Siebenbürgisch-Deutsches Tageblatt, 1900. Oktober (Jahrgang 27, nr. 8145-8170)

1900-10-28 / nr. 8168

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Sun Yramumetaikionen und Inserate übernehmen außerdem Hauptbureau,Heltauer­­gasse Nr.23,inkronstakltkleinrichzeichner, Mediasch Johann Hedrich’s Erben, Schässburg Fritz Teutsch, Bistritz Arthur v. Schankebank, Mühlbach Josef Wagner, Kaufmann, Broos H. Graef, Reps Johanna Guiesch, Buchhandlung, Wien Haasenstein , Vogler (Otto Maas), Rudolf Mosse, A. Oppelik, M. Dukes, Nachfolger, Hein­­rich Schalek, J. Danneberg, M. Zitters Inseraten­­bureau „Die Annonze“, Budapest A. V. Gold­­berger, B. Eckstein, J. Blockner, Frankfurt a. M. G. L. Daube & Co. Insertionspreis : Der Raum einer einspaltigen Garmondgeile testet beim einmaligen Einraden 14 9., das zweites mal je 12 9., das drittemal je 10 9. XXVI. Jahlgang. Die Obergespane als volkswirtschaftliche Faktoren. —n. Das unwirtschaftlige und finanzielle Fachblatt „Magyar PBenzügy” macht in seiner Nr. 42 vom 18. d. M. den interessanten Berfuch, die In­­sitution der Obergespane unter volkswirtschaftlichem Gesichtspunkt zu betrachten. Die dabei ausgesproc­hene Idee, dem Obergespan die Role eines wirtschaftl­ichen Führers im Komitatsleben zuzumeilen, ist ebenso neu, als sie auf all­­seitige Bestimmung rechnen darf. Wir geben den sehr beachtenswerten Aufsal nachstehend vollinhaltlich in deutscher Niederregung wieder. Er lautet: „Eine stille, kaum wahrnehmbare Umgestaltung geht­ im Lande vor si, von der das große Publikum nur insomeit Kenntnis nimmt, als es die Rettungsmitteilungen über die Ernennungen und Einführungen neuer Ober­­gespane lief. Der aufmerksame Betrachter aber erkennt in der Thatsache der massenhaften Obergespansernennungen eine Systemänderung von großer Be­­deutung, eine solche, zu der an unser Blatt, der Wortführer der volks­­unwirtschaftlichen Interessen, einige Worte zu sprechen hat. „Was war bisher der Obergespan und was soll er Hinfort sein?“, so fragt das Blatt und sei dann fort: „Die Beleuchtung dieser Frage ents­­cheidet darüber, ob die neuen Obergespansernennungen wirkte einen voll­ Händigen Systemwechsel bedeuten. Von der fernen Vergangenheit, als der DObergeipan entweder einfach den äußeren Glanz vertrat oder — unter ber­worrenen politischen Verhältnissen — der Vorreiter der Regierung war, sprechen mir nit. Das sind längst vergangene Zeiten, von denen sein Schimmer und sein Schatten mehr auf die Gegenwart fällt. In der jüngsten Vergangenheit hatten die Obergespane eine rein politische­­­ertrauenssteiung inne, ihre Wirksamkeit erstreckte sich hauptsäglich auf die Zeit der Abgeordnetenwahlen; zu anderer Zeit bestand ihre Aufgabe alles in allem darin, die Regierungspartei zusammen­­zuhalten und dieser auch im Somitatsleben das Uebergecht zu sichern. Nur als seltene Ausnahme sahen wir hie und da einen Obergespan, der auf allen Gebieten, also an auf dem kulturellen und wirtschaftlichen, der Führer des Komitats­ war, ein Freund und Berater des Volkes und ein erster Arbeiter unter denen, die sie um das Wohl der Bewohner des Komitats abmühen. Wir haben oft gehört, daß dieser oder jener Obergespan­ni allerdings in der­­ K­­­ämpfung der für irgend­eine Vizinalbahn erbetenen staatlichen Unterftügung exponiert habe, aber dann stellte sich, früher oder später in mehr als einem Sal heraus, daß der Ausbau der fraglichen Eisenbahn das allereigenste materielle Interesse des eifrigen Obergespans sehr nahe berührte. Aber davon, dass die Obergespane eine aktive oder sogar führende Role in der Beförderung der materiellen Entwicklung des betreffenden Munizipiums gespielt hätten, war nur ausnahmawreise etwas zu Hören. Diese Herren begnügten sie mit dem Ruf einer Ehrenpräsidentsgaft, opferten zumeilen etwas für öffentliche Briede, auch waren