Siebenbürgisch-Deutsches Tageblatt, 1898. Januar (Jahrgang 25, nr. 7312-7335)

1898-01-14 / nr. 7321

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Januar Lan TONRCHEEN Eu­ lare Pränumerationen und Inserate übernehmen außer dem Hauptbureau, Heltauer­­gasse Nr. 23, in Kronstadt Heinrich Zeidner, Mediasch Johann Hedrich’s Erben, G. A. Reissen­­berger, Schässburg Fritz Teutsch, Bistritz Arthur v. Schankebank, Mühlbach Josef Wagner, auss­mann, Broos H. Graef, Reps Johanna Guiesch, Buchhandlung, Wien Otto Maas (Haasenstein - Vogler), Rudolf Mosse, A. Oppelik, M. Dukes, Heinrich Schalek, J. Danneberg, Inseraten­­bureau „Die Annonze“, Budapest A. V. Gold­­berger, B. Eckstein, Frankfurt a. M. G. L. Daube & Co. Insertionspreis: Der Raum einer einspaltigen Garmondreife tostet beim einmaligen Einladen 7 Er., das zweites mal je 6 Tr., das drittemal je 5 fr. 5. W. ex­­klusive der Stempelgebühr von je 30 fr. is 1898 Aus amtliden Quellen. Bericht des Handelsministers für das Jahr 1896. (Schluß.) Von großer Bedeutung ist die Wirksamkeit des Handelsmuseums und seiner Erposituren besonders auf der Balkanhalbinsel. Der Thätigkeit der Belgrader Erpositur is­tt zu danken, daß die Deckung des Schienenbedarfes der 8. serbischen Staatsbahnen auf mehrere Jahre hinaus für die £. u. Eisen­­und Stahlfabrik zu Didggyör gesichert wurde; der Bukarester Hinwieder, daß bei von der F. rumänischen Regierung für staatliche Lieferungen ausgeschriebenen Konkurrenzverhandlungen mehrere Male die ungarische Industrie gegenüber der Westeuropäischen gesiegt hat. Die Expositur in Sofia Hat der heimischen Industrie Plab erobert bei den bulgarischen Eisenbahnbauten ; die zu Philippopel behauptet ebenfalls den Plan gegenüber der Konkurrenz der westeuropäischen I­ndustriestaaten, weshalb die Kreierung einer ihr untergeordneten Agentur in Adrianopel in Aussicht genommen ist. Die Vertretung zu Salonicht wirkt erfolgreich für die heimische Eisen- Industrie, weswegen zwei derselben untergeordnete Agenturen in Monastir und Ustab Mitte des vorigen Jahres errichtet wurden. Die leitere bewährte si völlig, indem sie im Verlauf einiger Monate den Verkauf von Waren im Werte von 100.000 fl. vermittelte und große Ausfuhr an Eisenwaren nach Macedonien initiierte. Außer ihren Ex­posituren und Agenturen — unter anderen in Nemwyori, Tunis, Alexandrien, Bombay, Sperabaya — erhält die Direktion vermittel­te ungefähr 40 Korrespondenten im Interesse der ungarischen Firmen mit folgen­­den Plänen ständige Verbindung aufrecht: Aden, Aleppo, Amsterdam, Ancona, Athen, Bangkok, Barcelona, Bari, Batavia, Beyrut, Buenosd-Ayres, Cardiff, Colombo, Corfu, Florenz, Genua, Hiozo, Hongkong, Johannesburg, London, Mailand, Malta, Manilla, Marseille, Mersina, Messina, Montreal, Neapel, Palembang, Permang, Saigon, Samarang, Shanghai, Singapore, Smyrna, Tanger, Trapezunt, Tripolis, Venedig, Banzibar. Der Bericht betont also nicht mit Unrecht die Bedeutung dieses Instituts für unseren Exporthandel. Nun aber kommen wir an einen Abschnitt, der in den senigen