Transsilvania - Beiblatt zum Siebenbürger Boten, 1845 (Jahrgang 6, nr. 6-103)
1845-02-25 / nr. 16
86 Sinne eines der Staaten germanischen Ursprungs, sondern national in Bezug auf ganz Germanien, so weit sich dieses von den Gestaden der Nordsee bis zu den Grenzmarken Italiens“ und von, Großbritannien bis zu den Ländern der slawischen Stämme ausstrebt. Politischer Tauschhandel und Eroberungen haben die germanische Volker-Familie in verschiedene Staaten getheilt, die leider die wüthendsten Kriege gegeneinander geführt haben und 'sich“ noch häufig’ mit „ Abneigung 'oder “gar Beschimpfung „begrüßen; aber die Sprache, welche sie reden, der Spiegel ihres Geistes, ja ihr Geist selbst, ist eine und dieselbe, wie tausendfarbig auch ihre Abstufungen sein mögen, und liefert uns den Beweis, daß ursprünglich dasselbe Blut an den Adern aller germanischen Völker strömte. Wenn man die Karte von Europa nach den Sprachen und Mundarten eintheilte, so würde man sehen, daß ihre Grenzlinien mit den politischen Grenzscheiden oft nicht die geringste Gemeinschaft haben, und daß die germanischen Völker, wie unnatürlich auch von einander geschieden oder gar von Fremdlingen ihren Staaten einverleibt, weder von Art, no< in Bezug auf Wohnplaß merklich verschieden sind oder sich verändert haben.“ „Es ist in diesem großartigen Sinne, daß der Herausgeber von „Germaniens Völkerstimmen," Johannes Matthias Firmenich zu Berlin, die Idee gefaßt hat, von allen Mundarten, welche heute no von den Gülenen Germaniens gesprochen werden, Proben mitzutheilen, und da ich mich anheischig gemacht habe, die Mundarten der Niederlande zu jenem Werke beizusteuern, so fordere ich alle Niederländer auf, die meine vaterländische Gesinnung theilen, mich in Bezug auf das Sammeln von Beiträgen für jenes allgemeine Nationalwerk unterfragen zu wollen. Auf Legenden, Volkssagen, Mährchen, Volkslieder 2c. in der Mundart des Stammes, in dessen Munde sie ausschließlich leben, muß hierbei ein besonderes Geswicht gelegt werden, denn mit bloßen mundartlichen Proben, die dem eigentlichen Geiste des Volkes fremd sind, würden wir nur die Sprache beisteuern , wohingegen wir mit einer dem Geiste des Volkes entsprungenen Erzählung, Sage 2c, auch treffende Züge seiner Denkungsart mittheilen. Wir bringen denn, anstatt einer, zwei Seiten zur Schau, um den Volksstamm daraus kennen zu lernen. Das Eigenthümliche des Ausdrucks und der Geist der Dichtung, beide dem Innersten des Volkes entquollen, werden sich dann vereinigen, um in den Geist des Volkes desto tiefer eindringen zu können. Jede Sage und Erzählung aus der alten Zeit, jedes Liedchen, welches die Kinder von ihren Großmüttern gelernt haben, kann uns deshalb nur höchst willkommen sein. Diejenigen, welche wissen, daß nicht die Geieggeber der Berschreibung, sondern das Volk die Sprache gemacht hat, sie, die in die Sprache tief eingedrungen sind, um erkennen zu können, daß die Volksmundarten gerade aus dem Grunde, weil sie nicht unter dem Beschneidemesser der sogenannten Sprachreiniger gewesen sind, so viele Züge der ursprünglichen“ Allgemeinen Mutter beibehalten haben, welche in der Schriftsprache entweder verwischt oder durch dumme Besserwissere: unherstellbar verzerrt sind, solle Männer, so vertraue ich, werden einem Unternehmen, wie das Nationalwerk „Germaniens Völferstimmen“" ist, welches das gesammte germanische Brüdervolk betrifft, zujauchzen und dasselbe fördern helfen. Von achtzehn holländischen Gebieten sind die Mundarten bereits für Germaniens "Völkerstimmen" gesammelt worden. Besonders interessant sind darunter die Mundarten von Westfriesland.. . Die nordfriesischen Inseln haben ihre Mundarten auch eingesandt. Beiträge in den sogenannten „rabendänischen“ Mundarten an den Grenzen Jütlands, deren deutscher Grundcharakter von Dr. Gottlieb dargethan worden ist, sind auch zu erwarten. Denselben Antheil wie Norddeutschland hat auch Mittel- und Süddeutschland bis zu den äußersten Grenzen, wo die deutsche Zunge klingt, an dem Werke genommen. Die nicht zum eigentlichen Deutschland gehörigen deutschen Gebiete haben gleiche rege Theilnahme beshätigt. Hinsichtlich der Erlangung der englischen und schottischen Mundarten hat sich der Herausgeber an den geheimen Legationsrath und Gesandten De. Bunsen in London gewandt. In Nord-Amerika sammelt die Wesselhöft'sche Verlagshandlung in Philadelphia. In Bezug auf Schweden, Norwegen und Aland sind, von der schwedischen gelehrten Gesellschaft: „„Svenska Foruskrift Sällskapet‘‘ Beiträge für das Werk zu erwarten. Zur Betheiligung Dänemarks an dem allen germanischen Stämmen gemeinsamen Werke ist die Vermittelung des Dichters Adam Oehlenschläger angesprochen worden. "Bi* "jege zählt "das Werk über vierhundert Mitarbeiter, unter denen sich viele der nampasteschen;Gelehrten und Schriftsteller befinden. Die vierte und fünfte Lieferung des Wertes“ ‚auf welche wir. no< nicht hingewiesen haben, enthalten die an Eigenthümlichkeiten so reichen und für den Sprachforscher so wichtigen Mundarten Westphalens, des Fürstenthums Lippe-Detmold, des Schaumburgischen, des un: