Die neue Zeitung, April-Juni 1937 (Jahrgang 8, nr. 1347-1360)

1937-04-04 / nr. 1347

- a ee. Schriftleitung und Verwaltung: Sibiu-Rermannstadt, Postfach 55, Str. Gen. Mosoiu (Kleine Erde) Nr. 4. Fernsprecher Nr. 263. Bezugspreis Lei 40 °— für 3 Monate, Lei 150 °— für ein Jahr, Ausland R. S t. 5 °— jährlich. Alles Sranko. Einzelpreis für die jeden Sonntag erscheinende Ausgabe Lei 5 — (R.M. — 12.) Unverlangte Manuskripte werden auf keinen fall zurückgeschickt. Postichekkonti : Bucuresti 62.139, Leipzig 8937, Wien 93133,Prag 79629, Budapest 13.620 Zürich VIH.24.953, Warschau 190.412, Stockholm 74333, Zagreb 41635, Paris 190.045 's Gravenhege 211.699. — Anzeigen übernehmen unsere Verschleißstellen und alle und Auslandes, für bestimmte Plätze und Termine Anzeigenagenturen des In­ kann keine Verantwortung übernommen werden. _ Sibiu-Bermannstadt, Sonntag, den 4. April 1937 8. Jahrgang Bu Ki von Pefer Fleming Mir Interviews, des englischen Reiseschriftstellers Peter veröffentlichen hier die Schilderung eines Ich wurde zu einer Audienz bei Seiner Exzellenz Henri Bu Bi angelassen. Damals Chef der Exekutive im Staat Mandschukun und heute Aaljer. Mr. Bu Bi — wie die Selfungen, diese Faktoren der Entzauberung, ihn immer noch unentwegs nennen ist der Erbe des Drachenthrones der Mandschudynastie. Er bestieg ihn im Jahre 1908, im Alter von drei Jahren und auf den M­unsch jener phantast­schen Persönlichkeit, der Kaiserin- Witwe. Sie starb am Tage danach. Zwei Jahre später brach die Revolution aus, und im Jahre 1912 wurde das Kind zur Abdankung gezwungen. Der Reiche der Mandschudynastie 303 fiel nach Irhol zurück, 1917 kam er noch einmal auf den Thron, aber nur für eine Woche, die Restaurationsbewegung verjandete. 1924 drangen die Truppen Fenguilangs, des „christlichen Generals“ des Anaken wurde nu fd,­ar Sir Reginald Johnslon, gerettet, der ihn in das Gesandt­­schaftsviertel scmuggelte. So oft ungerechterweise der ihm im Abdankungsvertrag zugesicherten Privilegien beraubt, verließ der Erbatter heimlich Peking und führe Zuflucht im japanishen Schußgebiet in Tien­ fin. Hier blieb er, bis man eines Tages einen Strohmann brauchte für die angebliche Autonomiebewegung In der Mandschurei. Im Jahre 1932 wurde er, nominell auf Verlangen von dreißig Millionen Menschen, in Wahrheit dank einem verschlagenen Streik der japanischen Ankenpolitik, der Titulargebieter über Mandschukun. Im Jahre 1934 machten sie ihn zum Satfer. Der einstweilige Palast bestand aus dem früheren Ger­bäude der G Salzsteuer. Die Hirejtsden Posten am Tor trugen schmuckere Uniformen als üblich; sie waren mit neuen japanischen Armeegewehren bewaffnet, die leicht erkennbar sind, weil bei ihnen das Magazin nicht Auberish fühhibar ist. Im Anberen Hof fchlenderte ein ber fagter General umher. Er hat einen struppigen Wirkbart und sah aus wie einer der „kleinen P­ropheten“, von Greco gemalt. Er hatte anfinnend nichts zu tun. 36 schickte meine Karte hinein und wurde alsbald mit einem Dolmelcher in ein Vorzimmer geführt. Es war voller hinefn­ter Offiziere der Mandschukuo- Armee, mit ein paar Japanern dazwischen. Einer von diesen, ein Adjutant, übernahm die Funktion des Dolmelchers bei der Audienz. Während wir warteten, frage ich ihn, ob ich den Re­gierungschef als Euer Erzellenz oder Euer Majestät ans reden sollte.e Er erwiderte, er wise nicht recht; Mandshukun sei bis jekt no Verfassung, und die amte­sten Stellen seien soost in Verlegenheit, was sie den ausländischen Besuchern antworten sollten, die im Bedürfnis, alles zu etikettieren, immer gleich wissen wollen, ob es eine Monarchie oder eine Republik oder Origardie Sei oder was sonst. Er nähme jedoch an, daß „Euer Erzellenz“ wohl des richtige wäre in diesem Fall. Dann wurden wir aufgerufen und gelangten über eine enge Treppe in ein großes Zimmer, eine Art Salon, der in europäischem Stil möbliert war und ausgesprochen unbewohnt wirkte. Mr. Bu Bi empfing uns allin.