regierung mit der Auswertung dieses neuerlichen Steuerzuschlages von 3 Prozent den ungarischen Industriellen jede Widerstandsfähigkeit gegen den Ansturm der österreichischen Konkurrenz benehmen? Auch er nimmt die Vorlage nicht an. Die Debatte wurde hierauf abgebrochen. Im Magnatenhause wurde der Gefäßentwurf über die Seel­­sorgerbezüge verhandelt. Der gr.-pr. Bischof von Arad Metianu erörterte die gegen diesen Entwurf bestehenden Beschwerden seiner Konfession, welche für die Hier ge­­botenen geringen materiellen Vorteile ihre autonomen Rechte nicht opfern wolle. Die Einmengung des Staates in die fircisshe Autonomie gelange am prägnantesten in den Pharagraphen 7—91 zum Ausdruch, in welchen das Bestimmungsrecht der Kirche über ihre Seelsorger wesentlich eingeschränkt werde. Auch die Einteilung der Seelsorger nach der Dualifikation, nach den absolvierten Studien sei für die Konfession des Redner grahamindg und mache den Wert des zu schaffenden Geietes illusorisch. Aus al diesen Gründen lehnt er den Entwurf ab und beantragt, der Minister solle anger­wiesen werden, einen neuen, den Autonomien der beteiligten Konfessionen ent­­sprechenden Geießentwurf vorzulegen. Bischof Nikolaus Bopen floh sich dem Antrage Metionu­ar. Der Generalinpestor der evangelischen Kirche A. B. in Ungarn Baron v. Bronay bemerkt, das Prinzip der vollen Gleichheit würde es erfordern, daß der Staat auch die anderen Konfessionen so dotiere, wie die katholische Kirche, damit auch diese ihre Kongena unabhängig zu regeln im Stande seien, denn sonst würden schon in der nächssten Zukunft die Seelsorger, mit Aus­­nahme der Katholischen, in eine unzulässige abhängige Stellung zur Regierung gelangen. Die evangelische Kirche kann die Vorlage aus diesen Gründen, aber auch deshalb nicht annehmen, weil sie ihrer Organisation widerspricht und weil die heute durchaus nicht mehr unmögliche Verwirklichung der im Ordentlige Frühjahrsgeneralversammlung des Hermann­­städter Komitatsmunizipiums. Hermannstadt, 8. Juni. Mit Bangen sahen die Mitglieder der Munizipalvertretung und wohl besonders die Referenten, die ja 618 zum Ende ausharren mußten, der heutigen Generalversammlung entgegen, stand doch auf der Tagesordnung die — da ja im Februar 1, 3. schon eine außerordentliche Generalversammlung statt­­gefunden hatte — kaum glaubliche Anzahl von 175 Verhandlungsgegenständen, ein beredtes Zeichen der sich rapid mehrenden Agenden des Verwaltungsdienstes. Angenehme Enttäuschung bot jedoch der Umstand, daß die unter dem Borsite des Komes-Obergespans Gustav Thalmann vormittags von 9 bis einviertel 1 Uhr und nachmittags von 3 bis einviertel 6 Uhr lagende, vor­ mittags ausnahmamweise sehr gut, nachmittags jedoch gewohnheitsgemäß ziemlich schwach besuchte Generalversammlung das ganze Programm absolvierte, so daß die Notwendigkeit der Fortlegung der Sigung an einem der folgenden Tage wegfiel. Am V­ormittage ging es sehr Heiß zu; langatmige S Interpellationen, nut enden wollende Debatten liegen nur die Verhandlung von 40 Gegen­­ständen abschließen. Allerdings waren unter diesen die wichtigsten der heutigen Tagesordnung und Gegenstände, die für das Leben unseres Komitates über­­haupt von tiefgehendster Bedeutung sind. Interpellationen wurden eingebracht von Living v. Lemeny in An­­gelegenheit angeblicher Ge­waltthätigkeiten der Gendarmerie und von KBaler Slorean in Angelegenheit einer Vizinalverkehrsstraße. Auf Setere erteilte der Vizegespan sofort ausführliche Antwort, welche vom Interpellanten mit Dank zur Kenntnis genommen wird, während auf erstere die Beantwortung nach gepflogenen Erhebungen erst in der nächsten Generalversammlung erfolgen wird. Die vorzählige Anwesenheit der Vertretungsmitglieder aus dem Leid­­fi­her Bezirk­ machte es deutlich erfenntlich, daß eine diesen Bezirk nahe be­­rührende hochtwichtige Frage zur Entscheidung gelangen sollte. 