die gut tragenden Aktien von Geldinstituten, ge­werblichen Unternehmungen in den Wertheimkästen vieler Obergespane anzutreffen, aber daß sie an der Sorge der Initiative gestanden, sie die Ideen ausgesprochen, sie in der Verwirklichung dieser Ideen aneifernd vorangegangen wären, dafür­önnten wir sehr imenig Beispiele aufzählen. Die Indolenz, Bequemlichkeit, um nicht zu jagen Ideenarmut der Obergespane in diesem Punkt ist eine der­­ Hauptursachen dafür, daß, während unsere Hauptstadt sie in großen Pro­­gressionen entwickelte, die Provinz zurückgeblieben ist und überhaupt mit dem Fortschritt der Hauptstadt nicht geeigen Schritt gehalten hat. Obergespane, die in der nötigen Vertretung und Förderung der Provinzinteressen träge waren, haben, vielleicht gegen ihren Willen, die Zentralisation des Gewerbes (in der Hauptstadt) befördert. Ja, ed gab sogar Obergespane, zum Glück in der Heinsten Anzahl, die ed geradezu verhinderten, daß die Beinwohnerschaft des Komitats oder der Stadt auf gesellschaftlichem und wirtschaftlichem Gebiet eine wirksame Aktion entfalte. Sie b­aten dies teil ® deshalb, weil sie vor der Arbeit zurückscheuten, teil ® deshalb, weil sie nicht dulden mollten, daß neue Führer entstehen und mit ihrer Thätigkeit zu Öffentlichen Brieden und mit ihren Erfolgen den Ruhm der höchsten Macht des Komitat, des Obergespans, verdunkeln. Im selchen Komitaten und Städten ist alles in Stodung ge­­raten; der alte Konservative Geist hastete auch auf den thatkräftigeren Bürgern, die es Langsam gewöhnten, im Genisse des Nichtsthungs zu schmelzen. Diesem Zustand will das Kabinet Szell ein Ende machen und ein in dieser Hinsicht geändertes Regierungssystem bereiten die massenhaften Ober­­gespansernennungen vor. Nicht Satrapen sind notwendig in den Komitaten und Munizipalstädten, sondern thatkräftige Männer mit meitem Blick, die auf jedem Gebiet, besonders auf dem wirtschaftlichen, nicht nur Freunde der schaffenden Arbeit sind, sondern den größten Anteil daran für ss fordern. Um den etwas verblaßten Starz ererbten Ruhmes neu aufzufrischen, m wird man hinfort nicht mehr die Ernennung zum Obergespan bewüßen. Die aus­­gedienten Herren dekoriert man, schmückt sie mit dem glänzenden Titel dom hohen Würden ohne Wirkungskreis, aber zu Obergespanen ernennt man von nun an nur folge Leute, die diese Stellung nicht zum Lohn für die Verdienste ihrer Ahnen, sondern deshalb erringen, weil ihre Vergangenheit ud der Reichtum ihrer Kenntnisse Bürgischaften dafür bieten, daß in ihren Komitaten, beziehungsweise in ihren Städten, fie die Bannerträger des Hort»­schrittes sein werden. « · Schon die bisherigen neuesten Ernennungen legen dafür Zeugnisab, daß die Regierung Männer der s That sucht und diese an die Spitze der Komitate und städte stellt Und wetm diese großartige Umgestaltung zustande kommt,fängt sich in der Provinz nach allen Seiten hin die Epoche der Atheih des Schaffens am Die bisher gebundenen Kräfte werdens-This Thatenlust entwickelt sich,dethieb zum handeln erwacht beim Volke,denn an der­ Spitze der Fortschreitend­en steht der erste Mann des Komitats,der Obergespan.ist es denkbar daß unter der Führung einer Regierung,die sich um die öffentlichen Interessen nicht kümmert,irgendein Land aufblühen Nein.Aber wenn die­ nicht denkbar ist,kann man auch nicht glauben daß der Komitat oder die Stadt die Mittel ihrer materielen unt-moralischen Entwicklung erkenne,wenn sie keinen führerhaltderben Weg zuwahls­stand zeigt.Die Regierung will der Provinz solche Führer geben.