Provi­­soriumszeiten die Aufmerksamkeit vieler „armer schwigender Menschenhäupter” beschäftigen wird: unsere Handelsbilan­z. Ungarns Gesamtverkehr betrug im vertloffenen Jahre 886 Millionen Meterzentner und 47 Millionen Stüf im Werte von 10937 Millionen Gulden, wovon 549 Millionen auf die Einfuhr und 5447 Millionen auf die Ausfuhr kommen, so daß die Warenbilang mit einem Manko von 47 Millionen Gulden schließt, was gegen das Vorjahr, wo dasselbe 39­2 Millionen betrug, eine bedeutende Besseiung zeigt. Die Ausfuhr unserer wichtigsten Ausfuhrwaren hat sich im lehten Jahre ziemlich günstig gestaltet; die Ausfuhr des Zug- und Schlachtviehes zeigt wohl infolge des schwachen Schweines-Exportes Fein besonders günstiges Bild, wird aber reichlich kompensiert dur die ausnehmend günstigen Ausfuhrverhältnisse der Röm­erfrüchte. Der Exportüberschuß der Septeren machte einen Wert von 206,5 Millionen Gulden auch gegen 1509 Millionen Gulden des Jahres 1895. Die Viehausfuhr, welche im Jahre 1895 no 94,8 Millionen Gulden im Wert ausmachte mit einem Exportüberschuß von 80 Millionen, jagt auf 769 Millionen mit einem Ueberschuß von 653 Millionen. No stärker springt die finfende Tendenz in die Augen, wenn man die 1894er Daten prüft; in dem Jahr war der Gesamtwert 140 Millionen Gulden mit einem Ueberschuß von 122 Millionen. Also gegenüber 1896 das Doppelte. Diese starke Abnahme ist fast ausschließlich auf Rechnung der Schweineseuche zu schreiben, während im Jahre 1894 1,362,647 Schweine im Werte von 78,5 Millionen Gulden exportiert wurden, fand die Ausfuhr im Jahre 1896 auf 255.753 Stüd im Werte von 19,9 Millionen. In den Übrigen Viergattungen war die Ausfuhr eine normale , ja die Pferdeausfuhr hat einen erfreulichen Aufschwung genommen. 1894 wurden 19.930 Stüd im Werte von 8,2 Millionen Gulden, im Jahre 1896 schon 39.007 Stüdk im Werte von 142 Millionen exportiert. Der Warenverkehr, nach Staaten gruppiert, beleuchtet manche aktuelle Frage. Vom Gesamtverkehr kommen auf Oesterreich 78,80 Prozent, auf Deutschland 7:58 Pzt.,­ auf Serbien 2:04, auf Rumänien 1­ 31, auf Groß­­brittannien 1:52, Bosnien 1:37 u. s. w. Von dem Werte der Einfuhr kommt auf Desterreich rund 81 Bit., Deutschland 5:29, Serbien 3:41, Rumänien 1:03, vom Werte der Ausfuhr auf Desterreich 7657, auf Deutschland 9:90, Serbien 065, A Rumänien 1:60, Frankreich 2 Prozent. Also über ?/, der Einfuhr und nahezu */, der Ausfuhr entfallen auf Oesterreich. Was den Prozenttag der Einfuhr anbelangt, muß allerdings ange­nommen werden, daß er formell höher erscheint, al er in Wirklichkeit ist. Erstens ist nämlich die Zahl jener Waren nicht gering, welche nicht unmittel­­bar von dort formen, sondern im Defterreich bloß behufs Verzollung oder aus anderen Gründen eine Zeit stationär, dort neuerdings aufgegeben werden und alle aus Defterreich kommend notiert werden. Außerdem ist Defterreich betreffs vieler Waren bloßer Vermittler, indem da Ausland in den größeren österreichischen Städten ständige Magazine hält, und unseren Bestellungen aus denen entspricht. Breiter