Die neue Zeitung, April-Juni 1939 (Jahrgang 10, nr. 1452-1464)

1939-04-02 / nr. 1452

d Eingetragen in das Register der Veröffentlichungen Nr. 1452 beim Hermannstädter Gerichtshof unter Zahl 51/1938 . _Sibiu-Hermannstadt, Sonntag, den 2. April 1939 = Eigentümer und Direktor: Wilhelm v. Hannenheim Verantwortlicher Schriftleiter: Edmund Holir 10. Jahrgang Interview mit dem Herrscher und Minister­­präsident Calinescu Im „Paris Soir“ erschien ein Interview, welches Se. Majestät König Karl II. dem bekannten Pu­blizisten Jules Sauerwein gab. Der französische Journalist beschreibt zunächst das Arbeitskabinett des Herrschers, der in diesen schicksalsschweren Tagen dieses Gemach nur dann auf kurze Zeit verliess, wenn er eine Truppenschau vornahm, mit seinen Ministern beriet oder seinen Generälen telephonische Weisungen erteilte. König Karl erklärte dem französischen Journali­­sten, dass er das Land von den politischen Leiden­­schaften befreite und das Volk in der Front der Nationalen Wiedergeburt vereinigte, welche heute 4 Millionen Mitglieder zählt. Diese Partei wird von einem aus 150 Mitgliedern bestehenden Di­­rektorium geleitet, in welchem sämtliche Nationa­­litäten des Landes vertreten sind. Die Audienz dauerte Dreiviertelstunden und Sauerwein bemerkt, dass Se. Majestät trotz der un­­geheuren Arbeit der letzten Wochen keine Spuren der Erschöpfung zeigt. Hingegen macht sich am ganzen Wesen des Herrschers eine Steigerung des Verantwortungsbewusstseins bemerkbar und aus seinen Worten geht hervor, dass er der mutige Lenker seines Landes ist, der sich gewissenhaft über alle Phasen der europäischen Ereignisse unterrichten lässt, berufen wurden und haben dadurch ihrem Patrio­­tismus und ihrer Disziplin Ausdruck verliehen- Jetzt sehe ich erst, welche reale Kraft unser Land verkörpert. Sauerwein richtete sodann die Frage an den Ministerpräsidenten: — Stehen die Ereignisse mit der Unterzeichnung des deutsch-rumänischen Handelsvertrages in Zu­­sammenhang ? — Das deutsch-rumänische Wirtschaftsabkommen steht nicht im geringsten mit den internationalen Ereignissen der letzteren Zeit im Zusammenhang — lautete die Antwort. Die Verhandlungen über das Wirtschaftsabkommen haben schon Anfangs Februar begonnen, inzwischen aber sind in Mittel­­europa verschiedene Gebietsänderungen einge­­treten und dies erheischte eine Aenderung des 1935 abgeschlossenen Wirtschaftsabkommens. Der jetzt abgeschlossene Vertrag stimmt in seinem technischen und rechtlichen Rahmen mit dem alten Abkommen überein, was schon aus dem Text hervorgeht. Mit den Erweiterungen des Rahmens dieses Ab­­kommens wollten wir nur eine Stärkung des Warenaustauschverkehrs erreichen, indem wir unsere Produktion intensiver gestalten. Es ist nur natürlich, dass Deutschland daraus einen Vorteil hat, wenn es jene Materialien, die es benötigt, von Rumänien kauft, doch zu gleicher Zeit fördert auch Rumänien seine Produktion, besonders in land­­wirtschaftlichen Erzeugnissen. Andererseits aber kann Deutschland einen Teil unserer Heeresaus­­rüstung liefern. Der Wertumrechnungsschlüssel bleibt bei unserem Geld unverändert und die Er­­weiterung des Warenaustauschverkehrs hindert uns keineswegs daran, auch mit anderen Staaten wirtschaftliche Verbindungen aufrechtzuerhalten, da unser Abkommen mit Deutschland keineswegs ein Monopol bedeutet. Kein Monopol Sauerwein beendet seinen Artikel mit den folgenden Worten: „ Nach diesen beiden Unterredungen habe ich den Eindruck erhalten, dass Rumänien in diesen schicksalsschweren Tagen kaltes Blut, Ruhe und Entschlossenheit bewiesen hat. Ueber das deutsch­­rumänische Abkommen der Auslandspresse Vermutungen aufgetaucht, als hätte Rumänien dem Deutschen Reich Monopolrechte eingeräumt. Dies entspricht keineswegs den Tat­­sachen. sind in einem Teile et­w­a a­in Te Bei Ministerpräsident Calinescu Nach der Audienz bei Se. Majestät wurde der französische Publizist von Ministerpräsident Armand Calinescu empfangen. Die erste Frage des Journalisten lautete: — Sagen Sie, Herr Ministerpräsident, was in den letzten Tagen­ vorgegangen ist. Ministerpräsident Calinescu antwortete: — Rumänien will unter dem neuen Regime in Ruhe