Siebenbürgisch-Deutsches Tageblatt, 1922. Oktober (Jahrgang 49, nr. 14801-14826)
1922-10-28 / nr. 14824
Er Wams-u MMU.01. —.—- fir BE - ohne Zu Byeat. enmonatli 150 Biertel jägtlich . .» W- mit Sufelung monatlich .. .. Lei 2 En n mit Boftversendung Nieelich Lei 70 Bi are Babizh I &. - en Raumes: Leu ! 'een Nr. 14824 Siebenbürgisch-Deutsches Hermannstadt, Sonnabend 28 Oktober 1922 « Miit-Wunge und Anzeigen ab: u Jeder Rettungserschleib und Anzeigenvermittlun des In- und Auslandes für Altrumänien,Bessarabien Bobrudshan. Bulowina bei ‚Friedrich S. Bendek, Ikarest, Str. Gen. Berthelot 18 Anzeigenpreis: Der Raum einer einspaltigen Weritzeile kostet beim jededemer Einrüden s—rößeren Aufträgen "entedene Kachlub. . Hüalich mit 4 Babante er Sonn» und 49. Jahlgang Die zwei Seelen in Eberts Brut. (.. ©) Wenn ein Staatsoberhaupt überhaupt einen Zweck haben soll, so fan es nur der sein, Der Kopf des Staates zu sein. Diese Auffassung verträgt sich sehr gut mit dem demokratischen, mit dem Konstitutionellen Prinzip, welches seit bald 100 Jahren zu den politischen Allgemeingütern gehört. Der Kopf, nicht Arm, Faust, Fuß. Für alle konstitutionellen Funktionen, menschlich wie politisch gedacht, gibt es die berufenen Organe, die im Staatsleben Minister, Volfsvertretung, Bollsabstimmung usw. heißen. Aber ebenso wie der Mensch seinen Kopf nit nur Dazu hat, um, einem alten Wite folgend, den Hut aufregen zu künnen oder die Halsbinde am Hinaufrutschen zu verhindern, ebenso muß das Staatsoberhaupt nicht bloß repräsentieren, sondern es muß seinen Wirkungskreis zu erfüllen imstande sein. Eduard VII, Wilson, Harding, Poincare, Mille»rand, sogar Die angeblichen gegenwärtigen Schattenböige von England und Italien füllen ihren Boten aus. Der philosophische Sihechenpräsident Ferit seine Kompetenz und daß in Belgrad nur der Regierungspräsident lenkt, also nicht nur regiert, sondern auch herrscht, macht die Lage in Serbien so unität. In schwierigsten Lager braucht der Staat den fähigsten Herrscher. Und würde P Deutschland einen Titanen brauchen, während 8 in. Sri Ebert nur einen Mann befikt, der sich „verhältnismäßig“ gut in seine Dekorative Aufgabe hineingefunden hat. Irgendeinen Einfluß besigt er nicht, was sich am deutlichsten darin erweist, daß neben dem streng internationalen, also kirchengegnerischen Reisepräsidenten der Elekfale Reichskanzler seit "Jahren ich . QMERWML Ebert it übrigens en ABeıE der a her. feiner Er Diet. Seller HR drud geben konnte als etwa ein Minister. Schon die Bemwerkschaftsführer widersprechen dieser bequemen Pareteiboltrin, da sie es bereits erkannt hatten, daß unwelt‚politische und weltwirtschaftliche Stragen nir vom ‚Standpunkte des Parteidogmas erledigt werden künnen. Legien hat es ausdrücklich erklärt, und zwar Scherz gegenüber, 28 sei falsch, auf dem parteithrone zu jiten und die volfs-, also au; arbeiterschädigende Wühlerei der Liebvnegt und Genosfen zu dulden. Nun, Ebert ist einmal die Natur, welche er früher gezeigt hat und die er auch fest nicht ändern kann. Er hat nicht den glühenden Ehrgeiz eines Scheidemann, dem 28 nicht genügt hat, in der Partei eine Rolle zu spielen; der wollte und mußte Staatsmann verdont. Verhältnismäßig besser hat ich Noste mit seiner Rolle als Kriegsminister abgefunden, wobei