‘ Er ist ein hochger wachserer junger Mann von neunundzwanzig Jahren, der viel besser aussieht und viel lebhafter is, als man nach den Photographien vermuten würde, auf denen er immer nur verddff und einigermaßen [childkrötenhaft dreifichauf. Er bat sehr feine Hände und ein gewinnendes Lächeln. Er trug eine dunkle Ville, einen aulfifenden Ueberroc, weiche Welle und Gamashen. Wir b­ewerten und lächelten alle drei, daß es eine Art halte, und fehlen uns dann. Wenn diesmal jemand das Gespräch mitschrieb, so war er unsühlbar. Seine Exzellenz versiehl English, und io vermute er spricht es auch ebenso gut, aber zieht es vor, einen Dolmetscher zu bewuben. Die Audienz begann. Sie dauerte eine halbe Stunde. So stellte die unver­­meidlichen Fragen, die zu Übergeben ungehörig gewesen wäre. Sie klangen mir nachgerade recht richtig, w­aren allgemeine gegenüber politische Dinge, und die Antworten liefen keineswegs zu meiner Ueberrottung — alle auf „Wangtao“ hinaus. Dieses Wort war mir oft zu Ohren gekommen in den rechten Tagen, Wangtao bedeutet „das Prinzip wohl» wollender Herrschaft”. Ursprünglich eine Bekenntnisformel, dient es nur mehr als D Verlegenheitsfloskel. So spezieller,­­ je unbequemer die Fragen, die man stellte, um so sicherer konnte man sein, Wanglao zur Antwort zu bekommen... „Ist es wahr, daß die Regierung unter dem Vorwand, den Anbau und Verkauf von Opium zu unterdrücken, in Wahrheit ein einträgliches Staatsmonopol daraus ges macht hat?" „Wanglao.“ „Hat nicht die Verwendung von Bombenflugzeugen bei den Operationen gegen die Banden die Bernihlung vieler unschuldiger Leben und vielen Privatdesikes zur Sorge gehabt?“ „Wangtao.“ 2 Die Betreffenden antworteten natürlich viel ausführ­­licher. Es bedurfte einiger Umschweife, um jeweils um Sleming, mit Mandihukun, dem nachmaligen ater von Ein paar wenin bekannte Bralms-Anekvoten Zum 40. Todestag von Johannes­­ Brahms am 3. April mitgeteilt von Felix v. Lepel (Dresden) Sonschöpfungen von Brahms zu Ankern. Ueber die beiden großen „Antipoden Wagner und Brahms weiß Peter Tihaiko­wsky (1840–1893) in seinen „Erinnerungen“ folgendes zu berichten: „Richard Wagner pflegte fie besonders Fre­u­ge die­s man Brahms einmal einen besonders heftigen Ausfall Wagners an seine Adresse hinterbrache, rief er aus: „Mein Gott, Wagner schreitet ja triumphierend auf der großen Straße. Wodurch kann ich ihm wohl hinderlich sein oder ihn ärgern, wenn ic meinen bescheidenen Zug pfad gehe, und warum kann er mich nicht in Ruhe wegen da id gewiß niemals seinen Weg kreuzen werde ?* * In der April-Nummer der „Signale für die musikali­­sche Welt“ vom Jahre 1906 wird aus München bes sthlet: „Ein Brahms-Jubiläum beging unsere „Musikalische Akademie" in den leilen Tagen es waren va 10 Jahre, daß kein Werk des Meisters mehr in den Konzerten gespielt wurde. Der Dirigent wies In einer kurzen Rede auf die Bedeutung des Felles hin und sprach zum Schluß die Hoffnung aus, daß in 15 Jahren das 25 jährige Jubiläum gefeiert werden könne Eine Aufführung sämlicher sinfonischer Dichtungen von Boehe beschlob die Feier.