« Soweitdqulett»Magyac Penzügy«.Ob die Regierung wirklich solche Absichten heg,wie sie ihm im wiedergegebenen Aussatz zug­schrieben werden,wird sich erst in der Zukunft zeigen können.,Soviel steht fest,daß sie mit der Durchführung solcher Ideen in der That eine neue Epoche in der Entwicklung Ungarn­ zu einem europäischen Staat schaffen würde. Wenn wir von unserem»partikularistischen Nationalitätenstandpunkt«,­­den wir nun einmal nicht zu lassen könne,auch unsererseits ein kurzes Wort zu dem angeschlagenen Thema sprechen sollen,so müssen wir als Ergänzung zu den trefflichen Ausführungen“ des vi. B.“ wo hinzufügen, daß es nach unserer Ansgauung die Pflicht­felcher als volfswirtschaftliche­r­orkämpfer und Rührer wirlender Obergespane wäre, ihre Fürsorge in der angegebenen Nis­tung auf die Interessen aller Bewohner des Komitates ohne Unter­­schied der Nationalität zu erfrieden. Es ist nicht unnötig, diese an und für sich selbstverständliche Forderung wo eigens zu betonen angesichts des von Gustadn Belfics und anderen Hinausgegebenen Schlag­wortes, daß man von Staats wegen die wirtschaftlichen Interessen des Magyarentums fördern müsse, um diesem das Webergewicht über die anderen Nationalitäten zu vers­­chaffen. Dem gegenüber muß daran erinnert werden, daß es den primitierten Forderungen der Gerechtigkeit entspricht, wenigstend in Bezug auf die Förderung der materiellen Grundlage des bürgerlichen Lebens auf das strengste ein gleiches Maß walten zu lassen. Nach demselben unwiderleg­­lichen Grundlag werden es auch die Oberserpane nicht als ihre Aufgabe an­­sehen dürfen, in einseitiger Weise dem Magyarentum wirtschaftlich auf die Beine zu besser, sondern es wird für sie einzig und allein der Gesichts­­punkt maßgebend sein müssen, daß der wirtschaftlich Negsamste und Tüchtigste in erst­e Linie Unterfragung und Förderung verdient, welche Sprache immer er seine Muttersprache nenne. Aber nicht nur der abstrafte Grundlag der Gerechtigkeit führt zu einem folgen Verhalten, sondern auch die praktiiche Erwägung, daß eine einseitige Begünstigung in wirtschaftlicher Hinsicht, wobei es geschehen kann, daß unter dem Gesichtspunkt der Nationalität der Tüchtige zurückgestoßen und der Untüchtige gebäu­chelt wird, schließlich doch nur Miß­­bildungen und Rückschritte im unwirtschaftlichen Leben des betreffenden Bezirks zur Folge haben müßte, weil sie dem natürlichen Gang der wirtschaftlichen Entwicklung entgegenarbeiten will, bei der doch die individuelle Tüchtigk­eit das Ausschlaggebende ist. Im Augenblick ist in einem der von Sachen bewohnten Komitate, im Kronstädter, der Obergespansposten frei. Es wäre gewiß­freudig zu begrüßen, wenn die Regierung bei Auswahl der für­ diese Stellung besti­mmten Persön­­lichkeit neben allen anderen Noüdfichten, die hier genommen werden müssen, an eine solche warten ließe darauf, ob der zukünftige Vertreter der Regierung im Burzenland den Anforderungen entspricht, die der Aufjag des „M. B.“ an dis Obergespane fiel. Wirtsaftliche Aufgaben, die einer wohlwollenden, weitfichtigen Förderung von oben bedürfen, gäbe es auch im Kronstädter Komitat genug. Nicht zum lebten gälte es, die volkswirtschaftlichen Interessen dieses Komitats mit Entschiedenheit den Bestrebungen gegenüber zu wahren, die den benachbarten, von den Schoßlindern der Regierung, den Szellern, be­­wohnten Harompeler Komitat, speziell die Szeklerstadt Sepsi-Szent-György, mit aller Gewalt auf Kosten Kronstadts wirtschaftlich in die Höhe bringen wollen. Die Kommunalsteuern der Beamten. Die Stadt Fünfkirchen hat, wie von vor einiger Zeit erwähnt wurde, an das Abgeordnetenhaus eine Repräsentation gerichtet, in der ausgeführt wird, „die öffentlichen Beamten, seien diese nun Staats, Munizipal-, Gemeinde- oder Militärs­beamte, mögen glei­nen übrigen Bürgern zur Tragung der Ge­­meindelasten herangezogen und in dieser Angelegenheit möge eine gefegllte Verfügung getroffen werden“. Im Memorandum heißt es u. a.: Gerade die Beamtenkörper bilden jenes Clement der­ Städte, welche, ohne in direktem Besteuerungs­wege zu den Gemeindelasten beizutragen, mit den meisten