Kassa-Eperjesi Értesitő, 1872 (Jahrgang 34, nr. 1-104)

1872-05-04 / nr. 36

XXXIV. Jahrgang 1872. Erscheint jeden Mittwoch und Samstag. Pränumeration fü­r Kaschau Pränumeration wird jeden Tag angenom­­men bei der Administration der Kaschauer Zeitung, Hauptgasse Nr. 60, bei al­­len Postanstalten u. Buch­­handlungen. Bei größeren Ankü­ndigun­­gen und öfterer Einschaltung entsprechender Nachlaß. In Wien übernehmen Inserate für uns die Her­­ren A. Oppelik, Wollzeile Nr. 22,­­ Haassenstein , Vogler, Neuer-Mark Nr. 11 und Rudolf Mosze Annoncen - Expedition. jendung 1 Nr. 36. Kaschau, Samstag 4. IMai' Fokalblatt für Volks-, Haus- und Landwirthschaft, Industrie und geselliges Leben. In Pest L. Langs internationale Annoncen-Expedition und Alexander Singer. In Berlin, 8. Kom­ik. In vierteljährig 1 fl. 25 fl., mit Postver­­und Inserate, 5 kr. für eine fünfmal gespaltene Petit­­zeile. — J Inseratenstempel 50 kr. für jede Anzeige. Kundsc­haftsblatt für Kaschau und Spezies. Anonyme Briefe werden nicht berü­ck­­sichtigt und­ Manuskripte nicht zurück­­gegeben. Stuttgart, E. Stöckhardt. In Paris Havas Laffitt-Bullier & Comp; Place de la Bourse. fl. 50 fr. Megjolen minden Szerdán és Szombaton. Unfrankirte Briefe an die Redaktion werden nicht angenommen. dd (KASSA-EPERJESI ERTESITÖ.) Kaschau, 3. Mai. Am 28. v. M. wurde zu Linz, der Hauptstadt Ober­­österreichs, ein Fest gefeiert, welches durch die politischen Beweggründe, die es veranlaßt hatten, auch für Ungarn eine hohe Bedeutung besieht. Es galt nämlich, den schlesischen Bauers­sohn, Dr. Hanns Kudlich, m welcher im Jahre 1848 als Abgeordneter des österreichischen Reichsrathes den Antrag auf Befreiung des Bauernstandes­ aus den Fesseln des Unterthänigkeitsverbandes gestellt hatte und von der später siegreichen Reaktion gezwungen worden war, aus seinem Vaterlande in die Fremde zu flüchten, nach 24 Jahren seiner Verbannung bei seiner Rückkehr in die Heimat auf österreichischem Boden feierlich zu bewillkommen. Dieser Mann hat sich, gleich vielen anderen politischen Flüchtlingen Oesterreichs und Ungarns aus der­­ Revolutionszeit der Jahre 1848 und 1849 in den nordamerikanischen Freistaaten durch die ihm inwohnende Arbeitskraft und Charaktertüchtigkeit eine achtbare Lebensstellung gegründet und dort eine neue Heimat gefunden, allein er folgte dem Triebe seines Herzens, indem er nunmehr“ nach erfolgter Amnestie dem Lande seiner Geburt, seinem alten Vaterlande, einen Besuch abstattet, um seine Anverwandten zu begrüßen und sie an dem Anblick seiner ursprünglichen Heimat zu erfreuen. Schlichten Sinnes und durch manche bittere Erfahrung ernüchtert, hatte Kudlich Bedenken getragen, den ihm angebotenen feierlichen Empfang auf österreichischem Boden anzunehmen und es bedurfte der Ueberredung seiner zahlreichen politischen Freunde, um ihn, den bescheidenen Kämpfer für die Ideen der Freiheit und des Rechtes, hiezu zu bewegen. Als der General Fürst Windis,groß, von Böhmen aus, allwo sich die nationale Verblendung zum willigen Werkzeuge der militärischen Contrerevolution hergegeben hatte, seinen bekannten Heereszug zur Unterwerfung Wiens und zur Vernichtung der jungen Freiheitstriebe in DOester­­reich unternahm, da eilte Hanns Kudlich mit ungebeugtem Muthe nach Oberösterreich, um allda den Landsturm zu or­­ganisiren und dem bedrohten Wien damit Hilfe zu bringen. Er konnte jedoch den gewü­nschten Erfolg nicht erzielen und mußte, wie er sagt, hart am Galgen vorbei aus dem Vater» fande flüchten. Seither sind 24 Jahre verflossen und viele Zehntausende der Bewohner