Siebenbürgisch-Deutsches Tageblatt, 1922. Juli (Jahrgang 49, nr. 14722-14747)
1922-07-04 / nr. 14724
SE Hermannstadt, Dienstag Baden Die ungefriedenen Ortsinsassen reihen die Berufung an die Komitatskommission für Bodenverteilung imBerlaufe der 5 Tage der Aushängung im Sinne der DBstimmungen des Art. 74 ein. Art. 106. Die Komitatskommission für Enteignung bestimmt den Termin und urteilt im Sinne der D Bestimmungen des Art. 76 sowohl bezüglich der D Bodenanwarterliste ‘als auch bezüglich der Größe des Parzellentyps. Wenn es zur Losziehung kommt, hat dies die Kommission in öffentlicher Gegung und Kategorienweise durchzuführen. Der für die Losziehung festgelöste Tag ist den Berechtigten 8 Tage vorher zur Kenntnis zu bringen. Die Delegierten der Ortsinsassen sind zur Mitwirkung einzuladen. Anmerkung: Die Art. 105 und 106 bringen wieder als Wesentlichstes die Verkürzung der riften.) Art. 108. (Dieser Artikel besteht nunmehr nur aus dem ersten Abjat der alten Satzung, indem der Rest einfach fortgelassen wurde). Art. 111. Gleichzeitig mit der Erfüllung der Formalitäten des Art. 81 ist die Parzellierung endgültig und rechtskräftig. Art. 137. Alle Finanzoperationen, die sich aus der Durchführung dieses Geleges ergeben, werden vom Staat vollzogen. Dorfschußzahlungen auf den Preis geschehen auf Rechnung und für den Staat. Die eingenommenen Beträge dienen ausschließlich Der Tilgung duc Auslosung der tilgbaren Papiere. Die zweck Bezahlung des enteigneten Grundes ausgegeben werden. Den Käufern werden die noch ausstehenden Reste der Kaufsumme zu Lasten geschrieben, die Einhebung der fälligen Summe erfolgt gemäß den Gehegen, welche bezüglich der Eintreibung der Staatseinkünfte in Kraft sind oder fein werden. Alle Bestimmungen des Art. 137 des am 3. Juli 1921 promulgierten Gefektes über die Agrarreform in Siebenbürgen, Banat, dem Kreisch- und Marmaroscgebiet sind und bleiben aufgehoben, und infolge dessen bleiben aufgehoben alle zwischen dem Staat und der Agrarbank geschlossenen Hebereinkommen, die Renderung der Statuten Der Agrarbaut sowie alle anderen im pnorermwähnten Artikel enthaltenen Bripilegien. (Das Gefet verfügt zum Schlufse, daß an das alte Gefet die folgendenBestimmungen als Art. 142 und 143 angehängt werden): Art. 142. Alle Beichlüffe, welche von einer der im Gefet vom 23. Juli 1921 vorgesehenen Kommissionen bis zur Promulgierung des vorliegenden Gesäßes schon verkündet worden sind, behalten ihre G ®iftigkeit. Die Fristen zur Anwendung der Rechtsmittel gegen diese Beschlüsse sind, seweit sie nicht schon rechtskräftig sind, die in diesem Gesege vorgesehenen. Die vor den verschiedenen Kommissionen anhängigen Arbeiten, bezüglich deren inzwischen noch feine Entscheidung getroffen wurde, sind gemäß den Bestimmungen des vorliegenden Gesetes weiter zu behandeln. Art. 143. Die Werte der abgeänderten Artikel sind jeder an seiner Stelle in das Gbiet über die Agrarreform vom 23. Juli 1921 einzufügen und bilden einen integrierenden Bestandteil desselben. * Siebenbürgisä-Deutsäges Tageblatt # " 4 Juli 1922 Rr. 14724 Rückberufung Sieres an die Bukarester Universität. Sally, 2. Juli. Das Universitätskollegium hielt heute unter dem Boreiß des Rektors Bratu eine Litung ab, in welcher Matei Cantacuzino die Nbberufung Steres auf den Lehrstuhl verlangte, dessen Inhaber er war, da bei der gegenwärtigen Lage alle wertvollen Kräfte konzentriert werden müßten und die Mitverständnisse aus der Zeit des Krieges auszuschalten seien. Der gute Glaube Steres könne seinesfalls angezweifelt werden. Steres Mitarbeit liege nicht nur im Sinteresse der’ "Universität, sondern auch im Das Universitätskollegium verfaßte hierauf eine Adresse, durch die Stere aufgefordert wird, seinen Lehrstuhl wieder einzunehmen.leichzeitig wourde der Unterrichtsminister