3 war die die — in unserem Blatte angezeigte — Brage der Her­­mannstadt— Agneth der Schmalspurigen Vizinalbahn, deren Bustandefommen von dem Mitthun des K­omitates abhängt. E­ 3 kann nämlich die Finanzierung dieser Bahn nur auf Grund des durch die Vorkonzessionäre mit dem Komitate abzuschließenden bedeutenden Schotterlieferungsvertrages zu ftande kommen. Nun hatte aber die Komitatsvertretung in diesen Vertrag die Bedingung aufgenommen, daß die Bahn in staatliche Verwaltung übernommen werden solle, weil hiedurch die Rentabilität, beziehungsweise die Existenz derselben besonders gesichert erschien. Diese Bedingung hat aber der Handelsminister nicht als zulässig erklärt, die Majorität des ständigen Ausschusses wollte jedoch auf derselben bestehen. Entgegen diesem Antrage des ständigen Ausschusses stellte Pfarrer drank den Antrag auf Streichung dieser Bedingung und diesem entsprechenden Abschlag des Vertrages, da sonst der Bau dieser Eisenbahn verschoben, ja unwahrscheinlich unmöglich gemacht werde, was nicht zugelassen werden dürfe, denn diese Bahn sei eine Lebensfrage für den Leichkircher Bezirk, der derzeit von allen modernen Verkehrsmitteln ausgeschlosfen sei, während der Komitat für seine sämtlichen übrigen Bezirke in munifizenter Weise gesorgt habe. Realsschulleiter Adolf Gottihling wünscht weitere Vorerhebungen für die Garantien bezüglich der Rentabilität dieser Bahn, bevor der Wertrag ab­­geschlossen werde. Nachdem Albert Arz dr. Straußenburg sen. Dr. Karl Wolff und Stadtpfarrer Klein für den Fränkischen Antrag gesprochen und nach­gewiesen hatten, daß entsprechende Garantien darin vorhanden seien, daß ge­wiegte, bedeutende Kapitalisten zirka 6.700.000 fl. auf Prioritätsaktien zeichnen wollen und die Verwaltung in eigene Regie übernehmen werden, was sich billiger stellen wird als die Staatsverwaltung, und vorgebracht hatten, daß es Höchst unbillig wäre, dem Leichkircher Bezirke, der zu den Lasten der die übrigen Bezirke interessierenden Bahnen in bedeutendem Maße beiträgt, beim Zustandekommen seiner Eisenbahn nicht Hilfreich beizustehen, wurde der von Dr. Adolf Schullerus unterftagte Vertagungsantrag Adolf Gottschlinge, sowie der von BPopa und Preda unterftagte Antrag des ständigen Ausschusses nach lebhafter Debatte über die Abstimmungsfragen ab­­gelehnt und der Antrag Stanf3 mit großer Majorität zum Beschlusse erhoben. Gegen diesen Beschluß meldete Valer Florean den Rekurs an. Eine zweite hochwichtige Angelegenheit war der Antrag der Munizipal­­vertretungsmitglieder Odlar Wittftod und Genossen bezüglich des Namens­­magyarisierungszwangel. Zu diesem Gegenstande hatte der ständige Ausschuß den Antrag gestell, eine durch eine Subkommission ausgearbeitete Vorstelung an die Regierung zu richten. Diese Vorstelung hat folgenden Wortlaut: „Hohes E­ung. Gesamtministerium! Mit patriotischer Sorge beobachten wir seit einer Reihe von Jahren da stetige Anwac­hsen einer Strömung im öffentlichen Leben, welche in völliger Verfemnung der Bedingungen, unter welchen allein ein polyglotter Staat in friedlicher Entwickklung erfreuen kann, bestrebt ist, alle Verhältnisse des gesell-

Next