Hermannstädter Zeitung, 1997 (30. évfolyam, 1510-1555. szám)

1997-02-07 / 1510. szám

Hermannstädter Zeitung Nr. 1510/7. Februar 1997 WIRTSCHAFT UND POLITIK Seite 3 Bananen werden künstlich gereift In den Lagerhallen der privaten Großhändler lagern nur ausländisches Obst und Gemüse Radu Popescu ist studierter Maschinenbauingenieur und hat sich 1990 selbstän­dig gemacht mit einer Firma namens Porto, die en gros Frischobst verkauft. Ange­fangen hatte er mit einheimischem Obst, jetzt bietet Porto vor allem Südfrüchte an: Zitronen, Orangen, Grapefruits, Mandarinen, Bananen. Die Bananen holt die Firma grün aus dem Bukarester Zentrallager und läßt sie in einer Anlage in Ham­mersdorf reifen. Die Anlage haben Popescus Leute selbst gebaut, nachdem sie er­fahren hatten, daß sie in Deutschland an die 200.000 DM kostet. In unseren Breiten muß man Bananen künstlich zur Reife bringen. Denn reife Bananen aus Südamerika oder Afrika nach Europa zu transportieren, geht nicht. Auf dem langen Seeweg würden sie sich in eine breiige Masse verwan­deln, die zwar einem Afrikaner, aber nicht unsereinem mundet. Im Herkunftsland werden die Stauden auf Stecklingen in bis zu fünf Etagen ge­züchtet. Wenn in der untersten Staude das Verhältnis zwischen Kraftmehl und Zuckergehalt 20:1 ist, beginnt die Ernte. Die höchstgelegenen Stauden werden, weil am wenigsten gereift, an die am wei­testen entfernten Orte befördert. Ganze drei Wochen sind sie unterwegs. Dabei werden sie bei einer konstanten Tempe­ratur von 13,2 Grad gelagert, bei welcher der Reifeprozeß gestoppt ist. Bei dieser Temperatur können sie ganze drei Mona­te lang liegen, und es geschieht nichts: Sie werden weder gelb noch braun. Es gibt fünf Bananenreifanlagen im Land - in Hermannstadt, in Arad, in Großwardein, in Bukarest und in Ploieşti. Die Hermannstädter Anlage be­findet sich in Hammersdorf, nahe der sächsischen Kirchenburg. Wenn man den Hof betritt, denkt man zuerst, man befände sich im Hof der Feuerwehr: Der Garagenbau mit den großen Metalltüren läßt nicht auf ein Obstlager schließen. Doch ein solches ist er. Hier werden die Bananen, in Kunststoffsäcken und wi­derstandsfähigen Kartons verpackt, zum Reifen gebracht. Zuerst wird mit­tels eines Belüftungssystems die Tempe­ratur in der Frucht angehoben und der Reifeprozeß eingeleitet, d. h. jener che­mische Prozeß, durch den das Kraftmehl in Zucker umgewandelt wird. Ist das ge­schehen, werden die Bananen schock­gekühlt, was die Reifung wieder stabili­siert. So kommen sie in die Läden. Porto beliefert täglich 40 Läden in der Stadt. Wichtig ist, daß nur soviel geliefert wird, wieviel an einem Tag verkauft wird. Sonst bleiben die Händler auf ih­rer Ware sitzen. In einem solchen Obst- und Gemüsela­ger, wie der Hermannstädter Radu Pope­scu eines besitzt, kann man nicht nur Früchte künstlich zur Reifung bringen, sondern man kann sie - bei niedrigen Temperaturen - künstlich lange frisch halten. Seltsamerweise sind das in Rumä­nien nur Südfrüchte, obwohl es hier die besten Voraussetzungen für einen renta­blen Obst- und Gemüsebau gibt. Woran liegt es? Im staatlichen Bereich, so Pope­scu, finde man sich in dem bürokrati­schen Wust kaum zurecht. Die An­­sprechspartner wechselten dauernd, und jeder gebe eine andere Auskunft. Popescu dazu wörtlich: „Ich möchte wissen, mit wem ich zu sprechen habe. Man kann nicht mit einem Apparat verhandeln. Heute rede ich mit dem Direktor, morgen mit dem Buch­halter, übermorgen mit dem Ingenieur und habe doch nichts erreicht." Hinzu käme, daß die Qualität der Ware viel zu wünschen übrig lasse: Die großen Obstplanta­gen seien verwahrlost und würden kaum noch instandgehalten. Im pri­vaten Bereich sehe es