er allerdings Parteigrundlage verleugnen mußte und auch sonnte. Die parteipolitische Verbannung hat ihn dafür getroffen und verfolgt ihr unerbittlich. Er liegt nun die Frage nahe, warum Ebert, da seine Amtsdauer abgelaufen ist, in seine Sanktionszeit verlängern läßt und weiters die Lage, warum die Sozialdemokratie diese Verlängerung annahm, da doch auch sie ein Interesse daran haben müßte, das deutsche Vaterland dem Abgrunde zu entreißen, in den mit diesem Diaterlande nicht nur die verwünschten Bourgeois, sondern auch die allein geliebten Arbeiter verfinden müssen. Wenn man einen Mann, einen wirklichen Mann, auf irgendeinen ihm an nicht zusagenden Posten stellt, so ist 8 Doch das Alternatürlichste, daß er seine Kräfte eintet, um nicht unterzugehen, um sein Allerheiligstes nicht mit fi zu reißen. Und daß die heutige Zeit mehr als jede vorher von jedem Stamanı, Reichs- oder Regierungspräsidenten den höcheften Aufstand seiner Leistungsfähigkeit verlangt. Darüber ist wohl zwischen Helfferich und Hilferding, zwischen Scheidemann und Stresemann keine Meinungsverschiedenheit. Ebensowenig zweifelt jemand daran, daß die wichtigste Tätigkeit Gherts als Neidhspräsident seine vollklommene Einflußlosigkeit, ja Tatenlosigkeit gewesen ist. Da niemand glauben kann, daß es sich bei Gbert und seiner Partei um bösen Willen handelt, muß ein höherer Grund vorliegen. Der Der Bartei und dem Präsidenten es förmlich zur Aufgabe stellt, am Präsidentenposten untätig zu sein. Und es gibt einen solchen zwingenden Grund. Gbert und die Seinen gehören zur Mehrheitssozialdemokratie. Zur sogenannten Zweiten Internationalen, welche mit den gesinnungsverwandten zeiten Internationalen aller Länder Beziehungen hat. Neben Ebert stehen Scheidemann, Wells Müller in der Seite der deutschen Geschäftsleitung Dieser Internationalen. An der Soige der Gesamtleitung, welche besonders belgische, englische, italienische, ,holländische, schwedische, wenig französische, schweigzeriische und dösterreichische Senofren enthält, steht der Belgier Bandervelde, belgischer Minister und Mitunterzeichner des Dersailler Striedens. Die Bartei folgt ihrem Barteichef und zwar auch in der Verteidigung jenes Stredens, der der Ruin Deutschlands ist, der — und das ist eine besondere politische DBosheit — auch Stanfreich ruiniert. Doch gehört dies auf ein anderes Blatt. Man hat diesen Zusammenhang der zweiten Weltinternationalen besonders deutlich bei jener Zusammenkunft aller drei Internationalen gesehen, die vor etwa acht Monaten in Berlin stattfand und wo es sich darum gehandelt hat, die Einheitsfront der Arbeiterschaft, also der Internationalen 2, 2 einhalb und 3 zustande zu bringen. Die 3. Internationale hat damals es als Bedingung der Zusammenarbeit hingestellt, daß die gesamte Internationale aufs entschiedenste gegen den Bersaillerfrieden demonstrieren müsse. Und zwar sollten Diese Demonstrationen auf der ganzen Stete einheitlich veranstaltet werden, zur selben Zeit, Da,der Kongreß von Genua tagte. Jener Kongreß von Genua, wo der Delegierte Rußlands Tribijherin mit dem König von Italien und dem Mailänder Erzbischof liebenswürdige Worte tauschte, übrigens den iftenchef r18 . Bene d’Annunzio besuhte. Was auch auf ein anderes Blatt gehört. Und da ist s von