gebeten, den Beschluß des Kollegiums schleunigst zu genehmigen. „dent der seelischen Vereinigung mit Befjatabien. Sie Rage am Briefl. Bukarest, 2. Juli. Die Regierung wurde verständigt, daß der Militärkommandant von DBesjarabien, General Bopopici, heute Nacht in der Hauptstadt eintreffen werde, um den Behörden über die DBorgänge an den Grenzen DBesjarabiens zu berichten. Die Konferenz im Haag. Ein Schreiben Ritwinows. Litwinomw hat dem Vorsißenden der nichtrufsreichen Kommission ein Schreiben zugehen lassen, in dem er fragt, ob Frankreich und Belgien bereits ohne Vorbehalt die in Genua festgesegten sechs Schlaufeln bezüglich der Haager Konferenz, angenommen haben, und ob die Bedingungen, unter denen sich diese Staaten an der Konferenz beteiligen, identisch sind mit denen der anderen Staaten. Auch möchte er wissen, ob die norwegische Regierung die Klauseln schon genehmigt hat, die die norwegifi Vertreter in Genua unter Vorbehalt der Genehmigung durch ihre Regierung angenommen haben. Die französische Antwort. Lafayette,2. Juli. Die französische Abordnung verständigte den Vorfigenden der Haager Konferenz, daß die französische Regierung die Beantwortung des Briefes Litwinomws für unnötig halte, da die Bedingung der Beteiligung Frankreichs an der Konferenz im Haag durch die Erklärungen Factas in Genua am 19. Mai bereits festgestellt sei. Dieser Erklärung zufolge haben sämtliche an der Haager Konferenz teilnehmenden Mächte ihre Zustimmung zu den Beschlüssen von Genua gegeben. Aublands Kreditforderung. Zarapette, 2. Juli. Litwinnw erklärte im Haag, daß die zur Wiederherstellung Nußlands nötige Summe 3, Milliarden Staaien betrage. Bereinigung Averesens mit Marghiloman. Bukarest, 2. Juli. Wie behauptet wird, hat sich General Averescu endgültig für die Verschmelzung der Bolfspartei mit der fortschrittlich-konservativen Partei Marghifomans ausgesprochen. Die Fusion soll im Laufe der Parlamentsferien erfolgen. Diesuhunst deriachiltischen Partei. Camarasescu,ein Führer der demokratischen Partei,der unter der Regierung Takesonescu das Innenministerium innehatte,hat einem Vertreber des,,,Adseverul«,der ihn über die Zukunft der Takisten befragte, folgendes erklärt: Die Mitglieder der demokratischen Partei werden nach dem Ende ihres Führers sich um dessen Namen ebenso eng zusammenschließen, wie es bei dessen Lebzeiten der Fall war. Wahrscheinlich wird sie unsere Partei, wie i) aus den Besprechungen mit den führenden Takisten sehen konnte, mit einer politischen Partei, wahrscheinlich mit der Jorga-Partei vereinigen, obwohl es Safisten gibt, die ihre Selbständig..keit..gewahrt. wissen wollen. Diese Meinungsverschiedenheiten stammen hauptsächlich von jenen, welche Besorgnis hegen, daß bei der Wahl des ‚neuen, Führers sich, Streitigkeiten ergeben können. Vorläufig wird die demokratische Partei vom Vollzugsausschuß, der ih aus ehemaligen Ministern, Parlamentariern und den Barsitenden der Komitatsorganisationen zusammenlegt, geführt werden. Im September soll ein großer Kongreß der Partei einberufen werden, der si mit der Ausarbeitung eines neuen Programms befassen wird. Die demokratische Partei wird eine Partei der Mitte, ihr Piogramm aber wird starr demokratisch werden. Beileidskundgebung des Ministerpräsidenten an die deutscche Regierung. Bukarest, 2. Juli. Ministerpräsident Bratianı richtete an den deutschen Reichstangler Dr. Wirth folgendes Telegramm: Ich bin schmerzlich berührt von dem entfeßlichen Attentat. Die Erinnerung, die ich von unseren Erlebnissen in Genua bewahre, gestattet mir, seine ganze Schwere zu ermessen. Ich bitte Sie, den Ausdrucs meines tiefen Beileid entgegenzunehmen, ver ein en Ein neues Reparationsprogramm. Mit Hilfe deutlicher Arbeiter. Der franzöftice Minister für die öffentlichen Arbeiten