Bukarester Gemeindeblatt, 1943 (Jahrgang 39, nr. 1-30)

1943-01-03 / nr. 1

. Nr. 1 Bukarester Gemeindeblatt 3 tigt, mit Kraft geladen, da er nns wieder einmal ver­­gönnt ist, ein Altes mit einem Neuen zu vertauschen. Die Ermüdung dur­ das Altge­wohnte, die Sucht nach Wec­hsel und Abwechslung, ist kaum eine genü­­gende Erklärung für diesen Zauber, mit dem das Neue uns umstritt. Sondern es scheint sich in diesem Bann ein tiefere Verlangen der menschlichen Natur auszu­­drücken, von dem noch die lächerlichste Neugier und Movesucht eine entstellte und verworrene Kunde gibt. Ertappen wir uns nicht selbst bisweilen über der heim­­lichen Hoffnung, mit dem neuen Ort, dem neuen Wert, dem neuen Gerät würden wir selbst in einer hilfreichen Were verwandeltf und eg werde in uns selbst das alte Sein, dessen wir auch so sehr überdrüßig sind, mit einem neuen vertauscht ? Hinter der Langeweile, die das Gewohnte und Dauernde wie einen Feind anzu­­regen geneigt ist, verbirgt sich, Schlecht genug, die Un­zufriedenheit des Menschen mit sich selbst, und Hinter seiner kindlichen Freude am Neuen nicht minder die tiefe Sehnsucht, von sich selber befreit und in sich sel­­ber verwandelt zu werden. Hier aber mwurzelt dann zugleich die schmerzlichste Enttäuschung, die alles Neue Ion auf der Schwelle, da es uns strahlend begrüßt, hinter dem Rüden für uns bereit hält. Daß dies jebt Neue bald wieder das Alte sein wird, das in seiner fledenlosen Neuheit Blendende bald wieder besc­hmigt und verbraucht sein wird und also den unersättlichen Hunger nach Wechsel anstacheln wird, missen wir im voraus. Und wenn ir undein Neues das unwiderruflich lebte und Endgültige sein sollte, so wäre vielleicht damit seine Anziehungskraft starr gedämpft, wenn nicht gebrochen. Aber, daß es uns selbst nicht zu ändern, nicht zu erneuern vermag, das ist es, was wir, fine du­ch genug, ihm fast übelnehmen. Was nüht und — um dieses nächstliegende Beispiel zu wählen — ein „neues“ Jahr, wenn mir doch nicht Hoffen dürfen, dag er in seinem duntten Schoß auch für unser Leben einen neuen Antrieb und Inhalt, für unseren Weg eine sinnvolle und heil­same Wendung bereit halte ? Wenn unser Nachdenken erst an diesem Blatt angelangt ist, so kann es jede lehrreich sein, darauf zu achten „daß die Heilige Schrift auf der einen Seite mit Starrer Betonung von dem Neuen redet, aber zugleich mit diesem Wort sehr sparsam haushält. Sie verschmäht es nämlich fast gänzlich, dieses Wort zu versch­wenden an alle die vielen Gedanken, Ereignisse, Gegenstände, Unternehmungen, die auf dieser Drehbühne der Zeit einander ablösen, und sie erzählt nicht ohne einen Un­­terton des Spottes von den Athenern, daß sie immer gelüstig wären, etwas Neues zu hören. Statt­dessen zitiert unheimlich genug durch bdiefes Wort hindurch die Erwartung eines radikal Neuen, das mit der Herr­­schaft Gottes über uns alle kommen sol, die Erwar­­tung, um gleich bar Legte zu jagen, eines neuen Him­­mels und einer neuen Erde. Diese sehr ernsthafte Mer derweile hängt damit zusammen, daß die Bibel immer vom Ende her denkt und sich sozusagen nur für das interessiert, was sich auf­­­ieses Ziel und Ende zu ber­­egt, was gleichsam schon die Spuren dessen an sich trägt, dem e3 entgegen eilt. Um e3 kurz zu jagen: Die Heilige Schrift läßt als neu nur gelten und nimmt als neu nur ernst, was schon im Licht dieses „Jüngsten Tages“ steht und von dem Morgenglanz der Erieg­­keit überstrahlt wird. In diesem Sinne ist Christus selbst der»neue Mensch«, der Anfang und die ständige Energiequelle einer echten Wandlung und Erneuerung. Man kann nicht zur Ab­­­wechslung es einmal mit der Nachfolge Christi ver­­folgen, weil etwa auch dies „einmal etwas Anderes“ s­­ wer fig mit Christus einläßt, wird wirklich auf die neue Bahn gerissen, von der es sein Zurüd, son­­dern nur noch­ einen Abfall gibt. In einem mittelalter­­lichen Bilderzyklus zum Psalter ist Christu­s dargestellt, wie er mit dem Fähnlein der Auferstehung durch einen mächtigen Reifen springt. Das ist es: der Ming des ewigen Wechsels ist selbst das Grab, durch das die Auferstehung als das wirklich und unerhört Neue hin­­durchbricht. Darum bat er seinen tiefen Sinn, daß unsere Reitenordnung den Wechsel der Jahre mit dem Fest der Geburt Ch­risti verknüpft, im Grunde also die Ge­­burt Christi als den wirklichen Beginn eines neuen Jahres begeht. Wir haben allen Anlaß, auf solche ver­­­borgenen Zusammenhänge zu achten, in denen die Kirche ihre tiefsinnigen Erkenntnisse ebenso verhüllt wie andeutet. Und es ist allerdings mehr als eine histori­­sche Merkwürdigkeit, daß uns in Luthers Weihnac­hts­­lied die Schar der Engel, die uns mit hoher Freude Christi Geburt verkünden, zugleich solch neues Jahr singen: das wirklich neue Jahr. Weihnachtschronik. Dienstag, am 22. Dezember 1942, fand nachmit­­tags 4 Uhr in der evangelischen Kirche die Christfeier der evangelischen Schüler und Schülerinnen statt. Weih­­nachtslieder, gesungen von der Schugkantorei unter Leitung Prof. Stadelmanns, Gedichtvorträge von Schülern und Schülerinnen der Oberklaren und eine Ansprache von Stadtpfarrer Herrmann waren die Dar­­bietungen, welche von gemeinsamem Gesang von Weih­­nachtsliedern umrahmt wurden. Am 23. Dezember nachmittags 4 Uhr versam­­melten sich die Freunde des evangelischen Altenheims in der Str. Bradetulus zur diesjährigen Christbescherung. Die Ansprache hielt Stadtpfarrer A. Herrmann. Auf der Frau Jacobi und Frau Staub, den bewährten Ber­­reuerinnen der Altenheiminsassen, war Gemeindekura­­tor Fr. Mathias und dessen Gattin erschienen. Im ges­­ütlichen Zusammensein blieben Gäste und Heimin­­sassen noch längere Zeit zusammen. Am 24. Dezember fand die Weihnachtsfeier im Hoetschafyl statt, welche Pfarrer Stomiuz leitete. Goldenes Hochzeitsfest. Sonntag, am 27. b. M. feierte Herr Georg Mars­ius mit seiner Gattin Sara geb. Batu die 50. Wieder­­kehr ihres Hochzeitstages im Kreis der Familie in voller Nützigkeit. 7 Töchter und Schwiegersöhne sowie 4 Entek­inder gehören der Familie an. Stadtpfarrer

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