Kaschauer Zeitung, Juli-September 1880 (Jahrgang 42, nr. 76-113)

1880-07-01 / nr. 76

X* 4 XIII. Jahrgang 1880. Ersc­heint jeden “Dienstag, Donnerstag und Samstag. "Slegjelen minden kedden, esötörtökön és szom­­ baton. un Briefe an die Redaktion werden nicht angenommen. Annonyme Briefe werden nicht berücksichtigt. Pränumerations-Bedingnisse auf die „Kaschauer Zeitung“ allein (ohne Wochenbeilage) : Redactions- und Hexpeditions- Bureau Kaschau, Hauptgasse Nr. 60. Ganzjährig für Kaschau : 5fl.— kr. * mit Bestversendung 6 fl. 60 fr. 5. W.| Pränumeration, Inserate und Einschal- Hal Bü | +. ! n­ 2 u 50 fr. 3 N je. 3 3fl. 30 kr. , | kungen im „Offenen Sprechsaal“ werden daselbst | Halbjah­rvierteljährig , 5. 11.25.3 „ je 11­. 65ff. , [übernommen ; ferner nehmen auch alle Postan- Inseralen-Annahme in den Annoncen-Expeditionen von Haasenstein & Vogler in West und Wien; ferner bei Bränmmerations-Bedingnisse auf die „Raschauer Zeitung“ und das „J­ustr. Unterhaltungsblatt” x Ganzjährig für Kaschau: c dr " Vierteljährig „ „ 7fl. — fr. 31.500. TDL mit Postversendung 8 fl. 60 kr. 0.25. 4fl. 30kr. „ 2/1511. 155 " „ " „ Kaschauer Zeitung. Kundschaftsblatt für Kaschau und Eperies. Lokalblatt für Volks-, Baus- u. Landwirthschaft, Industrie u. geselliges Leben. (KASSA-EPERJESI ERTESITÖ). “Bei Inseraten wird die sec­hsmal gespaltene Betitzeile oder deren Raum mit 5 kr. berechnet. — Inseratenstempel 30 kr. für jede Anzeige, stalten und Buchhandlungen Pränumeration an. Manuscripte werden in keinem Falle zurückgestellt. Preis einer einzelnen Nummer 6 kr. A. Oppelik, Rudolf Mosse und Gebr­ Korabeß in Wien, sowie die 4. L. Daube & Comp. in Frankfurt a. M. und deren General-Agenturen. Bei Inseraten, welche größeren Raum einnehmen und öfter eingeschaltet werden, wird ein entsprechender Nachlaß geehrt. Mit 1. Juli 18S6 beginnt das­ II. Semester des XLII. Jahrgangs der „Kaschauer Zeitung“. Die p. t. Abonnenten, deren Pränumerationszeit „mit Ende Juni abläuft, werden um rechtzeitige Erneuerung ihrer Pränumeration ersucht, wie auch in weiteren Kreisen­­ am zahlreichen Abonnement­-Beitritt gebeten wird. Die Nedaction und Administration. ; e Nr. 76. Die Zur Tagesgeschichte. Das vernewerte Ministerium Taaffe, dessen neue Mitglieder wir in unserem letzten Blatte namentlich anführten, hat das Licht der Wiener Welt bereits erblickt. Wiener Blätter bringen über diese Novitäten kurze biogra­­phische Skizzen, welche der öffentlichen Meinung ein Urtheil über die vom Grafen Taaffe getroffene Wahl gestatten. Der Pole Dr.­­Julian Dunajewski, k. k. Regierungs­­rath und Professor an der Krakauer Universität, ist gegen­wärtig 58 Jahre alt. Im Jahre 1864 und 1868 wurde er als Rector der Universität als Deputirter in den Kem­berger Landtag gesendet, in welchem vertrat, und im Jahre 1873 wählte er die Stadt Sandec ihn der Städtebezirk Biala, Neu-Sandez, Wieliczka in den Wiener Reichsrath, in welchem er sich als gewandter Parlamentsredner be­­währte. In politischer Beziehung gehört er der gemäßigten National-Partei an, welche eine Aussöhnung mit Rußland anstrebt. Dunajewsky ist der heftigste Gegner jeder Steuer­­reform, welche für Galizien, wo ein großer Theil des ade­­ligen Grundbesißes noch unbelastet ist, von materiellem Nachtheile wäre. Auf welche Art dieser neue Finanzminister das Deficit deben wird, wenn das Wort der Krone eingelöst werden soll, daß von nun an keine neuen Staats­­schulden gemacht werden dürfen, bleibt vorläufig das Räthsel des polnischen Sphinx, mit dem er sich schließlich in den Abgrund der Finanzen stürzen wird. Der zweite des neuen Vierblattes, Baron Streit, genießt den Ruf eines tüchtigen Juristen und eifrigen Bureau­­kraten. Er urtheilt strenge nach den Buchstaben des Gesetzes und verherresch­t die Schwurgerichte und die Geschworenen als Richter. Hofrath