nicht viel besser aus: Zur Erntezeit bringe der Bau­er die ganze Ernte auf den Markt, jeder verkau­fe etwas, von Sortiment und Qualität könne keine Rede sein. Frischhalten, so Popescu weiter, kann man aber nur Qualitätsobst, d. h. solches, das der Händler vom Blütenstand ab kennt. Alle Obstarten könnten kühlgela­gert werden (doch nur in einem seiner Depots lagern Äpfel). Auch Gemüse kann man künstlich frischhalten, bloß tut es keiner. Radu Po­pescu weiß, wovon er redet: Die großen Lagerhäuser des staatlichen Obst- und Gemüsehandels ILF stehen leer - unver­ständlich. Und die privaten Großhändler müssen bauen. In den ILF-Lagerhäusern könnten große Mengen Gemüse fachge­recht gelagert werden. Derzeit fehlt im einheimischen Angebot die Zwiebel. Po­pescu dazu: „Wir bringen Zwiebel aus der Türkei. Bald bringen wir auch Kar­toffeln von dort, weil die unsrigen nicht fachgerecht gelagert sind." Die Firma Porto befaßt sich nicht mit Gemüse, nur mit Obst. Nach Popescus Meinung wird es noch Jahre dauern, bis der Handel auch im Bereich Gemüse mit einheimischer Ware eingedeckt sein wird. Beatrice UNGAR Der Hermannstädter Obstgroßhändler Radu Popescu prüft den Reifezustand der Bananen. Keine guten, aber ehrliche Auskünfte Die Führung des Deutschen Forums hat sich Präsident Emil Constantinescu vorgestellt Eine Delegation des Demokratischen Forums der Deut­schen in Rumänien, bestehend aus dem Landesvorsitzen­den Paul Philippi (Bild) und den Vorsitzenden der fünf Regionalforen ist am Donnerstag der Vorwoche vom rumänischen Staatspräsidenten Emil Constantinescu emp­fangen worden. Über den Verlauf der Begegnung sprach Horst Weber mit Prof. Dr. Paul Philippi. Herr Vorsitzender, Sie haben seit län­gerem auf eine Begegnung mit dem neuen Präsidenten Rumäniens hingear­beitet... Um das Gespräch war schon im No­vember 1996 angesucht und als Termin um den 8. Januar gebeten worden - den Tag, an dem im Jahre 1919 die Siebenbür­ger Sachsen dem Anschluß Siebenbür­gens an Rumänien zugestimmt hatten. Dieser symbolträchtige Termin konnte je­doch nicht eingehalten werden, so daß es dann der 30. Januar war. Wie ist die Begegnung verlaufen, wie lange hat sie gedauert? Unsere Delegation wurde mit Verspä­tung in Cotroceni empfangen, weil der Präsident an jenem Tag - man sah es ihm an - stark beschäftigt und angestrengt war. Er machte einen sehr ernsten Ein­druck. Die Audienz dauerte dann aber doch länger als geplant, nämlich eine Stunde. Ich hielt zu Beginn eine Anspra­che, worin ich dem Präsidenten sagte - das war der Tenor meiner Rede -, daß wir, die Rumäniendeutschen, schöne Worte und freundliche Absichtserklärungen auch bisher gehört hätten, wir aber auf wirkliche Zeichen der Ermutigung warte­ten - auch im Hinblick auf die Rückkehr­willigen, die in Rumänien günstige Rechtsgrundlagen und politische Voraus­setzungen vorfinden möchten. Welche Sorgen der Rumänien­deutschen haben Sie Constantinescu vorgetragen? Als erstes wurde die Frage der Häu­serrückgabe angeschnitten und darauf hingewiesen, daß die Privat­häuser der deut­schen Bevölke­rung auf ethni­scher Grundlage enteignet wur­den, daß es sich also um eine Gemein­schaftsangelegenheit handelt, die anders gelöst werden muß als bei den anderen. Außerdem sagte ich, daß denkmalge­schützte Häuser, wenn sie in das Eigen­tum von ein oder zwei Dutzend Mietern übergehen, nicht mehr angemessen ge­pflegt werden können. Der Präsident er­widerte darauf, daß die Regierung ganz unserer Meinung sei, daß aber das Häu­sergesetz so wie es ist, akzeptiert werden müsse, weswegen keine Globallösungen zu erwarten seien. Auch das Bodengesetz wurde ange­sprochen, das ganz besonders im Kreis Kronstadt für die sächsische