und Frieden die Umorganisation bewerk­­stelligen. Unterdessen mussten wir aber Vor­­kehrungen zum Schutze unserer­­ Grenzen treffen, denn Rumänien wird sich, sobald es angegriffen werden sollte, verteidigen. Das steht fest. Wer immer auch der Angreifer sei und ohne Erwägung des eventuellen Ausganges des Kampfes wird das Volk unseres Landes kämpfen. Wir sind vor der Geschichte verantwortlich für das Schicksal die­­ses Landes, welches uns von unseren Vorfahren anvertraut wurde. Wir haben zur Verstärkung unserer Wehrmacht einige Jahrgänge der Reserve einberufen und ich muss betonen, dass der Patriotismus der Bevölkerung einen tiefen Eindruck auf mich gemacht hat, denn es haben sich dreimal so viele gemeldet, als ein­­ ee DS kek ao Berliner Theater - Rundschau Wieder war es eine Operette aus der besten Wiener Schule, mit der Harald Paulsen im Nollendorfplatz-Theater als Textbearbeiter, Spiel­­leiter und Hauptdarsteller erfolgreich in Er­­scheinung­­ trat: C. M. Ziehrers „Land­­streicher“. Die Musik dieser um die Jahrhundertwende uraufgeführten und erfolgreichsten Operette Ziehrers ist leicht und anmutig, übermütig und sentimental und noch ganz erfüllt von der Walzer­­seligkeit der klassischen Wiener Tradition. Letztere stellt den Tanz in den Vordergrund. Und auch in der von Paulsen flott inszenierten, von Benno von Arent in ein malerisches Biedermeiergewand gesteckten Aufführung bildeten die von Sabine Ress einstudierten Tänze eine mit Sonderbeifall aufgenommene Augenweide Hilla Hofer und Lotte Hermann glänzten als besonders anmutige Solistinnen. Als Textbearbeiter und Darsteller entfesselte Harald Paulsen mit alten und neuen Witzen schallende Heiterkeit. Und in einer ungehemmten Spielfreude des gesamten Ensembles lag die grosse Wirkung seiner Regieführung. Stimmlich freilich wurden die Anforderungen der Operette nur von Edith Schollwer restlos erfüllt. Die gleichfalls sehr hübsch singende Martel Sucher hatte diesmal eine wenig dankbare Rolle. Am Dirigentenpult bewährte sich Johannes Müller mit Temperament. Das Publikum schien bestens unterhalten und war sehr beifallsfreudig. Eine Komödie „Des Teufels Gebetbuch“ von A. den Hertog, in deutscher Bearbeitung von Paul van der Hurk, liess im Theater in der Saarlandstrasse ein Spielerschicksal, das die eigene Frau auf eine Karte setzte, erleben. Das Ganze aber war der Traum eines Dichters, der damit den Stoff für ein neues Bühnenwerk gefunden hat. Das ausserordentlich wirksame Stück wurde unter Richard Weicherts Regie glänzend gespielt. In der Rolle des Bühnenschriftstellers lernte man Paul Hoffmann aus Dresden als einen durch vornehme Mittel fesselnden Charakterdarsteller kennen. Den vom Spielteufel Besessenen spielte Joachim Gottschalk sehr packend. Flockina von Platen gab mit frischer Natürlichkeit die Frau, die verspielt wurde. Und Carl Kuhlmann erfreute durch eine bewegliche Darstellung des Sekretärs, der die Anregung zur dramatischen Gestaltung jener mittelalterlichen Spielergepflogen­­heit zu geben hatte. Der Beifall war anhaltend und stark. Die Reihe der vielen in dieser Saison in Berlin gegebenen englischen Gesellschaftskomödien ver­­vollständigte jetzt im Kurfürstendamm-Theater das schon vor Jahren bewährte Erfolgsstück „Mrs. Cheneys Ende“ von Lonsdale. Mit der hinreissenden Grethe Weiser in der Titel» rolle begann für die unterhaltsame Einbrecher« satire ein neuer Serienerfolg. Neben der Weiser sorgten Olga Limburg, Karl Schönböck und vor allem Walter Steinbeck für beste Satire. In den Kammerspielen gastierte das Ensemble des Theaters der Wiener Josefstadt mit der Komödie „Glastüren“ von Alexander Lernet- Holenia. Mit dramatischem Geschick und treffen­­­dem Witz werden darin erotische und gesellschaft­liche Probleme erörtert, und die lebensechten Figuren zeugen von einer vortrefflichen Beob­­achtungsgabe des Verfassers. Die Darstellung, insbesondere das feine Zusammenspiel der Wiener Gäste unter Hans Thimigs Leitung war bewunderns­ wert. Man merkte sich Karl Ehman, Hans Unter­­kircher, Alfred Neugebauer und ganz besonders Hilde Krahl, die mit fanatischer Hingabe spielte

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