Importstaat ist Deutschland, dann folgt Serbien, dann Italien — Weineinfuher — u. S. mw. Der Verkehr an Edelmetall und Münze fällt wohl außerhalb der Sphäre des Warenverkehrt und ist natürlich nur teilweise statistisch im Betracht zu ziehen, liefert aber doch wertvolle Anhaltspunkte. Der Gesamtverkehr hat bes­deutend abgenommen ; die Einfuhr ist von 19 Millionen fl. de Jahres 1895 auf 84 Millionen, die Ausfuhr von 74 auf 5,6 Millionen Gulden gefunden. Der Import ist stark gefunden in Goldbarren und Münze; in Silberbarren unbedeutend, in Silbermünze sogar gestiegen. Die Ausfuhr von Goldbarren und­­ Münze ist stark gefunden, dagegen die des Silber gestiegen. 86 Prozent der Einfuhr stammt aus Desterreich, 11 Prozent derselben aus Deutschland . 73,9 Prozent der Ausfuhr geht nach Desterreich, 21,74 Prozent geht nach Deutschland. Dem Reiche de geflügelten ARabes, dem Reiche voll Kohlendunst, Ma­­schinengeraffel und werbösen Beamten müssen wir auch­ noch einige Aufmerk­­samkeit widmen. ik Der Bericht hebt als wichtigstes Moment der 1896er Eisenbahngeseh­­gebung den Gefehartitel 12 hervor, als welcher den Ausbau der Linie Her­­mannstadt— Altbrüde bis zum Notenturmer Bach und dann jenen von Her­­mannstadt bi­slvnncz beschlossen, m wodurch nicht nur der vertragsmäßig fest­­gestellte Eisenbahnanschluß mit Rumänien gesichert, sondern auch der Verkehrs­­wert dieses Anschlusses durch die neue, in den Mittelpunkt des ungarischen Eisenbahnweges führende Alvinczer Linie erhöht worden sei. Das Gesamtweg der ungarischen Eisenbahnen betrug im Jahre 1896 in Ungarn 14.878 Kilometer, in Oesterreich 16.814 Kilometer, also in Ungarn eine Jahreszunahme von über 850 Kilometer, da Ende 1895 das Eisenbahn­­net­z 3925 Kilometer ausmachte. Interessant ist die Wahrnehmung, daß, trug allen Angriffen, die „Wis­zinafen” sehr blühten. Es waren im Jahre­sn. ung. Staatsbahnen 1896 48'4 Prozent 8 1895 51 ° 6 Prozent gesellschaftliche Hauptbahnen 94 , 9... Vizinalbahnen 39,0­ ° 2, A200 Die Betriebsmittel wurden vermehrt um 169 Lokomotiven, 273 Pers­­onen­ und 1369 Lastenwaggons; das Personal — immer sämtliche Eisen­­bahnen vor Augen gehalten — um 3767 Köpfe, abermals um mehr als 4 Millionen Menschen; der Frachtenverkehr um Der Personenverkehr flieg nahezu 4 Millionen Tonnen. Die Hauptfaktoren des gesteigerten Warenver­­kehrs waren Korn, Kohlen, Steine, Ziegel, Kalk, Petroleum, Brennholz und verarbeitetes Eisen. Die Zahl der Eisenbahnunfäle hat ziemlich stark zugenommen. Es waren durch Eisenbahnunfall verursachte Todesfälle . Dazu 13 Zusammenstöße und 13 Entgleisungen mehr als im Vorjahr. Bei der Statistik der Unfälle fühnte er etwas sonderbar berühren, daß die Rubrik der Harmlosen „Fremden“ so große Ziffern aufweist, wenn nicht im Bericht hervorgehoben würde, daß Hier die Selbstmorde — bekanntlich ist die Eisenbahn ein beliebtes Hilfsmittel auf diesem Gebiete — auch einge­­rechnet sind. Bei den Staatsbahnen waren 93 Waggons auf elektrische, 2809 auf Delgas und 3131 auf Rübölbeleuchtung eingerichtet. Auf den Ausbau neuer Linien