Bevölke­rung nicht zufriedenstellend angewendet wird. Danach kam die Rede auf Schulfragen und auf den konkreten Fall Sathmar, wo dem Forum seit Jahren eine deutsche Schule versprochen, aber nicht gegeben wird. Auch die leidige Verzollung der Hilfen zur Selbsthilfe wurde angespro­chen, ebenso die Verlegung der deut­schen Fernsehsendung vom II. Pro­gramm, das nicht überall empfangen werden kann, ins erste. Womit ist die Forumsdelegation aus Bukarest zurückgekommen? Wir sind ohne die Erwartung nach Co­troceni gegangen, konkrete Lösungen für unsere Probleme mitzubringen. Uns ging es darum, dem Präsidenten gleich zu Be­ginn seiner Amtszeit zu signalisieren, das die deutsche Minderheit etwas vom rumänischen Staat erwartet und daß sie gleichzeitig bereit ist, Rumänien zu helfen auf seinem schweren Weg der Reformen, so weit ihre Kräfte und ihre Verbindungen zum deutschsprachigen Raum reichen. Ion Iliescu, der vorige Präsident, war für Minderheitenfragen nicht sehr auf­geschlossen. Ist Emil Constantinescu anders? Ja. Gerade weil aus ihm die Zusagen nicht so sprudelten, hatten wir das Ge­fühl, er meint es ehrlich mit uns. Der Prä­sident hat uns die Schwierigkeiten deut­lich genannt, zum Beispiel auch in der Häuserfrage, zu welcher er sagte: Wir können nicht so, wie wir es von unserem Grundsatz her wollen, weil wir ans Ge­setz gebunden sind. Das war keine gute, aber eine ehrliche Auskunft. Wir danken für das Gespräch! Wird jeder Bürger Zugang zu seiner Securitate-Akte haben? Niculae Cervenis liberale Partei (PNL­­CD) will bis zum 1. März im Parlament einen Gesetzentwurf einbringen, der den Zugang der Bürger zu ihren Securitate- Akten erlaubt. Der Entwurf fußt auf Vor­arbeiten des Philosophen Gabriel Liicea­­nu. Die persönliche Akte soll für jeden Bürger einsichtig sein. Politiker-Akten werden öffentlich gemacht. Außerdem soll der Direktor die Akten seiner Unter­gebenen einsehen dürfen. Vorgeschlagen ist auch die Gründung einer unabhängi­gen Einrichtung, die die Securitate-Ak­­ten verwaltet. Erklärungen und Ergänzungen Neues zum Häusergesetz Die Zeitung Evenimentul zilei veröf­fentlichte gestern den Wortlaut Anwen­dungsbestimmungen zum Verkauf der nationalisierten Wohnungen, die - wie wir in unserer Ausgabe vom 24. Januar 1997 berichteten - die Regierung am 18. Januar 1. J. beschlossen hatte. Der ab­geänderte Artikel 1, Absatz 3 der alten Anwendungsbestimmungen (Nr. 20/ 1996 zum Gesetz Nr. 112/1995) bezieht sich ausdrücklich auf das Enteignungs­dekret 92/1950 und heißt (in unserer Übersetzung): „Unter Immobilien, die in den Staatsbesitz aufgrund des Dekretes Nr. 92/1950 übernommen wurden, sind die Immobilien zu verstehen, die unter Beachtung der Bestimmungen des Arti­kels I, Absatz 1-5, und des Artikels II des Dekrets nationalisiert wurden und eben­so unter Beachtung der Identität der Per­son, die auf den Anhanglisten des De­krets als Besitzer angeführt ist, mit dem tatsächlichen Besitzer der Immobilie zum Zeitpunkt der Nationalisierung." Dazu bringen die neu hinzugefügten Absätze 4, 5 und 6 eindeutige Erklärun­gen und Ergänzungen, dahingehend, daß unrechtmäßig („ohne Titel") enteig­­nete Immobilien nicht aufgrund des Häusergesetzes Nr. 112/1995 an die Mie­ter verkauft werden dürfen und daß dort, wo dies bereits im Gange ist, die Vorgänge gestoppt werden, falls Prozes­se um diese Immobilien geführt werden. Zur Staatsbürgerschaft wenig Neues: Wer die Rückerstattung termingerecht beantragt hat und damals den Nachweis erbringen konnte, daß er die rumänische Staatsbürgerschaft zumindest zurück­verlangt hat, ist laut Artikel 2, Absatz 2 nun auch rückgabeberechtigt.

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