Ansprüchen auftreten und welche die Durch die Gemeinde gebotenen Vorteile, wie da sind: öffentliche Reinllihkeit, Sicherheit u. s. w., in viel größerem Maße genießen als die eingeborenen Bewohner der Städte, die Industriellen, Kaufleute, Grund und Weingartenbefiger u. s. w., die in unausgejeßtem Kampfe zur Beschaffung der notwendigen Existenzmittel die erwähnten Vor­­teile infolge ihrer Beschäftigung in wesentlich geringerem Maße genießen können, obzwar ausschließlich sie zu deren Beschaffung beitragen. Während die Öffentlichen Beamten keinerlei Beiträge zu den Gemeindezuschlägen der Städte leisten, belegt der Staat, während er die Einnahmequellen der Städte ‚eine­ nach der anderen ‘an fi zieht, die für die Beamten folgenden Städte im Interesse der Vermittlung der staatlichen Verwaltung mit Lasten, die von Jahr zu Jahr steigen und bereits unerträglich geworden sind. &3 sei nicht billig, au nicht gerecht, daß der Staat nach den Beamtengehältern die staatliche Steuer einfordere, zum Schaden der Städte jedoch die Einhebung des Gemeindesteuer zuschlages herbiete und von den Städten überdies noch Beiträge aller Art wünsche. Unter folgen­verhältnissen könne ein gesundes, sädtlsches Weben sich nicht entwickeln.— I Politische Uebersicht. Hermannstadt, 27. OOktober. Ungarn. Bei der in der vorgeltrigen Situng des Abge­­ordnetenhauses vorgenommenen Verhandlung der Zuschrift des Minister­­präsidenten über die Duotenentscheidung der Krone sagten natürlich die „Unabhängigen“ ihr Sprüchlein her, aber es kam nicht zu dem fuchtbaren Sturm, den sie selbst mit großer­ Wichtigkeit vorher angekündigt hatten. Ein bemerkenswertes Produss der „astundvierziger” Denkart wies nur der alte Chavolpfy auf, der für das tibechische Staats­­recht mit der Motivierung eintrat, daß er jeder ihre Selbständigkeit ans­­trebenden Nation Erfolg wünsche, wie er für Ungarn die Befreiung vom Österreichischen Zoo erhoffe. Nachdem der Ministerpräsident die oppositionellen Feuilleton. Die Irre von Sankt Rochus. Kriminalroman von Gustav Höder. (9. Fortlegung.) „Und auf mich fiel der Verdacht!” nichte Therese, beide Hände an ihr Herz preffend, als erneuerten ss alle die Hengste und Schreden, welche sie damals ausgestanden hatte „DO Gottl Herr Alb­am, Liebster, bester Herr Alam, Ihnen danke ich, daß ich meinen ehrlichen Namen behalten habe, Was wäre mit mir geschehen, hätten Sie nicht den Dieb ermittelt! Gerechter Himmel! Das hätte si ja kein Mensch träumen lassen, daß der Neffe des Herrn P­rofessors selbst —“ „Die unfrägbare Bibel verflopft hatte, sprechende junge Mann?“ » « Wie hieß doch dieser viel ver­­. , »Wippach hieß er,Alfred Wippach«,antwortete Therese,und mit großer Lebhaftigkeit fügte sie hinzu»Und denken sie nuy legthin bin ich ihm begegnet!« »Man Alfred Wippach sind Sie begegnet?Nicht möglich!Sein Onkel schickte ihn ja damals schleunigst nach Amerika.« »Er ist aber wieder da«,versicherte dies und Frau.»Aber bitte,bester HerrAu­mm,setzen Sie sich doch«,­bat sie,ihren Gast nach dem Sofa führend und an seiner Seite Platz nehmend.»Und wie haben Sie mich denn nur aufgefunden?Zwar was frage ich da erst!Dem derrn Allram stehen alle Wege offen.“ Der Detertiv lächeler.»Also Herrn Wippach hat es in Amerika nicht gefallen,wie erscheint«,nahm er das Gesprächsthema wieder auf.»Wo und wann haben Sie ihn denn getroffen?«­­Therese nannte die Straße.Es sei vor acht oder zehn Tagen gewesen. »Er sah so verkommen aus,daß er mich dauerte«,fuhr sie fort.»Und denken Sie nur,ertrug mich,ob ich nicht eine Kleinigkeit Geld bei mir hätte.Er, ‚ein Mann, der Aubiert hat. Ich gab ihm, was ich gerade im Borte­­­monnaie trug.“ „Haben Sie ihn denn nicht gefragt, wo er wohnt, und was er sehr treibt ?“ „Nein, er mochte sich wohl seines herabgekommenen Zustandes schämen und ging gleich weiter, so wie er das Geld hatte. Ganz nüchtern schien er auch nicht zu fein, denn er noch nach Zutel.” „Wie sieht er denn eigentlich aus?" Ffrug Allram obenhin. „Ich habe ihn damals gar nicht zu sehen bekommen, da sein Dufel sich begreiflicher­weise nicht angeregt fühlte, ihn mir vorzustellen.“ Sran Thorbed entwarf nun das Porträt eines jungen Mannes, der mit seinen fechd- oder siebenundzwanzig Jahren, feinem hellbraunen Haar, feinen graublauen Augen und feiner „mittleren Figur“ genau so aussah, wie tausend andere. Dabei wußte sie sig nicht einmal zu erinnern, ob er einen Kinn oder Badenbart oder einen Bosbart trug. „Daß sich Gott erbarm’] Sein Glück, seine ganze Zukunft durch leicht­­sinnige Streiche bo­zw. verscherzen!” beklagte sie das Schickal des Gesunkenen. „Welche Lammsgeduld Hat sein gutherziger Dxter mit ihm gehabt, meldhe Unsumme von Schulden Hat er für ihn bezahlt, ehe er ihn enterbte, der daß der Undankbare zuleßt gar zum­ Diebe wurde, das krug dem False den Boden aus. Uebrigend wäre er ganz der Mann dazu gewesen, das schöne Vermögen seines Onkers in ein paar Jahren durchzubringen.“ „Da ist er in der Hand der Frau Brufcger jedenfalls besser aufgehoben“, warf Alk­am hin. „Ei, das will ich meinen! Die Hält’s zusammen !” versicherte Therese: „Das Geld Hatte sie immer ein bisschen lieb. Sie mochte sich wohl schon als B Wirtschafterin einiges erspart haben und hatte Geld auf Grundflächen stehen; denn wenn das Vierteljahr um mar, kamen Leute zu ihr und brachten Binsen.“ „Was war sie sonst für eine Iran?“ „Eine ganz gute Frau; ed famen ihr immer gleich Die Thränen, wenn es etwas ab. Sie las sehr gern, besonders in den Zeitungen; die studierte sie von Anfang ich zu Ende doch.“ „Wie Stand sie mit dem unglücklichen Fräulein ?“ „Mit Fräulein Konstanze?* feug die junge Frau, und nun kamen ihr plöglich selbst die Thränen und Tannen ihr wie angeschwollene Bäche über die roten runden Wangen. „DH, sehr gut stand sie sich mit dem armen Fräulein. Sie Hat sie ja eigentlich auch gerettet, wenigstend vor dem Sälimmnisten.* „Bon wegen der Epilepsie, nicht wahr ?" „Das war's ja!” nichte Therese, wo immer beschäftigt, mit einem gelben, rot getüpfelten Zafchentuche ihre Thränen zu trocnen. „Niemand hat um die schredliche Krankheit gewußt, als Frau Brusher und der Herr Professor.“ »Aus sich der Professor nicht mit heiratsgedanken ihm?«frug Allram, indem er plötzlich sehr leise sprach und einen­ vertraulichen Ton anschlug. Frau Thorbeck blickte sinnend nach der Decke und dann auf ihre Schürze, bie sie sich glatt strich. »Nun,ein G­ewohnheitsmensch war er ja«,sagte sie;»er sah nicht gern fremde Gesichter um sich und fürchtete sich vor jeder Störung seiner Ordnung.Sie hat ihn gut verpflegt——man kann mit einem Kinde nicht sorgsamer umgehen — und sie ist ja auch seine üble Frau. Aber um sie zu heiraten, dazu war er ihr doch an Bildung zu sehr übel. E83 muß freilich einmal so etwas in der Luft gelegen haben. Vor zwei oder drei Jahren gab es nämlich zwischen ihnen eine arge Versti­mmung; sie sprachen nur das Nötigste miteinander; sie ging mit verweinten Augen herum und ließ gegen mich Worte fallen, als ob sie nächstens ihre Stelle aufgeben würde. Dann war aber plöglich alles wieder gut zwischen beiden. So ganz; Eug bin i­ aus der Geschichte ja nicht geworden. Ob sie nun auf eine Heirat gedrungen und mit ihrem Abgange gedroht hatte, doch weiß ich nicht. Doch mag ic da­­mals wohl gewesen sein, wo er sie zu seiner Erbin eingefegt hat, und damit konnte sie ja zufrieden sein, und er konnte wohl auch nichts Besseres thun, als sich eine so zuverlässige Frau zu erhalten; denn er war jede leidend, ‚und wer weiß, ob er wieder eine Wirtschafterin gefunden hätte, bei der er so gut aufgehoben gewesen wäre.“ (Bortregung folgt.) · -

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