Höchster Richtigkeit, ist für ne Innere Lage von einer Entscheidungskraft, die 2. Inte nationale Une wer ehe Bel Arbeitsfront der Arbeiter vernichtet. A um nicht gegen Bersailles auftreten so müssen! So wertvoll war auch den deutschen zweiten Internationalen (Mehrheitlern) unter Ebert, Scheidemann, Müller, Wells die Erhaltung ihrer Parteigruppierung, daß sieersailles anerkannten, von dem sie eigen wie wir wissen, daß an dieser Wunde Deutschland verbluten muß. Wie die proletarische Einheitsfront daran zu Grunde gegangen ist. Noch bevor sie begonnen hat. Aun deute man sich, dieseselben zweiten Internationalen als Leiter des deutschen Staates. Hier, wo sie nut DBandervelde gegenüberstehen und nicht seinem Einfluß, unterliegen, müssen sie dem Bersaillerfrieden entgegentreffen. Müßten sie, wenn sie dürften, sönnten, Sie wünschen ja gewiß die Bekämpfung dieses falscchen Friedens, aber je dürfen es aus internationalen Gründen, um dor den Parteigenossen der anderen Nationen bestehen zu können, nur offen tun. Sie würden daher, da sie die wirklichen N Regierungsfunktionen ohnehin der schwächeren Herifalen Partei überlassen haben, auch gerne auf die Herrschaftsfunktionen ver=sichten und irgend einem anderen internationalen Mann dieses Amt aufbürden. Das verträgt ss nun nicht mit dem Umstande, daß sie schon vor der Einigung mit der zweieinhalbten Internationalen die zahlenmäßig stärfste Partei gewesen sind, es jest noch mehr sind. Sie müssen also einen der beiden exprobiertesten Bollen annehmen und da wählten sie schon den weniger affinen, den Des Reichspräsidenten. Aber sie müssen eine Persönlichkeit auf diesen Borsten stellen, die entweder selbst farblos ist, oder auf jede Geltendmachung einer ausgeprägten persönlichen Note verzichtet. Diesen Bedingungen hat Herr Gbert in munstergiftigster Weise entsprochen. Daher liegt es ganz im Sinne der Mehrheitspartei, das sie den Bosten womöglich überhaupt nicht bekleidet, wenn aber, doch, ihn nicht versieht. Und das sie sich in der Weise, wie es eben geschah, durch eine abweidrittel Mejorität der deutschen Volksvertretung dazu zwingen läßt, mentreten, den Entwurf endgültig feststellen und ihn in dieser Form dem Ministerrat abtreten. Der Grundgedanke ist die Vereinheitlichung der Verwaltung. Er ist bestrebt, Bezirke und Gemeinden von der Vormundschaft der Zentren zu befreien und ihnen die Unabhängigkeit der von ihnen gewählten Vertretungen zu geben. Die Entscheidung trifft die ordentliche Parlamentsreision. Die Verwaltungsreform. Die Parlamentskommission für die Redigierung des Geieges über die Verwaltungsreform trat heute por=mittag zusammen. Der Innenminister berichtete ihr den Bortlaut des von der Unterkommission im Verein mit Sachleuten fertiggestellten Geietentwurfes. Die Raummission wird innerhalb von 12 Tagen neuerlich zusam , um. er kann Rede des Abgeordneten Br. H. Her zu der Geiegesvorlage über die Snhaltserhöhung der Beamten, Meine Herren! Angesichts einer so wichtigen Frage, wie sie die Gehaltisregelung unserer Beamten zuweise fellos ist, halten auch wir es für unsere Pflicht, unseren Standpunkt zu vertreten, welcher im wichtigsten Teil von dem Grundlagen des vorliegenden Gesekentwurfes abweicht. Ich habe den Eindruck, daß die Besoldungsfrage unserer Beamten nach ganz einseitigen Gesichtspunkten betrauet und geregelt wird. Allzusehr überwiegen auch bei der jesigen Vorlage die reim fiskalischen Interessen und Erwägungen, allzusehr die Meinung, daß die gerechten Forderungen der Beamten auch sei noch nicht erfüllt werden künnen, da es sonst unmöglich sei, das Gleichgewicht zwischen Ausgaben und Einnahmen im Staatshaushalt hherzustellen. Wir müssen alle anerkennen, dass der Herr Finanzminister ein guter Haushalter it, und daß er mit Die gung gibt es in Erfolg und mit einer ‚gründlichen Kenntnis aller finaniellen und twirtschaftlichen Probleme den anarchischen und aer ezu ı 1 among her Yuftän Ho diesem Gemachen bestrebt ist. Doch neben unteren Staatsleben noch andere, zum mindesten ebenso wichtige Vorbedingungen für die innere Sertigung und es ist ein, jehtwerer Fehler, diese außer Acht‘ zu Taten und zu vernachhlässigen. So bin ich: der Meinung, daß wir groß aller Fünftlichen Herstellung des Gleichgewichtes in unserem Staatshaushalt so lange Feine gesunde Grundlage für die Entwicklung des ganzen Staatswesens schaffen können, bis unsere Beamten genügend bezahlt werden, daß die Einstellung der Raubbauwirtschaft mit unseren Beamten die unerläßliche Borbedingung für jeden gesunden Sortbeschritt bedeutet. Birönnen und doch unmöglich der Grenntnis Der» Ihhliegen, daß die heutige schlechte materielle Lage unserer Beamten sehr ernste Folgeerscheinungen mit sich bringt, daß dadurch jede Möglichkeit wie die Wiederherstellung einer ehrlichen und anständigen Verwaltung unmöglich gemacht wird, daß ein anaher Seil Dieser Beamten vollkommen demoralisiert. End. und ein anderer Zeil, oft gerade Die besten Elemente den öffentlichen Dienst verlassen. Mit einem Beamtenkörper, dessen sittliche Widerstandskraft und Pflichttreue durch diese Zustände untergraben ist, wird man niemals gefunden Verhältnisse in diesem Lande schaffen können. E83 sind unwägbare Werte, welche in Ziffern nit ausgedrückt werden künfen, es sind unerregbare Werte, welche ung direkt und indirekt infolge der ungenügenden Bezahlung unserer Beamten verloren gehen. Deshalb glaube ich eben, das es ein Fehler ist, diese Frage nur dom rein fiskalischen Gesichtspunkten aus zu betrachten, wir müsfern uns offen über die schweren Sorgen des heutigen Zustandes Rechenschaft geben. Deshalb hätte man in dem vorliegenden Gelegentwurf für die Diesjerstelung der Beamten in weit höherem Maße gesorgt werden müssen, wie es tatsächlich der Fall ist. Und wenn der Staat gegenwärtig seine Einnahmen hat, von wo die unbedingt notwendigen Ausgaben gespect werden können, so wäre es eben Pflicht des Staates gebeten, diese Einnahmen zu erhöhen, auch provisorisch, schon vor der Schaffung der einpertischen großen Finanzgehege. Daß, dies möglich gewwesen wäre, ist unbestreitbar. Ich erwähne hier nur die Tatsache, daß wir in Siebenbürgen drei- bis achtmal so viel Steuern bezahlen müssen, wie unsere Mitbürger aus Altdomänien. Und teo den Schwierigkeiten, welche diese Frage in sich schlieft, bin ich dennoch der festen Heberzeugung, das, diesem ganz unhaltbaren Zustand an bisher schon ein Ende hätte gemacht werden können. Die aus Altromänien durch die Gleichstellung mit ungriebenbürgern gewonnenen. Mehreinnahmen würden vollauf genügen, um unsere Bes