Der Nachbar, 1910 (Jahrgang 62, nr. 1-47)

1910-01-02 / nr. 1

If « f« I­ ­­in, sí rátát jesz el I Bun ge kó " «,. KIND­.­ rei­ et fort: Aber in dem allen überwinden wir weit um Desz millen, der uns geliebet hat. Wirft er die Feindschaft der Welt in eine Wagschale, die Liebe Christi in die andere, so sinkt diese fehmwer nieder. It uns nicht zuweilen ums Herz gewesen, als wäre die Liebe eines einzigen Menschen uns wichtiger als die Abneigung von Hundert andern zu­­sammengenommen? Weil für Paulus die Liebe Christi volle Wirklichkeit war, deshalb überwand er in allem weit durch sie. Er ist ja ein Jünger des Herrn, welcher spricht: In der Welt habt ihr Angst, aber seid getrost, ich habe die Welt überwunden. Nun haben wir als Christen eine Sorge weniger als alle übrigen Menschen. Jeder andere hat sehr viel Grund zu der Sorge, daß er ni­cht selbst sich schadet, aber außerdem wird er nicht selten voll Sorge sein, daß andere ihm Schaden zufügen; das septere braucht ins Reine Sorge zu machen, nur das erstere muß uns allerdings am Herzen liegen, denn mir dürfen nur getrost sein, wenn mir getreu sind, wenn wir bleiben in der Liebe Gottes. Dann aber heißt es für uns: Wer ist, der euch schaden könnte, so ihr dem Guten nachkommt? Und ob ihr aug leidet um Gerechtigkeit millen, so seid ihr doch selig. In früheren Zeiten hat man nach einem Allheilmittel gesucht, nach einer unwundermirkenden Arzenei, die jeden Kranken zur Genesung bringen und sogar einen Gifttrank unschädlich machen sollte. Hier bietet dir Gottes Wort das wahre Allheilmittel. Trachte nur darnach, daß z­wischen Gott und dir alles in Drönung sei. Das bringst du aus dir selbst nicht fertig, denn du bist ein schwacher und fün­­diger M­ensch. Aber der Herr hat hinweggeräumt, was zwischen uns und Gott stand, nun ist dir Gottes Angesicht in Gnaden zugewandt. Bleibst du bei dem Herrn, jo ist Gott für dich, Jo darfst du fröhlichen B­utes über die Schwelle des neuen Jahres treten. Man redet so viel von dem Dunkel der Zukunft. Für den Christen ist die Zu­­kunft nicht dunkel, das Gnadenangesicht Gottes leuchtet ihm hell in die Zukunft hinein. Was sie auch bringt, sie bringt uns Gutes, Gott will uns nichts anderes geben. Denen, die ihn lieben, müssen alle Dinge zum besten dienen. Amen. A­s war Silvesterabend, und alle, die den Weg zur Kirche machen konnten, hatten das Haus ver­­lassen . Großvater Struve aber mußte daheim SE bleiben und seine blonde Enkelin Marie leistete ihm Gesellschaft. In der kleinen engen Stube war es noch dunkel, der Mond warf nur einen sch­wachen Lichtschimmer durch die Blumenstöcke, die am Fenster standen und blößte­n in den Lamettafäden des Christbäumchens auf. Großvater saß jich in dem großen Lehnstuhl und Marie kniete vor der Ofentür und schürte das Feuer — ein heller Schein fiel auf ihr rundes Gesicht, auf den gol­­digen Scheitel und ihr glattes Wollkleid. Sie erhob sich und trat zu dem Alten, der ihr Lächelnd zuschaute. — „Großvater,“ begann sie reife und berührte sanft feine große, etwas knochige Hand, die auf der Lehne lag: „Großvater, ich möchte so gern etwas von Dir wissen!" Er sah sie mit feinen milden, freundlichen Augen voll an: „Was denn, mein Kind?“ „Großvater, warum du immer an jedem Silvesiter­­abend ein und dasselbe Bibelwort liest — Lukas 15. Das ist doch gar kein Silvestertert, der Herr Bastor predigt doch nie Darüber!“ Großvater legte die Hand auf des Mädchens Scheitel und sagte: „Geb dich her, Marie, ich will dir’s er­­zählen, du­ warst ja schon als Kind immer meine kleine Freundin.“ Sie schob die Fußbank zurecht und lehnte den Kopf an Großvaters Knie. Sie waren beide ganz allein, nur das knisternde Feuer unterbrach die Stille, Großvater huftete — ach, daran litt er so lange FR — dann begann er: „Du weißt, ich hatte drei Kinder — deine Mutter, den Dinkel Fri und Marie, die schon mit zwanzig Jahren starb. Onkel Fri war der Erbe des Hofes, ein hübscher, luftiger Bursche, fleigig und tüchtig, meines Herzens Freude. Aber er ließ sich nie gern etwas jagen — er meinte, Bater sei noch „aus der alten Zeit“ und die Jungen verstünden alles viel besser. Ich ließ ihm auch meist den Willen — nur einmal, da konnte ich ihm nicht „ja“ sagen. Da wollte er ein Mädchen heiraten, von der ich wußte, sie konnte meinen Jungen nicht glücklich machen. Sie fragte nichts nach Gottes Wort, auch nicht nach den Miünschen ihrer Eltern. Für sie gab es nur zwei Dinge — ihr Hübsches Gesicht und ihr Geld. Fri aber wollte nicht nachgeben — er verließ sein Elternhaus und ging nach Amerika, dort wollte er sein Glück machen und dann die Elfe heiraten. Sie hatte ihn aber niemals geliebt und nahm inz­wischen einen andern.­­Das erfuhr Friß und in seinem Schmerz fing er ein Leben der Sünde an , er spielte und trank und wurde darüber krank und elend. Deine Großmutter verzagte fast an dem Kummer um ihren Buben und ihr einziger Trost war in dieser Zeit Gottes Wort. Wir verlebten ein trauriges Weihnachtsfest, und als am Abend der Jahreswende die Mägde und Knechte zum Abendsegen kamen, da schlug sie die Bibel Lukas, Kap. 15 auf und las die Geschichte vom verlorenen Sohn. Dann knieten wir alle nieder und beteten­­ auch für ihn. 60 hielten wir’s an jedem Silvesterabend, Großmutter las immer dieselbe Stelle — durch fünf Silvesterabende. Als wir wieder einmal alle zum letten Tag des Jahres um das Bäumchen jagen, dein Vater als junger Ehemann, du als kleines Kind auf der Mutter Arm, und Großmutter von dem seligen Wiedersehen las zwischen Vater und Sohn, da pochte es an die Haustür, der Hund schlug an , und leise trat einer über die Schwelle, bleich und gebeugt, mit einem dünnen, fadenscheinigen Rock und blaugefrorenen Händen. Mutter schaute nicht auf. Erst als sie zu Ende gelesen und sich zum Gebet erhob, erblickte sie den Fremden, der noch an der Tür stand, den Hut in der Hand, während langsam Träne auf Träne über die eingefallenen Wangen rann. . Sie sagte kein Wort, ging nur auf ihn zu, zog ihn Großvaters Silvestertert. Skizze von AM. 2. Gräfin B. (Nahdrud verboten.) t Ze Egek

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