Die neue Zeitung, Januar-März 1933 (Jahrgang 4, nr. 410-482)

1933-01-01 / nr. 410

27 .. scheitert man. Und alle andern Erwerbszweige fühlen, daß die sprunghaft wachsende Verahmung, die schreiende Not schwere Hemmungen, Stodungen und Schläge bringt, den Kampf ums Leben in katastrophaler Weise verzerren. Wir stehen vor der Wende eines Jahres. Wird es besser werden? Köpfe kalkulieren, Hoffnungen brechen zu­­sammen, Augen verraten Mutlosigkeit, Lippen beben. Und alle wollen fragen:­­ „Stehen wir an der Wende?“ R. €. A. ist der beste im Welthandel befindliche Radio Apparat, Alleinvertretung RADIO­­LUX, Königin Maria-Strasse 49. Äste-·«7Efs-«-« ...--«.«x-«c».,-3.. Die neue Zeitung Sonntag, 1. Januar 1933 — Nr. 410 _ Politische Umbau Die Stadtratswahl in Temeswar Der deutsche Kreisausschuß in Temeswar ist im Deut­­schen Haus wieder zu einer Gipung zusammengetreten, um den Bericht des Dreier-Ausschusses über die Verhand­­lungen mit dem bürgerlichen Wahlkartell entgegenzunehmen. Im Namen der deutschen Verhandlungsleiter hat Abge­­ordneter Dr. Kaspar Muth die mit dem bü­rgerlichen Wahlkartel im Laufe des Vormittags getroffene Verein­­­­barung bekanntgegeben, die auf der vollkommenen Gleich­­stellung der Rumänen, Deutschen und Magyaren beruht. Die Deutschen erhalten bekamntlich acht Siße im Stadtrat, eine Bizebü­rgermeisterstelle und einen Giß im ständigen Ausschuß. Dieses Uebereinkommen hat der Kreisausschuß nach einer kurzen Debatte mit allen gegen eine Stimme zur Kenntnis genommen und gutgeheißen. Was die Kan­­didierungen betrifft, so wurde beschlossen, damit einen Ausschuß zu betrauen, der aus den Ortsobmännern der Borstädte, je einem Vizeobmann, den in Temeswar ans­tässigen deutschen Abgeordneten und einem Vertreter der Freien Deutschen Gemeinschaft besteht. Die Ortsräte wur­­den zu einer Gigung einberufen. Ihre Aufgabe wird sein, eine Reihe von deutschen Männern vorzuschlagen, unter denen der Kandidierungsausschuß die engere Auswahl treffen wird. Die Benennung der deutschen Kandidaten ist fü­r morgen zu erwarten, zeit die Spiegel geliefert hat, zahlungsunfähig geworden if und die Gläubiger in einer Zuschrift an den romänis­chen Staat die Rücerstallung der ungefähr 100 Milli­onen betragenden Provisionen verlangt haben, die für die Lieferung an einflußreiche Persönlichkeiten ausgezahlt wurden. Daraufhin hat nun Universitätsprofessor Dr. Zupas, der seinerzeit an der Spite des Gesundheitsministeriums fand, einen offenen Brief an die Regierung gerichtet, worin er ersucht, es möge das ganze Dojfter, das sich auf die Spiegel bezieht, publiziert werden, denn nun glaube er selbst, daß es Personen gegeben habe, die bei dieser Sache Provisionen eingesteckt haben. Es wäre ihm er­­wünscht, wenn eine solche Tatsache­ festgestellt werden sollte, daß die Schuldigen zur Verantwortung gezogen werden könnten. . „Dimineapa“ bemerkt zu dem Schreiben Zupas, daß er als gewesener Minister in dieser Angelegenheit auch früher vor die Oeffentlichkeit hätte treten können. Im übrigen habe er dafür, was unter seiner Zeitung im Besundheitsministerium geschah, die Verantwortung zu fragen. Es genüge nicht, daß er jeg­­erft die Erforschung der Provisionsritter fordere, sondern er möge sich darüber erklären, warum er seinerzeit nicht eingehend die Liefer­­ungsangelegenheit untersucht habe. Berlegenheiten der AM. SG. 9. A. B. Die NSDAP. steht gegenwärtig zahlreichen Berle­­genheiten gegenüber. Der angebliche Yememord an dem Dresdner SA-Mann Hentsch wird für die Partei zweifel­­los unangenehme Folgen haben. Außerdem treffen aus den verschiedensten Gegenden Deutschlands Meldungen der Zwischenfälle mit SU Leuten