Siebenbürgisch-Deutsches Tageblatt, 1930. Februar (Jahrgang 57, nr. 16985-17012)
1930-02-01 / nr. 16985
Eis :-Mussun TUr - m nu um Allgemeine Volkszeitung für das Deutschtum in Roma. Schriftleitung: Hermannstadt, Honterusgasse Nr. 11. Fernsprecher: Nr. 11 und Nr. 130. Verwaltung: Königin Mariastr. Nr. 25. Fernsprecher: Nr. 237. Bezugspreis für einen Monat: Hermannstadt: ohne Zustellung L 90—; mit Bustellung L 100 °; mit Postversendung: Inland: Lei 100—; Ausland: L 185 °—; Einzelnummer L 5 °—; Sonntagsnummer L 6 °— Nr. 16985 Hermannstadt, So 57. Jahrgang „Erplosion erregter Dorfsleidenschaft“ an, Ueber das empörende Vorkommnis in ‚Ezernowig nach Abschlag der Gerichtsverhandlung gegen einige Kommunisten haben wir berichtet. Einer der Verteidiger. Der Bukarester Rechtsanwalt Batrascanu wurde von Studenten schwer mißhandelt, aus seinem anderen Grunde, als weil er eben Kommunisten verteidigt hatte. In der legtendigung der Kammer hatte Unterstaatssekretär Stoanigescu die Aufgabe, eine auf diesen Ekandal bezinaliche Anfrage zu beantworten. Hiebei sagte er, er habe er um eine „Explosion erregter Boltsleidenschaft" gehandelt, Die allerdings sehr bedauerlic fe. Wir unsererseits halten diese N Redewendung des Unterstaatssekretärs für noch bedauerlicher. Sie kommt einem Berfudh glei, die Ezernowiger Brutalität zu beschönigen. Herr Ioanitescu hat si vijen‚bar nit Mar gemacht, was das zu bedeuten hat. Der Angriff der Studenten auf Batrascanı war zugleich ein Angriff auf eines der ursprünglicsten Menschenrechte. Bei allen zivilisierten Belfern wird selbst den schwersten Verbrechern das Recht zugestanden, per Gericht von einem berufsmäßigen Verteidiger vertreten zu werden; fünnen sie ihn sich nicht selber Gezahren, so wird er ihnen von Amts wegen beigestellt. Die Idee der Strafgewalt des Staates wird ergänzt dur den Gedanken, das dem Angeklagten jede Möglichkeit zu geben ist, seine Lage gegenüber dem Gericht auf das denkbar günstigste zu gestalten. Der Verteidiger ist daher verpflichtet, alles ins Feld zu führen, mas Dem Ange: Hagten irgendwie wüslich sein fan. Deshalb aber wird er da von seinem urteilsfähigen Menschen als Mitsharldiger oder als Helfershelfer des Verbrechers an gesehen. Die Ezernowiger Kommunisten sind augenscheinlich seine schweren Verbrecher gewesen, weil sie sonst nicht mit verhältnismäßig so gelinden Strafen davongekommen wären. Somit hatte das „Boland“ gar seine Ursache „erregt“ zu sein und seine angebliche Erregung zur „Explosion“ zu bringen. Die Täter waren im übrigen gar nicht Voll im Sinne einer unverständigen, instrittmäßigen Erregungen ausgelegten Maire, sondern es waren Hochschüler, von denen man wohl verlangen kann, daß sie für die humane Einrichtung des Gerichtsverteidigers ein volles Verständnis haben. Eine Entschuldigung für ihr Vorgehen ist schon mit Rücksicht auf den Bildungsgrld, den man von ihnen erwarten darf, unzuläsig. Die eigentlichen Schildigen an dem empörenden Vorfall sind nur die Studenten, sondern sie müssen ‚in den Reihen der Vertreter der öffentlichen Krönung gesucht werden. Der Dekan der Ezernowiger Adoptatensemmer, Universitätsprofessor Dr. Konstantin Radulesceu, hat in einer Protesterklärung an Den Innenminister den Hauptschuldigen genau bezeichnet. %5st der Gzernowiger Regionalinspektor des Boligenmesens, Toader Spetcopici, der fi der gröbten Unterlassungen, wenn nicht noch ärgerer Vorgehen huldig gemacht hat. Nachdem schon am 22. Januar ein Ueberfall auf Batrascanı und auf einen andern Verteidiger von Studenten gemacht worden war, eine Tatsache, die sofort dem Inspektor Spetenpich mitgeteilt wurde, konnte es doch am Tag darauf zu jener fandalöser Szene mit Patrascanu kommen. Goetcobiet hatte zwar Abwehrmaßnahmen versprochen, aber Wenderungen die er vor mehreren Personen aus dem Publikum tat, in denen er