Ungarische Revue 11. (Budapest, 1891)

1891 / 10. heft - Bernhard Alexander: Petőfi's Gattin, Julie Szendrey

PETŐFl’s GATTIN, JULIE SZENDREY. 843 Könnten wir hinzufügen, dass diese Verbreitung der böhmischen Sprache wirklich Thatsache sei, jedoch nur in sprachgeschichtlicher Hinsicht. Wir müssen dem Verfasser für seine mühevolle und fleissige Arbeit volles Lob spenden, doch ist nur zu bedauern, dass er sich mit der erwähnten Ansicht Hunfalvy’s nicht in dem Maasse befasst, als dies sein Stoff erheischt hätte und als er seiner philologischen Vielseitigkeit und geschichtlichen Kenntnisse zufolge berufen gewesen wäre. •Johann Kvacsala. PETŐFTS GATTIN. JULIE SZENDKEY. Es ist der Name einer Frau, die im Leben tief unglücklich gewesen und der man nach ihrem Tode selbst mitleidiges Gedenken versagte. Und doch liess sich ihr Leben so wunderbar schön wie ein Traum an. Mit grossen Gaben des Geistes ausgestattet, anmutig, selbstbewusst, einer angesehenen Familie angehöiend, beherrscht sie ihren Kreis, über den sie hoch hinausragt. Nur eine Gefahr scheint ihr zu drohen, unverstanden und unerkannt durch’s Leben zu gehen, ohne die Fassung, die diesem Edelsteine gebührt. Aber da gerät in ihren Bannkreis der grösste Dichter Ungarns. Alexander Petőfi; das leidenschaftliche Mädchen und der feurige Dichter lieben einander, sie wird seine Frau und des Dichters Liebe und Ruhm breiten eine blendende Strahlenhülle um ihre im ganzen Lande ge­feierte Gestalt. Wurde je, denkt man, einer Frau grösseres Glück zu Teil? Fast scheint es zu gross für ein menschliches Dasein ; selbst ein Bruchteil müsste für ein langes Menschenleben auslangen. Aber die Glücklichen und Auserwählten haben viele Feinde: die Götter, die ihnen ihr Glück neiden, und die Dämonen, die ihnen in der eigenen Brust wohnen und sie von innen zu zerstören suchen. Sie arbeiten auch hier mit Erfolg. Der grosse Dichter wird seiner Frau nach kaum zweijähriger Ehe entrissen ; der Orkan der Revolution weht ihn spurlos fort, wie ein Blatt vom Baume, das man, wenn der Aufruhr der Natur sich gelegt, verge­bens in dem Wust der Zerstörung aufzufinden bemüht wäre ; zugleich ist auch das Gleichgewicht ihres Wesens vernichtet; noch ist das Jahr nicht um seit dem Tage, an dem er vermutlich den Tod gefunden, und sie wirft den Witwenschleier, mit ihm den grossen Namen Petőfi’s weg, heiratet einen bescheidenen, einfachen Mann, anscheinend mit kühler, kluger Ueberlegung, die sie früher nie besessen und die sich jetzt in einem Moment einstellt, da die vernünftigste Frau den Ver­stand verloren hätte. Die Geschichte der Witwe von Ephesus wirkt nicht so befremdend. Nun verschwindet sie aus dem Gesichtskreise der Oeffentlichkeit, nachdem sie das Recht dazu sich so teuer erkauft. Achtzehn Jahre später stirbt sie, auslöschend wie ein trübe flackerndes Licht, das einmal so hell gestrahlt, nach langem Siechtum, kaum vierzig Jahre alt, ein Andenken hinterlassend, dessen Weihe sie selbst zerstört hat. Es ist oft der Versuch unternommen worden, den Dämon im Busen dieser gewiss nicht gewöhnlichen Frau zu ergründen, es ist nie ganz gelungen. Mehr als höhnische oder zornige Phrasen über Julie Szendrey und die Frauen im Allgemeinen hat man dabei nie zu Stande gebracht. Nun hat

Next