Le Trocquer hat der Presse mitgeteilt, dass er in vollem Einverständnis mit dem Ministerpräsidenten Boincare seit Beginn des Jahres einen Plan ausarbeitete, um mit deutschen Arbeitern und Deutschem Material außerhalb der ehemaligen Kampfzone große öffentliche Arbeiten ausführen zu lassen. Um solche Arbeiten bezeichnet der Minister Flakregulierungen, den Bau von großen elektrischen Eisenbahnlinien, den Bau von Eisenbahnen selbst, Hafenbauten und Schaffung innerer Wasserstrafen. Im ganzen handelt es sich um ein Programm, das die Summe von 18,, Milliarden Franken erreiche, worin allerdings etwa 6 Milliarden Franken eingerechnet seien für Material, das Deutschland nicht Liefern könne. Die framstilet Delegation bei der Reparationskommission habe den Entwurf bereits in Händen und ein interministerieller Ausschuß unter dem Vorsitz des Unterstaatssekretärs Colvat prüfe zurzeit den Entwurf. ar Der interministerielle Ausschuss trat Dienstag zusammen. . .8 wurde der Beschtufi gefaßt,zunächst nicht die gesamten Arbeiten mit einem Kostenanschlag von 18:1, Milliarden in Singriff zu nehmen, sondern einstweilen nur ein beschränktes Programm in einer Kostenhöhe von 4,5 Milliarden auszuarbeiten. Die wichtigsten Arbeiten würden im Whonetal ausgeführt werden, und er soffen hier Baggerarbeiten vorgenommen, Seitentanäfe und elektrische Kraftanlagen erbaut werden. Boincare besteht aus den Sanktionen, Paris, 2. Juli. Im Senat erklärte gestern Poincare, die Not Deutschlands sei nur eine Fassade. Deutschland habe ausgedehnte Industrien. SPoincare bemängelte in sehr scharfer Weise das deutsche Steuerprogramm. Die deutsche Regierung müsse Maßnahmen zur Erfüllung der Reparationen ergreifen. Wenn die Reparationskommission böswillige Sahrlässigkeit feststeht, sei die Anwendung von Sanktionen unabwendbar. Frankreich sei gezwungen Reparationen in Sachlieferungen entgegenzunehmen, und deutsche Arbeiter nugbar zu veriwenden. . Die Zusammenhänge des Anschlages, Berlin, 2. Juli. Der Chauffeur Techow, der das Auto führte, in dem sich die Mörder Rathenaus befanden, wurde auf Angabe seines Onkers verhaftet. Er bekannte, daß er an dem Morde teilgenommen hat. Die ersten Schritte für das Attentat seien bereit, während de Aufenhhaltes Rathenaus in Genua beschlossen worden. Es wurden noch andere Verhaftungen in Hamburg, Stettin, Ansried: und Hirschberg vorgenommen. In Tirol wie auf Ersuchen der Berliner und Münchener Polizei der Refitzer des Autos der Mörder verhaftet. Er heißt Küchenmeister und ist Eigentümer einer Fabrik in Freiburg in Sachen. Er gehört der radikalen Rechten an und reiste kurz nach dem Morde nach Tirol. E3 wurde weiters der Großkaufmann Werner Voß in Aalried verhaftet, der ebenfalls den rechtsstehenden Organisationen angehört. E83 wurde ermiesen, daß er die Garage, in der das Auto untergebracht war, zur Verfügung gestellt hat. Die Kille der Verhafteten. An der Teilnahme an der Ermordung Rathenaus überführte Personen sind vom Berliner Polizeipräsidium festgenommen worden: Kaufmann Schlitt in Berlin, Kaufmann Diesfel in Berlin, die Beriter der Autogarage, too der zur Mordtat benügte Wagen untergebracht war, der Gymnasiast Gerd Techom in Berlin, der Bruder des Mittäters Ernst Werner Techom, ferner der Student Willy Günther in Berlin und der Gymnasiast Stubenrau Berlin. Gerd Techom, Günther und Stubenrauch sollen Mitwisser, beziehungsweise Urheber des Mordplanes gewesen sein, Schütt und,Diesfel Mittwiiser, beziehungsweise Begünstiger des Mordes. Ueber die Verhaftung Günthers t wird der „Neuen Freien Presse” aus Berlin gemeldet: Der Leutnant der Reserve und cand. jur W. Günther ist nicht nur ein Mitmister des Attentats gewesen, sondern er hat mitgeholfen, in den legten Wochen das Attentat und die Fluchtpläne bis in die Heinsten