Hermannstädter Zeitung, 1990 (23. évfolyam, 1151-1201. szám)
1990-01-05 / 1151. szám
Wir wollen selbst bestimmen können Demokratisches Forum der Deutschen in Hermannstadt: Denkschrift zur Verbesserung unserer Lage Wenige Tage nach den Ereignissen vom 22. Dezember 1989 hat sich auf Anregung einer Gruppe Ilermannstädter Bürger das Demokratische Forum der Deutschen in Hermannstadt konstituiert. Es begreift sich als eine Interessenvertretung der sächsischen Bürger dieser Stadt und steht allen Bürgern offen, die Anteil an unserem weiteren Schicksal nehmen und sieh an einer demokratischen Umgestaltung der Verhältnisse beteiligen wollen. Das Hermannstädter Forum hat im Bewusstsein der Dringlichkeit dieser Aufgabe eine Denkschrift ausgearbeitet, in der einige der wichtigsten Anliegen der deutschen Bevölkerung in Rumänien zusammengefasst wurden. Diese Denkschrift soll so rasch als möglich dem Verfassungs- und dem Minderheitenausschuss des Rates der Front der Nationalen Rettung in Bukarest überreicht werden, damit die in Ausarbeitung befindliche Verfassung und die neue Gesetzgebung diese Überlegungen. Vorschläge und Wünsche noch berücksichtigen können. Ausserdem will die Denkschrift als Vorarbeit lue eine gemeinsame Plattform aller r mäniendeutschen dienen. 'n der Denkschrift , wird kurz die I. ge der Deutschen in Rumänien umrisuen. Ihre zahlenmässige Schrumpfung in den letzten Jahren macht es als allererstes nötig, dass sie unter dem Status einer nationalen Minderheit verfassungsmässige und gesetzliche Garantien erhalten, die ihren Gruppenbestand sichern. Dafür ist erforderlich, dass in der neuen Verfassung festgeschrieben wird, dass zu allen Fragen, die die Kollektiv- und Individualrechte der Angehörigen der deutschen Minderheit berühren, ihre Vertreter gehört und ihre Willensäusserungen berücksichtigt werden; mehrheitlich gefasste politische Entscheidungen dürfen nicht zu ihrem Nachteil ausfallen. Die deutsche Minderheit wird sich im gesetzlichen Rahmen auf Orts-, Kreis- und Landesebene politisch organisieren und wünscht, dass Regelungen getroffen werden, damit sie in den Gebietskörperschaften und im Parlament vertreten sein kann. Die Bildung einer Partei isfr dabei nicht beabsichtigt, sondern die Bildung einer Gesamtvertretung, die die Interessen dieser Minderheit wahrnimmt. Die Erhaltung der Eigenständigkeit der deutschen Minderheit in Rumänien erfordert ferner, dass sie als Kollektivität das Selbstbestimmungsrecht in kulturellen Dingen und das Mitspracherecht in schulischen Fragen erhält. Was das Schulwesen anbetrifft, muss jedes Kind die Möglichkeit haben, den Unterricht von der ersten und bis zur letzten Kiasse in seiner Muttersprache zu absolvieren. Wo es die Schülerzahl gestattet, sollten wieder eigenständige deutsche Kindergärten, allgemeinbildende Schulen und Lyzeen gegründet werden. Die Geschichte der Deutschen auf dem Geb ete Rumäniens so!l in jedem Zyklus Unterrichtsgegenstand sein. Der Hochschulunterricht muss schon von der Aufnahmeprüfung an dem Bedürfnis nach Fachriaohwuchs der deutschen Minderheit Rechnung tragen. Zur Wahrnehmung und Pflege serer spezifischen kulturellen Interessen wird vorgeschlagen, in Hermannstadt und Temeswar je ein Kulturinstitut zu gründen. Zu diesen Instituten sollen Forschungseinrichtungen Bibliotheken, Archive, Museen, Verlage. Buchhandlungen u. a. gehören. Die Presse in deutscher Sprache, die deutschen Theater und die anderen Kultureinrichtungen sowie grössere Forschungsvorhaben sind auf Subventionen durch den Staat angewiesen, weil sie die Finanzierungskraft der deutschen Minderheit überschreiten. Selbstverständlich sollten unsere Geschichte, Lebensart und kulturelle Leistung in den rumänischen Lehrbüchern, den wissenschaftlichen Abhandlungen, Museen, Reiseführern. Orts- und Strassennamen ihren gebührenden Platz erhalten. Die Verwendung der deutschen Ortsnamen in den Publikationen darf nicht wieder eingeschränkt werden. (Fortsetzung auf Seite 3) Die Grosscheuerner Sachsen sind als sehr traditionsbewusst bekannt. Die Nachbarschaftsbräuche