ein, die darauf hindeuten, daß es innerhalb der SU und SS schwere Auseinander­­legungen gibt. Neuestens heißt es, daß der Reichsjungend­­tag der Partei, der vom 30. Dezember bis 4. Jänner in Gotha stattfinden sollte, plößlich abgesagt wurde. Die Ab­­sage hängt ohne Zweifel mit dem Konflikt innerhalb der NSDAP­ zusammen. Solche Stadrichten sind mit Vorbehalt aufzunehmen, denn sie stammen oft aus gegnerischen Lagern­ zu öffnen. Es stellte sie heraus, daß die Kite mit Waffen und Munition angefül­lt war. Die vier Männer, von de­­nen einer bewaffnet war, wurden sofort verhaftet. Beim Berber gaben die Verhafteten an, der Kommu­­nistischen Partei anzugehören. Die weiteren Ermittlungen der Polizei lieferten bei der Durchsuchung eines Kellers weitere Munitions- und Waffenvorräte zutage. Auch eine komplette Morse-Apparatur wurde vorgefunden und bes­chlagnahmt. Fraakreich verlangt eine V­ertagung der Schuldenverhandlungen Die französische Regierung hat in Washington eine Mitteilung überreichen lassen, laut welcher Frankreich eine Befragung der Schuldenverhandlungen fordert. In amtl­ichen Kreisen wird dieser Schritt als eine Berschiebung der Schuldenverhandlungen bis zum Amtsantritt Roose­­velts angesehen. Das Kabinett Boncour [hon in Nöten Der Senat hat die Vorlage betreffend Ausgabe von 6 Staatsihagscheinen nur unter der Borbedingung votiert, daß die Summe nicht 5, sondern nur 2 Milliarden Franken ausmachen dü­rfe. Nachdem Ministerpräsident Boncour an 5 Milliarden festhält, wird er im Parlament die Ver­­trauensfrage aufwerfen müssen und man hält es nicht für ausgeschlossen, daß es noch zum Rücktritt der Regierung kommt. Das Lausanner Protokoll in der Pariser Kammer Ueber die Haltung der Kammer zu der österreichi­­gen Anleihefrage kann heute gesagt werden, daß ein großer Teil der Rechten gegen das Anleiheprojekt stim­­­men wird, während die Mitte und die unabhängigen Radikalen verschiedener Ansicht sind. Die Radikalen und Spezialisten treten in überwiegender Mehrheit für das Projekt ein. Die Annahme des Lausanner Protokolls ist daher sehr wahrscheinlich und könnte als sicher betrachtet wer­­den. mein_die Renierung „ich dazu entfernteht,­­ die More­­­ age zu stellen. mm Wandelgängen der Kammer verlautefe, daß die A nicht die Absicht habe, die Vertrauensfrage zu stellen, Dröge- Gerüchte haben aber bisher noch keine Bestätigung erfahren. s­» Ministerpräsident Paul Bovckxk und­»Iinanzminister Eheron werden vor den Kammerkommissionen für Fingns Das Banama im­­ Hesundheitsministerium ae Dehaffen id lektGiT wieder...w­ arden Mutded meinen Warentugess in Gambar- Ma Bestellungen, die seinerzeit auf Rechnung des Be­­­i sgeltsministeriums gemacht wurden und stellen diese mal besonders die Machinationen bei der Beschaffung der Kehlkopfspiegel in den Mittelpunkt ihrer kritischen Betrahlungen. Die Angelegenheit ist dadurch wieder ak­­tuell geworden, daß die reichsdeutsche Firma, die feiners Die Hamburger Polizei hat in einer Seitenstraße von St. Pauli ein großes Waffen- und Munitionslager ent­­deckt und die vorhandenen Bestände beschlagnahmt. Schupobeamten erschien eine schwere Kiste, die von 4 Männern auf einem Lastwagen abgeladen wurden, ver­­dächtig und sie forderten die Unbekannten auf, die Kiste . « I | wo haben Sie sie gegehen?" Gutscher dachte lange ans gestrengt nach. „Warten Sie... warten Sie... Entweder in der Gumpendorferstraße.... ‘Oder in Praterstraße... Ober in... Am besten, wir suchen ein bißchen herum.“ — „Das wird aber viel Zeit in Anspruc nehmen. Vier kostbare Seit!“ Gutscher schüttelte befeflen den Kopf: „Macht nichts! Egal! Wir fahren mit der Straßenbahn und...