Einzelheiten auszuarbeiten. Günther leitete alte Vorbesprechungen in den Geheimfigungen der Organisation, wenn diese sich mit dem Mordplan beschäftigte. Diese Besprechungen hatten in den Räumen einer Berichtwörerorganisation in Wannsee, dem bekannten Berliner Villenvorort in der Nähe von Potsdam, stattgefunden. Sünther hatte auch für die Mörder das Automobil und die Garage im alten Westen ausfindig gemacht. Nach der Tat war er den Mördern dadurch behilflich, daß er ihnen Pässe, Geld und Eisenbahnfahrkarten besorgte und die Spur seiner Freunde vermwischte.. Bei einer Durchsuchung der Gütherischen Wohnung ist eine Fülle von Briefen bekannter Persönlichkeiten gefunden worden, zu denen Günther in engsten Beziehungen gestanden haben soll, unter anderm riefe von Helfferich, Ludendorff, Jagow und Westarp. — Bezüglich der Nichtigkeit der angeführten Daten muß bemerkt werden, daß die Berichterstattung der „Neuen Freien Breise” den Kreisen nahesteht, die zu dem deutschvölfischen Breijen in scharfem Gegentaße sind, Vie Vorgänge im Reich. In Essen war der Generalstreit wegen der besonderen industriellen und bergbaulichen Verhältnisse Essens proklamiert und eingehalten worden. In Bochum wırden bei dem Demonstrationszug Galgen mitgeführt, an denen Puppen baumelten, mit der Aufschrift „Helfferische Zukunft und Ende“ und „den Reaktionären zur Warnung“. In Düsseldorf wurde die Kundgebung von einer Anzahl von Teilnehmern dazu bewußt, überall da, wo nachmittags no gearbeitet wurde, die Arbeitsruhe zu erzwingen. Sie drangen in die Geschäftshäuser ein und zwangen die Angestellten, die Arbeit einzustellen und die Geschäftsräume zu verlassen. In Köln mußten auf Grund des allgemeinen Landesrecht von 5—7 Uhr die Rummelpläte, Bergfügungsstätten, Kaffee und Schankwirtschaften und Kinos geschlossen bleiben. In Hamburg kam es am Begräbnistage Rathenaus in der Nähe des Bismarcdenkmals zu einem schweren Zusammenstoß mit der Schugpolizei. Ein dort angebrachtes Schild mit der Aufschrift „Halt, wer weitergeht, auf den wird geschossen” wirkte aufreizend auf die Massen. Es erfolgte ein Angriff auf die Schußpolizei, die ihrerseits mehrere Schisse auf die Menge abfeuerte. Nürnberg, 2. Juli. Die Stadtverwaltung beschloß, den Hindenburgplag in Rathenauplag umzubenennen und die Bildnisse Hindenburgs und Ludendorff3 von den öffentlichen Gebäuden zu entfernen. « . Er Kronprinz Ruprecht in München. Berlin, 2. Juli. Der frühere Kronprinz Ruprecht hat seinen Wohnsit zum erstenmale seit der Revolution wieder in München genommen. » Eine zurückgewiesene Ersteiserprämw Wieder,,Vormärts««mitteilt,hat Abgeordneter Helfferich zum Zweck der Erhöhung der auf die Ergreifung der Mörder Rathenaus ausgelösten Prämie demen hunderttausend Mark angeboten. Die tternationale Partei hat zum gleichen Zweckk zweihunderttausend Mark angeboten. Beide Angebote wurden vom Polizeipräsidenten abgelehnt. Die Ermordung Rathenaus. Der Ausnahmszustand in Deutschland. Berlin, 2. Juli. Die Regierung erlieh eine Ausnahmsverordnung, wonach mit dem Tode oder lebenslänglicher Zwangsarbeit, sowie Vermögensbeschlagnahme die Mitglieder solcher Organisationen bestraft werden, die die Ermordung von Regierungsmitgliedern anstreben. Weinkrieg in Rußland. Von einem russischen Berichterstatter erhalten die Times eine anschauliche Schilderung des Kleinkrieges, der in Rußland gegen die Bolschetisten geführt wird. Gerade Diese Kampfreifeist viel wirkamer, als wenn sich die Gegner heeresmäßig zusammenschließen würden. Es ist ein sogenannter Bandenkrieg der Brünen gegen die Roten. Die Bolichetviftenprese beteibt wenig darüber, sie bringt ab und zu Nachrichten unter der Ueberschrift: Banditentum, die darauf Bezug haben, aber die Regierung gibt sich den Wnrschein, als sehe sie die Bewegung nicht für be= x {