Oberösterreics, darunter die Mehrzahl aus dem wohlhabenden Bauernstande dieses ge­­segneten Landes, bereiteten ihm jeit zu Linz am Donau­­strande einen Empfang, der sich zwar nicht durch äußeren Prunk und Glanz auszeichnete, dagegen an Herzlichkeit des Ausdrugs und Aufrichtigkeit der Gefühle souder Gleichen dastehen dürfte. In diesem Gegensatze zwischen damals und jetzt­ spricht sie die erfreuliche Thatsache in unzweifelhafter Weise aus, daß der Freiheitsheim, welchen Kudlich mittelst seines vorerwähnten Antrags in den Boden der bürgerlichen Gesellschaft Oesterreichs damals gelegt hatte, seither zu einem kräftigen, gesunden Baume herangewachsen ist, der in diesen Boden bereits so fest wurzelt, daß er allen Reaktionsstürmen zu widerstehen vermag und hierin liegt eigentlich die hohe politische Bedeutung dieser feierlichen Bewillkomm­ung. "Die feudal-klerikale Reaktion hat seit der Eroberung von Wien durch den Fürsten Windischgräß und seit dem verhängnißvollen Tage von Vilagos mit unbeugsamer Be­­harrlichkeit wiederholt versucht, die liberalen Schöpfungen des Jahres 1848 in Oesterreich-Ungarn mit Stumpf und Stiel auszurotten und hat hierbei verschiedene Systeme angewendet. Sie hat einen bureaufkratisch-militärischen Polizeistaat­­ diesseits und jenseits der Leitha geschaffen, der an Folgerichtigkeit der Gliederung, an Rüssichtslosigkeit gegen nationale Ueberlie­­ferungen und an Strafamheit der Beamtendis­ciplin kaum etwas zu wünschen übrig ließ. Sie hat nicht nur die junge österreichische, sondern auch die alte ungarische Reichsverfassung gründlich beseitigt, die communalen Freiheiten und die Auto­­nomie von Municipien und Gemeinden aufgehoben, und über­­dieß auf dem confessionellen Gebiete mittelst des Concordates solche Zustände geschaffen, die dazu angethan und bestimmt waren, die Freiheit der Gewissen und der Wissenschaft aus Oesterreich-Ungarn gänzlich zu verbannen, die Gemüther der Menschen im Aberglauben zu versumpfen, die Geister durch Unwissenheit zu schwächen und durch Irrlehren zu vernachten. Inmitten ihres Wüthens gegen die liberalen Errungenschaften des Jahres 1848 hat es jedoch die Reaktion gleichwohl nicht gewagt, die Aufhebung des bäuerlichen Unterthänigkeitsver­­bandes wieder rückgängig zu machen, wohl wissend, daß sie hiermit die ländliche Bevölkerung, auf deren politische Un­­mündigkeit und Apathie sie sich wesentlich stübte, zum Wider­­stande und eventuell sogar zum Aufruhre veranlassen würde. Allein diese Frucht der Revolution hat eine so tiefgehende Wirkung auf die sozialen, volkswirthschaftlichen und politischen Verhältnisse des Staates, daß sie für sich allein schon hin­­reicht, alle Reaktionsversuche zu vereiteln und den Fortschritt der Civilisation in Oesterreich zu sichern. Mit der Aufhebung des bäuerlichen Unterthänigkeits­­verbandes wurde in Oesterreich - Ungarn zunächst das in ethischer Beziehung überaus wichtige Princip der bürgerlichen Gleichheit in der Gesellschaft und vor dem Gesetze thatsächlich zur Geltung gebracht, das entnervende und e­rsittlichende Bewußtsein, einer niederen Kaste anzugehören , mußte bei dem Landmanne dem Gefühle der sozialen Erhebung weichen und mit dem vollen Refike der Menschenwürde hat derjenige Stand, dessen Mitglieder die Majorität in der Be­­völkerung Oesterreich­ - Ungarns ausmachen, neml­< der Bauernstand, alle die Befähigung und den Impuls erhal­­ten, sein Dasein menschenwürdiger zu gestalten und zu ver­­edeln. Die Befreiung des bäuerlichen Grundbesitzes von dem Zehent, der Robot und sonstigen Naturalleistungen an die Grundherrschaft, der