wurden im Jahre 1896 aufgegeben : bei den Staatsbahnen 16.798 Gulden, bei den Vizinalbahnen über 30 Mil­­lionen Gulden. Auf Beschaffung von Vehikeln: bei den Staatsbahnen 6 Mill­­ionen 861.000 fl., bei den Vizinalbahnen 620.000 fl. Die Gesamtausgaben der ungarischen Staatsbahnen stiegen um nahezu 3 Millionen, die Einnahmen aber um nahezu 8 Millionen, so daß der Bet­­riebsüberschuß des Jahres 1896 38 Millionen Gulden gegen 33 Millionen des Vorjahres beträgt. A­usnehmend rei und detailliert sind die Ausresse, welche die streng ge­­nommen volfswirtschaftliche Mission der Bahnen — Hebung der Güterver­­fehre mit dem Ausland — behandel­t. Der Schiffsverkehr von Fiume ist sowohl bezüglich der Anzahl, als auch de Tonnengehaltes der Schiffe gestiegen. Bittere Wahrheiten. In der angesehenen Zeitschrift „Truth“ hält Labuchere seinen englischen Landsleuten eine richtige Bußpredigt. Anknüpfend an die Botschaft der Engel: „Friede auf Erden und den Menschen ein Wohlgefallen“ führt er aus, daß seine Nation zur­zeit diesen Worten so wenig nachlebe, wie die englische. Ueberall auf Erden sei Brittannien in Krieg und Kampf verwidelt. In Afrika verfolge er den verrüdten Plan, von M­erandria nach Kapstadt eine Straße anzulegen, deren Nuten höchst zweifelhaft sein werde. Irgend ein Preßtare hätte diesen Plan angeregt; andere Preßnarren hätten ihn aufgenommen und nun sei er ein Drittel des Singo-Glaubensbekenntnisses. Wehnlich b­öricht seien die anderen afrikanischen Unternehmungen. Alle seien ins Werk gefeßt, um England neue Märkte zu erschließen; man habe dabei aber nicht berücksichtigt, daß ihr Erwerb und ihre Erhaltung viel mehr kosten, als der Handel mit ihrer Hilfe je ein­­bringen könne. In Asien gehe man daran, die unabhängigen Bergvölfer der Nord­west­­grenze Indiens zu unterjochen, die einen natürlichen Wall gegen etwaige An­­greifer von Norden her gebildet hätten. „Auch in Indien wie zu Hause schießt, der Shingoismus und Kraut. Daher traten wir, diesen natürlichen Wal zu zerstören dadurch, daß wir Straßen Hindurchlegen und die Bewohner und zu Feinden machen, in der Hoffnung, sie zu unterjochen.* Diese Unternehmungen hatten England verhindert, in Europa seiner alten Aufgabe, freiheitsbedürftigen Völkern beizuspringen, treu zu bleiben; „die Nachwelt wird mit Erstaunen diese Eroberungsgier betrachten, die uns aus einer weisen und ehrenswerten Nation in eine Flibuslierbande verwandelt hat.” Wie das große Handelsreich des Altertums, Karthago, einst an eigener V­er­­derbiheit und Thorheit zu Grunde ging, so werde es auch England ergeben. Wie der Läufer immer von neuem der Erregungen durch Alkohol bedürfe, so müsse der moderne Engländer täglich in der Zeitung Kufen, daß irgendwo auf dem Erdenball das britisiche Reich einen Zuwachs erhalte,­­ Bunahme 19 n 21 Sl II El 1895: 6 Passagiere 89 Eisenbahnbedienstete 73 Fremde 18964. Buhti­, 90 Bunahme 2 5 1 ,, ,, » 5 14»=17 Verletzungen: 1895:14 Passagiere 1LO Eisenbahnbedienstete 73 Fremde 1896:33,, 141 A 104.395 Benil­eton. Schatten. Roman von B. von der Landen. (25. Hornfegung.) Gabrielens Gesicht wurde ernst und ernst der fragende W Ausdruch ihrer eben noch so heiter leuchtenden Augen. „Schatten, Ulla? “ Woher sollen die Schatten kommen, wenn selbst Mama unserer Liebe keine Hindernisse in den Weg legt, wenn mein Gewissen Rupert ganz und gar von jeder Schuld freispricht ?