werden gepflegt, Fastnacht, Marienball, Kronenfest, Katharinenball werden gefeiert. Am Silvesterabend versammelt sich die Gemeinde im Schulhof, die Adjuvanten blasen auf dem Kirchturm. Am Jahresende 1989 verzichtete man allerdings auf dieses Treffen und beschloss das Jahr nur mit einem Gottesdienst. Im Bild: Kirchgang am 31. Dezember 1989. Fotos: Horst BUCHFELNER Aufruf Das Demokratische Forum der Deutschen in Hermannstadt lädt zu einer Vollversammlung ein, die am Montag, dem 8. Januar, 17 Ulir im Blauen Stadthaus stattfinden wird. Zur Diskussion stehen die Organisationsform des Forums, seine Satzungen und die Nominierung seiner Leitung. Willkommen sind all jene, die sich zur Gemeinschaft der Siebenbürger Sachsen bekennen und im Forum mitwirken wollen. -< Das Zusammenwirken der Bevölkerung und der Armee hat auch in Hermannstadt der Revolution zum Sieg verholfrn. Es gab nicht wenige Opfer unter den wahren Patrioten, die, obwohl unbewaffnet, nicht von den Strassen wichen, unter den Soldaten, diS Tag und Nacht der Bevölkerung beigestanden sind. Nun geht es darum, sämtliche Spuren der Strassenkämpfe zu beseitigen. Auch weiterhin will die Armee die Bevölkerung unterstützen. Das wichtigste ist jetzt gewissenhafte Arbeit in allen Bereichen. In diesem Sinne hielt ' Oberstleutnant Aurel Dragomir, Kommandant der Garnison Hermannstadt und Mitglied des Kreisrates der Front der Nationalen Rettung, spontan versammelten Menschen eine Ansprache. SSM*» ii I u t 'k „Hermannsfädfer Zeitungs-Wandkalender 1990 (Seite 4/5) Ciernurnnftödter jdtun 1151 Deutsches Wochenblatt für den Kreis Sibiu/Hermannstadt 23. Jahrgang 5. Januar 1990 8 Seiten Einzelpreis: 1 Leu Weitere Dekrete verabschiedet Um den politischen Pluralismus unserer Gesellschaft zu gewährleisten, hat. der Rat der Front der Nationalen Rettung ein Dekret über die Parteiengründung erlassen. Darin wird verfügt, un--'*!ass in unserm Land die Gründung von Parteien erlaubt ist. Ausgenommen sind faschistische Parteien und solche, die gegen die gegenwärtige Ordnung im Staat und das gültige Recht sind. Jeder Bürger kann Mitglied nur einer Partei sein. Um als Partei oder gesellschaftliche Organisation registriert werden zu können, ist ein Statut betreffend die Organisation und Funktionsweise nötig. Um eine Partei zu gründen, sind mindestens 251 Mitglieder notwendig. Die Eintragung erfolgt beim Gericht des Munizipiums Bukarest. Ein weiteres Dekret regelt die Versammlungsfreiheit als Ausdruck der Meinungsfreiheit. öffentliche Versammlungen im Freien und auf offenen Plätzen müssen von den Veranstaltern 48 Stunden vor Beginn den lokalen Polizeiorganen gemeldet werden. Die Organisatoren haften für den friedlichen Ablauf der Kundgebung Für eventuelle Schäden und Verstösse haften die Veranstalter gemeinsam mit den Verursachern. Neue Tageszeitung: Einen guten Morgen wünscht die neue Tageszeitung, die gestern unter der Benennung „Dimineaţa“ als sozialkulturelles Blatt des Hermannstädter Kreises in rumänischer Sprache zum erstenmal erschienen ist. Der Titel soll den Neuaufbruch kennzeichnen. „Guten Morgen, Sieg! Guten Morgen, Freiheit! Guten Morgen, Würde! Guten Morgen, Land! Guten Morgen, Schmerz, „Dimineaţa“ Tränen und Freude! Guten Morgen, Europa! Guten Morgen, teure Helden!“ heisst es im Leitartikel. Und: „Der Schlaf gehört nun der Vergangenheit an.“ Interessante Beiträge schildern unter anderem Heldentaten während der Revolution, Hilfeleistungen aus dem In- und Ausland. Wichtige Mitteilungen, Gesetze, Nachrichten geben der Bevölkerung Aufschluss. Wir wünschen der neuen Zeitung viel Erfolg! Liebe Leser! Wir erinnern nochmals daran, dass die Abonnements, die für 1990 für „Die Woehe“ gemacht wurden, für die „Hermannstädter Zeitung“ gültig bleiben. Gleichzeitig bitten wir Sie, uns Vorschläge für eine inhaltlich bessere Gestaltung der Zeitung, um die wir uns zür Zeit bemühen, schriftlich oder telefonisch zukommen zu lassen. Desgleichen drucken wir gerne Schilderungen von Augenzeugen über die Ereignisse während der Revolution, aber auch andere Beiträge ab.