hiermit verbundene Uebergang aus der Natural- in die Geldwirthschaft und dann die maßgebende Thatsache, daß dem Bauer das freie Verfügungsrec­ht über die Früchte seiner Arbeit, seines Fleißes und seiner Müh­ung von Rechts- und Gesetzes wegen nunmehr zusteht, das sind die Bedingungen, einen wohlhabenden Bauernstand in Oester­­reich-Ungarn zu schaffen und der Wohlstand ist dann das W­rttel und die solide Unterlage der Civilisation, die dann unaufhaltsam fortschreitet und sich über das ganze Reich verbreiten wird. Diese Erwägungen sind es, die uns veranlassen, der feierlichen Bewillkommnung­ des Dr. Hanns Kudlich zu Linz durch die Oberösterreicher in unserer heutigen Nummer froh bewegt zu gedenken, indem wir gleichzeitig die unermeßliche und segensreiche Wirkung hierbei hervorzuheben Gelegenheit nehmen, welche die Befreiung des ungarischen Bauernstandes von­ dem Joche der Unterthänigkeit nicht nur auf diesem zahlreichen Stand selbst, sondern auch auf unser großes Vaterland und seine Geschi>k bereits ausübte und in weiterer Consequenz noch fernehin auszuüben geeignet ist. Dem Dr. Hans Kudlich gebührt die Anerkennung des Verdienstes der dießfälligen Initiative im Österreichischen Reichsrathe und in gleicher Weise gebührt dies jenen edel­­müthigen, großherzigen ungarischen Männern, die das Gleiche für ihre ungarischen bäuerlichen Mitbürger auf dem Reichs­­tage zu Preßburg vor 24 Jahren gethan haben. Durch diesen denkwürdigen Antrag haben sie damals den Impuls­­ gegeben, daß durch den zustimmenden Beschluß unserer Legis­­lative das unerschütterliche Fundament gelegt wurde zum Auf- und Ausbaue einer Verfassung des ungarischen Rei­­ches, mittelst welcher dasjenige geleistet werden kann, was jeder verständige ungarische Patriot überhaupt verlangen darf, nämlich den stetigen Fortschritt der Civilisation. Das Andenken an diese edlen Patrioten und Menschenfreunde wird fortleben in unserem Volke von Generation zu Generation und ihre Namen werden verzeichnet bleiben an der ehren­­vollsten Stelle auf den Blättern unserer vaterländischen Geschichte. An die neugewählte Beamtenkörperschaft der hiesigen Stadtgemeinde. Kaschan, 3. Mai 1872. Die hiesige Stadtrepräsentanz hat am Schlusse des vorigen Monats die Neuwahl der städtischen Beamten voll­­zogen und es ist hiermit die gesetmäßige periodische Erneue­­rung unserer Gemeindevertretung, sowie ihrer vollziehenden und verwaltenden Organe vollständig beendet. Was wir von unserer neuen Stadtrepräsentanz erwarten, das haben wir bereits in einer früheren Nummer unseres Blattes offen ausgespro­chen, und wir richten heute einige Worte der Be­grüßung an die neu gewählten Communalbeamten, indem wir gleichzeitig unseren Wünschen und Hoffnungen bezüglich ihrer Amtsthätigkeit Ausdruc verleihen. Der Bürgermeister, Oberstadthauptmann und die städ­­tischen Notare sind neue Männer und sie nehmen die wich­­tigsten Stellen bei der hiesigen Communalbehörde ein ; auch viele andere Communalsbeamtenstellen wurden neu besetzt und es ist daher mit dieser vorgenommenen Neuwahl eine durch­­greifende Personalveränderung eingetreten. Der hiesige Com­­munaldienst ließ bisher mit Bezug auf Arbeitsmenge und Arbeitsbeschaffenheit recht viel zu wünschen übrig und wir haben nicht verfehlt, unser abfälliges Urtheil hierüber, wie es sich ziemt , maßvoll und unter Angabe von Gründen öffentlich auszusprechen, daher wir auch vorläufig keine Ur­­sache haben, den eingetretenen Personenwechsel in den städti­­schen Communalämtern zu beklagen. Was bist du mir, v Hekuba ! auf daß ich um