Bukarester Gemeindeblatt, 1943 (Jahrgang 39, nr. 1-30)

1943-01-03 / nr. 1

. s 2 ber a­­it ante u zi — — Bukarester Gemeindeblatt No. 1 Zur­­jahreswende. Nun kann unser Gemeindeblatt ein neues Jahr seines Bestehens beginnen und wir zählen nunmehr­­ den 35. Jahrgang. Die erste Nummer erschien im Juni 1904 und zwar in einer Zeit, in der seiwere wirt­­schaftliche Sorgen die Gemeindeverwaltung belasteten. Die Anlage eines neuen Friedhofes, verschiedene An­­läufe von Grundftücken, Ausführung von Bauten und Neueinrichtungen hatten eine stattliche Schuldsumme verursacht; im Zusammenhang damit waren Aus­­einanderlegungen entstanden, die einen tiefen Ruf in die Gesamtheit unserer Gemeinde brachten. Als eini­­gendes Band sollte darum das Gemeindeblatt wirken und diesen Dienst hat es bis Ende August 1916 un­­gestört tun dürfen. Mit dem Eintritt Rumäniens in den Weltkrieg, in dem es an der Seite der Gegner Deutschlands kämpfte, mußte es sein Erscheinen ein­­stellen, wie ja auch die Abhaltung von Gottesdiensten unmöglich geworden war. Erst Ende April 1921 konnte unser Blatt wieder erscheinen. Seitdem hat es allmö­­chentlich gedruckt werden können, während es ursprüng­­lich die erhielten, die es ausdrücklich wünschten und aljährlich eine Gebühr dafür bezahlten, wird es seit­­ einigen Jahren kostenlos allen zugestellt, die sich als zu unserer Gemeinde gehörig befennen. Ueber den Kreis unserer Gemeindeglieder hinaus geht unser Blatt in die verschiedensten Orte Rumä­­niens ; wir senden es bis nach Bulgarien und Portu­­gal, von wo wir ald Gruß deutsch-evangelischer Glau­­bensgemeinschaft die für die Gemeinden der Pyrenä­­enhalbinsel und Bulgarien bestimmten Blätter zuge­­sandt erhalten. Der Berfand nag Deutschland hat während der­­ Kriegszeit eingestellt werden müssen ; wir konnten unser Blatt bisher in zahlreichen Exemplaren an ehemalige Gemeindeglieder sow­ie an verschiedene Behörden und öffentlichen Institutionen senden. Wenn unser Blatt so lange Jahre hindurch regel­­mäßig hat erscheinen können und immer wieder be­­gehrt wird, so glauben wir daraus mit Recht entneh­­men zu können, daß es allwöchentlich als ein guter Bekannter und lieber Gast begrüßt wird. In den­­ letz­ten zwei Jahrzehnten hat Bukarest fi nach allen Seiten stark ausgeweitet; die Gemeindeangehörigen wohnen in allen Zeiten der Stadt zertreut, unser Blatt will dazu helfen, den Zusammenhang aufrecht zu erhalten und zu mahnen, daß niemand sich an die Unwelt gänzlich verliere, sondern daß ein jeder der Gemeinde als der Hüterin des Evangeliums, wie Lu­­ther e8 ung nahegebrac­ht hat, die Treue wahre. Es will jedem zu einer besinnlichen Stunde verhelfen und di Handreichung zur P­ertiefung in Gottes Wort leisten. Mit vollem Bewußtsein ist von aller Anfang da­­von abgesehen, irgendwie das politische Tagesgeschehen zu behandeln. Wohl mal in früheren Jahren jeder Nummer eine „Wochenschau“ eingefügt ; es handelte sie hierbei nur um eine kurze Zusammenstellung von Ereignisssen und bedeutsamen Pornängen innerhalb der Bolitis des Inlandes, ohne zu ihnen irgendwelche Stellung zu nehmen. Allein heute hat wohl fast jeder die Möglichkeit, eine deutsch geschriebene Tageszeitung in die Hand zu bekommen ; so sind wir der Aufgabe überhoben das, was auf der großen Weltenbühne sich zuträgt, wenn auch nur in kurzen Worten festzuhalten., An der Schwelle eines neuen Jahres­ und mit Beginn eines neuen Jahrganges unseres Blattes sen­­den wir allen Leiern einen herzlichen Gruß. Wenn Menschen si am Neujahrstage begegnen, so rufen sie sich gute Wünsche zu. Mehr können wir nicht tun, als uns gegenseitig Gesundheit, Arbeitsfrisc­e und unge­­störten Fortgang unserer Tätigkeit, Freude an dem gemeinsamen Leben in Ehe, Familie und Freundschaft zu wünschen. Die Erfüllung dieser Wünsche steht nicht in unserer Hand. Indem wir Wünsche aussprechen, erinnern wir uns selbst an die Grenzen, die unserm Können gelegt sind. Wer gibt mir die Gewißheit, daß ich baz Jahresende noch erleben werde ! Wer verbürgt mir die Sicherheit, daß ich durch das ganze kommende Jahr hindurch mich bester Gesundheit erfreuen werde! „Wie gar nichts sind alle Menschen, die doch so sicher leben!" Das ist eine fon im alten Testament aus­­gesprochene Wahrheit. So steht uns die Jahreswende vor die so ernste Tatsache unserer Schwäche und Hilflosigkeit — vom Weihnachtsfeste her aber haben wir die Gemeißheit und Sicherheit: Gottes Gnade ist gerade in den Schwachen mächtig. Unser Blatt will ein Weg­weiser sein zu dem wahren und echten Leben, wie es in Jesus Christus uns erschienen ist, ein Hinweis auf den Einigen, aus dessen Gnade wir Leben und eine Bitte, Treue den heiligen Gütern unseren Glaubens zu bewahren. In diesem Sinne lassen wir unser Blatt im Jahre 1943 ausgehen. Gott gebe, daß in seinem Ver­­laufe die Friedensglocken läuten, wie aber immer der Besten Lauf sich gestalten möge: wir sind des Herrn! Die Schriftleitung. Vom wirklich neuen Sahr. Bon Prof. D. Dr. Wilhelm Stählin. An der Wende zweier Jahre vermögen wir ung faum dem Zauber zu entziehen, mit dem uns von Kindertagen her alles Neue, und was sich als neu ankündigt, umfängt. Der Netz alle Neuen, bat ver­­langen, das Alte mit dem Neuen zu vertauschen, scheint ein Urtrieb des Menschen zu sein, wenn schon sich dies allgemein Menschliche je nach Alter und Bil­­dung, nach Kultur und Glaube, sehr verschieden dar­­stellt. Das Kind wird von dem­ neuen Kleid wie­ von einem mächtigen Zauber beglüht, und kaum ist die Freude an dem neuen Kleid zu jener „Kindlichen“ Art zu rechnen, die der Erwachsene mit den Kinderschuhen abgestreift hat. Dann geben wir uns, nicht ohne uns selbst zu belächeln, dem verheißungsvollen Zauber eines neuen Ortes, einer neuen Aufgabe, einer neuen mensch­­lichen Begegnung hin, und allemal schien das Leben wie eine freundliche Morgenlandschaft im Glanz sol­­cher Neuheit irgendwie verwandelt, und wir fühlten uns in einer kaum erklärlichen Weise erfrischt, ermu-

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