Patrascanu als einen „Elenden“ bezeichnete, der e83 „verdiene, erschlagen zu werden”, beweisen, daß er gar nicht den ersten Willen hatte, seine Pflicht zu erfüllen. Denn am 23. Januar wurden dieselben Studenten, die Tags vorher den ersten Angriff auf Patrascanu gemacht hatten, neuerdings zur Verhandlung und in Die Korridore des Gerichtsgebäudes eingelassen. Man sieht also ganz deutlich, dabeit nur nichts geschah, um Die sog. „Erregung des Balles” an der „Explosion” zu hindern, sondern daß man ihr geradezu Vorschub geleistet hat. Als Unterstaatssekretär Ioanikescu seinen unzeitgesmäßen Beschönigungsversuch unterschri, mußte er von dem Protest Radulescus schon Kenntnis haben Er mußte schon die Sächte Dieses Protestes gelesen haben: „Kein einziger Advokat ohne Unterschied der Nationalität, billigt oder teilt die Welterzeugung und die Taten der Kommunisten, sein einziger Mann des Rechtes aber, kann er fassen, das das Recht der Verteidigung jedes Verbrecher nicht heilig wärd. Es ist unbegreiflich,, wie diese ernsten Worte auf ihn so ohne Eindruck geblieben sind, und wie er es angesichts der ihm von einem Universitätsprofessor mitgeteilten Tatsachen der schweren Pflichtverlegung eines höheren Polizeibeamten über sich gewinnen sorte, wo das aizeblich erregte Vort, wenn au num mit halben Worten, zu verteidigen. Wir haben weder für Rechtsanwalt Patrascanı, noch für die von ihm verteidigten Czernotwiger Kommunisten auch nur das geringste Interessa Andung ist ( nur um Diedee jenes Verteidigungsrechtes auc) des Verbrechers zu tun, das von Madulescu als heilig bezeichnet wird. Wir denen an die Folgen, die er haben muß, wenn gegen solche Ausschreitungen, wie sie am 23. Januar in Ezernomig verübt wurden, und vor allem gegen deren geheime Begünstiger, nit mit den allernhhärfsten Mitteln vorgegangen wird. Heute wird der Verteidiger einer mißliebigen Sache halbtot geschlagen. Morgen kann es geschehen, dass das „erregte Bolf“ in derselben Weise gegen Richter wendet, die ihm nicht zu Gefallen geurteilt haben. Der Terror der Gasse tritt neben Das ordentliche Gericht und drängt e sichlieglich zurüd Die Rechtspflege in Rumänien it ja leider nicht immer und überall auf der vollen Höhe ihrer Aufgaben; was soll aus ihr werden, wenn sie auch noch der Gefahr ausgelöst ist, unter den Einfluß unreifer junger Leute zu geraten? Wir wundern uns, da der Herr Spanigesen diesse Frage nicht vargelegt hat. Mit seinen bessönigenden Worten hat er Del ins Feuer gegossen, anstatt mit unnachsichtiger Strenge gegen die Brandstifter vorzugehen. Wir sind gespannt, welches die nächsten Wirkungen seiner schädlichen Redeiwendung sein werden. Doch hoffen wir andererseits, das auch im Innenministerium die volle Tragweite dieser Vorgänge erfannt und daraus die praktische Schlussolgerung gezogen werden wird, N IANTIAR AA 3 w BnUul iA r HERR Mironescn Über die Haager Ergebnisse Mitteilungen des Außenministers an die Pressevertreter Bufareit, 31. Januar. Augenminister Mironescu hat, aus dem Haag zurückgekührt, den Vertretern der Bresse Aufklärungen über die Ergebnisse der Konferenz gegeben. In erster Heide sei durch die Tatsache, daß so viele aus dem Krieg herrührende vermeirrende Probleme gelöst wurden, zu erwarten, daß jet eine ernstliche Entspannung zwischen den Völkern stattfinde, sodaß die wahre Annäherung nicht mehr auf sich warten Lassen werde. In zweiter Reihe seien die finanziellen Ergebnisse und Beschlüsse in Betracht zu ziehen. Während Rumänien nach dem in Paris festgelegten Youngplan mit einer Summe von beinahe 2 Milliarden Goldmark jährlich für die Kriegsschulden der Alliierten belastet war, seien feit die gesamten Jahreszahlungen durch die deutschen Reparationen gedecht und es bleibt für Rumänien auch ein Altivum von 2 Millionen Goldmark jährlich. Diese Verbesserungen seien außerhalb