“ e­rk $9nard Brüh­l (1846–1907), der Komponist der Oper „Das goldene Kreuz“, führte eines Tages in Wien den Dichter Lud­wig Langhofer in ein Kaffehaus auf dem Kohlmarkt, wo er unter anderen auch einen unfers­tten, breitschultrigen Mann mit rötlihem Haar, halo Zeus, hold Wolar, antraf. Wis Ganghofer ihm vorgestellt wurde, nickte er wie einer, der was­sf und verlangt, tak man es auch weiß. Aber Ganghofer kannte ihn nit. Und ein Freund von schweren Gesprächen schien er auch zu fein! Nach zwanzig Worten waren die beiden bei Spinoza und ani! Was er sagte halle wudliges Fundament. Ein Gelehrter? Nein, oo wohl ein Künstler, Es war etwas Freies, Files und Herrchen­­des in seinem Blick. Ganghofer rief auf einen Bildhauer, der berühmt sein mußte, ohne daß er e­inen Namen zu erraten vnmochte. Als der Fremde ging, fragte er Brüll: „Mer war das?" „Sohannes Brahms!“ ermwiderte Brüll. “ „Mir verschlug’s den Alem*, 11­ f Ganghofer. Und da halte ich nun seit zwei Jahren fein radiertes Portrait, das ich mir aus einer Zeitung herausgeschritten, in meiner Stube hängen. Die Bildnisse berühmter Menschen sind eine ununverlässige Sache! Vorwurfsvoll murrke ich! „Marum haben sie mir denn das nit aleich gesagt?“ “ Brüll erwiderte: „Damit Site nicht über Musik mit ihm sprechen!" (Mitgeteilt in den „Süddeutschen Monatsheften“ vom Sahre 1911). * Andreas Dippel, der Direktor der Großen Oper in Estcago, erzählt: „Wir waren im Februar 1912 in Philadelphia und probten im Lyric Theatre im benachbarten Baltimore. Außer verschiedenen Opern war für Baltimore auch ein Ballett- Diversissement ausgesit worden, dessen Musik sich aus einigen ungarischen Tänzen von Brahms, Dvoraks slawischen Tänzen usw. zusammen­­faßte. Zwei Tage vor unserer Abreise lief ein Brief aus Baltimore ein, der an„Mr. 3. Brahms, Metropolitan, Do­rabouse Philatelphia, Ba." adressiert war. Da ich seit dem 3. April 1897 nichts Genaues mehr über den Aufenthalt von Brahms weiß, hielf ig mich für beteiligt, den Brief zu öffnen, und las nun das Folgen der „Seehrief Herr Brahms! Da Sie am nächsten Donnerstag in Baltimore sein werden, würden wir es sehr gern sehen, wenn sie während Ihres Aufenthaltes in dieser Stadt im X.­­agieren wollten. Unser Hotel ist durchaus modern ein­­gerichtet, ein feuersicheres Gebäude, im „fashionablen“ Teil der Stadt am M­ashington- Denkmal gelegen, mit der Front nach dem wundervollen Mount Bernon Pla bin, und bloß sechs K­äusergevierte vom Lyric Opera­ house entfernt. Unsere Zimmer sind alle groß und haben Fenster nach der Straße zu, und unser Hotel wird auss­chlichlich nach europäischem Stil (Mahlzeiten nach Belieben, im Hotel oder anderwärts zu nehmen) geführt. Bedienung und Alihe sind erster Alaise. Es würde uns Vergnügen machen, Ihnen einen besonderen Künstler-Preis zu sü­llen und Sie unserer größten Aufmerksamkeit zu versichern. In der Hoffnung, die Ehre Ihrer Patronage zu haben, verbleiben wir" ulw. Natürlich hat Herr Dippel unweidlich darüber gelacht, dab einem Brahms fünfzehn Jahre nach seinem Tode ein fold billiges und fashionables Zog's in Baltimore angeboten wurde. Und als dann noch gleichlautende Briefe für die ebenfalls foten Komponisten Rubinfssin und Doorak ein­­liefen, hat er begreiflicherweise noch mehr gelacht und die Briefe zum Andenken aufbewahrt!­­Mitgeteilt von 3. Selling nach den Signeten für die musikartiáje Welt (1912). y ao - —

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