Kremer-Auenrode ist ein gewandter Orien­­talist, kennt die Zustände des türkischen Reiches und ist als Verfasser mehrerer orientalischer Werke und Schriften bekannt, worunter eine „Geschichte des Islam“ besonderen Werth besigt. Seine philologischen Kenntnisse sind zwar sehr s­abenswerth, doch dürfte er sie als Handelsminister kaum verwert­en. Ohne politische Parteifärbung verspricht er ein guter Diener seines Meisters und Herrn zu werden. Graf Zeno von Welfersheimb ist von Hoher Geburt und eine persona grata beim Erzherzog Albrecht. Er wird als unterrichteter Militär bezeichnet, der bis seht militär­­wissenschaftlichen Studien oblag. Er wurde 1833 in Graz geboren und ist gegenwärtig k. k. General - Major und Brigadier in Trient. In politischer Beziehung sind die drei festgenannten Herren farblos, das ganze Cabinet hat aber durch den Austritt der vier verfassungstreuen Minister, und der jebigen Reconstruction einen national­­föderalen Character erhalten, und dürfte seine Hin­­neigung zur Reaction und zur Abänderung der constitu­­tionellen Verfassung bald durch Thatsachen in Scene zu setzen bemüht sein. “ Fürst Milan von Serbien ist gegenwärtig Gast des­­ österreichischen Kaisers in der Wiener Hofburg. Obwohl „man der Anwesenheit des serbischen Fürsten jede politische Bedeutung absprechen will, dürfte der gastliche Zuspruch ‚am Öfterr.jung. Hofe doch gewisse Zwecke verfolgen. kleinen Balkan-Staaten buhlen fest um die Gunst der Großstaaten, Theilungsobject behandelten Türkei noch einige Feßen erhaschen. Die konservativste Stellung bei der Berliner Nach­­-konferenz nimmt jet Oesterreich-Ungarn ein, welches sogar Vorschläge zur Gewährung eines beschränkten Grades von Autonomie für die Albanesen gemacht haben soll. Für Die griechischen Interessen hat “Frankreich interessirt und hätte Gladstone wenn Freycinet allein sich am meisten es gerne gesehen, die Grecative zur Durchführung der in der Conferenz beschlossenen Grenzregulirung zwischen­­ der Türkei und Griechenland übernommen hätte. Die Art­­ und Weise, wie die Beschlüsse der Conferenz zur Ausfüh­­rung gelangen sollen, bilden noch den Hauptgegenstand der­­ Erörterung von Seite der Bevollmächtigten. Allerlei abenteuerliche Pläne werden colportirt, in Privatkreisen habe vorgeschlagen, die an Griechenland abzutretenden Grenzgebiete durch grie­­chische Truppen besezen Escadre die Küstenlinie zu lassen, während die französische gegen die Türkei schüßen würde. Russische Blätter erheben ihre Stimme für die Beschußung der Küste durch eine aus allen Großmächten combinirte Flotte. Auch an die Türkei ist man so großmüthig zu denken, und profectirt man für sie eine Gutschädigung, welche durch Ordnung der zerrütteten Finanzverhältnisse der Pforte erzielt werden soll. So viel ist gewiß, daß sich die Berliner Conferenz nur mit vielen Fragen zu beschäftigen haben wird, und daß der wiederholt angekündigten lezten Conferenz­­sitzung noc­h folgen werden, einige alferlegte und alleralferlegte Sißungen im preußischen Landtage ist der Compromiß in der Kirc­henvorlage dennoch durchgedrungen. In der Debatte lehnte das Abgeordnetenhaus mit 198 gegen 197 Stimmen ab, den Antrag Rauchhaupt­ 3 jedoch bei der Schluß­­abstimmung erfolgte nach Annahme der Compromißvor­­schläge und Ablehnung des Artikels 4 (Rückberufung der abgelegten Bischöfe) die Annahme der modificirten Kirchenvorlage mit 206 gegen 202 Stimmen, also nur mit einer Majorität von 4 Stimmen. Der französische Senat dürfte seinen Widerstand gegen das Amnestiegeseß auch aufgeben, da sich die Bonapartisten bei der Abstimmung zu absentiren gedenken. Jules­ Simon will für die Amnestie sprechen. Die Mäürz-Decrete wer­­den am 30. Juni energisch durchgeführt werden. Im Senate wurde das Gesetz über die Aufhebung der Militär­seelsorge mit 175 gegen 