Bukarester Gemeindeblatt, 1916 (Jahrgang 12, nr. 1-33)

1916-01-03 / nr. 1

7. RE? TERRA ZT ZEE R GS - EN: “4 2% XI. Jahrgang u Zum neuen Jahre ! AS wir uns vor einem Jahre in der Sylvesternacht in der­­ Kirche versammelten, um den Abschied vom altem Jahre zu feiern und das neue Jahr zu begrüßen, da war ves fast unmöglich, an unsere eigenen kleinen Nöte und rgen. zu denken. Unser ganzes Sinnen und Hoffen ge­­hörte den großen Weltereignissen an, die ja freilich auch das Wohl und Wehe des Einzelnen an sich sc­hließen. Wir erinnerten uns an jene Julitage des Jahres 1914, da wir plötzlich von der furchtbaren Mordnachricht aus Sarajevo aufgeschreikt worden waren. Mit einem Male hatte sich „der Himmel umdüstert, eine unheimliche Stimmung lagerte sich um uns, wir verlebten bange, erwartungsschwere Wo­­chen, bis dann — fast wie eine Befreiung — all die Kriegs­­erklärungen erfolgten, eine nach der andern! — Wir ge­­dachten daran wie die Söhne unserer Gemeinde ausgezogen waren zum großen Kampf, voll Begeisterung und Entschlos­­senheit, wir gedachten der Opferwilligkeit der Eltern, der Gebefreudigkeit der Heimgebliebenen und unser Herz so voll voll innerer Erhebung. Und wir gedachten all der Sieges­­nachrichten, die Schlag auf Schlag zu uns gedrungen waren und unwillkürlich jubelten wir auf: Es soll nicht aus sein mit uns, Gott steht uns bei! So war es im vorigen Jahre! Und heute ? Wieder müssen wir des großen Weltkrieges gedenken. Den Frieden, den wir erhofft hatten, brachte uns das Jahr 1915 nicht ! Im Gegenteil -- der Kampf nahm an Ausdehnung und Erbitterung zu, neue Völker wurden in ihn hineingerissen, neue Opfer durch ihn dahin­­gerafft. Wohl fehlte es auch diesmal nicht an gewaltigen Siegen. Aber wir mußten Geduld lernen. Nicht immer ging es so rasch vorwärts, wie wirs gewünscht hätten. Aber wer ist unter uns, der den Mut verloren hätte und am endgültigen Erfolg gezweifelt hätte ? Das Recht muß­­ schließlich body siegen. Fester denn je ist diese Ueberzeu­­gung in uns geworden. Ja, wir lernten geduldig sein ! Auch im abgelaufenen Jahre hat uns der Weltkrieg manch teures Leben ent­­rissen. Erschüttert vernahmen wir die Kunde, daß dieser und jener, der noch vor kurzem jugendfrisch und lebens­­froh unter uns geweilt hatte, nicht mehr heimkehren würde. Der Totensonntag, den wir dem Andenken all der jugend­­lichen Helden geweiht, die für das Vaterland gestorben waren, er wird uns unvergeblich bleiben. Wie­­ wer war unser Herz, als wir die Namen all derer vernahmen, die sich dem Vaterlande hingeopfert, und wie man der Name wird uns erst später bekannt werden ! Aber wir gedachten daran, daß nichts großes erkauft werden könne ohne Opfer und, daß jedes Opfer nur dann seinen vollen Wert habe, wenn es willig und ergeben dargebracht wird und wir wurden jüter und geduldiger und: das heilige Gelübde stieg in uns. auf :: Herr, wie du willst, wir­ wollen freudig tragen, was du uns. auferlegt. Ja, wir lernten in diesem gewaltigen Jahre “Geduld und Glauben, Gottes große Taten sind uns kund ge­­worden. Im dröhnenden Schritt der Schlachten vernahmen wir seinen Ruf, im sanften milden Ton der Liebe spürten wir seinen Geist — und darum müssen wir auch vom Jahre 1915 befennen: Es war ein Jahr des Herrn! Gewiß, es hat schweres von uns verlangt, aber wir haben auch Gottes stärkende, tröstende Macht in ihm verspürt. Darum klagen wir nicht, sondern geben Gott die Ehre! --­­Und nun gehts dem Jahre 1916 entgegen. Was wirst du uns bringen, 1916, Freud oder Leid, Sieg oder Nie­­derlage, Kampf bis ans Ende und drüber hinaus oder endlich, endlich den holden Frieden ? Doch was wüßt alles Fragen ! Nebelgrau sieht die Zu­­kunft vor uns, stumm und ernst, mit verhülltem Ange­­sicht. Und niemand kann ihr entfliehen, denn jeder Weg führt unweigerlich ihr entgegen. Was also sollen wir tun? -- Wir wollen stile sein und hoffen. Denn aus dem Nebelgrau­ der Zukunft wird bald eine lichte Gestalt 'vor 'uns hintreten, voll Lrost und "Licht — unser Gott! Glaubten wir jetz nicht “an ihn, „dann müßte uns diese Welt wirklich wie ein Narrentempel vorkommen. “Da tun sich die Menschen gegenseitig wehe und morden sich hin und wissen nicht, wozu ! Kein wahr­­lich, wir wütend nicht wozu, wenn wir nicht den festen Glauben hätten, daß wir Werkzeuge seien in Gottes Hand, um den Guten und Wahren zum Siege zu helfen. Auf ihn trauen wir, dessen Hilfe, immer dann am nächsten, wenn die Not am höchsten ! Darum fürchten wir uns nicht, Unsere Wege führen nicht abwärts sondern aufwärts. Wird auch das neue Jahr mi Organ des Synodalverbandes I der deutschen evangelischen Gemeinden an der unteren Donau | = Watt N | Pfarrer R. Honigberger, Schriftleitung : Geschäftsstelle ! Gemeindekanzlei, Str. Luterana 10. [2]

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