“ „Woher sollen Schatten fon­men ? Wie du fragst, Gabi”, antwortete Ulrike, träumerisch in die Gluten des Kamind bildend, „jet freilich, jeßt liebst du, und die Liebe ist ein so starkes, mächtiges Gefühl, daß in ihm zunächt alle übrigen untergehen !” „Buwächst? — Ulla — du fennst die Liebe nicht, wenn du das sagt. Die echte Liebe ist stark, ist ewig, und ebenso stark ist mein Glaube an Rupert und sein gutes Not. Er wollte Arwed nicht töten, und Arnwed war es, der ihn in seinen heiligsten Rechten gefränzt, der ihm das Glüd seiner Jugend raubte.“ „Schweig!” rief Ulrike, mit flammendem Blid die Schwester messend. „Schmähe den Zoten nicht und glaube mir, die Zeit wird doch kommen, wo die Erinnerung an ihn ihre Schatten werfen wird in dein und Zeljenbachs Leben. Da, sie wird kommen, — schüttle nicht deinen Kopf, — sie wird kommen, und dann wirst du auch dieser Stunde gedenken.” Gabriele schauerte kaum merklich zusammen. Sie stand auf, um das Zimmer zu verlassen; sie fürchtete sich vor der Schmetter und ihren düsteren Prophezeiungen. Ulrike versuchte nicht, sie zurückzuhalten, und Gabi ging in ihren Heinen Salon, wo sie zwar eine Handarbeit vornahm, im übrigen aber ihren Gedanken ungestört nachhing. Waren das die Kämpfe, von denen Rupert gesprochen, und die sie so gefürchtet hatte? Nein, doch wohl nicht. Der Befich des Geliebten war ihr­­ gesichert, in nicht zu ferner Zeit sollte der Segen der Kirche sie für's Leben­ mit­einander vereinen. Sie atmete befeligt auf bei diesem Gedanken,­­ dann war alles überwunden, was jebr ihr Herz bewegte und betrübte, die Un­­versöhnlichkeit der Schwester gegen den Geliebten durfte er nie erfahren.­­ hätte ihn gefranst, er hätte vielleicht gebangt um ihretwillen, er hatte schon so viel gelitten, durch sie sollte er nur glücklich werden. Sie war ja ein ver­­ständiges Mädchen, mit solchen Sachen mußte sie si allein abfinden. Es war nit hübsch von Ulrike, ihr gleich die ersten Stunden ihres bräutlichen Glückes zu trüben, indessen, sie kannte ihre far fanatische Art, mit der sie stets den toten Bruder bergöttert hatte, und ein Herz, so jung und in seiner Liebe glück­ch, wie das Galois, verzeiht ja so gerne und so leicht. Sie wollte nicht mehr daran denfen. VI Doktor Georg Ebert, Chefredakteur der ". .. . "sen Zeitung, hatte seit einem Vierteljahr seine muntere Eva heimgeführt. Das junge Paar bewohnte eine allerliebste Wohnung in der Lüsomstraße, fünf Zimmer, geschmachvoll eingerichtet, allerdings drei Treppen, aber was that das bei Menschenkindern, die in der Vorktraft des Lebens standen und die außerdem, noch von den „Blügeln” der Liebe getragen, ohnehin Leichter als andere Sterbliche die kleinen Widermärtigkeiten des Daseins überwanden. Ein geräumiger