des Moungplanes auf die Arbeit Titulescus hin durch Verminderung der rumänisgen Kriegsschulden an Frankreich und LJtalien erreicht worden. Tankreich habe auf 4 Millionen Goldfranten und Italien auf 6,5 Millionen Lire jährlich verzichtet. Andererseits erhalte Rumänien von Ungarn jährlich bis 1943 Annuitäten von 13 Millionen Goldfranen und von Bulgarien 14 Millionen Goldfranten, abgesehen von 110 Millionen Lei, die Bulgarien für Aufhebung des Sequesters der bulgarischen Vermögen zahlt, und eine Summe von etwa 170 Millionen Lei, die aus den bulgarischen Jahreszahlungen gleichfalls Rumänien zufällt. Ein zweites wichtiges Ergebnis für Rumänien sei die Erledigung der Optantenfrage ohne ein Opfer von Seiten Rumäniens. Außenminister Mironescu bot sodann Einzelheiten über die Organisierung Der Fonds A und B. Alle abgeschlossenen Verträge, jagt der Minister, sind in vier Sonderzeiten niedergelegt, alle wurden im Haag unterzeichnet und alle sind endgültig. In Paris künnen sie nur in formaler Hinsicht geändert werden; eine Aenderung der Grundsäche sei unmöglich. Außenminister Mironescu hob dann noch die Unterstützung hervor,die Rumänient seitens der Alliierten erfahren habe und die Verdienste und außerordentlichen Fähigkeiten Titulescus, des Wortführers der Kleinen Entente im Haag. Auf die Frage, ob er Kenntsis havon habe, daß die Liberalen die Lösung der Deputantenfrage für sich in Anspruch nehmen, antwortete der Außenminister, daß Die Liberalen, obwohl sie vors gaben, eine Lösung dieser Frage zu haben, sie dennoch 7ie lang nit verwirklichen konnten. Das beweise, daß sie seine Lösung hatten und es auch nicht verstanden eine zu finden. Die Uneinigkeit der Oppositions=parteien Die Gegenjage zwischen Alverescanern und Liberalen Bukarest, 31. Januar. Ueber die Beziehungen zwischen den Liberalen und Aperescanern gibt Adevaruf folgenden Bericht: Sowohl General Averescu als auch Vintila Bratianu haben den Versuch gemacht, die Resgierung mit Hilfe der Regentschaft zu stürzen, beide Versuche sind mißlungen. Die Sadveptaren hat dann die Tatsade einer Unterredung zwischen den beiden Parteiführern gemeldet, ohne mitzuteilen, was zwischen ihnen verhandelt wurde. E38 ist jedoch augenschein Th, daß sie si nit verständigen konnten. Man versuchte dann ein Lestes, indem man den Gedanken der nationalen Regierung vorbrachte. Dr. Lupu sprach in einer öffentlichen Versammlung in Craiova darüber, doch bald sah man, daß auch Dies nit durchführbar sei. Heute kann man sagen, daß Die Beziehungen zwischen Averescanern und Liberalen endgültig abgebrochen sind. Die Averescaner schieben die Schuld auf Duca, dem sie vorwerfen,er habe Die Formel ausgestellt, die Liberale Partei solle für sich allein die Regierungsnachfolge verlangen ES ist dasber, so scließt Adevarul, mit schweren Angriffen seiztens der Aderescaner gegen die Liberalen im Allgemeinen und gegen Duca im Besonderen zu rechnen, Die Gefahren von links und rechts Bereitstellung gegen Kommunisten und Enzislen Bukarest, 31. Januar, Heute vormittag sind Die Beratungen im Ministerpräsidium bezüglich der von den extremenOrganisationen im Szene gelesten Agitatio nen beendet worden. Die Probleme der kommunistischen Aufreizungsarbeit wurden besonders eingehend behandelt. Die Nachrichten, die die Regierung aus dem Lande wie auch aus befreundeten Staaten erhalten habe, lassen auf erhöhte Tätigkeit der Kommunisten schließen, so daß die Schulmaßnahmen gegen sie verstärkt werden sollen. Bezüglich der cuzistischen Agitationen ergab sie die Meinung, daß sie eine ähnlich große Gefahr für die öffentliche Ordnung bedeuten, denn eine Werbetätigkeit der cuzistischen Agitatoren für eine völlige Entsergnung gewisser Landesbewohner würde einen Angriff auf die Grundlagen der Staatsordnung bedeuten . Diesen Agenten gegenüber werden die entschiedensten