100 Stimmen angenommen. Der Gouverneur von Ost-Rumelien Aleko Pascha, seine unhaltbare Stellung gegenüber den großbulgarischen nationalen Strömungen einsehend, beabsichtigt beim Sultan seine Demission einzureichen. Seiner kalmirenden Thätigkeit allein war es bis jezt zu danken, daß die nationalen Aspira­­tionen der Rumelier nicht zum bewaffneten Ausdru> ge­­langten. Herrscher der Man spricht : Frankreich um von der als zu­­ d­ er Kaschau, Donnerstag 1. Juli. Neues aus der Heimath. Budapest, den 29. Juni 1880. Im Communications-Ministerium werden alle Vorkeh­­rungen getroffen, um die größeren Bau-Objecte auf der aus­­zuführenden Budapest-Semliner Eisenbahnlinie je früher in Angriff zu nehmen. Ein Theil der pflichtbewußten Abge­­ordneten bewußt die Parlamentsferien, um vor ihren Wählern zu erscheinen, und über ihre bisherige Thätigkeit Bericht zu erstatten, und sich über ihre zu beobachtende künftige Haltung Rathes zu erholen. Von Bedeutung sind die Rechensc­haftsberichte, welche Mar Falk, Kornél Grimer, Gabriel Kemeny, Friedrich Harkäny und Stefan Teleßky in ihren Wahlbezirken erstatteten. Lepterer erklärte sein Mandat niederzulegen und sich ganz von der Politik zurüc­­zuziehen. Ueber die bulgarischen und türkischen Bahn­­anschlüsse werden unter Beiziehung des Sectionsrathes im ungarischen Communications-Ministerium Hugo Kilenyi im Ministerium des Aeußern Berathungen gepflogen, welche sich auch auf Herstellung eines übereinstimmenden Betriebs­­reglements ausdehnen. Die lebte in der Landeshauptstadt stattgefundene Ar­­beiterbewegung (Tischlerstrike) hat die ruhigen Zirkel der Staatsanwaltschaft und der noch immer nicht reformirten Staatspolizei herstammende g­eh­ört, und wurden auf eine aus London Denunciation alle staatlichen Sicherheits­­apparate in Bewegung gefagt, um der im Geheimen wir­­kenden Internationale auf die Spur zu kommen. Daß die zeitweilig an die Oberfläche tretende Arbeiterfrage mit den social-demokratischen Strebungen im innigen Zu­­sammenhange steht, ist nicht zu leugnen; doch ist der unga­­rische Arbeiter von den kommunistischen Ideen noch nicht so stark insici­t, weil hier die Gristenzbedingnisse noch keinen so scweren Kampf ums Dasein nöthig machen, wie in den großen Fabriksstaaten.­­­­ Durch die unzulängliche industrielle und gewerbliche Ausbildung unserer Arbeiter sind die Besiker von Etablisse­­ments gezwungen, ausländische Fabriksleiter und Gehilfen ins Land zu ziehen, welche den Giftstoff falsch verstandener socialer Ideen und kommunistischer Phantasien in die nur zu empfänglichen Gemüther einer ihnen geistig untergeord­­neten einheimischen Arbeiterklasse verpflanzen, und leitere zu Ausschreitungen verleiten, die ihnen selbst zum höchsten Nachtheil gereichen.­­ Die 30er des Widerstandes geht immer von Ein­zelnen aus, die einen Terrorismus auf die Massen aus­üben. Die Forderungen der Arbeiter steigern sich meistens damals, wenn es ihnen zu gut geht, während bei Ge­schäfts- und Arbeitsstndungen, wo die Arbeitgeber mit­ schweren Sorgen kämpfen, und Opfer bringen müssen, um die Arbeiter zu erhalten, und nicht durch Entlassung dem Elend preiszugeben, der Humanität von Seite der Arbeiter keine Anerkennung findet. Zur Unterdrückung des sehr sichtbar hervortretenden­­ 49 socialen Uebels ist zwar das Eingreifen der Behörden zur Sicherung der öffentlichen Ruhe und Ordnung nothwendig, doch müssen auch andere Maßnahmen getroffen werden, um das sich epidemisch verbreitende Uebel radical zu kü­­h­ren, fremden Elemente zu entfernen und mehr Sorgfalt auf die industrielle und gewerbliche Ausbildung unserer Lande­skinder. In erster Reihe wären die bekannten, unruhigen, und Projectenmacher zu fassen, fort. Erst kürzlic hat er der Landeshauptstadt zu verwenden, um sich von den übermüthigen Forderungen fremder Arbeitskraft