“ — „Herr Guticher, ein Millionär fährt nicht Straßenbahn. Ein Millionär fährt im eigenen Auto. Ihr Auto mit einem k­orierten Chauffeur steht unten. Steigen Sie ein. Und geben Sie an, welches Fahrziel Sie wünschen.“ Sulcher ließ das Auto dur die ganze Stadt kreus­zen. Die weinrote Krawatte mit den grauen Tupfen war nirgends aufzutreiben. Wahrscheinlich war das Muster bereits ausgegangen oder Buttcher hatte von irgendeiner Auslage eines Modengeschäftes halluziniert. Als er end­­lich die vergebliche Jagd nach der weinroten Krawatte mit dem grauen fupfen aufgab, es war 5 Uhr nach­t mittags geworden. XNergerlich, enttäuscht, erschöpft, sab er in seinem Auto. „Wohin befehlen sie jet?" fragte der junge Redakteur, der die ganze Zeit über eifrigst Notizen gemacht hatte. Gulfcher saß in si versunken, etwas apathisch­ da. Das Millionärfein war ihm gründlich verk­leidet worden. Bisher hatte er immer gedacht, ein Milli­­­onä­r müsse sich nicht einer einzigen Wunsch versagen. Und nun erlitt er plößlich Schiffbruch beim ersten Wunsch, den er als Millionär halte... »Wohin...wohin«.9«überlegte er krampfhaft. »Sie haben ja noch nicht dinlett!«erinnerteithorr. Gutscher winkte gereizt ab.»Achwas!Essen!8u essen hab’ich doch eigentlich alle Tage.Dazu muß man doch nicht Millionärfetm Aber wartetI Sie­ ging es plötzlich wie ein Sonnenstrahl über sein Gesicht­»Es gibt da«». Er rückte näher an Pohr heran..,5öken sie mich ant Mein­em Fenster gegenüber gibt es ein junges Mädchen... Ichlagesdnen——ein bezauberndes junges Mädchen. Bevor ich k­ühmorgesis ins Bureau gehe,sehe ich sie im­mer von meinem Fenster,wie sie ihr kleines,schiefes Häkchen aussetzt und den enganliegenden Mantel anzieht. Ich sehe dann gleich immer weg.Weil ich mir prinzipiell nur Sache II ansehe,die für mich erschwinglich sind.Ich bleibe zum Beispiel auch nie vor dem Schaufenster ei­­nes Delikatessenladen stehen.Wozum Leisten kann man «sich diese serrlich ketten ja doch nicht.Aber ich habe mir Izkmmer gedacht:Wenn du einmal unverhasst zu Geld «sprimst,Gmanuel,zuviel Geld,dann ladest du diese reizende Kleine zu einem Kaffeemitkuchen in eine kleine Konditorei ein..." — „Na iden," meinte der Redakteur, „das is zu machen. Und es muß ja nicht gerade eine kleine Konditorei sein. Ein Millionär, wie Sie, kann ich ja schließlich auch das Hotel Amperial leisten. Fahren wir also zu ihrem Traum vom gegenüberliegenden Fenster.“ Der Traum von Mannequin in einem großen Wa­­renhaus und führte den Damen, deren Standard besser war als ihre Figur, von 8 Uhr früh bis sechs Uhr abends Soneite in Grepefatin und pelzverbrämte Balladen vor. Zu Hause war sie vor sieben Uhr abends nicht anzutref­­fen. Buttcher fand darauf, daß man ins Warenhaus führe, um nach ihr zu fragen. Knapp vor sechs, zwei Minuten vor Geschäftsschluß, landten sie vor dem Portal an. Fräulein Annie, so hieß der Traum, war liefern ge­gangen und würde nicht mehr ins Geschäft zurückkehren, lautete die Auskunft. Der Millionär für vierundzwanzig Stunden, der bereits sechs Stunden verfrödelt hatte, war niedergebroch­en. Aber der junge Journalist sprang mit einem reizenden Gedanken bei: „Mir fahren zu der Klei­­nen Annie zurück und lassen ihr Bolt, wo sie uns treffen kann.