Dich weinen sollte ? Es gereicht uns zur Befriedigung, öffentlich aussprechen zu können, daß die getroffenen Neuwahlen mit Bezug auf die sittliche und geschäftliche Eignung der Gewählten im Allgemeinen als gelungen bezeichnet werden und zwar auch von vielen unbefangenen Männern , welche einer anderen politischen Partei angehören. Diese gute Meinung, „welche die neuen Beamten auf ihre neuen Stellen begleitet, ist für sie eine große Hilfskraft bei ihrer Arbeit und macht es ihnen gleichzeitig zur Ehrenpflicht, dieselbe nach ihren besten Kräften zu rechtfertigen. In dem Communaldienste, welcher durch die Beschlüsse des Gemeinderathes seinen wesentlichen Inhalt, durch das Gesetz seine Begrenzung und durch die überlieferten Erfahrungen und organischen Einrichtungen die Regel und Nichts­ nur erhält, legen wir bei den leitenden Oberbeamten das meiste Gewicht auf Energie, Fleiß und­ Rechtschaffenheit, und begnügen uns mit einer mittelmäßigen, aber durch sittliche Kraft möglichst entwielten geistigen Begabung derselben. Sogenannte Genies mit vul­­kanischen Eruptionen ihres Geistes, unstetig in der Arbeit, mit überwiegender Thätigkeit der Phantasie, mögen zu allem Anderen taugen, aber zu einem­ Amte, welches eine regel­­mäßige Arbeit erfordert, taugen sie nicht, indem sie das­­selbe in Unordnung und Verwirrung bringen. Wir erwar­­ten von unserem Bürgermeister, als dem Vorstande des ge­­nannten Magistrats, vor Allem die sorgfältige Pflege eines zweimäßig geordneten Geschäftsganges in allen Zweigen des städtischen Dienstes. Er besitzt die erforderliche Macht hiezu und er allein ist hiefür der Gemeinde verantwortlich. Keine Verschleppungen und Vertuschungen, prompte und ge­­wissenhafte Erledigung der Geschäftsstücke,­­Sparsamkeit am rechten Orte und zur rechten Zeit, sachverständige und ernst­­liche Pflege der Communicationen, und aller Zweige des Polizeidienstes, kurz einen Communaldienst, wie er sein soll und in hunderten von städtischen Gemeinwesen auch gehand­­habt wird, das ist es, was wir von unserem Bürgermeister er­­warten. Die öffentliche Meinung muß in dem Vorstande und in der Spitze des städtischen Magistrats den wirklichen geistigen Vertreter desselben erblidhen und alle ihre Wünsche und Beschwerden zunächst nur an ihn richten ; daher es ein bedauerlicher und schädlicher Mißgriff war, den Bürgermeister einer so bedeutenden Stadt, wie Kaschau, zum Landtags­­deputirten zu wählen und ihn seinem überaus wichtigen Wirkungskreise allhier zu entziehen. Dem neugewählten Bürgermeister geht der Ruf voraus, daß er ein kenntnißreicher und energischer Mann von mac­kellosem Charakter ist, und wir begrüßen in ihm hiermit die gesammte Beamtenkörperschaft beim Beginne ihrer­­ neuen gesetzlichen Amtsperiode mit dem aufrichtigen Wunsche, es mögen sich die Hoffnungen unserer Gemeinde auf ihre segens­­reiche Wirksamkeit erfüllen, der Stadt zum Wohle und den Be­­amten zur Ehre! Wir begrüßen sie mit dem Ausdrucke der Versicherung, daß wir sie mit dem Aufwande unserer besten Kräfte und dem Vollgewichte der hiesigen öffentlichen Mei­­nung, welche wir durch würdevollen Anstand der Sprache, sachverständiges , nüchternes und maßvolles Urtheil, durch warme Theilnahme für alles wahrhaft Edle und Erhabene in unserem Blatte zu vertreten auch fernerhin ernstlich be­­strebt sein werden, bei der Erfüllung ihrer schwierigen Be­­rufspflichten unterstoßen und ihre berechtigten Ansprüche jeder­­zeit zu fördern suchen werden. Wir sprechen bei diesem An- b 3. 4 ' h 1] +: 4 ET

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