G. A. von Mülverstedt: Ausgestorbener Mecklenburgischer Adel

Vorwort

Vorwort. Den Anlass und Antrieb zu der Arbeit über den ausgestorbenen Adel der Grossberzogthümer Meklenburg-Schwerin und Meklenburg-Strelitz gab schon vor langer Zeit das seit 1862 im Druck erscheinende, jetzt bis auf 22 Bände gediehene Meklenburgische Urkundenbuch. Dieses ausgezeichnete, seines Gleichen — in Bearbeitung und Druck — in der diplomatischen Litteratur suchende Werk vermerkt nicht nur bei jeder Urkunde die Zahl und Angehörigkeit der an ihr noch vorhandenen Siegel, sondern fügt eine Beschreibung jedes einzelnen derselben unter sehr häufiger Abbildung (glücklicherweise nicht etwa durch Lichtdruckaufnahme) der merkwürdigsten Siegel von Fürsten, Städten, Geistlichen und Adelspersonen hinzu. Die überaus grosse Fülle des hier gebotenen adelsheraldischen Materials führte zu einer Sammlung der älteren meklenburgischen Adelswappen, bezw. zu einer Vervollständigung der schon sonst bekannten. Wie die meklenb. Urkunden des Mittelalters Kenntniss von einer unglaublich grossen Zahl einst in Meklenburg ansässiger Adelsfamilien geben, so auch von der Beschaffenheit der Wappen überaus vieler derselben und bisher noch völlig unbekannt gewesener. So erschien es angezeigt im Interesse der heraldischen Wissenschaft — nachdem die Wappen des in den beiden Grossherzogthümern noch blühenden Adels vor vielen Jahren in Masch's Meklenb. Wappenbuch und später in einer Abtheilung des „Neuen Siebmacher" in Abbildungen, dann neuer­dings im Jahre 1864 in v. Lehsten's Werke: „Der Adel Meklenburgs" in Beschreibungen bekannt gemacht waren — mit der Publikation derjenigen Wappen nicht länger zu zögern, welche nur von den einst in Meklenburg ansässig oder bedienstet gewesenen Adelsgeschlechtern geführt wurden oder noch jetzt geführt werden. Und zwar war bei der Abgeschlossenheit der beiden betr. Staatsgebiete nicht lediglich die einstige Landsässigkeit das massgebende Kriterium für die Aufnahme einer Familie und ihres Wap­pens, sondern auch — nach dem Vorgange v. Lehsten's — das Verhältniss von Mitgliedern anderer Familien zum meklenb. Fürstenhause durch Hof-, Civil- oder Kriegsdienste in dessen Staate. Doch hatten nicht wenige solcher bediensteten Familien für kürzere oder längere Zeit in Meklenburg Grundbesitz gewonnen. Der meklenburgische Adel setzt sich, wie in allen Ländern, aus einem eingeborenen und ein­wanderten zusammen. Hervorragend interessant und wissenschaftlich wichtig ist die Heraldik des ersteren, gegenwärtig nur noch in einer massigen Zahl von Geschlechtern (z. B. Moltke, Gamm, Cramon, Pressentin, Pritzbur) vorhandenen; überwiegend sind jetzt und sehr zahlreich waren schon frühzeitig diejenigen in Meklenburg ansässig gewordenen Adelsgeschlechter, deren Heimath eines der benachbarten Staatsgebiete war bezw. noch ist, nämlich vor allem Holstein und Schleswig, Vorpommern und Rügen, das Fürstenthum Lüneburg und das Land Bremen, endlich die Altmark Brandenburg. Die neuesten Forschungen haben ergeben, dass vornehme, in Meklenburg seit ältester Zeit noch blühende grosse Geschlechter nicht dem eingeborenen, sondern dem eingewanderten Adel

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