“ Die Bolt lautete: „In der V­iererloge des Stadt­theaters ab acht Uhr“. Die Mama der kleinen Annie, welche die sechssägige Ruruslimousine des Millionärs bes wundernd gesehen hatte, sagte das Erscheinen ihrer Toch­ter zu. In einem zweifüßigen Sportwagen hätte sie ihre Annie niemals steigen lassen. Das erschien ihr zweifelhaft und unmoralisch. Aber ein Sechsfiger, beruhigte ihr müt­­terliches Gewissen vollkommen. In einem Sechsfiger, sagte sie sich, If Plaß genug für Anstand und Moral. Bei dem Theater nahm Buffer auf dringendsten Rat des Redakteurs einen kleinen Imbiß in einem Res­taurant. Aber das Essen schmeckte ihn nicht. Die Spei­­senkarte mußte er sich erst mühsam überseßen, das viele Besteck verwirrte ihn und die lauflosen, vornehmen Kell­ner machten ihn so befangen, als müßte er si das Essen von seinen Chefs servieren lassen. Jedenfalls langte er hungriger als sein eben vorher in der Züge des Thea­­ters an. Fräulein Annie war bereits anwesend. Gulicher wurde über und über rot, als er sie sah, und blickte ich hilflos nach dem begleitenden Redakteur um, daß er die Bekanntschaft anbahne. Der Vorhang hob si und Gulcher dachte über ein Gespräch nach, das er mit Fräu­­lein Annie führen könnte. Gerade als der Vorhang zum erstenmal fiel, hatte er beschlossen, ihr zu Jagen, wie lange sie ihm schon gefiele und wie sehr er immer den Wunsch gehabt hälfte, ihre persönliche Bekanntschaft zu machen. Was im ersten Akt vorgegangen war, davon halte er keine Ahnung. Er halte ja immer nur über das Gesprächs­­thema nachdenken müssen.Als es aber wiederhelt im Zuschauerraum war,wagte et er nicht mehr,schdag zu sagem was er empfand er zog es vor,di­e Loge zuver­s lassen und irgendwo in der Umgebun­g des Theaters eine Blumenhandlung­ aufzufuch.Als er mit einem tief­siegen Blumenarrangement zurückkehrte,war der zweite Akt bereits im vollen wange Und als der Vorhang zum letztenmal fiel,hatte er keine Ahnung,was sich in diesem Stück über das sich alle Leute so wundervoll amüsiert hatten,eigentlich vorgegangen war.Aber auch mit Annie hatte er noch kein einziges Wort gesprochen. Petrichlug dann vor,ein kleines,intimes,überaus vornehmes Rachtlokal aufzusuchen.Annie wahmt­es geisterung einverstanden und Gutscher wagte es nicht,zu widersprechen.Er wäre mit Aije viel lieber in ein klei­­nes Cafee gegangen,um ihr bei einem dünnen Mokka sehr stark in die Augen zu sehen.Al­gllionät aber mußte eb eg vornehm gehen. Im Nachtlokal wurde Sekt serviert.Annielrank ihn mit der Routine eines hübschen Mädchens,daß noch nie­­mals Sekt getrunken hatte.Und Porr saß ganz dicht bei ihr und sagte ihr so viel neitesjngdhr,daß Gut­­scher einen roten Kopf bekam.Abek er wagte es doch nicht,seine Vorrechte als Annie zu reklamieren,weiter nicht ganz sicher war,ob Millionäre im allgemeinen eifer­­süchtig sind.In seiner Verzweiflung stürzte er sich auf den Sek.Er krank­ mehr davon,als man mit nüchternem Magen vertragen kann. Und als es Mitternacht war, lag er im tiefen Schlaf auf dem Sofa eines Separees, wäh­­rend Annie und Borr beschlossen, das Lokal zu wechseln. Es war zwölf Uhr des nächsten Tages, als Guljcher aus seinem tiefen, traumlosen Schlaf erwachte. Eine mür­­rische Aufräumefrau wies ihm mit gründlich zur Schau getragener Verachtung den Weg ins Freie. Und plößlic­h fand er auf der grellen, alltagsüberfluteten Straße. Einer unter vielen, verkatert, verloren in der Hilflosigkeit seines Alleinseins. Die nahe Kürchenuhr flog ein viertel nach zwölf. Und jeßt wußte er, daß er kein Millionär mehr war. Er hälfte auff nach einem fauren Hering und einem Siphon gehabt. Aber da er kein Millionär mehr war, konnte er sich diesen Zuruf nicht leisten, ohne sein Bud­­get erheblich ins Wanken zu bringen. Und er beschloß, ins Bureau zurüczukehren, in seinen Arbeitssaal mi den dreizehn Tischen und den zweiunddreißig Angestell­­ten. Als ihn die Kollegen fragen, wie das eigentlich sei, wenn man plößlich Millionär wird, sagte er mit einem leichten Seufzer: „Ach Gott, Geld allein macht nigt glüklich. Man muß es auch ausgeben können . . ." 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