emancipiren zu können. Mit den gerichtsbekannten berüchtigten Arbeiterführern — eigent­­lich Arbeiterverführern — sollte man strenger und kurzen Proceß machen. Die jebigen Untersuchungen und Erhe­­bungen haben glücklicher Weise noch geringe belastende Be­­lege zu Tage gefördert und dürfte die Bewegung so ziemlich im Sande verrinnen. Der französische Financier Philippart, welcher sich neuestens durch einen Kaufanbot für das Bad Mehadia (Herculeidpad) bemerkbar, und durch einen romantisch ausgeschmücten Sturz in einen Ab­­grund des Feldgebirges auch interessant zu machen wußte, sehr seine Versuche, auf ungarischem Boden Fuß den Antrag gemacht, auf der „Pfaueninsel“ des Stadt­­wäldc­hens eine mit allem Comfort ausgestattete Badean­­stalt mit Bewußung des von S­igmond erbohrten artesischen Brunnens zu erbauen, unter der Bedingung, um den jähr­­lichen Pachtzins von 10.000 fl., das Bad nebst der ganzen Pfaueninsel während 40 Jahren bewußen zu dürfen, nach welchem Zeitraum das Bad sammt Inventar in das Eigen­­thum der Stadt übergehen soll. Eine Resolution wurde bisher noch nicht gefaßt. Se. Majestät tritt Mittwoch seine Reise nach Ischl an, und trifft dort mit der Königin zusammen. Kronprinz Rudolf kehrt am 10. Juli nach den beendeten Grerelllen aus Lodenig nach Prag zurüc und geht mit Urlaub nach Wien. Nach einem Besuch bei seinen hohen Eltern in Isel begibt sich der Kronprinz am 18. Juli nach Brüssel, von dort zu kurzem Aufenthalt nach Ostende und kehrt Anfangs August nach Prag zurück. Am 27. Juni des Morgens brannte auf der nach Neu-Pest führenden äußeren Waißnerstraße das Wörner'sche Fabriksetablissement (Tischler-, Schmiede: und Schlosserwerk­­stätten) nieder. Der Schaden soll sich auf 60.000 fl. bis­­ 80.000 fl. belaufen. Die vereinigten Feuerwehren waren nur im Stande den Brand zu localisiren. Ein Anonymus hat in der, leider in Ungarn von Damen vielgelesenen „Gartenlaube“ einen Artikel über die „magyarischen Terroristen“ vom Stappel gelassen, der an Gehässigkeit gegen die ungarische Nation seines Gleichen sucht. Die Unterdrückung der Deutschen (wahrscheinlich der Siebenbürger Sachsen?) wird in dem Artikel auf das Greulichste geschildert. Die Tendenz des bem­nch­enden Autors geht dahin, Deutschlands Sympathien für Ungarn zu er­­sitzen, und für die deutschen Märtyrer (?) allgemeines Mitleid zu erwecken. 63 ist Schade, daß sich der beliebte Feuilletonist des „Pester Lloyd“ Dr. A. Nemenyi zu einer Erwiderung auf diesen schmähligen Angriff VER dieser Act H Lokal-Nachrichten. — Personalnachricht. Der Landescommandirende und General der Cavallerie Baron Edelsheim-Gyulay ist gestern mit dem Frühzuge aus Budapest hier angekommen. Die hier garnisonirenden Infanterie-Regimenter, die Cadetten und auch die Sanitätstruppe, rückten zeitlich Früh auf den großen Mandwurirplas, wo Se. Excellenz die In­­spirirung vornahm, von­ welcher diese Truppenkörper erst gegen 5 Uhr Nachmittags zurückkehrten und in die betreffenden Kasernen einrückten. Heute wird die Inspicirung der Artillerie, Cavallerie, und Traintruppe stattfinden. Abends wird Se. Ereellenz mittels Eisenbahn nach Eperies sich begeben und die Inspicirungsreise fortsetzen. — Handelskammer-Wahlen. Am 29. d. fand im großen Saale des festlich mit Fahnen geschmückten Stadt­­hauses die Wahl der internen Mitglieder der Kaschauer Handels- und Gewerbekammer statt. Die Betheiligung war von Seite der Gewerbtreibenden eine rege, während die Herren Kaufleute in ihren diversen Weingärten und Sommer­­frischen der Ruhe pflegten oder irgendwo einen Junioren hielten, daher durch ihre Abwesenheit glänzten. Diesem Umstande ist es zuzuschreiben, daß ältere und verdiente Kammermitglieder nicht die erforderliche Stimmenzahl erhielten und aus der­­ | SIN

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