Balkon, mit Schlingpflanzen defoniert, von einer rot» und graugestreiften Marquise über«­spannt und mit niedlichen Korbmöbeln ausgestattet, war Evas besondere Freude. Hier saß sie in den vielen einsamen Stunden, wo ihre Mann auf der Redaktion arbeitete und amiüsierte sie über das Getriebe unten auf der Straße, von hier konnte sie ihn, den „Herrlisten von allen” erspähen, wenn er die Pferdebahn verließ und mit Hilfe jener schon erwähnten „Flügel“ möglichst rasch in ihre Arme eilte. Eva war eine ganz prächtige Heine Hausfrau, ein energisches, dabei aber sehr liebenswürdiges Weibchen, und Doktor Ebert erkannte mit jedem Tage mehr, daß er Hymen entschieden sehr gut mit ihm im Sinne gehabt hatte, als er ihn und das schwarzlebige Evb­en von Führen zusammenführte. Ausgebreitete Gaftlichkeit pflegte das Ehepaar bis­het nicht ; erfrend war die Herrannahende Sommerzeit nicht geeignet dafür, und zweitens trugen beide sein großes Verlangen danach; willkonmen und eine rechte S Herzensfreude war ihnen nur der Verkehr mit Rupert von Seltenbach und Gabriele, die, fast so lange verheiratet als sie selbst, ihr Heim in der Bellevuestraße hatten. Heute, an einem prächtigen Mainachmittag, wurde die Zeit der jungen Frau ungewöhnlich Yang; ihr Gatte kam nicht zu Zu­che, sondern Hatte ihr durch Rohrpost mitgeteilt, daß er, ein Opfer seines Berufes, mit einem eben von New­ York heimgekehrten Berichterstatter, einem berühmten „Romancier” und noch einigen litterarischen Autoritäten im „Kaiserhof” speisen müsse. „Selfenbach wird auch dabei sein“, schrieb er, „geh’ du doch inzwischen zu Gabi, ich Hole dir abends dort ab.“ Diesen Vorschlag fand Eva im h­öchsten Grade vernünftig und ane­nehmbar; ihrem Naturell entsprechend, war die Heine Unmutsmwolfe auf der Stirn rasch verschwunden. Sie sah nach der Uhr: zwei, s­ehr gut. Gabi speiste um vier, einer Anmeldung bedurfte es nicht, so vertauschte sie nur ihr Hauskleid mit einer einfachen, aber hübschen Besuchstoilette, gab der Köchin die nötigen Anmeldungen wegen des veränderten Mittagmahles, da sie auch ausgehe, pflegte noch ein Halb Stündchen der Ruhe und Langte in recht ver­­gnügter Stimmung gegen vier Uhr in der Bellevuestraße an. Selfendachs Haushalt war in vornehm s aristokratischem Stil eingerichtet. Ein Diener geleitete Eva in Gabici reizenden Salon, und nach wenigen Minuten eilte diese mit ausgebreiteten Armen der Freundin entgegen. „Wie schön, daß du­­kommst, Eichen“, rief Gabriele, „das ist ein herrlicher Einfall !“ „Du mußt dich bei meinem Gatten dafür bedanken”, achte die An« geredete. „Was können wir armen, verlassenen Frauen denn auch besseres thun, als uns gegenseitig die Zeit und die Einsamkeit zu verkürzen? Rupert speist auch­ im Kaiserhof.“ « . »Ja,dein Mann forderte ihn durch Rohrpost dazu auf,und er ging, obgleich es ihm seiner Arbeit wegen nicht sehr gelegenkam.So,nun gieb mir deinen Arm,Ent­er wir wollen gleich in das Speisezimmer hinüber gehen.” (Sortregung folgt.) aneeste mente En ae ae

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